Im Auge des Bösen
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Im Auge des Bösen von DeanVincent Carter
LESEPROBE
VORSCHLAG
London, September 2005
Mein Name ist Ashley Reeves, und ichhabe außerordentliches
Glück, noch am Leben zu sein.
Es ist eine Sache, eine unheimlicheGeschichte nur zu
hören; etwas ganz anderes ist es,sie selbst zu erleben. Doch
genau das ist mir passiert. Dasalles liegt erst wenige Tage
zurück, aber ich fürchte, wenn ichmeine grauenvollen Erlebnisse
auf Aries Island nicht in allenEinzelheiten aufschreibe,
gelingt es mir am Ende selbst noch,mich davon
zu überzeugen, dass es sich dabei umreine Erfindung handelt,
um nichts weiter als die krankePhantasie eines jungen
Mannes am Rande des Wahnsinns.
Dass ich diese schreckliche Prüfungüberlebt habe, begreife
ich selbst kaum, denn mehr alseinmal habe ich dem
Tod ins Auge geblickt. Das Beunruhigendste ist vielleicht,
dass ich überhaupt auf die Inselgegangen bin. Ich bin Journalist,
und es versteht sich von selbst,dass ich immer auf
der Suche nach einer guten Storybin. Doch gerade bei
dieser Geschichte hätte ich vonAnfang an vorsichtiger sein
müssen, und viel zu spät wurde mirklar, dass mich mein
Ehrgeiz in Schwierigkeiten gebrachthatte, mit denen ich
nicht mehr zurechtkam.
Dies hier ist der Bericht über eineaußerordentliche Kreatur.
Eine Kreatur, die so gefährlich ist,dass sie uns alle vom
Antlitz der Erde getilgt hätte, wennes ihr gelungen wäre,
sich fortzupflanzen.
Moskitos sind einfach nur Insekten.Nichts weiter als
winzige biologische Maschinen. Dochsie sind auch Krankheitsüberträger.
Sie verbreiten Malaria, Gelbfieber,West-
Nil-Enzephalitis, Dengue-Fieberund Hirnhautentzündung.
Krankheiten zu übertragen scheintihre Hauptfunktion zu
sein. Vielleicht ist die Menschheiteine Viehherde, und die
Moskitos haben die Aufgabe, dieseHerde auszudünnen.
Allein die Malaria hat MillionenOpfer gefordert. Moskitos
wissen jedoch nicht, was sie tun.Sie wissen nicht, dass
sie schreckliche Krankheitenübertragen. Es ist in der Tat
unvorstellbar, dass ein Moskito -oder irgendein anderes
Insekt - in der Lage sein sollte zudenken.
Allerdings gibt es etwas, das ichimmer wieder erfahren
habe: Mutter Natur liebt dasParadoxon.
Ich denke, viele Journalisten kommenim Lauf ihrer Karriere
an einen Punkt, an dem sie glauben,schon alles einmal
gehört zu haben. Ich hatte diesenPunkt überraschend
schnell erreicht. An den Geschichtenüber Schweine mit drei
Köpfen, blaue Schafe und sprechendePflanzen schockierte
mich nur noch die Unverfrorenheitder Idioten, die dergleichen
in die Welt setzen.
Missing Link, das Magazin, für das ich schreibe,gab es
schon seit ein paar Jahren. MeinRedakteur, Derek Jones,
hatte einige Zeit zuvor die Zeitungverlassen, für die er damals
geschrieben hatte, und Link gegründet,um an der
Faszination des Publikums für alles»Unerklärliche« mitzuverdienen.
Das Magazin lief recht gut und fandeine respektable
Menge an Lesern. Ich war einigeMonate zuvor an Bord gekommen,
nachdem ich meinen College-Abschluss in Journalismus
in der Tasche hatte. Doch da hattees bei Missing
Link schon einige Veränderungen gegeben.Derek hatte das
Magazin kurz zuvor verkauft, auchwenn er weiterhin
Chefredakteur blieb. Der neueBesitzer war geradezu besessen
davon, glaubwürdig zu wirken, undwollte, dass sich
Link mehr auf Kuriositäten und Launen derNatur konzentrierte
und nicht auf das, was er »Unsinn«nannte.
Damit verschwanden die kleinengrünen Männchen, und
Flora und Fauna hielten Einzug.Schon bald bezeichneten
wir uns als »Wissenschaftsmagazin«,das sich dem Ungewöhnlichen
und Wunderbaren widmete. Für michwar das
eine aufregende Zeit, und ich wareifrig darauf bedacht, mir
mit seriösen Reportagen einen Namenzu machen.
Nach und nach jedoch zweifelte ichimmer mehr an dem,
worauf ich mich eingelassen hatte.Mir war schon lange bewusst,
dass Aufrichtigkeit und Journalismuszuweilen nur
sehr schwer zusammenpassten, dochich war überrascht, wie
schwierig ihre Verbindung seinkonnte. Ich musste akzeptieren,
dass das Entstellen von Fakten nichtnur weit verbreitet,
sondern allgegenwärtig war. Mit derZeit verloren
einige Aspekte meiner Arbeit immermehr an Anziehungskraft
für mich - Gina Newport,die Starfotografin des
Magazins, gehörte indes nicht dazu.Sie war zweiundzwanzig
und damit fast ein volles Jahr älterals ich, und ich mochte
sie, seit ich sie das erste Malgesehen hatte. Ich mochte sie
sogar sehr. Irgendwie ergab sichjedoch nie die Gelegenheit
- oder ich hatte nicht genügend Mumm-, dass meine Gefühle
zu etwas geführt hätten. So ist dasLeben.
Letzten Montag, an einem Tag, dermir heute tief in den
Nebeln der Zeit versunken scheint,kam der Brief von Reginald
Mather an. Es war ein herrlicher Tag frühim Herbst,
und ich hatte beschlossen, in dieRedaktion zu joggen, wobei
ich meine Lieblingsroute am Kanalentlang nahm. Nachdem
ich das Büro erreicht hatte, duschteich, zog mich um und
ging zum Kiosk nebenan, um mir einenOrangensaft zu
kaufen. Dann setzte ich mich anmeinen Computer, öffnete
die Safttüte und fing an, denkleinen Stapel Post durchzusehen,
den der Bürobote mir gebracht hatte.Mathers Brief
war der unterste, und er war auchder einzige, der nicht im
Papierkorb verschwand.
Es war ein kurzer Brief, und dieseTatsache weckte sofort
meine Aufmerksamkeit. Üblicherweiseverschwenden die
Irren, die mir schreiben, vieleSeiten, auf denen sie mich zu
überzeugen versuchen, dass sie eineganz erstaunliche Geschichte
für unsere Zeitschrift parat haben. Mathers Brief
war geschäftsmäßig und präzise - unddeshalb glaubwürdiger.
( )
© Heyne Verlag
Übersetzung: Martina Ruf
- Autor: Dean V. Carter
- 2006, 301 Seiten, Maße: 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Dtsch. Übers. v. Martin Ruf
- Verlag: Ludwig bei Heyne
- ISBN-10: 3453532260
- ISBN-13: 9783453532267
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