Ghetto-Oma
"Gerade ist eine meiner Kolleginnen mit Burnout-Syndrom frühpensioniert worden früher kannten wir den Begriff noch nicht, ihre Krankheit hieß schlicht...
"Gerade ist eine meiner Kolleginnen mit Burnout-Syndrom frühpensioniert worden früher kannten wir den Begriff noch nicht, ihre Krankheit hieß schlicht Siekannsichnichtdurchsetzen." Seit fast vierzig Jahren unterrichtet Frl. Krise inzwischen. Täglich erlebt sie dabei komische, aber auch anrührende Situationen mit ihren Schülern, die sie hier mit Herz und Seele beschreibt. Darüber hinaus wirft sie einen amüsanten Blick in die Vergangenheit: Wann schlich sich das erste Kopftuch ins Klassenzimmer, wann störte das Tamagotchi plötzlich den Unterricht, und ab wann waren die Lehrer auf einmal pünktlicher als die Schüler?
Unglaubliche Schulgeschichten scharf beobachtet und pointiert erzählt.
Frl. Krise hat es zwar nicht leicht, aber wer mehr als 40 Jahre als Lehrerin geschafft hat, ist voll „Jäckpott", ehrlich! Ihre Schüler pendeln zwischen Herzlichkeit und Desinteresse, Praktikum und Sitzenbleiben, Facebook und Elternfrust - und Frl. Krise pendelt mit ihnen. Mal endgenervt über Fragen nach „Penisfischen" im Biounterricht oder selbst geschriebene Entschuldigungszettel mit gezählten 10, aber gefühlten 50 Fehlern, mal überwältigt vom Witz und der Offenheit ihrer Bande ... eine kleine Einstimmung.
- Vallah: heißt eigentlich „bei Gott" und wird als Schwurformel gebraucht. Frl. Krises Schüler lieben dieses Wort, verwenden es allerdings sehr inflationär, z. B. für die Einleitung von (Unschulds-)Beteuerungen oder um gewissen Aussagen Nachdruck zu verleihen: Vallah, ich schwitze krass! Kann ich doch nicht dafür, vallah! An „vallah" kann man sich echt voll gewöhnen, vallah!
- Hässlichkeit: Nun, man ahnt es, wer so tituliert
- Voll: voll krass, voll „Jäckpott", voll gemein natürlich - voll ist die neue „Vorsilbe" und passt vor fast alles. Liebhaber leiten jeden zweiten Satz damit ein, Könner verwenden es sogar zweimal in einem Satz.
- Abo: Nein, hier ist nicht von einem Zeitschriftenabo die Rede; „abo" - gerne auch sehr langgezogen „abooooo" - ist Ausdruck des Erstaunens, wird aber auch gern flexibel am Satzanfang oder -ende eingesetzt, auch wenn es gar nichts Erstaunliches zu berichten gibt.
- Ich schwör: Braucht es dafür eine Erklärung? Nee ...
- Voll Jäckpott: Natürlich ist Frl. Krise voll „Jäckpott" - auch wenn ihr ihre Schüler meist nicht ganz so aufmerksam zuhören, sich im Unterricht die Haare frisieren, Fingernägel maniküren, sich triezen oder einfach mal wegnicken: Auf Frl. Krise würden die Jungs und Mädels nie etwas kommen lassen, wir schwören!
Ausgewählte Figuren:
Emre: Romantiker vor dem Herrn, pardon, Allah. Er hat sich z. B. ein Boot gemietet, ist damit mit seiner damals Noch-nicht-Freundin auf die Mitte eines Sees gerudert und hat sie dann gefragt, ob sie mit ihm gehen will. Gerade plant er eine aufwendige Geburtstagsüberraschung für sie. Außerdem ist Emre ein Gentleman und übernimmt gerne den Kehrdienst im Klassenzimmer, wenn sonst alle flüchten - ein Schatz eben. Wenn es ihm nach acht, neun Stunden Unterricht zu viel wird, sagt er: „Lass ma Schluss machen, mein Gehirn wackelt schon!" Emre hat sogar schon Angela Merkel die Hand geschüttelt und auf einer Podiumsdiskussion als einziger Schüler gesprochen.
Ömür: Wenn es nach seinem Arzt ginge, müsste er 30 Kilo abnehmen, aber sobald es ums Essen geht, wird der liebenswerte und offene Ömür hellhörig. Er liebt Streuselschnecken oder Fladenbrot - aber eigentlich auch alles andere ... Er hat Emre bei einem Julklapp einen verpackten Döner geschenkt. Frl. Krise mag Ömür sehr - und umgekehrt; er ist aber auch voll „Jäckpott", der Ömür.
Aynur: Sie kann hervorragend reden und sich in Szene setzen, nervt aber voll durch Dauerquasseln. Aynur erzählt einfach alles, was ihr gerade durch den Kopf schießt. Zu dumm, dass sie nicht die Lehrerin ist - das Leben ist aber auch voll gemein, vallah!
Gamze: Sie isst liebend gern getrocknete Chinasuppe - natürlich während der Schulstunden. Abooooooo!
Hassan: Er hat (fast) immer einen Spruch auf den Lippen.
Ein Beispiel: Frl. Krise bittet die Klasse, alle Handys abzugeben und in die Schachtel auf dem Lehrerpult zu legen. Nach der Schockstarre - ohne Handy ist man schließlich so etwas wie nackt ... - legen alle ihre Handys nebeneinander in die Schachtel, auch Frl. Krise. Sie hat natürlich das älteste Teil (2 Jahre!). Hassan dazu: „Voll alt, voll die Telefonzelle, mit so was geh ich kämpfen ... nein ... Spaaaaaß, Frl. Krise!"
Nesrin: Sie liebt es, Frl. Krise nach Unterrichtsende zu umarmen: „Bis morgen! Frl. Krise, Sie sind voll unsere Ghetto-Oma, voll süß, ich schwöre! Vallah!"
Alle: auf die Frage, warum Frl. Krise ihrem ersten Freund vor zig Jahren Briefe geschrieben hat: „Warum nich E-Mail?"
Frl. Krise: „Gab's noch nicht. Facebook ebenso nicht, übrigens. Überhaupt keine Computer und auch keine Handys."
Alle: „Aboooooo, voll krass!"
- Autor: Frl. Krise
- 2012, 1. Auflage., 336 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499629984
- ISBN-13: 9783499629983
- Erscheinungsdatum: 01.11.2012
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