Ich schenk dir eine Geschichte 2007, Welttag des Buches
Geschichten aus aller Welt. Hrsg. v. d. Stiftung Lesen in Zus.arb. m. d. Deutschen Bahn, der Verlagsgruppe Random House u. dem ZDF
23. April 2007: Welttag des Buches - Machen Sie wieder mit!
Auch 2007 feiern wir den Welttag des Buches. Mit der Anthologie »Ich schenk dir eine Geschichte 2007« haben Sie die Möglichkeit, Schmökerfreude an kleine Leseratten zu verschenken und Lust am...
Auch 2007 feiern wir den Welttag des Buches. Mit der Anthologie »Ich schenk dir eine Geschichte 2007« haben Sie die Möglichkeit, Schmökerfreude an kleine Leseratten zu verschenken und Lust am...
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Produktinformationen zu „Ich schenk dir eine Geschichte 2007, Welttag des Buches “
Klappentext zu „Ich schenk dir eine Geschichte 2007, Welttag des Buches “
23. April 2007: Welttag des Buches - Machen Sie wieder mit!Auch 2007 feiern wir den Welttag des Buches. Mit der Anthologie »Ich schenk dir eine Geschichte 2007« haben Sie die Möglichkeit, Schmökerfreude an kleine Leseratten zu verschenken und Lust am Lesen zu wecken und zu fördern. Im Verschenkbuch für den Welttag des Buches 2007 finden Sie wieder Geschichten von namhaften Autorinnen und Autoren sowie ein Preisrätsel mit Teilnahme-Unterlagen zum Welttags-Schulwettbewerb.
Lese-Probe zu „Ich schenk dir eine Geschichte 2007, Welttag des Buches “
VorwortSie knen mit hohen Bergen gespickt sein oder flach sein wie ein Laptop - eines haben alle fernen Lder gemeinsam: Jede Menge spannende Abenteuer warten dort darauf, gemeistert zu werden. Manche dieser Herausforderungen sind so ungewnlich, dass sie schon beim "Nur-daran-Denken" ein Kribbeln in der Magengegend erzeugen. Andere wiederum sind scheinbar alltlich - aber nicht weniger spannend. Das weijeder, der schon einmal auf asiatische Art sein Mittagessen mithilfe von Stchen vom Teller zum Mund balanciert hat.
Acht besonders faszinierende Geschichten aus den unterschiedlichsten Teilen unserer Erde haben wir hier f euch ausgewlt: Mit unserem Welttags-Kinderbuch "Ich schenk dir eine Geschichte 2007" mhten wir eure Neugierde auf fremde Lder und eure Leselust wecken. Zum Beispiel mit den Erlebnissen von Chaka in Botswana, Juanita in Mexiko und Fabian in Australien.
Wir freuen uns sehr, dass dieses elfte Welttags-Verschenkbuch etwas ganz Besonderes ist: Die Partner der Kampagne machen es mlich, dass alle Fftklslerinnen und Fftklsler in Deutschland die Chance bekommen, kostenlos ein Exemplar zu erhalten. Aber natlich msen auch andere Kinder nicht leer ausgehen, denn viele Buchhandlungen verschenken 2007 wieder unser Welttags-Buch. Ihnen und allen anderen Beteiligten mhten wir ganz herzlich Danke sagen - und euch viel Spabeim Lesen der Abenteuer aus aller Welt wschen.
Chaka war auf dem Heimweg von der Schule. Er hatte seine Schulsachen dabei, in einer Mappe aus Gazellenleder, mit der schon sein Vater ins College gegangen war. In der Tasche gab es ein Fach f das Buschmesser, ein Fach f Hefte und Stifte, eines f Bher und eines f seine Essensration: eine kleine Plastikflasche mit Schraubverschluss, die er noch vor dem Heimweg in der Schulkantine mit Wasser geflt hatte, Scheiben von luftgetrocknetem Kudu-Schinken und eine Handvoll kleiner grer Bananen. Aber aur alldem trug er in dieser Tasche einen Schatz nach Hause: einen Prospekt von der Firma Toshiba mit
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den neuesten Computer-Modellen. Chaka hatte eine Leidenschaft f Computer. In seiner Schule war er der Schnellste am Computer. Sie hatten nur ein altes Ding, es war ein Geschenk der Regierung f einen Wettbewerb, den Chakas Schule gewonnen hatte. Und jetzt hatte sein Lehrer ihm den Prospekt geschenkt! Er konnte es immer noch nicht glauben.
Die Tasche trug er in einem langen Riemen er der Schulter und daran baumelten seine Schuhe. Die Turnschuhe waren frer einmal hellgrau gewesen, mit wein Streifen, aber jetzt waren sie rot wie die Erde von Okwi im Okawango-Delta, er die Chaka seit seiner Kindheit gelaufen war. Die rote Erde, die diese Gegend von Afrika bedeckte.
Sobald er den Schulbus verlassen hatte, zog er die Schuhe aus und lief barfu so wie frer, als er noch die Ziegen gehet und die Dorfschule besucht hatte.
Damals war es ein kurzer Schulweg von seinem Elternhaus bis zur Schule gewesen, vielleicht ff oder sechs Kilometer. Leicht in einer Stunde zu schaffen. Aber auch dieser kurze Weg frte schon durch den Busch und er die Ebene mit dem Lengras, und vorbei am gelben Fluss, in dem immer ein Krokodil herumschwamm, egal wann er sich zum Fluss wandte und ihn anschaute. Immer ein Krokodil, scheinbar tre, vollkommen unsichtbar bis auf die Wbungen seiner Nasenlher, die bei jedem Atemzug winzige ringfmige Bewegungen auf der glatten Wasseroberflhe auslten. Und die Augen natlich, fixiert auf eine Antilopenherde, ein paar Zebras oder Springbke, die wie x-beinig dastanden und tranken. Gierig und lange, als wen sie tagelang er dre, trockene Ebene gewandert. Und zwischen den gron Tieren, nah bei ihren Mtern, waren immer Junge, ahnungslos und verspielt. Das Krokodil hatte sie genau im Visier. Genauso wie den kleinen Schuljungen, der jeden Morgen am gelben Fluss entlang zur Schule musste, weil auch in Botswana, mitten im schwarzen Herzen von Afrika, die Kinder lernen msen. Jeden Morgen, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen war und alles in das gleiche Blau getaucht war: der Himmel und die Hel hinter dem Fluss und der Wald und die Stra. Blau war die Stunde der Morgendmerung. Wenn die Paviane durch die Baumkronen sprangen und die Regenvel mit ihren roten, krummen Schneln heisere Schreie ausstien und Hornissen wie ferngesteuerte Hubschrauber dicht er der Wasseroberflhe, ganz nah am Kopf des Krokodils, vorbeibrummten. Das Krokodil sah sehr wohl die Affen und hte die Regenvel, aber daf interessierte es sich nicht. Chaka wusste, wann das Krokodil Hunger hatte. Immer wenn er die Augen und die Nasenlher des Tieres ganz nah am Ufer des gelben Flusses sah, wusste er, dass das Krokodil noch nichts im Magen hatte. Es wartete auf Beute, auf ein leckeres Mahl, stundenlang, tagelang, reglos. Es wartete darauf, dass eines der jungen Antilopenkinder einen Fehler machte und sich zu weit von der Herde entfernte. Bis plzlich, so schnell, dass Chaka das Herz stehen blieb, diese harte, starke Schwanzspitze das Wasser aufpeitschte und das Krokodil, dem man so viel Tempo gar nicht zugetraut hte, vorschnellte, den Rachen weit aufriss und seine Sezne er dem Schenkel einer kleinen Antilope zuschnappen lie Das Wasser kochte an der Stelle, wo der Kampf stattfand, und fbte sich schlieich rot, aber dann zog das Krokodil seine Beute ins tiefe Wasser, und Chaka sah nichts mehr.
Wegen des Krokodils hatte er nie in diesem Fluss gebadet, aber Angst hatte er trotzdem nicht. Er war ein schneller Lfer und er hielt immer Abstand vom Fluss.
Aber jetzt war der Schulweg weiter, viel weiter, und deshalb schlief er ff Nhte in der Woche in dem gron Schlafraum er dem College, zusammen mit 35 anderen Schern, und fuhr nur einmal in der Woche mit dem Schulbus nach Hause.
Doch der Bus fuhr nicht bis zu seinem Dorf, sondern entlieihn an einer Kreuzung, sodass er den Rest zu Fugehen musste, mehr als 18 Kilometer. Der Busfahrer hieObotie und war mit einer Frau aus Chakas Dorf verheiratet, aber trotzdem konnte er seinetwegen keinen Umweg von 36 Kilometern machen. Obotie ermahnte ihn aber jedes Mal, gut aufzupassen auf dem Heimweg und nicht zu trmen. Denn wenn man trmte, horchte man nicht auf die Gersche der Natur und konnte leicht eine Gefahr ersehen. Da wo Chaka lebte, gehte das Land den wilden Tieren. Es war ein Naturreservat, vor ffzig Jahren angelegt, und niemand der Bewohner durfte ein wildes Tier einfach so ten. Niemand durfte einen Elefanten ten, um sein Elfenbein zu rauben, oder einen Geparden, weil ihm das Fell so gefiel. Das Land gehte den Tieren, und sie, die Menschen, waren nur Gte auf diesem Land, so hatte sein Vater es ihm erzlt. Und weil die Tiere wussten, dass ihnen keine Gefahr drohte, benahmen sie sich auch wie die Herren und liefen nicht weg, wenn ein Mensch oder ein Auto sich ihnen nerte. Es war eine gute Gegend, um wilde Tiere zu beobachten, eine sehr gute Gegend sogar, und die Menschen in Chakas Dorf lebten alle irgendwie von den Fremden, die aus aller Welt herkamen, um die Tiere in der Wildnis zu erleben. Die Leute kamen, staunten und riefen: "Das ist das Paradies!"
Auch an diesem Nachmittag tschelte der Busfahrer Chakas Kopf und sagte: "Sch aufpassen! Nicht trmen!"
Chaka war es unangenehm, dass Obotie ihn wie ein Kleinkind behandelte. Er hob nur wortlos die Hand und sprang geschmeidig wie eine Katze aus dem Bus, ohne die Stufen zu nehmen, und die Ledertasche schlug gegen seine Hten, aber das war okay.
Denn im Bus san Mchen, die ihn beobachteten, und eine von ihnen, Khadidja, besuchte dieselbe Klasse wie er und hatte Augen, so ground schwarz schimmernd wie eine Antilope. Sie lhelte jedes Mal, wenn er sie wie zuflig ansah, und dann hfte sein Herz und er lhelte zurk. Er wusste, dass Mchen, und besonders Mchen wie Khadidja, die auch in einem Dorf aufgewachsen waren, nur Jungen bewunderten, die stark und furchtlos wie Len waren. Er wollte so ein Le sein. Deshalb schaute er nicht auf, als der Bus wieder anfuhr, und ging einfach geradeaus, furchtlos und mit gron Schritten, f den Fall, dass Khadidja ihm aus dem Rkfenster nachsah. So lange, bis das Auto nur noch eine kleine rote Staubwolke war und er ein winziger schwarzer Punkt auf der roten Erde.
Jeden Freitagnachmittag blieb er stehen, sobald von dem Bus nichts mehr zu sehen war, und zog seine Schuhe aus. Er knotete sie an den Bdern zusammen und hgte sie er seine Tasche. Barfuflte er sich wohler.
Die Stra teilte sich an dieser Stelle. Der rechte Weg frte zur Savuti-Lodge, einem Buschhotel, in dem die Gte in kleinen Pfahlhsern er dem gelben Fluss wohnten. Da arbeitete sein Vater, sechs Tage in der Woche. Die linke Stra war von Baggern und Traktoren aufgewlt und hatte Lher, in denen Personenwagen einen Achsenbruch bekommen konnten. Sie frte vorbei an dem gron Loch, das die Bagger aushuben f einen Staudamm, und weiter am Fuallfeld vorbei und an den Pumpanlagen f die gron Generatoren, die sper f den Staudamm gebraucht wurden, zu seinem Dorf, in dem es eine Shabeen gab, eine kleine Kneipe, wo die Arbeiter mittags essen und dann in der Hitze unter dem gron Baum im Schatten schlafen konnten.
Aber zwischen dem rechten und dem linken Weg gab es noch den alten Pfad, der frer von den Leuten aus Okwi benutzt wurde, wenn sie Einkfe in der Stadt gemacht hatten und von der Bushaltestelle in ihr Dorf zurkwanderten. Der Weg wurde, seit die Leute in Okwi mit dem Auto oder dem Moped zur Arbeit fuhren, nur noch selten benutzt. Und er wuchs langsam wieder zu, die Bche neigten sich er den Weg und wuchsen darer wieder zusammen, sodass er streckenweise wie ein dunkelgrer, feuchter und kler Tunnel wirkte.
Chaka schnitt mit seinem Buschmesser, bevor er den Weg betrat, von einem der Dornbche einen Zweig ab und schte die Rinde, bis der Stock glatt und weich in der Hand lag. Das war eine Arbeit, die ihn zehn oder zwf Minuten kostete, aber er liebte es. Dabei horchte er in das Buschdickicht hinein. Alles war still. Sein Groater hatte ihm beigebracht, wie man Holz so bearbeiten kann, dass ganz andere Dinge daraus entstehen, sein Groater konnte Masken und Figuren schnitzen, mit denen man be Geister vom Haus fernhalten und gute Geister beschwen konnte.
Dann bahnte sich Chaka mit dem Messer, das er wie eine scharfe Sichel benutzte, einen Weg durch das Dickicht. Und jedes Mal wunderte er sich darer, wie in so wenigen Tagen alles wieder so schnell zuwachsen konnte.
Es war ein schmaler Pfad, den die Leute aus seinem Dorf benutzten, bevor die Stra f den Bau des Umspannwerkes gebaut worden war. Der Weg war schmal gewesen, aber breit genug f eine Frau, die ihr Baby in einem Tuch auf dem Rken trt und auf dem Kopf einen Sack Reis oder Mehl oder ein Bdel Brennholz.
Manchmal war der Weg feucht vom letzten Regen, und wenn er eine Pfze sah, machte Chaka einen Bogen darum herum, aus Furcht, eine Schlange knte sich in der Pfze versteckt halten. Er schlug mit seinem Stock auf den Boden, wenn er sehr trocken und von Laub bedeckt war. Schlangen men es nicht, wenn der Boden vibriert, und machen sich davon.
Chaka hielt seine Augen immer aufmerksam auf alles gerichtet, was ungewnlich war. Er wusste, welche Vel in welchen Bmen sitzen und vor welchen Pavianherden man sich in Acht nehmen musste, denn Paviane knen sehr gezielt mit schweren Dingen werfen, wenn sie sich und ihre Sippe gestt flen. Chaka konnte auch Spuren lesen, und meistens vergnte er sich auf dem Heimweg damit, nach Spuren von Zebras, Giraffen oder Antilopen zu suchen, das Alter der Tiere zu erraten und den Weg, den sie nehmen wden, sein Vater hatte ihm das beigebracht. Sein Vater war ein Ranger. Einer der Mner, die alles er die Tiere von Botswana wussten und die Gte aus aller Welt in offenen Landrovern herumfuhren, zu den Stellen, wo eine Lin ihre Jungen aufzog, zu den Spfen, in denen die grimmigen Wasserbfel in riesigen Herden zusammenlebten, zu der Lichtung, auf der Elefantenbullen miteinander um die Vorherrschaft er die Herde kpften.
Alles, was Chaka er die Tiere seiner Heimat wusste, hatte er von seinem Vater gelernt.
Aber an diesem Tag waren seine Gedanken bei dem Computerbuch, und irgendwann, als der Weg breiter und heller wurde und er keine neuen Spuren entdecken konnte, hielt er es nicht mehr aus, er blieb stehen, fnete seine Ledermappe und zog den Prospekt heraus. Er war aus festem glzenden Papier und zeigte auf der ersten Seite einen Mann im Anzug und weim Hemd, der in einem Bo sa das nur aus Glas bestand, lhelnd vor einem gron Computer sa die linke Hand auf der Tastatur, die rechte auf der Maus.
Er schlug die Brosche auf, sie war in Englisch, aber das war kein Problem f Chaka. Er hatte schon in der ersten Klasse mit Englisch angefangen.
Und die Begriffe auf dem Computer waren auch alle auf Englisch. Er las gierig, warum der neue Computer besser als der alte war, was man alles mit diesem Computer anfangen konnte.
Er hatte noch nie eine E-Mail verschickt, weil er nicht gewusst hte, an wen. Er kannte niemanden auf der Welt, der einen Computer besa und er wusste noch nicht, dass man auch E-Mails an Unbekannte schicken kann. Er wusste nicht, dass es Spiele gibt, die man herunterladen kann, und Chatrooms, in denen man mit Jungen aus Kairo oder Kapstadt kommunizieren kann.
Jede Seite, die er umschlug, offenbarte ein neues Universum von Mlichkeiten.
Chaka war so fasziniert, dass er sich mitten auf dem Weg einfach hinsetzte, im Schneidersitz. Behutsam und bedhtig, damit das Aufregende ja nicht so schnell vorbei war, blterte er Seite um Seite um. Eines Tages, wenn er die Schule abgeschlossen hatte, wollte er in eine gro Stadt ziehen, grer als die Stadt, in der er zur Schule ging, und viel grer als das Dorf, in dem er lebte. Er wollte in eine Stadt wie Gaborone oder Johannesburg. Oder Pretoria. Er wollte in einem Bo aus glernen Wden sitzen, in einem schwarzen Anzug und einem wein Hemd. Er wde sich jeden Morgen vor dem Spiegel eine Krawatte binden, dunkle Socken anziehen und glzende Lederschuhe, die immer sauber blieben, weil er sich ja nur noch in Autos und auf gepflasterten Wegen bewegen wde, wo die Schuhe nicht rot und staubig werden knen.
Er hte das Gersch erst, als es schon ganz nah war. Ein Schnauben. Ein leises, fast ztliches Prusten.
Sper, wenn er immer wieder er diesen Augenblick nachdachte, war ihm klar, dass der Elefant schon lange an der Stelle gestanden haben musste. Dass der Elefant schon da gewesen sein musste, als er auf der Stra an ihm vorbeiging.
Elefanten, auch wenn sie so growie ein Haus sind, knen unglaublich leise sein. Sie halten die Luft an oder befehlen ihrem Atem, still zu sein. Wenn sie ihre riesigen Fe heben und wieder aufsetzen, ht man keinen Zweig, der splittert. Keinen Grashalm, der knickt. Elefanten, die eine Tonne wiegen, knen sich anschleichen wie ein kleines Kzchen. Vollkommen lautlos. Das ist eines der gron Wunder.
Aber auch eine gro Gefahr.
Als Chaka das Schnauben ein zweites Mal hte, erlief ein Schauer seinen ganzen Kper. Er klappte das Heft zu und liees ganz vorsichtig auf den Boden sinken.
Er wartete mit angehaltenem Atem, sein Herz schlug gegen die Rippen. Nichts geschah. Alles war vollkommen still.
Chaka zog vorsichtig und sehr tief die Luft ein, aber er konnte keinen Elefantengeruch wahrnehmen. Er hatte auch keinen Elefantendung gesehen auf dem Weg von der Kreuzung bis hierher. Er war vielleicht ff oder sechs Kilometer tief in den Busch eingedrungen. Eigentlich lebten in diesem Stk Buschland keine Elefanten. Sein Vater hatte hier noch nie einen Elefanten gesehen.
Chaka hatte immer nur Angst gehabt, auf eine giftige Schlange zu treten. Oder, was genauso schlimm war, einem Len zu begegnen.
Aber ein Elefant?
Vielleicht hatte er sich geirrt.
Er streckte vorsichtig das rechte und dann das linke Bein und ging in die Hocke, mit den Hden abgestzt. Er wartete. Nichts passierte, kein Gersch, kein Geruch, kein Wind war in der Luft.
Er stzte sich nur mit einem Arm ab, mit der anderen Hand griff er nach der Brosche und liesie vorsichtig in seine Ledermappe zurkgleiten.
Wieder war alles ruhig. Kein Vogel war in den Bmen, kein Affe sprang von Ast zu Ast. Nur Fliegen. Die waren erall. Sehr viele Fliegen. Eine setzte sich in seinen Augenwinkel, um von dem Sekret zu trinken, das ihm manchmal aus den Augen lief, er wehrte sie nicht ab. Er machte keine schnellen Bewegungen. Schnelle Bewegungen sind gefrlich, wenn man nicht wei wer einem zuschaut.
Langsam, Zentimeter f Zentimeter, richtete er sich auf.
Nichts. Stille.
Ein Flimmern der Sonne durch das kleine Loch in den Baumkronen.
Er atmete aus. So tief, dass er seine Lungenspitzen flte, er hatte sich getscht. Lherlich, diese plzliche Angst, wo kam die her? Er dachte an Khadidja, und er war froh, dass ihm niemand zugesehen hatte.
Er schwang die Tasche er die linke Schulter und sprang auf die Fe. Da brach das Gebrl los. Der Schrei eines Elefanten, eines gron, eines sehr gron Elefanten. Ein wendes Gebrl, das, wenn es von so nah kommt, einem das Trommelfell zersprengen kann.
Chaka machte einen Satz nach vorn.
Und in der gleichen Sekunde begann es in den Bmen zu rauschen, knackten te und stnten schwere Baumstme, flitzten Mse, Salamander und andere kleine Tiere in alle Richtungen und die ganze Luft flte sich mit einem Rauschen und Brlen und die Erde zitterte und bebte unter Chakas nackten Fen und dann teilte sich der Busch und der Elefant stand genau vor ihm. Ein Bulle mit einem riesigen, gebogenen, mindestens drei Meter langen Stoahn und einem anderen, kleinen, verkmerten. Die kleinen Augen in der rissigen, schrundigen Elefantenhaut flackerten zornig.
Das ist er, dachte Chaka. Das ist der Bulle, von dem Papa erzlt hat, der Junggeselle, der allein oben in den Heln wohnt und der nie ins Tal kommt. Der Bulle, der aus Simbabwe hergewandert ist, als in Simbabwe Krieg war.
Mit zwanzig Einschusslhern in seinem Kper, von den Soldaten, die ihn ten wollten, aber nicht die richtige Munition dabeigehabt hatten.
Das ist er, vor dem sich alle fchten!
Der Bulle stand ruhig, nur seine Flanken bebten.
Chaka umklammerte den Ledergriff seiner Tasche. Er lieden Bullen nicht aus den Augen. Er wartete.
Der Elefant wartete auch.
Die Tasche trug er in einem langen Riemen er der Schulter und daran baumelten seine Schuhe. Die Turnschuhe waren frer einmal hellgrau gewesen, mit wein Streifen, aber jetzt waren sie rot wie die Erde von Okwi im Okawango-Delta, er die Chaka seit seiner Kindheit gelaufen war. Die rote Erde, die diese Gegend von Afrika bedeckte.
Sobald er den Schulbus verlassen hatte, zog er die Schuhe aus und lief barfu so wie frer, als er noch die Ziegen gehet und die Dorfschule besucht hatte.
Damals war es ein kurzer Schulweg von seinem Elternhaus bis zur Schule gewesen, vielleicht ff oder sechs Kilometer. Leicht in einer Stunde zu schaffen. Aber auch dieser kurze Weg frte schon durch den Busch und er die Ebene mit dem Lengras, und vorbei am gelben Fluss, in dem immer ein Krokodil herumschwamm, egal wann er sich zum Fluss wandte und ihn anschaute. Immer ein Krokodil, scheinbar tre, vollkommen unsichtbar bis auf die Wbungen seiner Nasenlher, die bei jedem Atemzug winzige ringfmige Bewegungen auf der glatten Wasseroberflhe auslten. Und die Augen natlich, fixiert auf eine Antilopenherde, ein paar Zebras oder Springbke, die wie x-beinig dastanden und tranken. Gierig und lange, als wen sie tagelang er dre, trockene Ebene gewandert. Und zwischen den gron Tieren, nah bei ihren Mtern, waren immer Junge, ahnungslos und verspielt. Das Krokodil hatte sie genau im Visier. Genauso wie den kleinen Schuljungen, der jeden Morgen am gelben Fluss entlang zur Schule musste, weil auch in Botswana, mitten im schwarzen Herzen von Afrika, die Kinder lernen msen. Jeden Morgen, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen war und alles in das gleiche Blau getaucht war: der Himmel und die Hel hinter dem Fluss und der Wald und die Stra. Blau war die Stunde der Morgendmerung. Wenn die Paviane durch die Baumkronen sprangen und die Regenvel mit ihren roten, krummen Schneln heisere Schreie ausstien und Hornissen wie ferngesteuerte Hubschrauber dicht er der Wasseroberflhe, ganz nah am Kopf des Krokodils, vorbeibrummten. Das Krokodil sah sehr wohl die Affen und hte die Regenvel, aber daf interessierte es sich nicht. Chaka wusste, wann das Krokodil Hunger hatte. Immer wenn er die Augen und die Nasenlher des Tieres ganz nah am Ufer des gelben Flusses sah, wusste er, dass das Krokodil noch nichts im Magen hatte. Es wartete auf Beute, auf ein leckeres Mahl, stundenlang, tagelang, reglos. Es wartete darauf, dass eines der jungen Antilopenkinder einen Fehler machte und sich zu weit von der Herde entfernte. Bis plzlich, so schnell, dass Chaka das Herz stehen blieb, diese harte, starke Schwanzspitze das Wasser aufpeitschte und das Krokodil, dem man so viel Tempo gar nicht zugetraut hte, vorschnellte, den Rachen weit aufriss und seine Sezne er dem Schenkel einer kleinen Antilope zuschnappen lie Das Wasser kochte an der Stelle, wo der Kampf stattfand, und fbte sich schlieich rot, aber dann zog das Krokodil seine Beute ins tiefe Wasser, und Chaka sah nichts mehr.
Wegen des Krokodils hatte er nie in diesem Fluss gebadet, aber Angst hatte er trotzdem nicht. Er war ein schneller Lfer und er hielt immer Abstand vom Fluss.
Aber jetzt war der Schulweg weiter, viel weiter, und deshalb schlief er ff Nhte in der Woche in dem gron Schlafraum er dem College, zusammen mit 35 anderen Schern, und fuhr nur einmal in der Woche mit dem Schulbus nach Hause.
Doch der Bus fuhr nicht bis zu seinem Dorf, sondern entlieihn an einer Kreuzung, sodass er den Rest zu Fugehen musste, mehr als 18 Kilometer. Der Busfahrer hieObotie und war mit einer Frau aus Chakas Dorf verheiratet, aber trotzdem konnte er seinetwegen keinen Umweg von 36 Kilometern machen. Obotie ermahnte ihn aber jedes Mal, gut aufzupassen auf dem Heimweg und nicht zu trmen. Denn wenn man trmte, horchte man nicht auf die Gersche der Natur und konnte leicht eine Gefahr ersehen. Da wo Chaka lebte, gehte das Land den wilden Tieren. Es war ein Naturreservat, vor ffzig Jahren angelegt, und niemand der Bewohner durfte ein wildes Tier einfach so ten. Niemand durfte einen Elefanten ten, um sein Elfenbein zu rauben, oder einen Geparden, weil ihm das Fell so gefiel. Das Land gehte den Tieren, und sie, die Menschen, waren nur Gte auf diesem Land, so hatte sein Vater es ihm erzlt. Und weil die Tiere wussten, dass ihnen keine Gefahr drohte, benahmen sie sich auch wie die Herren und liefen nicht weg, wenn ein Mensch oder ein Auto sich ihnen nerte. Es war eine gute Gegend, um wilde Tiere zu beobachten, eine sehr gute Gegend sogar, und die Menschen in Chakas Dorf lebten alle irgendwie von den Fremden, die aus aller Welt herkamen, um die Tiere in der Wildnis zu erleben. Die Leute kamen, staunten und riefen: "Das ist das Paradies!"
Auch an diesem Nachmittag tschelte der Busfahrer Chakas Kopf und sagte: "Sch aufpassen! Nicht trmen!"
Chaka war es unangenehm, dass Obotie ihn wie ein Kleinkind behandelte. Er hob nur wortlos die Hand und sprang geschmeidig wie eine Katze aus dem Bus, ohne die Stufen zu nehmen, und die Ledertasche schlug gegen seine Hten, aber das war okay.
Denn im Bus san Mchen, die ihn beobachteten, und eine von ihnen, Khadidja, besuchte dieselbe Klasse wie er und hatte Augen, so ground schwarz schimmernd wie eine Antilope. Sie lhelte jedes Mal, wenn er sie wie zuflig ansah, und dann hfte sein Herz und er lhelte zurk. Er wusste, dass Mchen, und besonders Mchen wie Khadidja, die auch in einem Dorf aufgewachsen waren, nur Jungen bewunderten, die stark und furchtlos wie Len waren. Er wollte so ein Le sein. Deshalb schaute er nicht auf, als der Bus wieder anfuhr, und ging einfach geradeaus, furchtlos und mit gron Schritten, f den Fall, dass Khadidja ihm aus dem Rkfenster nachsah. So lange, bis das Auto nur noch eine kleine rote Staubwolke war und er ein winziger schwarzer Punkt auf der roten Erde.
Jeden Freitagnachmittag blieb er stehen, sobald von dem Bus nichts mehr zu sehen war, und zog seine Schuhe aus. Er knotete sie an den Bdern zusammen und hgte sie er seine Tasche. Barfuflte er sich wohler.
Die Stra teilte sich an dieser Stelle. Der rechte Weg frte zur Savuti-Lodge, einem Buschhotel, in dem die Gte in kleinen Pfahlhsern er dem gelben Fluss wohnten. Da arbeitete sein Vater, sechs Tage in der Woche. Die linke Stra war von Baggern und Traktoren aufgewlt und hatte Lher, in denen Personenwagen einen Achsenbruch bekommen konnten. Sie frte vorbei an dem gron Loch, das die Bagger aushuben f einen Staudamm, und weiter am Fuallfeld vorbei und an den Pumpanlagen f die gron Generatoren, die sper f den Staudamm gebraucht wurden, zu seinem Dorf, in dem es eine Shabeen gab, eine kleine Kneipe, wo die Arbeiter mittags essen und dann in der Hitze unter dem gron Baum im Schatten schlafen konnten.
Aber zwischen dem rechten und dem linken Weg gab es noch den alten Pfad, der frer von den Leuten aus Okwi benutzt wurde, wenn sie Einkfe in der Stadt gemacht hatten und von der Bushaltestelle in ihr Dorf zurkwanderten. Der Weg wurde, seit die Leute in Okwi mit dem Auto oder dem Moped zur Arbeit fuhren, nur noch selten benutzt. Und er wuchs langsam wieder zu, die Bche neigten sich er den Weg und wuchsen darer wieder zusammen, sodass er streckenweise wie ein dunkelgrer, feuchter und kler Tunnel wirkte.
Chaka schnitt mit seinem Buschmesser, bevor er den Weg betrat, von einem der Dornbche einen Zweig ab und schte die Rinde, bis der Stock glatt und weich in der Hand lag. Das war eine Arbeit, die ihn zehn oder zwf Minuten kostete, aber er liebte es. Dabei horchte er in das Buschdickicht hinein. Alles war still. Sein Groater hatte ihm beigebracht, wie man Holz so bearbeiten kann, dass ganz andere Dinge daraus entstehen, sein Groater konnte Masken und Figuren schnitzen, mit denen man be Geister vom Haus fernhalten und gute Geister beschwen konnte.
Dann bahnte sich Chaka mit dem Messer, das er wie eine scharfe Sichel benutzte, einen Weg durch das Dickicht. Und jedes Mal wunderte er sich darer, wie in so wenigen Tagen alles wieder so schnell zuwachsen konnte.
Es war ein schmaler Pfad, den die Leute aus seinem Dorf benutzten, bevor die Stra f den Bau des Umspannwerkes gebaut worden war. Der Weg war schmal gewesen, aber breit genug f eine Frau, die ihr Baby in einem Tuch auf dem Rken trt und auf dem Kopf einen Sack Reis oder Mehl oder ein Bdel Brennholz.
Manchmal war der Weg feucht vom letzten Regen, und wenn er eine Pfze sah, machte Chaka einen Bogen darum herum, aus Furcht, eine Schlange knte sich in der Pfze versteckt halten. Er schlug mit seinem Stock auf den Boden, wenn er sehr trocken und von Laub bedeckt war. Schlangen men es nicht, wenn der Boden vibriert, und machen sich davon.
Chaka hielt seine Augen immer aufmerksam auf alles gerichtet, was ungewnlich war. Er wusste, welche Vel in welchen Bmen sitzen und vor welchen Pavianherden man sich in Acht nehmen musste, denn Paviane knen sehr gezielt mit schweren Dingen werfen, wenn sie sich und ihre Sippe gestt flen. Chaka konnte auch Spuren lesen, und meistens vergnte er sich auf dem Heimweg damit, nach Spuren von Zebras, Giraffen oder Antilopen zu suchen, das Alter der Tiere zu erraten und den Weg, den sie nehmen wden, sein Vater hatte ihm das beigebracht. Sein Vater war ein Ranger. Einer der Mner, die alles er die Tiere von Botswana wussten und die Gte aus aller Welt in offenen Landrovern herumfuhren, zu den Stellen, wo eine Lin ihre Jungen aufzog, zu den Spfen, in denen die grimmigen Wasserbfel in riesigen Herden zusammenlebten, zu der Lichtung, auf der Elefantenbullen miteinander um die Vorherrschaft er die Herde kpften.
Alles, was Chaka er die Tiere seiner Heimat wusste, hatte er von seinem Vater gelernt.
Aber an diesem Tag waren seine Gedanken bei dem Computerbuch, und irgendwann, als der Weg breiter und heller wurde und er keine neuen Spuren entdecken konnte, hielt er es nicht mehr aus, er blieb stehen, fnete seine Ledermappe und zog den Prospekt heraus. Er war aus festem glzenden Papier und zeigte auf der ersten Seite einen Mann im Anzug und weim Hemd, der in einem Bo sa das nur aus Glas bestand, lhelnd vor einem gron Computer sa die linke Hand auf der Tastatur, die rechte auf der Maus.
Er schlug die Brosche auf, sie war in Englisch, aber das war kein Problem f Chaka. Er hatte schon in der ersten Klasse mit Englisch angefangen.
Und die Begriffe auf dem Computer waren auch alle auf Englisch. Er las gierig, warum der neue Computer besser als der alte war, was man alles mit diesem Computer anfangen konnte.
Er hatte noch nie eine E-Mail verschickt, weil er nicht gewusst hte, an wen. Er kannte niemanden auf der Welt, der einen Computer besa und er wusste noch nicht, dass man auch E-Mails an Unbekannte schicken kann. Er wusste nicht, dass es Spiele gibt, die man herunterladen kann, und Chatrooms, in denen man mit Jungen aus Kairo oder Kapstadt kommunizieren kann.
Jede Seite, die er umschlug, offenbarte ein neues Universum von Mlichkeiten.
Chaka war so fasziniert, dass er sich mitten auf dem Weg einfach hinsetzte, im Schneidersitz. Behutsam und bedhtig, damit das Aufregende ja nicht so schnell vorbei war, blterte er Seite um Seite um. Eines Tages, wenn er die Schule abgeschlossen hatte, wollte er in eine gro Stadt ziehen, grer als die Stadt, in der er zur Schule ging, und viel grer als das Dorf, in dem er lebte. Er wollte in eine Stadt wie Gaborone oder Johannesburg. Oder Pretoria. Er wollte in einem Bo aus glernen Wden sitzen, in einem schwarzen Anzug und einem wein Hemd. Er wde sich jeden Morgen vor dem Spiegel eine Krawatte binden, dunkle Socken anziehen und glzende Lederschuhe, die immer sauber blieben, weil er sich ja nur noch in Autos und auf gepflasterten Wegen bewegen wde, wo die Schuhe nicht rot und staubig werden knen.
Er hte das Gersch erst, als es schon ganz nah war. Ein Schnauben. Ein leises, fast ztliches Prusten.
Sper, wenn er immer wieder er diesen Augenblick nachdachte, war ihm klar, dass der Elefant schon lange an der Stelle gestanden haben musste. Dass der Elefant schon da gewesen sein musste, als er auf der Stra an ihm vorbeiging.
Elefanten, auch wenn sie so growie ein Haus sind, knen unglaublich leise sein. Sie halten die Luft an oder befehlen ihrem Atem, still zu sein. Wenn sie ihre riesigen Fe heben und wieder aufsetzen, ht man keinen Zweig, der splittert. Keinen Grashalm, der knickt. Elefanten, die eine Tonne wiegen, knen sich anschleichen wie ein kleines Kzchen. Vollkommen lautlos. Das ist eines der gron Wunder.
Aber auch eine gro Gefahr.
Als Chaka das Schnauben ein zweites Mal hte, erlief ein Schauer seinen ganzen Kper. Er klappte das Heft zu und liees ganz vorsichtig auf den Boden sinken.
Er wartete mit angehaltenem Atem, sein Herz schlug gegen die Rippen. Nichts geschah. Alles war vollkommen still.
Chaka zog vorsichtig und sehr tief die Luft ein, aber er konnte keinen Elefantengeruch wahrnehmen. Er hatte auch keinen Elefantendung gesehen auf dem Weg von der Kreuzung bis hierher. Er war vielleicht ff oder sechs Kilometer tief in den Busch eingedrungen. Eigentlich lebten in diesem Stk Buschland keine Elefanten. Sein Vater hatte hier noch nie einen Elefanten gesehen.
Chaka hatte immer nur Angst gehabt, auf eine giftige Schlange zu treten. Oder, was genauso schlimm war, einem Len zu begegnen.
Aber ein Elefant?
Vielleicht hatte er sich geirrt.
Er streckte vorsichtig das rechte und dann das linke Bein und ging in die Hocke, mit den Hden abgestzt. Er wartete. Nichts passierte, kein Gersch, kein Geruch, kein Wind war in der Luft.
Er stzte sich nur mit einem Arm ab, mit der anderen Hand griff er nach der Brosche und liesie vorsichtig in seine Ledermappe zurkgleiten.
Wieder war alles ruhig. Kein Vogel war in den Bmen, kein Affe sprang von Ast zu Ast. Nur Fliegen. Die waren erall. Sehr viele Fliegen. Eine setzte sich in seinen Augenwinkel, um von dem Sekret zu trinken, das ihm manchmal aus den Augen lief, er wehrte sie nicht ab. Er machte keine schnellen Bewegungen. Schnelle Bewegungen sind gefrlich, wenn man nicht wei wer einem zuschaut.
Langsam, Zentimeter f Zentimeter, richtete er sich auf.
Nichts. Stille.
Ein Flimmern der Sonne durch das kleine Loch in den Baumkronen.
Er atmete aus. So tief, dass er seine Lungenspitzen flte, er hatte sich getscht. Lherlich, diese plzliche Angst, wo kam die her? Er dachte an Khadidja, und er war froh, dass ihm niemand zugesehen hatte.
Er schwang die Tasche er die linke Schulter und sprang auf die Fe. Da brach das Gebrl los. Der Schrei eines Elefanten, eines gron, eines sehr gron Elefanten. Ein wendes Gebrl, das, wenn es von so nah kommt, einem das Trommelfell zersprengen kann.
Chaka machte einen Satz nach vorn.
Und in der gleichen Sekunde begann es in den Bmen zu rauschen, knackten te und stnten schwere Baumstme, flitzten Mse, Salamander und andere kleine Tiere in alle Richtungen und die ganze Luft flte sich mit einem Rauschen und Brlen und die Erde zitterte und bebte unter Chakas nackten Fen und dann teilte sich der Busch und der Elefant stand genau vor ihm. Ein Bulle mit einem riesigen, gebogenen, mindestens drei Meter langen Stoahn und einem anderen, kleinen, verkmerten. Die kleinen Augen in der rissigen, schrundigen Elefantenhaut flackerten zornig.
Das ist er, dachte Chaka. Das ist der Bulle, von dem Papa erzlt hat, der Junggeselle, der allein oben in den Heln wohnt und der nie ins Tal kommt. Der Bulle, der aus Simbabwe hergewandert ist, als in Simbabwe Krieg war.
Mit zwanzig Einschusslhern in seinem Kper, von den Soldaten, die ihn ten wollten, aber nicht die richtige Munition dabeigehabt hatten.
Das ist er, vor dem sich alle fchten!
Der Bulle stand ruhig, nur seine Flanken bebten.
Chaka umklammerte den Ledergriff seiner Tasche. Er lieden Bullen nicht aus den Augen. Er wartete.
Der Elefant wartete auch.
... weniger
Bibliographische Angaben
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2007, Sonderausg., 128 Seiten, Maße: 11,4 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570276007
- ISBN-13: 9783570276006
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