Gottlos
Sie war jung und schön und starb einen unvorstellbar qualvollen Tod: lebendig begraben! Die Ärztin Sara Linton und Polizeichef Jeff Tolliver sind ob der Brutalität des Mordes schockiert und zugleich besessen davon, dem Killer das Handwerk zu legen. Denn...
Sie war jung und schön und starb einen unvorstellbar qualvollen Tod: lebendig begraben! Die Ärztin Sara Linton und Polizeichef Jeff Tolliver sind ob der Brutalität des Mordes schockiert und zugleich besessen davon, dem Killer das Handwerk zu legen. Denn dieser Mord war der Auftakt zu einer schrecklichen Verbrechensserie. Sara und Jeff sind überrascht, dass ausgerechnet eine bisher völlig harmlos erscheinende Sekte verdächtigt wird. Und dass die Polizistin Lena anscheinend mit dem Tod des Mädchens nicht fertig wird
Ebenfalls erhältlich als Hörbuch:
Gottlos, Hörbuch (Best.-Nr.: 178924)
Gottlos von Karin Slaughter
LESEPROBE
Sara Lintonstand vor der Haustür ihrer Eltern. In den Hinden hieltsie so viele Einkaufstüten, dass ihre Finger taub wurden. Sie wollte die Türmit dem Ellbogen aufdrücken, aber alles, was sie damit erreichte, war, dass siesich an der Scheibe stieß. Sie machte einen Schritt zurück und versuchte, dieTür mit einem Fußtritt zu öffnen, wieder umsonst. Schließlich gab sie auf undklopfte mit der Stirn gegen die Scheibe.
Durch das geriffelte Glasbeobachtete sie, wie ihr Vater durch den Flur kam. Er öffnete ihr, ganzuntypisch für ihn, mit einem ausgesprochen mürrischen Gesicht.
«Kannst du nicht zweimal gehen?»,fragte Eddie und nahm ihr ein paar Tüten ab.
«Warum ist die Tür nicht offen?»
«Vom Auto sind es gerade mal fünfMeter.»
«Dad»,entgegnete Sara, «warum habt ihr die Tür abgeschlossen?»
Er sah über ihre Schulter hinweg.«Dein Wagen ist dreckig», sagte er und stellte die Tüten wieder ab. «Meinst du,du schaffst es, zweimal in die Küche zu gehen?»
Er war schon wieder an ihr vorbei,bevor Sara etwas erwidern konnte. «Wo willst du hin?»
«Dein Auto waschen.»
«Draußen ist es eiskalt.»
Eddie drehte sich um und blickte sievielsagend an. «Dreck klebt, egal wie der Wind steht.»Er klang dabei wie ein Schauspieler in einem Shakespeare-Stück, nicht wie einKlempner aus einer Kleinstadt in Georgia.
Bevor Sara etwas sagen konnte, warer in der Garage verschwunden, um das Putzzeug zu holen.
Als er sich bückte, um den Eimer mitWasser zu füllen, sah Sara, dass er eine ihrer alten Jogginghosen aus Highschool-Zeiten, als sie in der Leichtathletikmannschaftgewesen war, anhatte.
«Willst du den ganzen Tag da rumstehen und die Kälte reinlassen?» Cathy zog Sara insHaus und schloss die Tür.
Sara beugte sich zu ihr hinunter undließ sich auf die Wangen küssen. Zu ihrem großen Kummer hatte sie ihre Mutterschon in der fünften Klasse um einen Kopf überragt. Saras kleine SchwesterTessa hingegen hatte die zierliche Figur, das blonde Haar und die natürlicheAnmut ihrer Mutter geerbt. Neben den beiden sah Sara aus, als sei sie einNachbarskind, das eines Tages zum Mittagessen gekommen und einfach gebliebenwar.
Cathy griff nach denSupermarkttüten, überlegte es sich dann aber anders. «Trägst du die bitte?»
Folgsam lud Sara sich erneut alleacht Tüten auf, ohne Rücksicht auf ihre Finger zu nehmen. «Was ist hiereigentlich los?», fragte sie. Ihre Mutter wirkte irgendwie angeschlagen.
«Isabella», seufzte Cathy, und Saraverkniff sich ein Grinsen. Ihre Tante Bella war die einzige Sara bekanntePerson, die mit einem eigenen Alkoholvorrat anreiste.
«Rum?»
«Tequila»,flüsterte Cathy in einem Ton, in dem andere Leute «Krebs» sagen würden.
Eine Welle von Sympathie stieg inSara auf. «Hat sie gesagt, wie lange sie bleibt?»
«Noch nicht.» Bella hasste Grant County und war seit Tessas Geburt nicht mehr hier gewesen.Vor zwei Tagen war sie unangekündigt aufgetaucht, mit drei großen Taschen imKofferraum ihres Mercedes Cabrio und ohne ein Wort der Erklärung.
Früher wäre Bella mit so vielGeheimniskrämerei nicht durchgekommen, doch seitdem das neue Motto der Lintons «Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen» lautete,hatte sie niemand weiter mit Fragen bedrängt. Seit dem Überfall auf Tessa imletzten Jahr war alles anders geworden. Es war, als stünden sie alle noch immerunter Schock, auch wenn offenbar keiner von ihnen darüber reden wollte. ImBruchteil einer Sekunde hatte der Täter nicht nur Tessas Leben, sondern das derganzen Familie verändert. Sara fragte sich oft, ob sie sich jemals davon erholenwürden.
«Warum war die Tür abgeschlossen?»,fragte Sara.
«Das muss Tessa gewesen sein.» EinenMoment lang standen Tränen in Cathys Augen.
«Mama ...»
«Geh schon mal rein», wehrte Cathyab und zeigte zur Küche. «Ich komme gleich nach.»
Sara nahm die Tüten und ging durchden Flur nach hinten. Dabei glitt ihr Blick über die Fotos an den Wänden, diesie und Tessa in ihren Mädchenjahren zeigten. Natürlich sah Tessa auf den meistenBildern schlank und hübsch aus. Sara war dieses Glück nicht beschieden. Dasschlimmste Foto zeigte sie im Sommerlager in der achten Klasse. Sie hätte essofort von der Wand gerissen, wenn sie damit irgendwie durchgekommen wäre. Sarawar stehend in einem Ruderboot aufgenommen worden. Der Badeanzug hing ihr wieTeerpappe von den knochigen Schultern, und auf ihrer Nase leuchteten unförmigeSommersprossen, die ihrem Teint einen unglücklichen Gelbstich verliehen. Ihreroten Locken, die in der Sonne getrocknet waren, standen kraus in alle Richtungenab und sahen aus wie eine Clownsperücke.
«Schätzchen! » Bella breitetebegeistert die Arme aus, als Sara in die Küche kam. «Schau dich an! »,zwitscherte sie, als wäre das ein Kompliment. Sara wusste, dass sie nichtgerade vorteilhaft aussah. Sie war vor einer Stunde aus dem Bett gekrochen undhatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich die Haare zu kämmen. Sie wareindeutig ihres Vaters Tochter und hatte noch immer das T-Shirt an, das sie zumSchlafen getragen hatte, dazu eine Jogginghose aus ihrer Leichtathletikzeit amCollege, die nicht viel neuer war als die aus der Highschool. Bella dagegentrug ein blaues Seidenkleid, das vermutlich ein Vermögen gekostet hatte. Anihren Ohren funkelten Diamanten, und die vielen Ringe an ihren Händenglitzerten in der Sonne. Ihre Frisur und ihr Make-up waren wie immer makellos,und selbst um elf Uhr früh an einem ganz normalen Sonntagmorgen sah sie hinreißendaus.
«Tut mir leid, dass ich erst jetztvorbeikomme», sagte Sara.
«Ach was.» Ihre Tante winkte ab undsetzte sich wieder. «Seit wann erledigst du die Einkäufe für deine Mutter?»
«Seit du da bist und Mama sich umdeine Unterhaltung kümmern muss.» Sara stellte die Tüten neben die Spüle undmassierte ihre Finger, damit sie wieder durchblutet wurden.
«Ich amüsiere mich auch alleineprächtig», sagte Bella. «Deine Mutter ist diejenige, die mal mehr rauskommenmüsste.»
«Mit Tequila?»
Bella lächelte verschmitzt. «Cathyhat Alkohol noch nie vertragen. Ich bin überzeugt, das ist der wahre Grund,warum sie deinem Vater das Jawort gegeben hat.»
Sara lachte und stellte die Milch inden Kühlschrank. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als sie darin einenTeller mit filetierten Hähnchen entdeckte, die nur noch in die Kasserolle mussten.
Bella erklärte: «Die Bohnen habenwir gestern Abend geputzt.»
«Köstlich», murmelte Sara. Das wardas Erfreulichste, was sie die ganze Woche gehört hatte. Cathys Kasserolle warunschlagbar. «Wie war es in der Kirche?»
«Ein bisschen viel Weihrauch fürmeinen Geschmack», gestand Bella und nahm sich eine Orange aus der Obstschale.«Aber erzähl mir lieber, was dein Leben so macht. Hast du was Aufregendeserlebt?»
«Immer der gleiche Trott», seufzteSara, während sie die Konservendosen einräumte.
Bella schälte ihre Orange und klangein wenig missmutig, als sie sagte: «Routine kann auch tröstlich sein.»
«Hm», machte Sara und stellte eineSuppendose ins Regal über dem Herd.
«Sehr tröstlich.»
«Hm», wiederholte Sara, die genauwusste, worauf das Gespräch hinauslaufen würde.
Während ihres Medizinstudiums an derEmory University in Atlanta hatte sie eine Weile beiihrer Tante gewohnt. Doch Bellas Partys bis tief in die Nacht, die vielenCocktails und wechselnden Männerbesuche hattenirgendwann dazu geführt, dass Sara auszog. Für manche ihrer Kurse musste sieum fünf Uhr aufstehen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie zum Lernenruhige Nächte brauchte. Sara zuliebe hatte Bella versucht, ihr gesellschaftlichesLeben einzuschränken, aber schließlich waren sie beide der Meinung, dass es dasBeste wäre, wenn Sara sich etwas Eigenes suchte. Das alles geschah inherzlichem Einverständnis, bis Bella ihr vorschlug, sie könne sich doch einsder Apartments unten in der Clairmont Road ansehen - imAltersheim.
Cathy kam in die Küche und wischtesich die Hände an der Schürze ab. Sie nahm die Suppendose, die Sara geradeverstaut hatte, aus dem Regal und schob ihre Tochter zur Seite. «Hast du allesbekommen, was auf der Liste stand?»
«Bis auf den Sherry», sagte Sara undsetzte sich zu Bella an den Tisch. «Wusstest du, dass man sonntags keinenAlkohol kaufen kann?»
«Ja», gab Cathy vorwurfsvoll zurück.«Deswegen hatte ich dich gebeten, gestern Abend einzukaufen.»
( )
©Wunderlich Verlag
Übersetzung:Sophie Zeitz
- Autor: Karin Slaughter
- 2007, 5. Aufl., 512 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Zeitz, Sophie
- Übersetzer: Sophie Zeitz
- Verlag: Wunderlich
- ISBN-10: 3805208057
- ISBN-13: 9783805208055
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