Ich baue ein Stadion und andere Heldensagen
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Ich baue ein Stadion von ChristianUde
LESEPROBE
ICH BAUE EIN STADION
Eine unendliche Geschichte
Vorbemerkung des Autors:
Bevor Sie zu lästern anfangen, merken Sie sich gefälligsteines: Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden! Und das Kolosseum hatnicht einmal ein Dach!
Vorspiel in Olympia
»Den Vorsitz in der Olympia-Gesellschaft musst Du unbedingtselber machen«, empfahl mir mein Amtsvorgänger Georg Kronawitter nach meinerWahl zum Münchner Oberbürgermeister im Jahr 1993, »denn da gibt es nicht vielzu tun: Das Stadion ist ja schließlich schon fertig!« Das war gut gemeint undklang schelmisch schlau, also befolgte ich den Rat. Das Stadion war ja sogarschon ein Denkmal, mit seinem geschwungenen Zeltdach ein Symbol der Moderne undein neuzeitliches Wahrzeichen Münchens. Da konnte der Aufsichtsratsvorsitzder Olympiapark GmbH nicht allzu viel Stress mit sich bringen, allenfalls einpaar hübsche Auftritte vor großem Publikum, mal mit den Stars des Showgeschäftsin der Halle, mal mit Sportgrößen im Stadion. Der Olympiapark, dachte ich mir,könnte ein gerechter Ausgleich sein für all die städtischen Ausschüsse undGesellschaften, in denen ich mich permanent mit lästigen Bauvorhaben herumschlagenmusste, vom stets unzulänglichen Wohnungsbau bis zur strapaziösen Sanierung baufälligerMusentempel.
Da das Stadion praktisch nur noch von den Kickern genutztwurde, musste ich mich natürlich gelegentlich bei einem Fußballspiel sehenlassen. Hierfür bot sich in besonderer Weise das Lokalderby an, weil man da aneinem einzigen Nachmittag seine Präsenzpflichten bei zwei Münchner Vereinenerfüllen konnte. Allerdings waren die Ergebnisse meist deprimierend für mich,da ich irgendwann in meiner Schulzeit beschlossen hatte, Löwenfan zu sein. Diesist in München die einfachste Methode, sich in einer ansonsten kalten Welt dasaufrichtige Mitgefühl aller Mitmenschen zu sichern und in wohligem Selbstmitleidzu baden. Außerdem wird man fit für die Zukunft. Was auch immer das Leben anNiederlagen und Enttäuschungen noch auf Lager hat - als Löwenfan kennt man dasschon. Aber abgesehen von den Lokalderbys wollte ich im Olympiapark nur froheStunden erleben, und die trügerischen Zeichen der Zeit schienen dieseHoffnung zu bestätigen.
Das Stadion-Problem
Eigentlich gab es nämlich in München nur ein einzigesStadion-Problem, aber das hatte nichts mit dem Olympiapark zu tun, sondern nurmit der Löwenarena. Die Sechzger hatten einstmals im städtischen Stadion an derGrünwalder Straße große Triumphe gefeiert und selbst die anschließendenNiederlagen als heimelige Gemeinschaftserlebnisse ausgestaltet, sodass vieleFans von der guten, alten Zeit träumten und die Rückkehr auf Giesings Höhenforderten. Als ob dann Radi Radenkovic wieder als fabelhafter Tormann bis zurMittellinie stürmen und obendrein ein Meistertitel winken würde ... Dasstädtische Anwesen bröckelte aber still vor sich hin, weil die Vereinsführunglängst den Umzug ins große Olympiastadion beschlossen und vollzogen hatte. Ichselbst war in dieser Frage recht leidenschaftslos, zumal ich in der alten Löwenarenaein deprimierendes Erlebnis gehabt hatte. Zu einem der letzten Spiele an der GrünwalderStraße war ich als frischgebackener 2. Bürgermeister erschienen, aber an derPolizeiabsperrung gescheitert. Kein Mensch kannte mich. Da rief mein Fahrer:»Platz da für den Bürgermeister!« Löwenfans und Polizisten sprangen respektvollzur Seite und ließen ihn durch. Allerdings schloss sich die Lücke genausoschnell, wie sie sich geöffnet hatte. Da stand ich nun draußen vor der Menge, mittlerweileganz allein. Mir blieb nichts anderes übrig, als wichtigtuerisch zu schreien:»Ich bin sein Fahrer!«, um auch noch durchgelassen zu werden.
© Piper Verlag GmbH, München 2004
InterviewmitChristian Ude
DerMünchner Oberbürgermeister berichtet in „Ich baue ein Stadionund andere Heldensagen“ auf seine unnachahmliche, satirisch-sympathischeWeise von den Widrigkeiten im Zusammenhang mit dem Bau der Allianz-Arena imMünchner Norden.
VorIhrer Karriere als Münchner Oberbürgermeister arbeiteten Sie unteranderem als Journalist. Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen den beidenBerufen?
Viele! Beide wollen möglichst oft und möglichstvorteilhaft in der Zeitung stehen, die einen als Verfasser, die anderen alsGegenstand der Berichterstattung. Beide Berufe leben von der Kommunikation mitgroßen Bevölkerungsgruppen. Am Journalismus hat mir dieUnabhängigkeit von Organisationen und Mehrheitsvoten gefallen, an derPolitik reizt mich, dass man Entscheidungen nicht nur fordern oder kommentierenkann, sondern sie tatsächlich herbeiführt.
Siehaben bereits einige satirische Bücher veröffentlicht, unter anderemIhre „Verfrühten Memoiren“. Wie viel Kabarettist steckt in demOberbürgermeister Christian Ude?
Eine ganze Menge! Der Satiriker schaut mir ständigüber die Schulter, um zu klären, ob da nicht wieder sehr skurrileDinge geschehen. Der politische Betrieb lässt sich auch viel besserertragen, wenn man eine ironische Distanz wahrt. Allerdings gibt es auchThemen, bei denen schnell „Schluss mit lustig“ ist, zum Beispielwachsende Armut, Sicherheitsprobleme oder Stimmungsmache gegen Minderheiten. Damuss man dem Ernst der Lage gerecht werden.
Die Allianz-Arena ist einreines Fußballstadion, sie rückt die Zuschauer ganz nah ansSpielfeld heran, bietet vielfältigen Komfort und vor allem sämtlichenZuschauern Schutz vor Wind und Wetter. Das Olympia-Stadion istdemgegenüber eine weltberühmte Leichtathletik-Arena mit großenDistanzen zum Spielfeld, dem Komfort der frühen 70er Jahre und einem hinreißendschönen Dach, das freilich weder vor eisigem Wind, noch vor Regenschützt.
Washat sich rückblickend als größte Schwierigkeit im Zusammenhangmit dem Bau der Allianz-Arena erwiesen?
Es gab unheimlich viele, riesengroßeSchwierigkeiten, sonst hätte ich kein ganzes Buch über dieseunendliche Geschichte schreiben können, die sich ein ganzes Jahrzehnt langhinzog. Nur die wichtigsten Stichworte: Der Streit Umbau gegen Neubau, derKampf mit dem Urheberrecht, die verschiedenen Umbauvarianten von Behnisch &Partnern, der Streit um Neubaustandorte und der Widerstand der jeweiligenAnwohner, der Bürgerentscheid, die Architektenauswahl, die Probleme mitRasen und Beleuchtung, die Korruptionsaffäre, und heute noch: dieFinanzierung.
Wasraten Sie dem TSV 1860 München, Ihrem Lieblingsverein, damit der Aufstiegin die 1. Bundesliga doch noch klappt?
Die Antwort ist furchtbar einfach: Tore schießen undPunkte sammeln, damit es für den Aufstieg reicht. Aber wie macht man das?Diese Frage überlasse ich lieber den wahren Fußball-Experten.
Einweiteres wichtiges Thema in Ihrem Buch sind Ihre Begegnungen mit mehr oderminder berühmten Persönlichkeiten wie Nadja Abd el Farrag. WelchePromi-Begegnung war für Sie persönlich am interessantesten? Warum?
Ganz bestimmt nicht die Begegnung mit Naddel imBayerischen Fernsehen; und auch nicht das Treffen mit Michael Jackson, um dasmich Tausende junger Leute beneideten, das aber höchst einsilbig verlief.Beeindruckt war ich hingegen vom Humor und der Menschlichkeit des Dalai Lama,von der Ausstrahlungskraft, dem Wissen und dem Optimismus von MichailGorbatschow und zuletzt von der noblen Haltung von Kofi Annan.Die Fragen stellte Natalie Stowasser /lorenzspringer medien
- Autor: Christian Ude
- 2004, 2. Aufl., 183 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Maße: 19,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Piper Taschenbuch
- ISBN-10: 3492046541
- ISBN-13: 9783492046541
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