Eure Ehre - unser Leid
Ich kämpfe gegen Zwangsehe und Ehrenmord. Mit e. Vorw. v. Matthias Platzeck u. e. Nachw. v. Terre des Femmes
»Toleranz tötet muslimische Frauen!« Serap Çileli<br /><br />Serap Çileli ist eine der wichtigsten und medienpräsentesten Fürsprecherinnen muslimischer Frauen in Deutschland. Ihr engagierter Beitrag zur aktuellen Debatte:...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Eure Ehre - unser Leid “
»Toleranz tötet muslimische Frauen!« Serap Çileli<br />
<br />Serap Çileli ist eine der wichtigsten und medienpräsentesten Fürsprecherinnen muslimischer Frauen in Deutschland. Ihr engagierter Beitrag zur aktuellen Debatte: Persönlich und politisch unverzichtbar!<br />
<br />Zwangsheirat und Familienrache gehören auch in Deutschland zum Alltag. Serap Çileli weiß, wovon sie spricht, denn sie hat deren Folgen am eigenen Leib erlitten. Ihre Zwangsehe in der Türkei dauerte sieben Jahre, und nur durch ihren Willen zur Freiheit und den Mut derer, die ihr geholfen haben, ist sie diesem Gefängnis lebend entkommen. Heute unterstützt sie selbst muslimische Mädchen, die in Not geraten sind. Immer ist Serap Çileli für sie erreichbar, und sie scheut keine Gefahr, um die jungen Frauen vor ihren Familien zu schützen. In ihrem neuen Buch verleiht sie ihnen eine eindringliche Stimme und schreibt ihre eigene Lebensgeschichte fort.<br />
<br />Serap Çileli hat die Wahrnehmung dafür geschärft, dass eine Multikulti-Gesellschaft in Deutschland nicht existiert, sondern dass viele Migranten in einer hermetisch abgeschlossenen Parallelgesellschaft leben, die von den Traditionen des Herkunftslandes bestimmt wird. Nach vielen Jahren eindringlichen persönlichen und politischen Engagements ist Serap Çileli davon überzeugt, dass ein Miteinander dennoch möglich ist. Ihr eigener Lebensweg ist das beste Beispiel für gelungene Integration!<br />
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<br />Mit einem Vorwort von Ministerpräsident Matthias Platzeck und einem Nachwort von TERRES DES FEMMES.<br />
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Klappentext zu „Eure Ehre - unser Leid “
Serap Çileli ist eine der wichtigsten und medienpräsentesten Fürsprecherinnen muslimischer Frauen in Deutschland. Ihr engagierter Beitrag zur aktuellen Debatte: Persönlich und politisch unverzichtbar!
Lese-Probe zu „Eure Ehre - unser Leid “
Eure Ehre unser Leid von Serap CileliLESEPROBE
Kapitel 1
Im Schatten der Vergangenheit
1993 begann mein Zweites Leben. Die Flucht und das Frauenhaus lagen hinter mir. Ali Riza, die Liebe meines Lebens, und ich hatten geheiratet, und ich trug sein Kind unter meinem Herzen. Meine beiden großen Kinder, Hayati Lind Selda, waren bei mir, und wir hatten eine Bleibe gefunden. Die Wohnung war zwar klein und bescheiden, aber wir waren zusammen. Das war die Hauptsache.
Dann wurde meine jüngste Tochter Alisya geboren, und mein Glück hätte perfekt sein müssen. Aber das war es nicht. Denn immer wieder fiel ich in ein Loch, und die Geister der Vergangenheit kamen zurück. Das erlebte Leid waberte unter der Oberfläche. Die traumatischen Erlebnisse meiner Vergangenheit, die Zwangsehe, die Versklavung und Entmündigung durch meine Eltern, die Flucht und schließlich die schmerzliche Trennung von meiner Familie holten mich immer wieder ein. Manchmal habe ich stundenlang nur vor mich hingestarrt, dann wieder Stunde um Stunde geweint. Ich weiß nicht, was ohne Ali passiert wäre. Immer hat er mir zugehört, immer war er für mich da. Wieder und wieder ging er die schmerzlichen Erinnerungen mit mir durch, nahm mich in den Arm und tröstete mich. Wie selbstverständlich übernahm er die Aufgaben in Haus und Familie, kümmerte sich rührend um seine kleine Tochter und bemutterte meine beiden großen Kinder, als seien es seine eigenen. Ohne ihn wäre ich verloren gewesen.
Dann kam die Wende. Eines Tages brachte er mir eine alte Schreibmaschine vom Flohmarkt mit. Er stellte sie vor mir auf den Tisch und sagte: »Schreib es auf, schreib alles auf!« Aber das war nicht so einfach, denn ich spürte eine Hemmschwelle - wie sollte ich meine persönliche und intime Geschichte der Öffentlichkeit preisgeben? Gleichzeitig sagte mir eine innere
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Stimme, dass es gut tun würde, sich alles von der Seele zu schreiben. So begann ich - zunächst planlos - die Seiten zu füllen. Immer wieder ging ich zurück in die Vergangenheit, erlebte das Unfassbare erneut. Während ich schrieb, wurde mir die emotionale Abhängigkeit von meiner Fanlilie bewusst, wurde mir klar, wie sehr sie mich geprägt hatte. Ich musste mich von ihr trennen. Das war meine einzige Chance auf ein eigenständiges, selbst bestimmtes Leben. Trotz all dem Leid, das sie mir angetan hatten, war die Abnabelung von Mutter und Vater, von den Geschwistern und den übrigen Verwandten nicht einfach und kostete mich viele schlaflose Nächte und noch viel mehr Tränen. Ich war in einem ständigen Widerstreit zwischen Verstand und Gefühl, zwischen Kopf und Bauch. Ein Prozess, der sich schwer in Worte fassen lässt. Lange konnten mein Herz und mein Verstand nicht zueinander finden.
Aber das Schreiben bat mir geholfen, es hatte therapeutischen Wert für mich. Mich dem stummen Blatt Papier anzuvertrauen, war der einzige Weg für mich, den inneren Frieden zu finden. Es war ein Abschiednehmen von meinen Wurzeln und meiner alten Geschichte. Während ich schrieb, habe ich natürlich auch viel gelesen. Ich entdeckte die Frauenliteratur, las über die Rolle der Frau als Mutter und »Hüterin des Hauses« und darüber, dass man uns seit Jahrhunderten weiszumachen versuchte, dies läge in der »Natur der Frau«. Und dass dieses »Naturgesetz« unter keinen Umständen zu missachten sei. Die Lektüre von Betty Friedan, Simone de Beauvoir, Rosalind Miles und Christa Mulack ebenso wie Oriana Fallaci und Taslima Nasrin haben mir nicht nur in meiner Selbstfindung sehr geholfen, ich konnte plötzlich meine eigene Geschichte besser einordnen, und ich begann zu begreifen, dass muslimisch-türkische Frauen seit Jahrhunderten im Namen der Religion unterdrückt und versklavt wurden.
Im Schreiben hatte ich jetzt endlich eine Möglichkeit gefunden, meine Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, Eindrücke, Erfahrungen und meinen Zorn gegen jegliche Unterordnung der muslimischen Frauen festzuhalten. Wenn ich alles, was mir widerfahren war, aufschrieb, konnte ich möglicherweise meine muslimischen Leidensgenossinnen vor ähnlichen Ungerechtigkeiten bewahren.
Nach der Veröffentlicht', meines ersten Buches. wurde ich mit vielen Fragen zu meiner Vergangenheit konfrontiert. Die Menschen bei meinen öffentlichen Auftritten, die Journalisten bei Interviews oder die von mir betreuten Mädchen und meine Freunde, alle wollten wissen, ob man seine Vergangenheit überhaupt hinter sich lassen kann? Nein, die Vergangenheit lässt sich nicht einfach vergessen und auch nicht verdrängen. Vielleicht für kurze Zeit, aber sie holt einen doch immer wieder ein, denn sie ist ja ein Teil von einem. »Hinter sich zu lassen«, bedeutet, »mit seiner Vergangenheit abzuschließen«, akzeptieren, was passiert ist, und erkennen, dass es sich nicht ändern lässt und man weiterleben muss, manchmal auch ohne jemanden, den man liebt.
Viele meiner Leserinnen und Leser wollten wissen, wie mein Leben nach meiner Flucht weitergegangen ist. Am meisten interessierte sie, ob ich mich inzwischen mit meinen Eltern und Geschwistern versöhnt habe. Leider gibt es als Antwort darauf nur ein eindeutiges »Nein! «
Meine Eltern und auch meine Geschwister haben mir bis zum heutigen Tag nicht verziehen. Ich, die ich die Ehre der Familie verletzt habe, bin weiterhin ein Stachel in ihrem Fleisch. Sie haben mich verstoßen und fiir tot erklärt. Nach 1993 habe ich mehrfach versucht, zu meiner Familie Kontakt aufzunehmen. Aber alle Versöhnungsversuche sind von Anfang an ins Leere gelaufen. Einmal habe ich meine Mutter im Krankenhaus besucht. Als mein Vater dazu kam, blickte er kurz von mir zu ihr und fragte: »Was will die hier?«. Dann setzte er sich und ignorierte mich. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Krankenzimmer zu verlassen.
Sicher war es auch für meine Eltern nicht einfach. Denn in ihren Augen wollten sie ja nur das Beste für mich. Sie hatten alles für ihr Kind getan, hatten versucht, ihm den rechten Weg zu weisen. Ich dagegen hatte sie - anstatt sie zu ehren - nur verhöhnt und Schande über sie gebracht. Am schlimmsten war wohl das Gerede der Verwandten, Bekannten und Nachbarn hier in Deutschland, aber auch zu Hause in der Türkei. Dass man mit dem Finger auf sie zeigte oder hinter ihrem Rücken tratschte, das konnten sie kaum ertragen.
Doch die Antwort meiner Eltern auf alle haltlosen Gerüchte und Lügen war Schweigen. Anstatt mich zu verteidigen und in Schutz zu nehmen, schämten sie sich meiner, schämten sich dafür, dass ich am Leben war. Sie hätten mich lieber tot gesehen. Obwohl ich ein paar hundert Kilometer von meinem Heimatort entfernt lebte und keinerlei Kontakt mehr hatte, wusste ich, was sich zu Hause abspielte. Meine Eltern, vor allem mein Vater, sind lange Zeit mit gesenktem Kopf, hängenden Schultern und leeren Augen umhergelaufen, um so zu demonstrieren, wie es in ihrem Inneren aussah. Dass mein Fortgehen der Seele meines Vaters unvergängliche Wunden zufügte, hat mir sehr wehgetan. Aber dass er sein eigenes Kind verleugnete und bei lebendigem Leib begraben hatte, musste auch ich erst verdauen und lernen, nicht daran zu zerbrechen.
Mein Vater und ich haben die letzten 26 Jahre kein einziges persönliches Wort miteinander gewechselt. Kein einziges! Wie gern hätte ich ihm gesagt, dass ich von Kindesbeinen an stolz darauf war, zuerst ein Mensch und danach eine Frau zu sein. Dass auch Mädchen Fähigkeiten und Intelligenz besitzen, nicht nur die Jungen. Dass auch ich eine eigene Meinung habe. Dass ich es - schon erwachsen - gehasst hatte, ständig belagert und bevormundet zu werden. Dass sich ein Vater seiner nach Emanzipation strebenden Tochter nicht schämen muss. Dass der Kontakt zwischen Vater und Tochter für die Entwicklung der Tochter sehr wichtig ist und dass er davor keine Angst zu haben brauche. Ich hätte ihn so gerne gefragt, warum er mich immer und immer wieder als »Hure« beschimpft hatte, obwohl ich damals doch gar nicht wusste, was eine Hure ist. Wie gern hätte ich Meinem Vater ins Gesicht gesagt: »Ich bin stolz darauf, dass ich ohne dich, ohne deine Bevormundung ein eigenständiger, selbstverantwortlicher Mensch geworden bin. Ich bin stolz auf alles, was ich bisher erreicht habe. Ich bin stolz auf mich. Ja, ich bin stolz, dass ich die Kraft fand, aus den bleiernen Zwängen eurer Tradition auszubrechen.« Und eines Tages wollte ich zu meinem Vater gehen und sagen: »Man kann nur glücklich sein, wenn man so lebt, wie man selbst es will, und nicht, wie es verlangt wird. Du hattest nicht den Mut umzudenken, hast dich den uralten Traditionen unterworfen und konntest dich nicht von den Zwängen der Fremdbestimmung befreien. Ich musste meinen eigenen Weg finden.»
Doch dazu kam es nicht mehr - mein Vater starb, bevor ich ihn wiedergesehen hatte.
© Blanvalet Verlag
Aber das Schreiben bat mir geholfen, es hatte therapeutischen Wert für mich. Mich dem stummen Blatt Papier anzuvertrauen, war der einzige Weg für mich, den inneren Frieden zu finden. Es war ein Abschiednehmen von meinen Wurzeln und meiner alten Geschichte. Während ich schrieb, habe ich natürlich auch viel gelesen. Ich entdeckte die Frauenliteratur, las über die Rolle der Frau als Mutter und »Hüterin des Hauses« und darüber, dass man uns seit Jahrhunderten weiszumachen versuchte, dies läge in der »Natur der Frau«. Und dass dieses »Naturgesetz« unter keinen Umständen zu missachten sei. Die Lektüre von Betty Friedan, Simone de Beauvoir, Rosalind Miles und Christa Mulack ebenso wie Oriana Fallaci und Taslima Nasrin haben mir nicht nur in meiner Selbstfindung sehr geholfen, ich konnte plötzlich meine eigene Geschichte besser einordnen, und ich begann zu begreifen, dass muslimisch-türkische Frauen seit Jahrhunderten im Namen der Religion unterdrückt und versklavt wurden.
Im Schreiben hatte ich jetzt endlich eine Möglichkeit gefunden, meine Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, Eindrücke, Erfahrungen und meinen Zorn gegen jegliche Unterordnung der muslimischen Frauen festzuhalten. Wenn ich alles, was mir widerfahren war, aufschrieb, konnte ich möglicherweise meine muslimischen Leidensgenossinnen vor ähnlichen Ungerechtigkeiten bewahren.
Nach der Veröffentlicht', meines ersten Buches. wurde ich mit vielen Fragen zu meiner Vergangenheit konfrontiert. Die Menschen bei meinen öffentlichen Auftritten, die Journalisten bei Interviews oder die von mir betreuten Mädchen und meine Freunde, alle wollten wissen, ob man seine Vergangenheit überhaupt hinter sich lassen kann? Nein, die Vergangenheit lässt sich nicht einfach vergessen und auch nicht verdrängen. Vielleicht für kurze Zeit, aber sie holt einen doch immer wieder ein, denn sie ist ja ein Teil von einem. »Hinter sich zu lassen«, bedeutet, »mit seiner Vergangenheit abzuschließen«, akzeptieren, was passiert ist, und erkennen, dass es sich nicht ändern lässt und man weiterleben muss, manchmal auch ohne jemanden, den man liebt.
Viele meiner Leserinnen und Leser wollten wissen, wie mein Leben nach meiner Flucht weitergegangen ist. Am meisten interessierte sie, ob ich mich inzwischen mit meinen Eltern und Geschwistern versöhnt habe. Leider gibt es als Antwort darauf nur ein eindeutiges »Nein! «
Meine Eltern und auch meine Geschwister haben mir bis zum heutigen Tag nicht verziehen. Ich, die ich die Ehre der Familie verletzt habe, bin weiterhin ein Stachel in ihrem Fleisch. Sie haben mich verstoßen und fiir tot erklärt. Nach 1993 habe ich mehrfach versucht, zu meiner Familie Kontakt aufzunehmen. Aber alle Versöhnungsversuche sind von Anfang an ins Leere gelaufen. Einmal habe ich meine Mutter im Krankenhaus besucht. Als mein Vater dazu kam, blickte er kurz von mir zu ihr und fragte: »Was will die hier?«. Dann setzte er sich und ignorierte mich. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Krankenzimmer zu verlassen.
Sicher war es auch für meine Eltern nicht einfach. Denn in ihren Augen wollten sie ja nur das Beste für mich. Sie hatten alles für ihr Kind getan, hatten versucht, ihm den rechten Weg zu weisen. Ich dagegen hatte sie - anstatt sie zu ehren - nur verhöhnt und Schande über sie gebracht. Am schlimmsten war wohl das Gerede der Verwandten, Bekannten und Nachbarn hier in Deutschland, aber auch zu Hause in der Türkei. Dass man mit dem Finger auf sie zeigte oder hinter ihrem Rücken tratschte, das konnten sie kaum ertragen.
Doch die Antwort meiner Eltern auf alle haltlosen Gerüchte und Lügen war Schweigen. Anstatt mich zu verteidigen und in Schutz zu nehmen, schämten sie sich meiner, schämten sich dafür, dass ich am Leben war. Sie hätten mich lieber tot gesehen. Obwohl ich ein paar hundert Kilometer von meinem Heimatort entfernt lebte und keinerlei Kontakt mehr hatte, wusste ich, was sich zu Hause abspielte. Meine Eltern, vor allem mein Vater, sind lange Zeit mit gesenktem Kopf, hängenden Schultern und leeren Augen umhergelaufen, um so zu demonstrieren, wie es in ihrem Inneren aussah. Dass mein Fortgehen der Seele meines Vaters unvergängliche Wunden zufügte, hat mir sehr wehgetan. Aber dass er sein eigenes Kind verleugnete und bei lebendigem Leib begraben hatte, musste auch ich erst verdauen und lernen, nicht daran zu zerbrechen.
Mein Vater und ich haben die letzten 26 Jahre kein einziges persönliches Wort miteinander gewechselt. Kein einziges! Wie gern hätte ich ihm gesagt, dass ich von Kindesbeinen an stolz darauf war, zuerst ein Mensch und danach eine Frau zu sein. Dass auch Mädchen Fähigkeiten und Intelligenz besitzen, nicht nur die Jungen. Dass auch ich eine eigene Meinung habe. Dass ich es - schon erwachsen - gehasst hatte, ständig belagert und bevormundet zu werden. Dass sich ein Vater seiner nach Emanzipation strebenden Tochter nicht schämen muss. Dass der Kontakt zwischen Vater und Tochter für die Entwicklung der Tochter sehr wichtig ist und dass er davor keine Angst zu haben brauche. Ich hätte ihn so gerne gefragt, warum er mich immer und immer wieder als »Hure« beschimpft hatte, obwohl ich damals doch gar nicht wusste, was eine Hure ist. Wie gern hätte ich Meinem Vater ins Gesicht gesagt: »Ich bin stolz darauf, dass ich ohne dich, ohne deine Bevormundung ein eigenständiger, selbstverantwortlicher Mensch geworden bin. Ich bin stolz auf alles, was ich bisher erreicht habe. Ich bin stolz auf mich. Ja, ich bin stolz, dass ich die Kraft fand, aus den bleiernen Zwängen eurer Tradition auszubrechen.« Und eines Tages wollte ich zu meinem Vater gehen und sagen: »Man kann nur glücklich sein, wenn man so lebt, wie man selbst es will, und nicht, wie es verlangt wird. Du hattest nicht den Mut umzudenken, hast dich den uralten Traditionen unterworfen und konntest dich nicht von den Zwängen der Fremdbestimmung befreien. Ich musste meinen eigenen Weg finden.»
Doch dazu kam es nicht mehr - mein Vater starb, bevor ich ihn wiedergesehen hatte.
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Autoren-Porträt von Serap Cileli
Serap Çileli wurde 1966 im türkischen Adana geboren. 1974 zog sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Mit 15 Jahren wurde sie in der Türkei verheiratet. Nach sieben Jahren Zwangsehe floh sie nach Deutschland. Seitdem engagiert sie sich für die Rechte muslimischer und türkischer Frauen in Europa und betreute über 200 Frauen und Mädchen in Zwangslagen. Im August 2005 wurde ihr für ihre politische Arbeit gegen Zwangsehen und Ehrenmorde das Bundesverdienstkreuz verliehen. 2006 erhielt sie den Ludwig-Beck-Preis für Zivilcourage, 2007 den Bul le Mérite des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und 2008 den Olympe-de-Gouges-Preis wie auch den Barbara-Künkelin-Preis. Serap Çileli lebt mit ihrem zweiten Mann und ihren drei Kindern in Hessen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Serap Cileli
- 2008, 1, 240 Seiten, Maße: 13,5 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3764503017
- ISBN-13: 9783764503017
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