Im Zeichen des Blutes / Lucie Henebelle Bd.2
Psychothriller. Deutsche Erstausgabe
"Schnallen Sie sich an - dieser Roman ist nichts für sensible Gemüter"
Elle
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Taschenbuch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Im Zeichen des Blutes / Lucie Henebelle Bd.2 “
"Schnallen Sie sich an - dieser Roman ist nichts für sensible Gemüter"
Elle
Lese-Probe zu „Im Zeichen des Blutes / Lucie Henebelle Bd.2 “
Im Zeichen des Blutes von Franck Thilliez 1
Die Scheibenwischer konnten die Wassermassen, die gegen die Windschutzscheibe des Mercedes schlugen, kaum noch bewältigen. Die Bäume zu beiden Seiten der Straße wurden von gewaltigen Kräften hin- und herbewegt, sodass sie drohten umzustürzen.
Alain beugte sich über das Steuer, die Nase dicht über dem Armaturenbrett. Er konnte so gut wie nichts sehen.
Erst musste er sich im Kasino von Saint-Amand-les-Eaux ausnehmen lassen und jetzt auch noch dieses Jahrhundert- Unwetter! Er war wirklich vom Pech verfolgt. Die letzten Kilometer bis Valenciennes drohten beschwerlich zu werden.
Er fuhr noch langsamer. Sauwetter. Für den Rest der Woche waren sintflutartige Regenfälle mit heftigen Gewittern vorhergesagt.
Für den Bruchteil einer Sekunde verzog sich sein Gesicht zu einer grauenhaften Grimasse. Er trat mit voller Wucht aufs Bremspedal, die Hinterreifen blockierten, ringsum spritzte Wasser auf. Das Auto kam nur wenige Zentimeter vor einem riesigen abgebrochenen Ast zum Stehen. Im Licht der Scheinwerfer sah man noch mehr Zweige, die mit großer Geschwindigkeit umhergeschleudert wurden.
»Das kann nicht wahr sein!«
Alain schlug das Lenkrad ein und schaltete in den Rückwärtsgang. Wenn jetzt ein Auto aufkreuzte, dann würde es krachen!
... mehr
Ein dumpfes Geräusch ließ die Scheibe auf der Beifahrerseite erbeben. Alain zuckte zusammen.
Zuerst glaubte er, ein weiterer Ast sei gegen den Wagen geprallt. Aber das war es nicht. Nein, es waren Hände, die gegen das Fenster drückten.
Alain umklammerte das Lenkrad. In der Dunkelheit sah er ein Gesicht. In Panik legte er den ersten Gang ein.
Weg von hier, so schnell wie möglich.
Draußen mischte sich ein Schrei unter die Klagelaute der Natur.
Da, direkt vor ihm, im Licht der Scheinwerfer stand eine Frau, von Schlamm bedeckt, die Hände auf die Knie gestützt. Sie schüttelte erregt den Kopf, Wind und Regen peitschten ihr ins Gesicht. An ihrem entsetzten Blick, ihrer zuckenden Brust erkannte Alain, dass sie ihn anflehte, sie der Dunkelheit zu entreißen.
Sie kam aus dem Unterholz. In Turnschuhen und Trainingsanzug.
Alain zögerte, sein schützendes Blechgehäuse zu verlassen. Und wenn es eine Falle war? Der Ast quer über dem Asphalt, die einsame Gegend, keine Zeugen. Dennoch öffnete er schließlich die Tür und stieg aus, mit der ausgebreiteten Jacke über dem Kopf. Er duckte sich unter den Windböen. Keine drei Sekunden später war er völlig durchnässt.
»Madame? Sie ...«
»Wo sind wir? Sagen Sie mir, wo wir sind!«, rief sie keuchend.
Das Wasser lief ihr in den Mund. Sie würde jeden Moment zusammenbrechen.
»In der Nähe von Valenciennes, aber ...«»Valenciennes? Was hat das zu bedeuten?«
Sie zeigte ihm ihre Handfläche, über die eine tiefe Schnittwunde voller Blut und Erde verlief, dann schrie sie:
»Nach Lille! Sie müssen mich nach Lille fahren! Bitte! Fahren Sie mich nach Lille!« 2
Jemand hämmerte gegen die Tür.
Lucie Henebelle blickte auf die Uhr. Gleich 22 Uhr 30. Wer konnte um diese Uhrzeit noch klopfen? Sie stand leise auf, um die Zwillinge nicht zu stören, die aneinandergeschmiegt auf dem warmen Sofa schliefen, dann schob sie den Riegel beiseite und öffnete.
Vor ihr standen zwei durchnässte junge Männer. Die Studenten aus der Wohnung über ihr. Jérôme und Anthony.
»Madame! Sie müssen mitkommen!«, sagte Jérôme, der völlig zerzaust war. »Wir waren gerade auf dem Rückweg vom Sombrero! Es ist fünfzig Meter von hier! Eine Frau, die übel zugerichtet aussieht. Sie wollte aufstehen, aber sie ist todmüde! Kommen Sie! «
Lucie seufzte. Die Nachbarn belästigten sie auch wegen jeder Lappalie.
»Dann ruft die Feuerwehr. Oder die Polizei.«
»Aber Sie sind doch von der Polizei!«
Die Polizistin strich ihre blonden Haare nach hinten und band sie mit einem roten Gummiband zusammen, dabei erklärte sie:
»Nur bin ich leider gerade nicht im Dienst, verstehst du, da draußen tobt ein irrsinniges Gewitter, und außerdem muss ich nicht bei jedem Ehekrach oder Problem mit der Müllabfuhr parat stehen. Auch ich habe ein Leben nach der Arbeit. Ich bin nicht von den Barmherzigen Schwestern, okay?«
Lucie wollte die Tür wieder schließen, doch Jérôme hatte seinen Fuß in den Spalt gestellt.
»Ein Problem mit der Müllabfuhr? Diese arme Frau hat Striemen an den Handgelenken! Sie ist über und über mit Schlamm besudelt! Und weiß nicht einmal, welcher Tag heute ist! Als hätte sie seit Monaten kein Tageslicht mehr gesehen!«
Polizeileutnant Henebelle zögerte. Sie war rund um die Uhr Polizistin. Verpflichtet, Personen in Gefahr Beistand zu leisten.
Sie drehte sich um, machte wieder einmal das Dilemma einer jeden Mutter durch. Was sollte sie mit ihren Lieblingen machen? Sie allein lassen? Was war mit ihrem Versprechen: »Nie wieder nachts«?
Es war zu spät, um die Tagesmutter anzurufen.
»Fünfzig Meter von hier, hast du gesagt?«
»Noch nicht mal. Dort. Nebenan!«
Den Sachverhalt feststellen, wenn nötig, ein Team anfordern und dann gleich zurückkehren. Nur ein paar Minuten und sie wäre wieder bei ihren Mädchen. Sie hasste es, sie so allein zurückzulassen. Die endlosen Nachtdienste, die verheerenden ruhigen Posten. Das war Vergangenheit.
»Also gut. Bleibt einer von euch hier und passt auf meine Töchter auf? Anthony? «
Der junge Mann, der schüchtern wie eine Nonne war, willigte ein, ohne den Mund aufzumachen. Sein Gesicht war von Pickeln übersät, die sich von Hamburgern und elektronischen Schaltkreisen nährten, ein Student der vergangenen Generation. Sie wusste, dass er an der Ingenieurschule studierte, einer von der ernsthaften Sorte. Nicht unbedingt der geborene Vater, aber auch nicht zu blöd, um auf zwei vierjährige Mädchen aufzupassen.
Lucie lief zu ihrem Computer, auf dem die Seite einer Partnerschaftsvermittlung aufgerufen war, und schaltete den Bildschirm aus. Dann zog sie ihren alten Regenmantel über, band ihre verschlissenen Springerstiefel zu und räumte eilig ein paar Papiere und Bücher in einen Eckschrank. Mit einem raschen Blick kontrollierte sie den Zustand des Zimmers. Schubladen und Schranktüren waren geschlossen. Abgesehen von den Puppen und den Spielsachen auf dem Boden war alles sauber und aufgeräumt.
»Bitte fass nichts an. Denk dran, ich bin Polizistin, und Polizisten haben eine feine Nase. Kann ich dir vertrauen?«
Anthony nickte und machte es sich auf einem Sessel gegenüber von den Zwillingen bequem.
»Und vielen Dank auch«, fügte sie hinzu. »Wenn ihr mal Probleme mit einem Strafzettel habt ... «
Ohne noch länger zu warten, ließ sich Lucie vom Sog des Gewitters fortreißen. Und von der dekadenten Würde einer Frühlingsnacht.
© Ullstein Verlag
Übersetzung: Ingrid Kalbhen
Zuerst glaubte er, ein weiterer Ast sei gegen den Wagen geprallt. Aber das war es nicht. Nein, es waren Hände, die gegen das Fenster drückten.
Alain umklammerte das Lenkrad. In der Dunkelheit sah er ein Gesicht. In Panik legte er den ersten Gang ein.
Weg von hier, so schnell wie möglich.
Draußen mischte sich ein Schrei unter die Klagelaute der Natur.
Da, direkt vor ihm, im Licht der Scheinwerfer stand eine Frau, von Schlamm bedeckt, die Hände auf die Knie gestützt. Sie schüttelte erregt den Kopf, Wind und Regen peitschten ihr ins Gesicht. An ihrem entsetzten Blick, ihrer zuckenden Brust erkannte Alain, dass sie ihn anflehte, sie der Dunkelheit zu entreißen.
Sie kam aus dem Unterholz. In Turnschuhen und Trainingsanzug.
Alain zögerte, sein schützendes Blechgehäuse zu verlassen. Und wenn es eine Falle war? Der Ast quer über dem Asphalt, die einsame Gegend, keine Zeugen. Dennoch öffnete er schließlich die Tür und stieg aus, mit der ausgebreiteten Jacke über dem Kopf. Er duckte sich unter den Windböen. Keine drei Sekunden später war er völlig durchnässt.
»Madame? Sie ...«
»Wo sind wir? Sagen Sie mir, wo wir sind!«, rief sie keuchend.
Das Wasser lief ihr in den Mund. Sie würde jeden Moment zusammenbrechen.
»In der Nähe von Valenciennes, aber ...«»Valenciennes? Was hat das zu bedeuten?«
Sie zeigte ihm ihre Handfläche, über die eine tiefe Schnittwunde voller Blut und Erde verlief, dann schrie sie:
»Nach Lille! Sie müssen mich nach Lille fahren! Bitte! Fahren Sie mich nach Lille!« 2
Jemand hämmerte gegen die Tür.
Lucie Henebelle blickte auf die Uhr. Gleich 22 Uhr 30. Wer konnte um diese Uhrzeit noch klopfen? Sie stand leise auf, um die Zwillinge nicht zu stören, die aneinandergeschmiegt auf dem warmen Sofa schliefen, dann schob sie den Riegel beiseite und öffnete.
Vor ihr standen zwei durchnässte junge Männer. Die Studenten aus der Wohnung über ihr. Jérôme und Anthony.
»Madame! Sie müssen mitkommen!«, sagte Jérôme, der völlig zerzaust war. »Wir waren gerade auf dem Rückweg vom Sombrero! Es ist fünfzig Meter von hier! Eine Frau, die übel zugerichtet aussieht. Sie wollte aufstehen, aber sie ist todmüde! Kommen Sie! «
Lucie seufzte. Die Nachbarn belästigten sie auch wegen jeder Lappalie.
»Dann ruft die Feuerwehr. Oder die Polizei.«
»Aber Sie sind doch von der Polizei!«
Die Polizistin strich ihre blonden Haare nach hinten und band sie mit einem roten Gummiband zusammen, dabei erklärte sie:
»Nur bin ich leider gerade nicht im Dienst, verstehst du, da draußen tobt ein irrsinniges Gewitter, und außerdem muss ich nicht bei jedem Ehekrach oder Problem mit der Müllabfuhr parat stehen. Auch ich habe ein Leben nach der Arbeit. Ich bin nicht von den Barmherzigen Schwestern, okay?«
Lucie wollte die Tür wieder schließen, doch Jérôme hatte seinen Fuß in den Spalt gestellt.
»Ein Problem mit der Müllabfuhr? Diese arme Frau hat Striemen an den Handgelenken! Sie ist über und über mit Schlamm besudelt! Und weiß nicht einmal, welcher Tag heute ist! Als hätte sie seit Monaten kein Tageslicht mehr gesehen!«
Polizeileutnant Henebelle zögerte. Sie war rund um die Uhr Polizistin. Verpflichtet, Personen in Gefahr Beistand zu leisten.
Sie drehte sich um, machte wieder einmal das Dilemma einer jeden Mutter durch. Was sollte sie mit ihren Lieblingen machen? Sie allein lassen? Was war mit ihrem Versprechen: »Nie wieder nachts«?
Es war zu spät, um die Tagesmutter anzurufen.
»Fünfzig Meter von hier, hast du gesagt?«
»Noch nicht mal. Dort. Nebenan!«
Den Sachverhalt feststellen, wenn nötig, ein Team anfordern und dann gleich zurückkehren. Nur ein paar Minuten und sie wäre wieder bei ihren Mädchen. Sie hasste es, sie so allein zurückzulassen. Die endlosen Nachtdienste, die verheerenden ruhigen Posten. Das war Vergangenheit.
»Also gut. Bleibt einer von euch hier und passt auf meine Töchter auf? Anthony? «
Der junge Mann, der schüchtern wie eine Nonne war, willigte ein, ohne den Mund aufzumachen. Sein Gesicht war von Pickeln übersät, die sich von Hamburgern und elektronischen Schaltkreisen nährten, ein Student der vergangenen Generation. Sie wusste, dass er an der Ingenieurschule studierte, einer von der ernsthaften Sorte. Nicht unbedingt der geborene Vater, aber auch nicht zu blöd, um auf zwei vierjährige Mädchen aufzupassen.
Lucie lief zu ihrem Computer, auf dem die Seite einer Partnerschaftsvermittlung aufgerufen war, und schaltete den Bildschirm aus. Dann zog sie ihren alten Regenmantel über, band ihre verschlissenen Springerstiefel zu und räumte eilig ein paar Papiere und Bücher in einen Eckschrank. Mit einem raschen Blick kontrollierte sie den Zustand des Zimmers. Schubladen und Schranktüren waren geschlossen. Abgesehen von den Puppen und den Spielsachen auf dem Boden war alles sauber und aufgeräumt.
»Bitte fass nichts an. Denk dran, ich bin Polizistin, und Polizisten haben eine feine Nase. Kann ich dir vertrauen?«
Anthony nickte und machte es sich auf einem Sessel gegenüber von den Zwillingen bequem.
»Und vielen Dank auch«, fügte sie hinzu. »Wenn ihr mal Probleme mit einem Strafzettel habt ... «
Ohne noch länger zu warten, ließ sich Lucie vom Sog des Gewitters fortreißen. Und von der dekadenten Würde einer Frühlingsnacht.
© Ullstein Verlag
Übersetzung: Ingrid Kalbhen
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Autoren-Porträt von Franck Thilliez
Franck Thilliez ist Ingenieur und auf neue Technologien spezialisiert. Seit einigen Jahren schreibt er sehr erfolgreich harte Thriller.
Bibliographische Angaben
- Autor: Franck Thilliez
- 2008, 1, 400 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10:
- ISBN-13: 2000000013060
Rezension zu „Im Zeichen des Blutes / Lucie Henebelle Bd.2 “
»... Nervenkitzel pur - für diesen Bestseller aus Frankreich gilt die absolute Umblätter-Garantie.« Radio Gong 96,3 zu Die Kammer der toten Kinder »Schnallen Sie sich an - dieser Roman ist nichts für sensible Gemüter.« Elle
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