Ganz allein zu dritt / Cadence Jones ermittelt Bd.1
Cadence Jones ermittelt. Roman
Cadence Jones gehört einer Spezialeinheit des FBI an, die sich die Fähigkeiten von psychisch besonderen Persönlichkeiten zunutze macht. Cadence selbst leidet unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung und ist eine von drei Schwestern, die sich denselben...
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Produktinformationen zu „Ganz allein zu dritt / Cadence Jones ermittelt Bd.1 “
Klappentext zu „Ganz allein zu dritt / Cadence Jones ermittelt Bd.1 “
Cadence Jones gehört einer Spezialeinheit des FBI an, die sich die Fähigkeiten von psychisch besonderen Persönlichkeiten zunutze macht. Cadence selbst leidet unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung und ist eine von drei Schwestern, die sich denselben Körper teilen. Als ein Serienmörder auftaucht, der sich stets drei Opfer sucht und an den Tatorten keinerlei Spuren hinterlässt, übernimmt Cadence die Ermittlungen. Sie glaubt, dass der Mörder ihr eine Botschaft senden will. Ahnt er etwas von ihrer speziellen Begabung? Cadence muss alles daran setzen, um weitere Morde zu verhindern.
Lese-Probe zu „Ganz allein zu dritt / Cadence Jones ermittelt Bd.1 “
Ganz allein zu dritt von Mary Janice Davidson1
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Beschwingte Thrash-Metal-Melodien knirschten in meinem Schädel. Ich setzte mich kerzengerade im Bett auf und presste die Hände auf die Ohren. Irgendjemand - wahrscheinlich meine verrückte Schwester - hatte den Radiowecker auf WROX eingestellt und volle Lautstärke aufgedreht. Mir war zumute, als wachte ich neben einer Landebahn auf, die gerade von einer DC-10 angeflogen wurde.
Ich grabbelte nach der Snooze-Taste, verfehlte sie aber, holte erneut aus, fegte dabei das Radio auf den Teppich, glitt aus dem Bett, fiel auf die Snooze-Taste drauf und stoppte damit glücklicherweise den neuesten Song der Sweet Jerkoffs: Raining Hell on Your Stupid Face.
Fragen Sie bloß nicht, woher ich den Song und die Band kannte. Denn das werde ich Ihnen ganz bestimmt nicht sagen.
»Ist doch noch viel zu früh«, tönte eine sonore Stimme aus dem Bett über mir. Was zum ... ? »Komm schlafen.«
Vorsichtig spähte ich über die Bettkante. In meiner zerwühlten Laura-Ashley-Bettwäsche lag ein wildfremder nackter Mann. Sein halbes Gesicht wurde von langen dunklen Haaren bedeckt, die bei jedem Schnarchen fröhlich in die Höhe flatterten. Auf seiner Brust war ein Tattoo von Donald Duck zu sehen, der es mit Daisy trieb ... fast zehn Zentimeter groß!
Und - was zum Henker ...? Auch ich war nackt!
Während der Mann noch nuschelnd protestierte (er roch, als wäre er in ein Tequilafass gefallen), bugsierte ich ihn so nachdrücklich und höflich wie möglich aus meinem Bett. Seine Jeans lag darunter, sein Hemd fand ich über meiner Nachttischlampe, seine Boxershorts dagegen über der Lüftungsöffnung der Heizung, den einen Schuh im Bad und den anderen im Spülbecken. Es war zwar ein hartes Stück Arbeit, ihn anzukleiden, ohne dabei auf seinen Penis zu starren, aber irgendwie bekam ich es hin.
Fragen Sie mich bloß nicht, wie. Denn ich verrate es Ihnen sowieso nicht.
Nachdem der Fremde fort war, machte ich mich daran, leere Tequilaflaschen, ausgelutschte Zitronenscheiben (eine schmiegte sich wie ein gelbes Würmchen an meine Zahnbürste) und diverse leere Salzstreuer (mein Muhkuh-Streuer! Im Klo! Was für ein verdammter Mist!) einzusammeln. Außerdem einen seltsamen Gegenstand, der wie ein kleiner dunkelroter Wal aus sah.
Ich starrte das Ding an und hoffte nur, es wäre nicht das, wofür ich es doch zweifelsfrei halten musste. In diesem Augenblick fing der Wal in meiner Hand zu summen an und ich ließ ihn vor Schreck fallen. Was hatte das denn nur in meinem Kühlschrank zu suchen?
Egal. Egal. Ich - ich musste jetzt zur Arbeit. Durfte nicht zu spät kommen! Bloß nicht zu spät kommen!
Ich kickte den Vibrator über den Küchenboden bis zur Abfalltonne, dann flitzte ich ins Bad. Duschte hastig, trocknete mich mit Lichtgeschwindigkeit ab (mein Haar sah ja noch ganz okay aus, aber meine Augen waren vollständig blutunterlaufen. Was hatte meine Schwester bloß wieder angest- egal, egal!) und zog mein biederstes blaues Kostüm an.
Ich schnappte mir ein Frühstücks-Hot-Pocket (Schinken & Käse) und eilte zur Tür hinaus. Mein Kopf schmerzte zum Zerspringen, aber diese Unpässlichkeit würde sich mit einem Eiskaffee in Kombination mit mindestens zehn Aspirin ganz bestimmt bekämpfen lassen. Für Make-up hatte ich zwar keine Zeit, das Haar jedoch immerhin mit einer großen Spange hochgesteckt.
»Morgen, Ms Jones«, grüßte Ben, der Portier, als ich an ihm vorbeirauschte. »Ganz schön spät geworden, was?«
Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Meine letzte Erinnerung bestand darin, dass ich am Vortag (ein Blick auf Bens Zeitung verriet mir, dass ich wenigstens beim Datum richtiglag) um halb sechs nachmittags die Lake Street entlanggegangen war. Also nickte ich lediglich bejahend und winkte Ben mit meinem Hot Pocket zu.
Ich brauchte etwa zehn Minuten, um meinen Mitsubishi Eclipse zu finden - zum Glück nicht schon wieder abgeschleppt, obwohl ich ihn megaschief auf dem Bürgersteig geparkt hatte -, und weitere fünfundzwanzig, um (ein wenig flotter als normalerweise) die BOFFO-Zentrale zu erreichen, die auf der Marquette Avenue in Minneapolis lag. Es war ein unauffälliges Bürogebäude und hätte auch der Firmensitz von Target oder sonst einem dieser Finanzberater sein können, die bis 2008 so unverschämt florierten. Aber BOFFO war keine Firma.
Zugegeben, auch hier gab es Drucker und Schreibtische und all den üblichen Kram, aber bei BOFFO handelte es sich um eine Zweigstelle des FBI, und zwar um das Bureau of False Flag Ops: also die Abteilung für Operationen unter falscher Flagge.
Nachdem ich geparkt hatte, nahm ich den Fahrstuhl in die richtige Etage, steckte meine Schlüsselkarte in den Schlitz, wartete noch auf den Netzhaut-Scan, und dann huschte ich hinein. Fünf Minuten zu früh! Der Sieg war mein.
Wie immer wurde ich von Opus, dem Hausmeister, begrüßt. »Hi ... Cadence.«
»Hi, großer Mann. Ruhige Nacht gehabt?«
Opus bedachte meine Frage gründlich, ehe er eine Antwort gab. »Ja.« Opus begriff den Sinn von Smalltalk nicht. Er war ein Mensch mit Inselbegabung (sagen Sie nie, aber auch wirklich niemals »Idiot Savant«, das ist nämlich dermaßen zwanzigstes Jahrhundert!), der zwar mit Zahlen unglaubliche Kunststücke vollbringen konnte, aber nicht fähig war, eine normale Einkaufsliste zu verfassen. Er war groß und bärenhaft, hatte struppiges braunes Haar, buschige Augenbrauen, schlammfarbene Augen und mächtige Unterarme. In seiner braunen zweiteiligen Uniform sah er einem Grizzly gar nicht unähnlich. Allerdings einem Grizzly mit Wischmopp auf dem Kopf.
Ich muss zugeben, ich hatte eine Schwäche für diesen Mann. Ich hatte ihn schon einige Male vor meinen weniger sensiblen Kollegen verteidigen müssen, die ihn vorzugsweise Rain Man titulierten.
Es war schon fast komisch, dass Leute, die für BOFFO arbeiteten, den Nerv hatten, einen ebenfalls für BOFFO arbeitenden Menschen zu beleidigen. Schließlich hatten wir doch alle den einen oder anderen Schaden ...
»Cadence! « Das war jetzt George Pinkman, der vor Begeisterung von einem Fuß auf den anderen hüpfte. »Ich hab das neue Halo!* Komm und hilf mir, mit dem Geschmeiß aufzuräumen.«
»Ein andermal«, erwiderte ich freundlich. George verursachte mir eine Gänsehaut. Er war ein Soziopath, wie er im Buche stand. Außerhalb seiner gewalttätigen Videospiele glaubte er an keine Realität. Warum BOFFO solche Typen überhaupt beschäft igte, würde ich nie verstehen, aber natürlich war ich auch nicht in einer Position, um mich darüber zu beklagen oder es zu verurteilen. Ich meine, Herrgott noch mal! Schließlich war ich bloß eine Bundesagentin und nicht König Salomon. »Aber danke für die Einladung.«
»Vielleicht hat deine Schwester ja Lust dazu.«
Ein Schauder überlief mich, während ich mich an ihm vorbei zu meinem Schreibtisch schlängelte. Er war also wirklich verrückt. Aber wie sonst hätte er die BOFFO-Legitimation auch bekommen können? Mit seinen großen grünen Augen, der Adlernase und dem entschlossenen Kinn hatte George schon eine ganze Menge Leute getäuscht. Obwohl er eher schmächtig war, besaß er nicht weniger als drei Schwarze Gürtel. George kleidete sich oft tuntig und befleißigte sich einer Ausdrucksweise, die sich durchaus dazu eignete, die hiesigen Rednecks zu provozieren. Wenn er sie in Kampfeslaune gebracht hatte, pflegte er sie auf einen einsamen Parkplatz zu locken und ihnen diverse Knochen zu brechen. Alles natürlich nur aus Gründen der Selbstverteidigung. Und stets trug er zu diesen Vergnügungen eine seiner unfassbar geschmacklosen, grellen Krawatten.
Auf die heutige war ein niedlicher Disney-Welpe gedruckt, der wie Christus am Kreuz vor einem Hintergrund aus grellbunten Regenbogen hing.
Ich überflog die eingegangenen Faxe, überprüfte die Verhaftungsmeldungen, tippte auf dem Computer herum und wärmte mein Hot Pocket auf, das ich in sechs Bissen hinunterschlang, so ausgehungert war ich. Dann holte ich mir einen Frappuccino aus dem Automaten, stellte ihn auf mein Hello-Kitty-Mousepad und würgte zwischen Kaffeeschlucken ein paar Aspirin hinunter. Dies, so hoffte ich, würde meinen schlimmen Kater kurieren.
»Cadence Jones!«
Ich drehte mich so schnell auf meinem Stuhl herum, dass ich fast den Frappuccino verschüttet hätte. In der Tür stand unsere Chefin Michaela, eine attraktive Mittfünfzigerin mit silbernen, exakt kinnlang geschnittenen Haaren und unglaublich grünen Augen. Reines Grün, kein Haselnussbraun. Blättergrün! Haar von der Farbe eines Edelmetalls, Augen wie feuchte Blätter ... Michaela wäre eine hinreißende Frau gewesen, wenn sie nicht so beängstigend tüchtig und allzeit von Stellwänden, Druckern und Postwägelchen umgeben gewesen wäre. Außerdem war sie, wie üblich, in Ann Taylor gekleidet.
Ich bezwang das Verlangen, den Kopf zu schütteln, um das Brausen in meinen Ohren loszuwerden. Unsere Chefin verfügte über eine Stimme, die es in Lautstärke und Tonhöhe mit einem Nebelhorn aufnehmen konnte. »Wollten wir nicht versuchen, im Haus die Hausstimme zu benutzen?«
»Alle zum Debriefing! In dreißig Minuten!«
»Weiß ich doch. Hab ja die Mail gelesen.« Ich wies auf meinen Computerbildschirm. »Aber danke für die Unterstellung, dass ich in der ersten Klasse nicht Lesen gelernt habe.«
»Lassen Sie Ihr Mundwerk am Schreibtisch!« Glücklicherweise entfleuchte sie durch eine andere Tür.
Wie sollte ich das denn anstellen? Physisch war es unmöglich. Und im übertragenen Sinn ergab es auch keinen Sinn, denn mein Mundwerk war ja genau das, was mich für BOFFO so wertvoll machte. Vielleicht hatte Michaela auch eine anstrengende Nacht hinter sich.
George versetzte seinem Stuhl einen Stoß und dieser schoss auf meinen Schreibtisch zu. »Zeit für Miller!«, prustete er, während er sich mit den geballten Fäusten auf die Schenkel hämmerte.
Das war natürlich einer seiner schlechten Scherze. Connie Miller, die in sieben Jahren vier ihrer fünf Kinder vergiftet hatte (Warum hatte sie das Älteste leben lassen? Und die anderen nicht? Warum warum warum hatte sie), sollte an diesem Morgen vor Gericht erscheinen. George und ich mussten auf Ms Miller aufpassen, bis die Streifenpolizisten sie abholten. Im Grunde handelte es sich nur um eine letzte Formalität, bevor sie dem Gericht überstellt wurde. Papiere waren zu unterschreiben. Tage wie dieser zeigten, so fand ich, dass wir furchtlosen Knechte der Regierung auch dazu missbraucht wurden, elende Aufräumarbeiten zu erledigen. Allerdings bekamen wir im Gegenzug eine umfassende medizinische und zahnärztliche Versorgung.
Connie Miller war mir ebenso unheimlich wie George, doch aus ganz anderen Gründen. Nennen Sie mich ruhig altmodisch, aber ich finde schon, es verstößt gegen die Gesetze der Natur, wenn eine Mutter ihre Kinder tötet.
Litt sie vielleicht unter dem Münchhausen-Syndrom? Hatte es ihr einen Kick gegeben, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, als ihre Kinder krank wurden (was sie ja selbst verursacht hatte) und starben? Krank. Widerlich. Entsetzlich. Ich war heilfroh, dass meine Schwester geholfen hatte, Connie Miller zu verhaften. Ich selbst hätte es nie gekonnt.
Der Fall fiel in die Zuständigkeit von BOFFO, nachdem Miller von Kalifornien nach Minnesota gezogen war. George und meine Schwester hatten ihre Spur verfolgt und sie geschnappt. Nun blieb nur noch der öde Papierkram zu erledigen. Die Bilder der toten Babys mussten wir so schnell wie möglich aus unseren Köpfen verbannen. Zwei der ermordeten Kinder waren nach einer sehr zeit- und kostenintensiven Fruchtbarkeitsbehandlung, der sich Connie Miller unterzogen hatte, auf die Welt gekommen. Also, erst so viel Mühe und dann ...
Verrückt.
Wir durchquerten einige Sicherheitszonen und steckten unsere Schlüsselkarten in die Scanner auf unserem Weg. Bei BOFFO gab es nur wenig Sicherheitspersonal, denn die meisten Mitarbeiter litten unter Verfolgungswahn und hätten unter Beobachtung durch Wachmänner begonnen, sich wie Insassen einer Anstalt zu verhalten. (Einige, so vermutete ich, waren wohl auch tatsächlich in einer Anstalt gewesen.) Deshalb hatte man die Sicherheit nach dem neuesten Stand der Technik automatisiert.
Connie Miller saß ganz ruhig in einem Vernehmungsraum. Sie trug einen lindgrünen Overall, auf dessen Rücken und Ärmeln BOFFO stand. Lediglich ihre Hände lagen in Handschellen gefesselt auf dem Tisch, denn Miller wurde als sanftmütige und sogar freundliche Person eingestuft, die keinerlei Gefahr darstellte. Außerdem war sie Anfang vierzig und übergewichtig.
»Ms Miller!«, rief George. »Bereit für den großen Tag vor Gericht?«
»Kann's gar nicht erwarten«, erwiderte sie mit einem Zwinkern. Ihre blauen Augen (ich hasse das zuzugeben: Sie hatten fast die gleiche Farbe wie meine) waren weit geöffnet und glühten förmlich. »Die Jury wird mir schon glauben, wenn ich alles erklärt habe.«
»Vergessen Sie nicht zu erwähnen, dass Sie Pfirsichpüree benutzt haben, um den säuerlichen Geschmack des Giftes zu überdecken«, riet George im Plauderton. Dann gähnte er und rieb sich ausgiebig übers Gesicht. Zweifellos hatte er wieder bis in die Puppen seine idiotischen Computerspiele gespielt. »Die Geschworenen werden Ihnen aus der Hand fressen. Verstanden? Sie werden es aufessen? Und hey - Ihnen ist doch wohl klar, dass Ihre armen toten Babys schon in der Hölle auf Sie warten?«
Ich widerstand dem Drang, George vors Schienbein zu treten. Erstens war er Atheist. Falls er überhaupt an einen Gott glaubte, dann war er das - Gott. Und zweitens hätte es ihn nicht im Geringsten gejuckt, wenn Miller zwanzig Kinder getötet hätte. Wie alle Soziopathen lebte George nur für Spaß, Wut und Herausforderungen. Moral war für ihn nicht nur ein fremdes Konzept, sondern ein Begriff, von dem er noch nie gehört hatte.
Nein, er machte sich bloß einen Spaß mit der Gefangenen. Und das war ziemlich grausam, selbst für eine Frau wie Connie Miller. Was immer wir auch waren, wir sollten uns doch wie Profis verhalten.
Trotz meiner schmerzhaft pochenden Schläfen rang ich mir ein Lächeln ab. »Wenn Sie bitte hier unterschreiben wollen? Und hier. Und hier.« Das Ganze erinnerte ein bisschen an eine Paketannahme von FedEx. »Und ein letztes Mal hier.«
Gehorsam kritzelte Connie ihren Namen mit dem weichen Filzschreiber, den ich ihr gegeben hatte.
George ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen und strich seine Krawatte mit dem toten, gekreuzigten Welpen vor dem Regenbogen liebevoll glatt. »Ihr Problem ist, dass Sie den Hals nicht vollkriegen konnten. Ein Baby wäre ja noch gegangen. Zwei? Hätte vielleicht auch noch funktioniert. Aber vier? Und zu allem Überfluss mussten Sie auch noch in einen anderen Bundesstaat ziehen? Damit auch wirklich jedes Krankenhaus Ihre Krankenakte hat?«
»Ich kann alles erklären«, murmelte Connie. Das rote Haar fiel ihr in die Augen, während sie sich mit den Papieren mühte, die ich ihr über den Tisch zuschob.
»Erzählen Sie das mal dem Richter, Schätzchen.« Wie so viele andere Soziopathen war auch George durchaus charismatisch und konnte eine Beleidigung wie eine Aufforderung zum Flirt klingen lassen. Er starrte sie sogar richtig lüstern an, was die arme Frau nur noch mehr verwirren mochte.
Es war nicht das erste Mal, dass ich Michaelas Urteilsvermögen in Frage stellte. Wie hatte sie nur einen derart furchtbaren Soziopathen ins Team holen können? Diese Menschen waren so unberechenbar - und überdies auch noch unzuverlässig, denn nie trugen sie beim Weihnachtswichteln das Ihrige bei.
»So dürfen Sie nicht mit mir reden«, sagte die Mörderin zimperlich. »Der Herr hat mich mit vielen Kindern und vielen Herausforderungen gesegnet.«
»Herausforderungen!«, grölte George.
»Hör endlich auf! «, fuhr ich ihn an. Worauf war er denn bloß aus, abgesehen davon, dass er sie in Rage bringen wollte? Sie war verhaftet worden. Die Jury würde sie verurteilen. Sie würde die nächsten dreißig Jahre ihres Lebens in Shakopee verbringen. Georges Beleidigungen hatten also gar keinen Sinn und regten die Gefangene nur unnötig auf.
Mich übrigens auch.
»Ja, aufhören!«, kreischte Ms Miller und machte schon Anstalten, mich über den Tisch hinweg zu schlagen. Ich wich jedoch aus und packte ihr Handgelenk. Dann verdrehte ich ihr den Arm, ignorierte ihr Geheul und schleuderte sie von mir weg.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Beschwingte Thrash-Metal-Melodien knirschten in meinem Schädel. Ich setzte mich kerzengerade im Bett auf und presste die Hände auf die Ohren. Irgendjemand - wahrscheinlich meine verrückte Schwester - hatte den Radiowecker auf WROX eingestellt und volle Lautstärke aufgedreht. Mir war zumute, als wachte ich neben einer Landebahn auf, die gerade von einer DC-10 angeflogen wurde.
Ich grabbelte nach der Snooze-Taste, verfehlte sie aber, holte erneut aus, fegte dabei das Radio auf den Teppich, glitt aus dem Bett, fiel auf die Snooze-Taste drauf und stoppte damit glücklicherweise den neuesten Song der Sweet Jerkoffs: Raining Hell on Your Stupid Face.
Fragen Sie bloß nicht, woher ich den Song und die Band kannte. Denn das werde ich Ihnen ganz bestimmt nicht sagen.
»Ist doch noch viel zu früh«, tönte eine sonore Stimme aus dem Bett über mir. Was zum ... ? »Komm schlafen.«
Vorsichtig spähte ich über die Bettkante. In meiner zerwühlten Laura-Ashley-Bettwäsche lag ein wildfremder nackter Mann. Sein halbes Gesicht wurde von langen dunklen Haaren bedeckt, die bei jedem Schnarchen fröhlich in die Höhe flatterten. Auf seiner Brust war ein Tattoo von Donald Duck zu sehen, der es mit Daisy trieb ... fast zehn Zentimeter groß!
Und - was zum Henker ...? Auch ich war nackt!
Während der Mann noch nuschelnd protestierte (er roch, als wäre er in ein Tequilafass gefallen), bugsierte ich ihn so nachdrücklich und höflich wie möglich aus meinem Bett. Seine Jeans lag darunter, sein Hemd fand ich über meiner Nachttischlampe, seine Boxershorts dagegen über der Lüftungsöffnung der Heizung, den einen Schuh im Bad und den anderen im Spülbecken. Es war zwar ein hartes Stück Arbeit, ihn anzukleiden, ohne dabei auf seinen Penis zu starren, aber irgendwie bekam ich es hin.
Fragen Sie mich bloß nicht, wie. Denn ich verrate es Ihnen sowieso nicht.
Nachdem der Fremde fort war, machte ich mich daran, leere Tequilaflaschen, ausgelutschte Zitronenscheiben (eine schmiegte sich wie ein gelbes Würmchen an meine Zahnbürste) und diverse leere Salzstreuer (mein Muhkuh-Streuer! Im Klo! Was für ein verdammter Mist!) einzusammeln. Außerdem einen seltsamen Gegenstand, der wie ein kleiner dunkelroter Wal aus sah.
Ich starrte das Ding an und hoffte nur, es wäre nicht das, wofür ich es doch zweifelsfrei halten musste. In diesem Augenblick fing der Wal in meiner Hand zu summen an und ich ließ ihn vor Schreck fallen. Was hatte das denn nur in meinem Kühlschrank zu suchen?
Egal. Egal. Ich - ich musste jetzt zur Arbeit. Durfte nicht zu spät kommen! Bloß nicht zu spät kommen!
Ich kickte den Vibrator über den Küchenboden bis zur Abfalltonne, dann flitzte ich ins Bad. Duschte hastig, trocknete mich mit Lichtgeschwindigkeit ab (mein Haar sah ja noch ganz okay aus, aber meine Augen waren vollständig blutunterlaufen. Was hatte meine Schwester bloß wieder angest- egal, egal!) und zog mein biederstes blaues Kostüm an.
Ich schnappte mir ein Frühstücks-Hot-Pocket (Schinken & Käse) und eilte zur Tür hinaus. Mein Kopf schmerzte zum Zerspringen, aber diese Unpässlichkeit würde sich mit einem Eiskaffee in Kombination mit mindestens zehn Aspirin ganz bestimmt bekämpfen lassen. Für Make-up hatte ich zwar keine Zeit, das Haar jedoch immerhin mit einer großen Spange hochgesteckt.
»Morgen, Ms Jones«, grüßte Ben, der Portier, als ich an ihm vorbeirauschte. »Ganz schön spät geworden, was?«
Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Meine letzte Erinnerung bestand darin, dass ich am Vortag (ein Blick auf Bens Zeitung verriet mir, dass ich wenigstens beim Datum richtiglag) um halb sechs nachmittags die Lake Street entlanggegangen war. Also nickte ich lediglich bejahend und winkte Ben mit meinem Hot Pocket zu.
Ich brauchte etwa zehn Minuten, um meinen Mitsubishi Eclipse zu finden - zum Glück nicht schon wieder abgeschleppt, obwohl ich ihn megaschief auf dem Bürgersteig geparkt hatte -, und weitere fünfundzwanzig, um (ein wenig flotter als normalerweise) die BOFFO-Zentrale zu erreichen, die auf der Marquette Avenue in Minneapolis lag. Es war ein unauffälliges Bürogebäude und hätte auch der Firmensitz von Target oder sonst einem dieser Finanzberater sein können, die bis 2008 so unverschämt florierten. Aber BOFFO war keine Firma.
Zugegeben, auch hier gab es Drucker und Schreibtische und all den üblichen Kram, aber bei BOFFO handelte es sich um eine Zweigstelle des FBI, und zwar um das Bureau of False Flag Ops: also die Abteilung für Operationen unter falscher Flagge.
Nachdem ich geparkt hatte, nahm ich den Fahrstuhl in die richtige Etage, steckte meine Schlüsselkarte in den Schlitz, wartete noch auf den Netzhaut-Scan, und dann huschte ich hinein. Fünf Minuten zu früh! Der Sieg war mein.
Wie immer wurde ich von Opus, dem Hausmeister, begrüßt. »Hi ... Cadence.«
»Hi, großer Mann. Ruhige Nacht gehabt?«
Opus bedachte meine Frage gründlich, ehe er eine Antwort gab. »Ja.« Opus begriff den Sinn von Smalltalk nicht. Er war ein Mensch mit Inselbegabung (sagen Sie nie, aber auch wirklich niemals »Idiot Savant«, das ist nämlich dermaßen zwanzigstes Jahrhundert!), der zwar mit Zahlen unglaubliche Kunststücke vollbringen konnte, aber nicht fähig war, eine normale Einkaufsliste zu verfassen. Er war groß und bärenhaft, hatte struppiges braunes Haar, buschige Augenbrauen, schlammfarbene Augen und mächtige Unterarme. In seiner braunen zweiteiligen Uniform sah er einem Grizzly gar nicht unähnlich. Allerdings einem Grizzly mit Wischmopp auf dem Kopf.
Ich muss zugeben, ich hatte eine Schwäche für diesen Mann. Ich hatte ihn schon einige Male vor meinen weniger sensiblen Kollegen verteidigen müssen, die ihn vorzugsweise Rain Man titulierten.
Es war schon fast komisch, dass Leute, die für BOFFO arbeiteten, den Nerv hatten, einen ebenfalls für BOFFO arbeitenden Menschen zu beleidigen. Schließlich hatten wir doch alle den einen oder anderen Schaden ...
»Cadence! « Das war jetzt George Pinkman, der vor Begeisterung von einem Fuß auf den anderen hüpfte. »Ich hab das neue Halo!* Komm und hilf mir, mit dem Geschmeiß aufzuräumen.«
»Ein andermal«, erwiderte ich freundlich. George verursachte mir eine Gänsehaut. Er war ein Soziopath, wie er im Buche stand. Außerhalb seiner gewalttätigen Videospiele glaubte er an keine Realität. Warum BOFFO solche Typen überhaupt beschäft igte, würde ich nie verstehen, aber natürlich war ich auch nicht in einer Position, um mich darüber zu beklagen oder es zu verurteilen. Ich meine, Herrgott noch mal! Schließlich war ich bloß eine Bundesagentin und nicht König Salomon. »Aber danke für die Einladung.«
»Vielleicht hat deine Schwester ja Lust dazu.«
Ein Schauder überlief mich, während ich mich an ihm vorbei zu meinem Schreibtisch schlängelte. Er war also wirklich verrückt. Aber wie sonst hätte er die BOFFO-Legitimation auch bekommen können? Mit seinen großen grünen Augen, der Adlernase und dem entschlossenen Kinn hatte George schon eine ganze Menge Leute getäuscht. Obwohl er eher schmächtig war, besaß er nicht weniger als drei Schwarze Gürtel. George kleidete sich oft tuntig und befleißigte sich einer Ausdrucksweise, die sich durchaus dazu eignete, die hiesigen Rednecks zu provozieren. Wenn er sie in Kampfeslaune gebracht hatte, pflegte er sie auf einen einsamen Parkplatz zu locken und ihnen diverse Knochen zu brechen. Alles natürlich nur aus Gründen der Selbstverteidigung. Und stets trug er zu diesen Vergnügungen eine seiner unfassbar geschmacklosen, grellen Krawatten.
Auf die heutige war ein niedlicher Disney-Welpe gedruckt, der wie Christus am Kreuz vor einem Hintergrund aus grellbunten Regenbogen hing.
Ich überflog die eingegangenen Faxe, überprüfte die Verhaftungsmeldungen, tippte auf dem Computer herum und wärmte mein Hot Pocket auf, das ich in sechs Bissen hinunterschlang, so ausgehungert war ich. Dann holte ich mir einen Frappuccino aus dem Automaten, stellte ihn auf mein Hello-Kitty-Mousepad und würgte zwischen Kaffeeschlucken ein paar Aspirin hinunter. Dies, so hoffte ich, würde meinen schlimmen Kater kurieren.
»Cadence Jones!«
Ich drehte mich so schnell auf meinem Stuhl herum, dass ich fast den Frappuccino verschüttet hätte. In der Tür stand unsere Chefin Michaela, eine attraktive Mittfünfzigerin mit silbernen, exakt kinnlang geschnittenen Haaren und unglaublich grünen Augen. Reines Grün, kein Haselnussbraun. Blättergrün! Haar von der Farbe eines Edelmetalls, Augen wie feuchte Blätter ... Michaela wäre eine hinreißende Frau gewesen, wenn sie nicht so beängstigend tüchtig und allzeit von Stellwänden, Druckern und Postwägelchen umgeben gewesen wäre. Außerdem war sie, wie üblich, in Ann Taylor gekleidet.
Ich bezwang das Verlangen, den Kopf zu schütteln, um das Brausen in meinen Ohren loszuwerden. Unsere Chefin verfügte über eine Stimme, die es in Lautstärke und Tonhöhe mit einem Nebelhorn aufnehmen konnte. »Wollten wir nicht versuchen, im Haus die Hausstimme zu benutzen?«
»Alle zum Debriefing! In dreißig Minuten!«
»Weiß ich doch. Hab ja die Mail gelesen.« Ich wies auf meinen Computerbildschirm. »Aber danke für die Unterstellung, dass ich in der ersten Klasse nicht Lesen gelernt habe.«
»Lassen Sie Ihr Mundwerk am Schreibtisch!« Glücklicherweise entfleuchte sie durch eine andere Tür.
Wie sollte ich das denn anstellen? Physisch war es unmöglich. Und im übertragenen Sinn ergab es auch keinen Sinn, denn mein Mundwerk war ja genau das, was mich für BOFFO so wertvoll machte. Vielleicht hatte Michaela auch eine anstrengende Nacht hinter sich.
George versetzte seinem Stuhl einen Stoß und dieser schoss auf meinen Schreibtisch zu. »Zeit für Miller!«, prustete er, während er sich mit den geballten Fäusten auf die Schenkel hämmerte.
Das war natürlich einer seiner schlechten Scherze. Connie Miller, die in sieben Jahren vier ihrer fünf Kinder vergiftet hatte (Warum hatte sie das Älteste leben lassen? Und die anderen nicht? Warum warum warum hatte sie), sollte an diesem Morgen vor Gericht erscheinen. George und ich mussten auf Ms Miller aufpassen, bis die Streifenpolizisten sie abholten. Im Grunde handelte es sich nur um eine letzte Formalität, bevor sie dem Gericht überstellt wurde. Papiere waren zu unterschreiben. Tage wie dieser zeigten, so fand ich, dass wir furchtlosen Knechte der Regierung auch dazu missbraucht wurden, elende Aufräumarbeiten zu erledigen. Allerdings bekamen wir im Gegenzug eine umfassende medizinische und zahnärztliche Versorgung.
Connie Miller war mir ebenso unheimlich wie George, doch aus ganz anderen Gründen. Nennen Sie mich ruhig altmodisch, aber ich finde schon, es verstößt gegen die Gesetze der Natur, wenn eine Mutter ihre Kinder tötet.
Litt sie vielleicht unter dem Münchhausen-Syndrom? Hatte es ihr einen Kick gegeben, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, als ihre Kinder krank wurden (was sie ja selbst verursacht hatte) und starben? Krank. Widerlich. Entsetzlich. Ich war heilfroh, dass meine Schwester geholfen hatte, Connie Miller zu verhaften. Ich selbst hätte es nie gekonnt.
Der Fall fiel in die Zuständigkeit von BOFFO, nachdem Miller von Kalifornien nach Minnesota gezogen war. George und meine Schwester hatten ihre Spur verfolgt und sie geschnappt. Nun blieb nur noch der öde Papierkram zu erledigen. Die Bilder der toten Babys mussten wir so schnell wie möglich aus unseren Köpfen verbannen. Zwei der ermordeten Kinder waren nach einer sehr zeit- und kostenintensiven Fruchtbarkeitsbehandlung, der sich Connie Miller unterzogen hatte, auf die Welt gekommen. Also, erst so viel Mühe und dann ...
Verrückt.
Wir durchquerten einige Sicherheitszonen und steckten unsere Schlüsselkarten in die Scanner auf unserem Weg. Bei BOFFO gab es nur wenig Sicherheitspersonal, denn die meisten Mitarbeiter litten unter Verfolgungswahn und hätten unter Beobachtung durch Wachmänner begonnen, sich wie Insassen einer Anstalt zu verhalten. (Einige, so vermutete ich, waren wohl auch tatsächlich in einer Anstalt gewesen.) Deshalb hatte man die Sicherheit nach dem neuesten Stand der Technik automatisiert.
Connie Miller saß ganz ruhig in einem Vernehmungsraum. Sie trug einen lindgrünen Overall, auf dessen Rücken und Ärmeln BOFFO stand. Lediglich ihre Hände lagen in Handschellen gefesselt auf dem Tisch, denn Miller wurde als sanftmütige und sogar freundliche Person eingestuft, die keinerlei Gefahr darstellte. Außerdem war sie Anfang vierzig und übergewichtig.
»Ms Miller!«, rief George. »Bereit für den großen Tag vor Gericht?«
»Kann's gar nicht erwarten«, erwiderte sie mit einem Zwinkern. Ihre blauen Augen (ich hasse das zuzugeben: Sie hatten fast die gleiche Farbe wie meine) waren weit geöffnet und glühten förmlich. »Die Jury wird mir schon glauben, wenn ich alles erklärt habe.«
»Vergessen Sie nicht zu erwähnen, dass Sie Pfirsichpüree benutzt haben, um den säuerlichen Geschmack des Giftes zu überdecken«, riet George im Plauderton. Dann gähnte er und rieb sich ausgiebig übers Gesicht. Zweifellos hatte er wieder bis in die Puppen seine idiotischen Computerspiele gespielt. »Die Geschworenen werden Ihnen aus der Hand fressen. Verstanden? Sie werden es aufessen? Und hey - Ihnen ist doch wohl klar, dass Ihre armen toten Babys schon in der Hölle auf Sie warten?«
Ich widerstand dem Drang, George vors Schienbein zu treten. Erstens war er Atheist. Falls er überhaupt an einen Gott glaubte, dann war er das - Gott. Und zweitens hätte es ihn nicht im Geringsten gejuckt, wenn Miller zwanzig Kinder getötet hätte. Wie alle Soziopathen lebte George nur für Spaß, Wut und Herausforderungen. Moral war für ihn nicht nur ein fremdes Konzept, sondern ein Begriff, von dem er noch nie gehört hatte.
Nein, er machte sich bloß einen Spaß mit der Gefangenen. Und das war ziemlich grausam, selbst für eine Frau wie Connie Miller. Was immer wir auch waren, wir sollten uns doch wie Profis verhalten.
Trotz meiner schmerzhaft pochenden Schläfen rang ich mir ein Lächeln ab. »Wenn Sie bitte hier unterschreiben wollen? Und hier. Und hier.« Das Ganze erinnerte ein bisschen an eine Paketannahme von FedEx. »Und ein letztes Mal hier.«
Gehorsam kritzelte Connie ihren Namen mit dem weichen Filzschreiber, den ich ihr gegeben hatte.
George ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen und strich seine Krawatte mit dem toten, gekreuzigten Welpen vor dem Regenbogen liebevoll glatt. »Ihr Problem ist, dass Sie den Hals nicht vollkriegen konnten. Ein Baby wäre ja noch gegangen. Zwei? Hätte vielleicht auch noch funktioniert. Aber vier? Und zu allem Überfluss mussten Sie auch noch in einen anderen Bundesstaat ziehen? Damit auch wirklich jedes Krankenhaus Ihre Krankenakte hat?«
»Ich kann alles erklären«, murmelte Connie. Das rote Haar fiel ihr in die Augen, während sie sich mit den Papieren mühte, die ich ihr über den Tisch zuschob.
»Erzählen Sie das mal dem Richter, Schätzchen.« Wie so viele andere Soziopathen war auch George durchaus charismatisch und konnte eine Beleidigung wie eine Aufforderung zum Flirt klingen lassen. Er starrte sie sogar richtig lüstern an, was die arme Frau nur noch mehr verwirren mochte.
Es war nicht das erste Mal, dass ich Michaelas Urteilsvermögen in Frage stellte. Wie hatte sie nur einen derart furchtbaren Soziopathen ins Team holen können? Diese Menschen waren so unberechenbar - und überdies auch noch unzuverlässig, denn nie trugen sie beim Weihnachtswichteln das Ihrige bei.
»So dürfen Sie nicht mit mir reden«, sagte die Mörderin zimperlich. »Der Herr hat mich mit vielen Kindern und vielen Herausforderungen gesegnet.«
»Herausforderungen!«, grölte George.
»Hör endlich auf! «, fuhr ich ihn an. Worauf war er denn bloß aus, abgesehen davon, dass er sie in Rage bringen wollte? Sie war verhaftet worden. Die Jury würde sie verurteilen. Sie würde die nächsten dreißig Jahre ihres Lebens in Shakopee verbringen. Georges Beleidigungen hatten also gar keinen Sinn und regten die Gefangene nur unnötig auf.
Mich übrigens auch.
»Ja, aufhören!«, kreischte Ms Miller und machte schon Anstalten, mich über den Tisch hinweg zu schlagen. Ich wich jedoch aus und packte ihr Handgelenk. Dann verdrehte ich ihr den Arm, ignorierte ihr Geheul und schleuderte sie von mir weg.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Mary Janice Davidson
Mary Janice Davidson gelang mit Weiblich, ledig, untot der Sprung auf die Bestsellerlisten. Seither hat sie mit ihrer Vampirin Betsy eine riesige Fangemeinde gewonnen. Davidson lebt in Minnesota.
Bibliographische Angaben
- Autor: Mary Janice Davidson
- 2012, 312 Seiten, Maße: 12,6 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Först, Barbara
- Übersetzer: Barbara Först
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802584643
- ISBN-13: 9783802584640
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