Jo Goodman, 3er-Package
"Taumel der Gefühle", "Glut der Gefühle", "Brennende Unschuld"
Die ersten drei Bände der Compass-Club-Serie.
...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Jo Goodman, 3er-Package “
Die ersten drei Bände der Compass-Club-Serie.
- Taumel der Gefühle
England, zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein hinterlistiger Dieb treibt sein Unwesen in der reichen Oberschicht. Gemeinsam mit der schönen und verführerischen Lady Elizabeth versucht der attraktive Earl von Northam, ihn zu überführen. Zwischen den beiden entbrennt ein wildes Feuer der Gefühle, doch da entdeckt Northam Elizabeths Geheimnis, und das ist äußerst gefährlich. - Glut der Gefühle
Die Schauspielerin India scheint in obskure Machenschaften verwickelt zu sein, denn alle Männer aus ihrer näheren Umgebung sterben auf unerklärliche Weise. Der Viscount von Southerton soll das Rätsel um die schöne junge Frau lüften. Bei seinen Nachforschungen verliebt er sich in die aufreizende Schauspielerin. In einer Nacht voller Leidenschaft offenbart sie schließlich ihr dunkles Geheimnis. - Brennende Unschuld
England, zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die zarte Sophie führt ein entbehrungsreiches Leben im Haus ihres geizigen Onkels. Da scheint der Heiratsantrag des attraktiven und vermögenden Grafen East genau zur rechten Zeit zu kommen. Doch Sophie, die heimlich für den stattlichen East schwärmt, lehnt ab, denn sie ahnt, dass ihr Onkel einen hinterhältigen Plan verfolgt, um an das Geld des Adligen zu kommen. Und so bangt Sophie schon bald um das Leben ihres Geliebten.
Lese-Probe zu „Jo Goodman, 3er-Package “
Taumel der Gefühle von Jo GoodmannAus dem Amerikanischen von Beate Brammertz
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Prolog
April, 1796
... mehr
»Ich würde sehr gerne Ihre Brüste sehen.«
Madame Fortuna, geborene Bess Bowles, blickte angespannt über die Kristallkugel, die sie in Händen hielt. Ihre dunklen Augen verengten sich nur für den Bruchteil einer Sekunde, doch ihr Ausdruck ließ den jungen Kunden errötend zusammenfahren.
Bess spürte, wie ihre Handflächen langsam warm wurden, als hielte sie anstelle des kühlen Kristalls der Kugel seine Wangen in Händen. Den Beruf der Wahrsagerin übte sie zwar mit einer gewissen Theatralik aus, jedoch ohne wirkliches Talent. Ihre Mutter und Großmutter hatten das zweite Gesicht besessen, und Bess hatte keine Kristallkugeln und Karten benötigt, um immer zu bemerken, welch seelische Qualen die beiden Frauen durch diese Begabung erleiden mussten.
Bess Bowles begnügte sich damit, eine Hochstaplerin zu sein und Männern und Frauen, die es eigentlich besser wissen sollten, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie war eine Attraktion und wurde auf prächtige Landsitze und in die besten Londoner Salons bestellt, um Gäste mit ihren Wahrsagekünsten zu unterhalten. Ihr war ein außergewöhnlich reiches Repertoire an Prophezeiungen und düsteren Warnungen zu eigen, und sie profitierte bereits seit über dreißig Jahren von der Sehnsucht der Menschen, das eigene Schicksal zu erfahren.
Doch dieser Lümmel hatte nicht danach gefragt, was die Zukunft für ihn bereithielt, sondern wollte lediglich ihre Brüste sehen!
Bedächtig schob Bess die Kristallkugel zur Seite und maß den Jungen durchdringend. Dieser hielt ihrem Blick stand, auch wenn es ihn sichtlich Mühe kostete. Mutiger, kleiner Soldat.
Das Bild eines jungen, sehr gut aussehenden Mannes in Uniform traf Bess mit einer solchen Heftigkeit, dass sie ihre Verblüffung hinter einem heftigen Hustenanfall verbergen musste. Vielleicht verdiente sie tatsächlich den Beinamen Madame Fortuna. Dieser Gedanke verstörte Bess Bowles derart, dass sich die Vision in Luft auflöste. Da war es noch besser, dem Bengel ihre Brüste zu zeigen.
Allein ein kleiner, runder Tisch trennte Bess von ihrem Kunden, den sie von Kopf bis Fuß musterte. Erneut stieg ihm die Schamesröte ins Gesicht, er verzog jedoch keine Miene. Das aschblonde Haar stand ihm störrisch vom Kopf ab, und Bess musste sich die dreiste Aufforderung des Jungen ins Gedächtnis rufen, um ihn nicht instinktiv anzulächeln.
Stattdessen sollte sie ihm lieber eine Ohrfeige verpassen. »Wie alt bist du?«, fragte Bess barsch. Aufrichtig überrascht betrachtete er sie. »Das wissen Sie nicht?«
Sie würde ihm eine Ohrfeige verpassen. »Sei nicht frech!«
»Ich bitte Sie inständig um Verzeihung, Madame Fortuna «, war seine überaus reumütige Antwort. Gleichzeitig straffte er seine Schultern und setzte sich betont aufrecht hin, um seine hochgewachsene Figur zur Geltung zu bringen. Er erzielte jedoch nicht die gewünschte Wirkung. Nun erschienen seine Schultern im Vergleich zu der breiten Stuhllehne noch schmaler, und seine Füße baumelten einige Zentimeter über dem Fußboden. Stolz fuhr er dann fort.
»An meinem nächsten Geburtstag werde ich ...«
»Zehn«, schnitt ihm Bess das Wort ab.
»Ich bin zehn.«
»Nun, das habe ich doch gesagt!«
»Ich werde elf!«
»Wirklich«, meinte Bess gedehnt. »Vor seinem elften Geburtstag kann einem Jungen sehr viel passieren.« Ihre Aussage schien große Wirkung auf den Knaben zu haben, denn er schluckte hart. Dies war eine viel bessere Strafe, als ihm eine Ohrfeige zu verpassen, dachte sich Bess. »Nun gut, mein junger Earl.«
»Oh, ich bin doch gar kein ...«
Das wirst du aber! Der Gedanke hatte sich Bess derart deutlich offenbart, dass sie beinahe glaubte, ihn laut ausgesprochen zu haben. Auch der Junge saß jetzt wie angewurzelt auf seinem Stuhl und starrte sie mit angsterfüllten Augen an. Doch Bess wusste, dass kein Laut über ihre zusammengekniffenen Lippen gekommen war. Wie also konnte er es wissen? Wie konnte sie es wissen?
Abschätzig machte Bess eine Handbewegung. »Das bedeutet gar nichts«, meinte sie. »Jeden meiner Kunden nenne ich ›Mylord‹ oder ›Mylady‹. Sogar dem niedrigsten Bauern tut es gut, sich von Zeit zu Zeit aufspielen zu dürfen. Das ist alles.« Als Bess geendet hatte, musterte sie sorgfältig das Gesicht des Jungen. Seine Wangen hatten wieder ein wenig Farbe angenommen, waren allerdings immer noch blass. Er wollte sich mit ihrer Erklärung zufriedengeben, war aber sichtlich auf der Hut. Und Bess verstand seine Befürchtungen:
Denn erst nach dem Ableben seines Vaters und Bruders würde der Titel auf ihn übergehen. Bess wusste genau, dass ihn dieses Schicksal erwartete. Den genauen Zeitpunkt konnte sie nicht angeben, doch er würde sehr bald eintreten. Davon war sie überzeugt.
Bess rieb sich die Hände. Sie fühlten sich feucht an. Nie hatte sie darum gebeten, das zweite Gesicht zu haben. Ganz im Gegenteil, sie war stets froh darüber gewesen, diese Fähigkeit nicht zu besitzen. Sie seufzte und wandte sich wieder dem Jungen zu, denn ihre anhaltende Schweigsamkeit hatte erneut sein Misstrauen geweckt. Es war wirklich an der Zeit, ihm ihre Brüste zu zeigen.
»Ich nehme an, dass deine Freunde dich angestachelt haben, hierherzukommen«, sagte Bess gleichmütig.
Der Junge zögerte, gab dann jedoch ehrlich zu: »Es sind nicht wirklich meine Freunde.«
»Ah, ich verstehe. Dann haben dir ältere Jungen versprochen, deine Freunde zu sein, wenn du das hier erledigst.«
»Das stimmt.«
»Und wer sind die drei Jungs, mit denen ich dich vorhin gesehen habe? Sie scheinen in deinem Alter zu sein.«
»Das sind meine Freunde, Madame Fortuna. Mit ihnen bin ich auf den Jahrmarkt gekommen.«
»Und warum sind sie dann nicht hier bei dir? Dieselbe Mutprobe ist auch ihnen gestellt worden, nicht wahr?«
»Genau dieselbe«, bestätigte er kleinlaut. »Wir hatten nicht genügend Geld. Also mussten wir Strohhalme ziehen. Ich soll den anderen später alles über Ihre Brüste erzählen.«
»Tatsächlich? Und wer wird den Schuften Bericht erstatten, die dich hierhergeschickt haben?«
»Das werden natürlich wir alle vier tun. Es wäre sinnlos, wenn nur einer von uns mit ihnen befreundet wäre. Deshalb muss ich ihnen später alles ganz genau beschreiben, damit es ihnen später nicht schwerfällt, die Bishops zu überzeugen, dass wir vier hier gewesen sind.«
»Die Bishops«, murmelte Bess verärgert. Sie hatte Recht gehabt, die Kerle als Schufte zu bezeichnen. Seit mehr als einem Jahrhundert durchquerten Jungen den kopfsteingepflasterten Schulhof von Hambrick Hall auf ihrem Weg zu höherer Bildung. Unter den Absolventen der Privatschule waren Männer zu finden, die das Land dank ihrer fortschrittlichen Ideen, ihres Ehrbegriffs und ausgeprägten Pflichtbewusstseins formen würden. Ab und an kamen neue Namen hinzu, aber der weitaus größere Teil blieb gleich.
Väter, Großväter und Urgroßväter hatten bereits denselben Weg beschritten, hatten ihre persönlichen Erfolge und Fehlschläge mit stoischer Ruhe hingenommen, anstatt wie andere junge Männer aufbrausend zu reagieren. Mit den Bishops hatte Hambrick Hall allerdings Zöglinge vorzuweisen, deren Ehrgeiz in erster Linie darin bestand, ihre jüngeren Mitschüler zu erniedrigen.
Doch diese Mutprobe, dachte Bess, war noch harmlos. Andererseits war sie sich sicher, dass die Bishops nicht im Traum damit rechneten, die vier Jungen könnten die Aufgabe meistern.
Bess deutete zur Tür ihres Reisewagens. »Hol deine Freunde herein.« Bei Tagesanbruch würde sie sich bereits auf dem Weg zu einem Jahrmarkt im Norden Londons befinden. Sie musste sich demnach keine Sorgen darüber machen, dass die Bishops sie am nächsten Tag besuchen würden, um mit eigenen Augen zu sehen, was Bess dem Quartett gezeigt hatte. »Nun mach schon, sonst überlege ich es mir noch einmal!«
Erstes Kapitel
Auf dem Landsitz der Battenburns, 1818
Das ungezähmte Lachen erregte ihre Aufmerksamkeit. Elizabeth Penrose lehnte sich so weit zur Seite, bis sie ungehindert an der Staffelei, die vor ihr stand, vorbeisehen konnte. Der Stuhl wackelte ein wenig, als sie sich bewegte, und sie bemerkte nicht, dass sich ein dicker Tropfen dunkelblauer Aquarellfarbe an der Spitze des Pinsels gesammelt hatte, der jeden Moment auf ihr lavendelfarbenes Musselinkleid zu fallen drohte.
Dieses Lachen war ein Genuss. Es war zügellos und wild und hatte beinahe eine musikalische Note. Vier Stimmen, jede von ihnen in einer etwas anderen Tonhöhe, die zusammen ein gewisses harmonisches Ganzes ergaben. Elizabeth warf rasch einen Blick auf die anderen Gäste und stellte fest, dass nicht nur sie den Kopf in Richtung des Gelächters gewandt hatte. Dass die Männer durch ihr Verhalten auf sich aufmerksam machen wollten, glaubte Elizabeth allerdings nicht. Noch vor einer halben Stunde hatten sie sich eifrig plaudernd zwischen den Gästen des Barons bewegt, sich erst zu dem einen kleinen Grüppchen gesellt, dann zum nächsten.
Die Gäste hatten es sich auf den zahlreichen Decken gemütlich gemacht, die auf der Wiese vor dem Anwesen ausgebreitet waren, und genossen die nachmittägliche Sonne, die frische Brise und das gleichmäßige Rauschen eines Baches, der sich durch die Landschaft schlängelte. Elizabeth blinzelte, als die Männer erneut lachten, wobei sie die Köpfe in den Nacken warfen. Obwohl ihre Stimmen tief klangen, war gleichzeitig etwas unverkennbar Jugendliches und Verschmitztes herauszuhören. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, denn sie fühlte sich nicht wie eine ungebetene Beobachterin, sondern vielmehr wie eine Mitverschwörerin, obschon sie überhaupt keine Ahnung hatte, was die Männer in eine derart gute Laune versetzt haben mochte.
Dass die vier sich kannten, war nicht verwunderlich, dachte Elizabeth. Mit Ausnahme von Mr Marchman gehörten sie alle dem Adelsstand an. Das Interessante war vielmehr, dass sie sehr enge Freunde zu sein schienen und keinerlei Rivalität zwischen ihnen zu spüren war. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt, als der Earl von Northam drei reife Pfirsiche aus dem Korb neben sich nahm und im Schneidersitz zu jonglieren begann. Die anderen brachen in weitere Lachsalven aus. Aus Gründen, die Elizabeth nicht nachvollziehen konnte, bemerkte sie, wie ihre eigenen Wangen vor Hitze zu glühen begannen. Obwohl sie sicher war, dass niemand sie beobachtet hatte, versteckte sie sich vorsichtshalber hinter ihrer Staffelei.
Erst als Elizabeth wieder zu malen begonnen hatte, stellte sie fest, dass der Earl von Northam den Großteil ihres Stilllebens gestohlen hatte.
Brendan David Hampton, der jonglierende, diebische sechste Earl von Northam, kam aus dem Rhythmus, da ihm einer seiner Freunde einen weiteren Pfirsich zuwarf. »Zum Teufel, East«, fluchte er grinsend, »ich habe es noch nie mit vieren gekonnt.« Bevor die Früchte von der Decke rollten, sammelte Northam sie ein, und reichte jedem seiner Freunde einen Pfirsich. Er selbst hielt bedächtig den vierten in Händen und tat so, als würde er ihn genau untersuchen. »Feste Kugeln, die perfekt in der Hand liegen. Weiche Haut, bedeckt von zarten, feinen Härchen. Eine leichte Röte, die an der Spitze dunkler wird.« Northam teilte den Pfirsich. »Saftig, duftend, köstlich.«
Kaum hörbar fuhr er fort: »Gentlemen, hiermit überreiche ich euch Madame Fortunas Brüste. Gott segne sie«, und nach einer kurzen Pause, »ebenso wie die naiven Jungs von Hambrick!«
Matthew Forrester, Viscount Southerton, von seinen Freunden aus Hambrick South genannt, wäre beinahe an dem Pfirsichstück erstickt, das er gerade abgebissen hatte.
Er hustete laut, hin- und hergerissen zwischen dem Drang zu lachen und zu schlucken. Mr Marchman lehnte sich nach vorne und klopfte dem Viscount hart auf den Rücken. Bedeutungsvoll starrte South ihn an, da sein Freund kräftiger zugeschlagen hatte, als unbedingt nötig gewesen wäre. Die drohende Gebärde blieb jedoch unbemerkt, denn es war unmöglich, South ernst zu nehmen, wenn seine Wangen vor Lachen gerötet waren und seine Augen vor Tränen glänzten.
»Es ist würdelos«, murmelte er verärgert, während er sich die Kleider glatt strich. »Ich wusste, dass so etwas passieren würde, sobald wir aufeinandertreffen. Jedes Mal muss einer Madame Fortuna erwähnen. Es ist so lange amüsant, bis sich jemand verschluckt und ein anderer ihn umzubringen versucht.«
»Du warst es, der sie zuerst erwähnte«, wies Mr Marchman ihn ruhig zurecht. Dann biss er genüsslich in seinen Pfirsich. »Und wenn ich dich tatsächlich hätte töten wollen, hätte ich mein Messer benutzt.«
Gabriel Whitney, der Marquess von Eastlyn, blickte unwillkürlich zu Marchmans rechtem Stiefel. »Du trägst deine Waffe, West?«
Während die Frage halb im Scherz gestellt worden war, entbehrte Marchmans Antwort jeden Funken Humor. Ob sich dies allerdings auf die Frage an sich oder nur die Nennung von Marchmans Spitznamen zurückführen ließ, war unklar. »Immer«, entgegnete er streng. Dann wandte er sich zu Northam und wechselte rasch das Thema: »Du scheinst die Früchte deiner harten Arbeit nicht genießen zu können? «
In der Tat hielt Northam noch immer die beiden Pfirsichhälften in Händen und sah nicht zu seinen Kameraden, sondern über sie hinweg zu der Staffelei, die am Rande des Picknicks inmitten von Glockenblumen aufgestellt war. Die junge Frau, die dort gemalt hatte, packte gerade ihre Mal - utensilien zusammen. Northam plagten selten Schuldgefühle, als er sich allerdings der Pfirsichhälften entsann, verdunkelten sich seine Augen für einen kurzen Moment. »Ich habe das Gefühl, meine Freunde, dass ich mich bei der Dame entschuldigen muss, denn ich fürchte, ich habe das Motiv ihrer Arbeit entwendet.«
Rasch drehte sich Eastlyn um und zog eine Braue nach oben. »Ah ja, Lady Elizabeth Penrose. Sie war letzten Abend meine Tischdame, aber das wüsstest du, North, wenn du wie erwartet einen Tag früher angereist wärst. Dasselbe gilt für den Rest von euch!«
Northam warf ihm einen finsteren Blick zu. »Eine Meinungsverschiedenheit mit meiner Mutter hatte mich bis heute aufgehalten. Sie glaubt, es sei an der Zeit, dass ich mir eine Ehefrau suche. Ich hingegen bin der festen Überzeugung, dass diese Zeit noch längst nicht gekommen ist.«
»Mir kommt diese Auseinandersetzung äußerst bekannt vor«, meinte Southerton kopfnickend. »Denkst du, sie wünscht sich wirklich eine Schwiegertochter oder hat sie es eher auf Enkel abgesehen?« Ohne zu zögern antwortete Northam: »Enkel.« Mit einem süffisanten Lächeln blickte Marchman in die Runde. »Soll das etwa heißen, dass ich euch bald zu euren Hochzeiten gratulieren darf? Obwohl ich sagen muss, dass mir diese Vorstellung gefällt: Ihr in Fußfesseln an eure Frauen gekettet, während ich freie Bahn habe« Der Earl von Northam warf mit den Pfirsichhälften nach Marchman, der sie gekonnt auffing. »Dich haben bisher auch keine Mitstreiter aus der Bahn geworfen«, erwiderte North lachend. »Aber nun werde ich Buße tun. Und habt bitte die Güte, mich im Beisein einer Dame nicht zu blamieren. «
»Sei vorsichtig, North«, warnte ihn Eastlyn. »Sie ist Rosemonts Tochter und der Liebling unserer Gastgeber.«
»Ich habe nicht vor, sie zu kompromittieren«, entgegnete North trocken, »ich möchte lediglich mit ihr reden.«
Nachdenklich sahen ihm die drei nach, als Northam auf Elizabeth zuschritt. Ein schelmisches Lächeln umspielte Eastlyns feine Gesichtszüge, seine dunkelbraunen Augen glitzerten. »Northam wird vor Jahresende verheiratet sein.«
»Mit Libby Penrose?«, fragte Southerton ungläubig.
»Das ist albern!«
Marchman musterte seinen Freund interessiert. »Libby? Dieser Name deutet auf eine gewisse Vertrautheit hin. Du kennst sie?«
Southerton zuckte mit den Schultern. »Ich habe sie heute das erste Mal gesehen, doch meine Schwester kennt sie. Sie wurden gleichzeitig in die Gesellschaft eingeführt, wobei Libby nicht ganz so erfolgreich zu sein schien. Aber in Emmas ausführlichen Briefen spielte Lady Elizabeth eine herausragende Rolle. Meine Schwester bewunderte sie sehr, ich kann mich allerdings an keine Einzelheiten mehr erinnern. Libby war damals zwei oder sogar drei Jahre älter als meine Schwester, sie müsste heute also sechsundzwanzig sein.«
»Großer Gott« Marchman gab vor, entsetzt zu sein. »Sie ist sozusagen eine alte Jungfer!«
Der Viscount bedachte ihn mit einem finsteren Blick.
»Wie dem auch sei, die Herzoginwitwe von Northam wäre von ihr nicht angetan.«
Eastlyns Grinsen war nicht zu übersehen. »Umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Norths Interesse geweckt wird.«
»Da könntest du Recht behalten«, meinte Southerton bedächtig. »In dieser Beziehung ist North wahrlich durchschaubar.
Seine Mutter wird es vielleicht noch bereuen, wenn ihr Wunsch erfüllt wird.«
Nachdenklich legte Evan Marchman den Kopf schief und betrachtete seine Kameraden. »Sollen wir eine Wette abschließen? Ich setze einen Sovereign darauf, dass North vor Jahresende der Herzoginwitwe eine Schwiegertochter präsentiert.«
»Na gut«, lachte Southerton, »doch wenn ich einen ganzen Sovereign verwette, musst du ein wenig präziser sein. Wird er Libby Penrose zum Altar führen?«
Marchman blickte zu North, dessen Gesichtsausdruck aufmerksam und höflich war, ansonsten allerdings keinerlei Regung zeigte. Es war unmöglich zu sagen, ob er sich weit fort wünschte oder aber sich köstlich amüsierte. Falls Elizabeth Penrose tatsächlich eine derart intelligente und gebildete Frau war, würde Marchman darauf setzen, dass Northam sich blendend unterhielt.
»Einverstanden«, meinte er. »Es wird Lady Elizabeth sein, die er heiratet. East, wirst du unseren Einsatz aufbewahren?«
»Mit größtem Vergnügen.« Eastlyn streckte die Hände aus und sammelte von jedem seiner Freunde ein Goldstück ein.
»Ich würde sehr gerne Ihre Brüste sehen.«
Madame Fortuna, geborene Bess Bowles, blickte angespannt über die Kristallkugel, die sie in Händen hielt. Ihre dunklen Augen verengten sich nur für den Bruchteil einer Sekunde, doch ihr Ausdruck ließ den jungen Kunden errötend zusammenfahren.
Bess spürte, wie ihre Handflächen langsam warm wurden, als hielte sie anstelle des kühlen Kristalls der Kugel seine Wangen in Händen. Den Beruf der Wahrsagerin übte sie zwar mit einer gewissen Theatralik aus, jedoch ohne wirkliches Talent. Ihre Mutter und Großmutter hatten das zweite Gesicht besessen, und Bess hatte keine Kristallkugeln und Karten benötigt, um immer zu bemerken, welch seelische Qualen die beiden Frauen durch diese Begabung erleiden mussten.
Bess Bowles begnügte sich damit, eine Hochstaplerin zu sein und Männern und Frauen, die es eigentlich besser wissen sollten, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie war eine Attraktion und wurde auf prächtige Landsitze und in die besten Londoner Salons bestellt, um Gäste mit ihren Wahrsagekünsten zu unterhalten. Ihr war ein außergewöhnlich reiches Repertoire an Prophezeiungen und düsteren Warnungen zu eigen, und sie profitierte bereits seit über dreißig Jahren von der Sehnsucht der Menschen, das eigene Schicksal zu erfahren.
Doch dieser Lümmel hatte nicht danach gefragt, was die Zukunft für ihn bereithielt, sondern wollte lediglich ihre Brüste sehen!
Bedächtig schob Bess die Kristallkugel zur Seite und maß den Jungen durchdringend. Dieser hielt ihrem Blick stand, auch wenn es ihn sichtlich Mühe kostete. Mutiger, kleiner Soldat.
Das Bild eines jungen, sehr gut aussehenden Mannes in Uniform traf Bess mit einer solchen Heftigkeit, dass sie ihre Verblüffung hinter einem heftigen Hustenanfall verbergen musste. Vielleicht verdiente sie tatsächlich den Beinamen Madame Fortuna. Dieser Gedanke verstörte Bess Bowles derart, dass sich die Vision in Luft auflöste. Da war es noch besser, dem Bengel ihre Brüste zu zeigen.
Allein ein kleiner, runder Tisch trennte Bess von ihrem Kunden, den sie von Kopf bis Fuß musterte. Erneut stieg ihm die Schamesröte ins Gesicht, er verzog jedoch keine Miene. Das aschblonde Haar stand ihm störrisch vom Kopf ab, und Bess musste sich die dreiste Aufforderung des Jungen ins Gedächtnis rufen, um ihn nicht instinktiv anzulächeln.
Stattdessen sollte sie ihm lieber eine Ohrfeige verpassen. »Wie alt bist du?«, fragte Bess barsch. Aufrichtig überrascht betrachtete er sie. »Das wissen Sie nicht?«
Sie würde ihm eine Ohrfeige verpassen. »Sei nicht frech!«
»Ich bitte Sie inständig um Verzeihung, Madame Fortuna «, war seine überaus reumütige Antwort. Gleichzeitig straffte er seine Schultern und setzte sich betont aufrecht hin, um seine hochgewachsene Figur zur Geltung zu bringen. Er erzielte jedoch nicht die gewünschte Wirkung. Nun erschienen seine Schultern im Vergleich zu der breiten Stuhllehne noch schmaler, und seine Füße baumelten einige Zentimeter über dem Fußboden. Stolz fuhr er dann fort.
»An meinem nächsten Geburtstag werde ich ...«
»Zehn«, schnitt ihm Bess das Wort ab.
»Ich bin zehn.«
»Nun, das habe ich doch gesagt!«
»Ich werde elf!«
»Wirklich«, meinte Bess gedehnt. »Vor seinem elften Geburtstag kann einem Jungen sehr viel passieren.« Ihre Aussage schien große Wirkung auf den Knaben zu haben, denn er schluckte hart. Dies war eine viel bessere Strafe, als ihm eine Ohrfeige zu verpassen, dachte sich Bess. »Nun gut, mein junger Earl.«
»Oh, ich bin doch gar kein ...«
Das wirst du aber! Der Gedanke hatte sich Bess derart deutlich offenbart, dass sie beinahe glaubte, ihn laut ausgesprochen zu haben. Auch der Junge saß jetzt wie angewurzelt auf seinem Stuhl und starrte sie mit angsterfüllten Augen an. Doch Bess wusste, dass kein Laut über ihre zusammengekniffenen Lippen gekommen war. Wie also konnte er es wissen? Wie konnte sie es wissen?
Abschätzig machte Bess eine Handbewegung. »Das bedeutet gar nichts«, meinte sie. »Jeden meiner Kunden nenne ich ›Mylord‹ oder ›Mylady‹. Sogar dem niedrigsten Bauern tut es gut, sich von Zeit zu Zeit aufspielen zu dürfen. Das ist alles.« Als Bess geendet hatte, musterte sie sorgfältig das Gesicht des Jungen. Seine Wangen hatten wieder ein wenig Farbe angenommen, waren allerdings immer noch blass. Er wollte sich mit ihrer Erklärung zufriedengeben, war aber sichtlich auf der Hut. Und Bess verstand seine Befürchtungen:
Denn erst nach dem Ableben seines Vaters und Bruders würde der Titel auf ihn übergehen. Bess wusste genau, dass ihn dieses Schicksal erwartete. Den genauen Zeitpunkt konnte sie nicht angeben, doch er würde sehr bald eintreten. Davon war sie überzeugt.
Bess rieb sich die Hände. Sie fühlten sich feucht an. Nie hatte sie darum gebeten, das zweite Gesicht zu haben. Ganz im Gegenteil, sie war stets froh darüber gewesen, diese Fähigkeit nicht zu besitzen. Sie seufzte und wandte sich wieder dem Jungen zu, denn ihre anhaltende Schweigsamkeit hatte erneut sein Misstrauen geweckt. Es war wirklich an der Zeit, ihm ihre Brüste zu zeigen.
»Ich nehme an, dass deine Freunde dich angestachelt haben, hierherzukommen«, sagte Bess gleichmütig.
Der Junge zögerte, gab dann jedoch ehrlich zu: »Es sind nicht wirklich meine Freunde.«
»Ah, ich verstehe. Dann haben dir ältere Jungen versprochen, deine Freunde zu sein, wenn du das hier erledigst.«
»Das stimmt.«
»Und wer sind die drei Jungs, mit denen ich dich vorhin gesehen habe? Sie scheinen in deinem Alter zu sein.«
»Das sind meine Freunde, Madame Fortuna. Mit ihnen bin ich auf den Jahrmarkt gekommen.«
»Und warum sind sie dann nicht hier bei dir? Dieselbe Mutprobe ist auch ihnen gestellt worden, nicht wahr?«
»Genau dieselbe«, bestätigte er kleinlaut. »Wir hatten nicht genügend Geld. Also mussten wir Strohhalme ziehen. Ich soll den anderen später alles über Ihre Brüste erzählen.«
»Tatsächlich? Und wer wird den Schuften Bericht erstatten, die dich hierhergeschickt haben?«
»Das werden natürlich wir alle vier tun. Es wäre sinnlos, wenn nur einer von uns mit ihnen befreundet wäre. Deshalb muss ich ihnen später alles ganz genau beschreiben, damit es ihnen später nicht schwerfällt, die Bishops zu überzeugen, dass wir vier hier gewesen sind.«
»Die Bishops«, murmelte Bess verärgert. Sie hatte Recht gehabt, die Kerle als Schufte zu bezeichnen. Seit mehr als einem Jahrhundert durchquerten Jungen den kopfsteingepflasterten Schulhof von Hambrick Hall auf ihrem Weg zu höherer Bildung. Unter den Absolventen der Privatschule waren Männer zu finden, die das Land dank ihrer fortschrittlichen Ideen, ihres Ehrbegriffs und ausgeprägten Pflichtbewusstseins formen würden. Ab und an kamen neue Namen hinzu, aber der weitaus größere Teil blieb gleich.
Väter, Großväter und Urgroßväter hatten bereits denselben Weg beschritten, hatten ihre persönlichen Erfolge und Fehlschläge mit stoischer Ruhe hingenommen, anstatt wie andere junge Männer aufbrausend zu reagieren. Mit den Bishops hatte Hambrick Hall allerdings Zöglinge vorzuweisen, deren Ehrgeiz in erster Linie darin bestand, ihre jüngeren Mitschüler zu erniedrigen.
Doch diese Mutprobe, dachte Bess, war noch harmlos. Andererseits war sie sich sicher, dass die Bishops nicht im Traum damit rechneten, die vier Jungen könnten die Aufgabe meistern.
Bess deutete zur Tür ihres Reisewagens. »Hol deine Freunde herein.« Bei Tagesanbruch würde sie sich bereits auf dem Weg zu einem Jahrmarkt im Norden Londons befinden. Sie musste sich demnach keine Sorgen darüber machen, dass die Bishops sie am nächsten Tag besuchen würden, um mit eigenen Augen zu sehen, was Bess dem Quartett gezeigt hatte. »Nun mach schon, sonst überlege ich es mir noch einmal!«
Erstes Kapitel
Auf dem Landsitz der Battenburns, 1818
Das ungezähmte Lachen erregte ihre Aufmerksamkeit. Elizabeth Penrose lehnte sich so weit zur Seite, bis sie ungehindert an der Staffelei, die vor ihr stand, vorbeisehen konnte. Der Stuhl wackelte ein wenig, als sie sich bewegte, und sie bemerkte nicht, dass sich ein dicker Tropfen dunkelblauer Aquarellfarbe an der Spitze des Pinsels gesammelt hatte, der jeden Moment auf ihr lavendelfarbenes Musselinkleid zu fallen drohte.
Dieses Lachen war ein Genuss. Es war zügellos und wild und hatte beinahe eine musikalische Note. Vier Stimmen, jede von ihnen in einer etwas anderen Tonhöhe, die zusammen ein gewisses harmonisches Ganzes ergaben. Elizabeth warf rasch einen Blick auf die anderen Gäste und stellte fest, dass nicht nur sie den Kopf in Richtung des Gelächters gewandt hatte. Dass die Männer durch ihr Verhalten auf sich aufmerksam machen wollten, glaubte Elizabeth allerdings nicht. Noch vor einer halben Stunde hatten sie sich eifrig plaudernd zwischen den Gästen des Barons bewegt, sich erst zu dem einen kleinen Grüppchen gesellt, dann zum nächsten.
Die Gäste hatten es sich auf den zahlreichen Decken gemütlich gemacht, die auf der Wiese vor dem Anwesen ausgebreitet waren, und genossen die nachmittägliche Sonne, die frische Brise und das gleichmäßige Rauschen eines Baches, der sich durch die Landschaft schlängelte. Elizabeth blinzelte, als die Männer erneut lachten, wobei sie die Köpfe in den Nacken warfen. Obwohl ihre Stimmen tief klangen, war gleichzeitig etwas unverkennbar Jugendliches und Verschmitztes herauszuhören. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, denn sie fühlte sich nicht wie eine ungebetene Beobachterin, sondern vielmehr wie eine Mitverschwörerin, obschon sie überhaupt keine Ahnung hatte, was die Männer in eine derart gute Laune versetzt haben mochte.
Dass die vier sich kannten, war nicht verwunderlich, dachte Elizabeth. Mit Ausnahme von Mr Marchman gehörten sie alle dem Adelsstand an. Das Interessante war vielmehr, dass sie sehr enge Freunde zu sein schienen und keinerlei Rivalität zwischen ihnen zu spüren war. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt, als der Earl von Northam drei reife Pfirsiche aus dem Korb neben sich nahm und im Schneidersitz zu jonglieren begann. Die anderen brachen in weitere Lachsalven aus. Aus Gründen, die Elizabeth nicht nachvollziehen konnte, bemerkte sie, wie ihre eigenen Wangen vor Hitze zu glühen begannen. Obwohl sie sicher war, dass niemand sie beobachtet hatte, versteckte sie sich vorsichtshalber hinter ihrer Staffelei.
Erst als Elizabeth wieder zu malen begonnen hatte, stellte sie fest, dass der Earl von Northam den Großteil ihres Stilllebens gestohlen hatte.
Brendan David Hampton, der jonglierende, diebische sechste Earl von Northam, kam aus dem Rhythmus, da ihm einer seiner Freunde einen weiteren Pfirsich zuwarf. »Zum Teufel, East«, fluchte er grinsend, »ich habe es noch nie mit vieren gekonnt.« Bevor die Früchte von der Decke rollten, sammelte Northam sie ein, und reichte jedem seiner Freunde einen Pfirsich. Er selbst hielt bedächtig den vierten in Händen und tat so, als würde er ihn genau untersuchen. »Feste Kugeln, die perfekt in der Hand liegen. Weiche Haut, bedeckt von zarten, feinen Härchen. Eine leichte Röte, die an der Spitze dunkler wird.« Northam teilte den Pfirsich. »Saftig, duftend, köstlich.«
Kaum hörbar fuhr er fort: »Gentlemen, hiermit überreiche ich euch Madame Fortunas Brüste. Gott segne sie«, und nach einer kurzen Pause, »ebenso wie die naiven Jungs von Hambrick!«
Matthew Forrester, Viscount Southerton, von seinen Freunden aus Hambrick South genannt, wäre beinahe an dem Pfirsichstück erstickt, das er gerade abgebissen hatte.
Er hustete laut, hin- und hergerissen zwischen dem Drang zu lachen und zu schlucken. Mr Marchman lehnte sich nach vorne und klopfte dem Viscount hart auf den Rücken. Bedeutungsvoll starrte South ihn an, da sein Freund kräftiger zugeschlagen hatte, als unbedingt nötig gewesen wäre. Die drohende Gebärde blieb jedoch unbemerkt, denn es war unmöglich, South ernst zu nehmen, wenn seine Wangen vor Lachen gerötet waren und seine Augen vor Tränen glänzten.
»Es ist würdelos«, murmelte er verärgert, während er sich die Kleider glatt strich. »Ich wusste, dass so etwas passieren würde, sobald wir aufeinandertreffen. Jedes Mal muss einer Madame Fortuna erwähnen. Es ist so lange amüsant, bis sich jemand verschluckt und ein anderer ihn umzubringen versucht.«
»Du warst es, der sie zuerst erwähnte«, wies Mr Marchman ihn ruhig zurecht. Dann biss er genüsslich in seinen Pfirsich. »Und wenn ich dich tatsächlich hätte töten wollen, hätte ich mein Messer benutzt.«
Gabriel Whitney, der Marquess von Eastlyn, blickte unwillkürlich zu Marchmans rechtem Stiefel. »Du trägst deine Waffe, West?«
Während die Frage halb im Scherz gestellt worden war, entbehrte Marchmans Antwort jeden Funken Humor. Ob sich dies allerdings auf die Frage an sich oder nur die Nennung von Marchmans Spitznamen zurückführen ließ, war unklar. »Immer«, entgegnete er streng. Dann wandte er sich zu Northam und wechselte rasch das Thema: »Du scheinst die Früchte deiner harten Arbeit nicht genießen zu können? «
In der Tat hielt Northam noch immer die beiden Pfirsichhälften in Händen und sah nicht zu seinen Kameraden, sondern über sie hinweg zu der Staffelei, die am Rande des Picknicks inmitten von Glockenblumen aufgestellt war. Die junge Frau, die dort gemalt hatte, packte gerade ihre Mal - utensilien zusammen. Northam plagten selten Schuldgefühle, als er sich allerdings der Pfirsichhälften entsann, verdunkelten sich seine Augen für einen kurzen Moment. »Ich habe das Gefühl, meine Freunde, dass ich mich bei der Dame entschuldigen muss, denn ich fürchte, ich habe das Motiv ihrer Arbeit entwendet.«
Rasch drehte sich Eastlyn um und zog eine Braue nach oben. »Ah ja, Lady Elizabeth Penrose. Sie war letzten Abend meine Tischdame, aber das wüsstest du, North, wenn du wie erwartet einen Tag früher angereist wärst. Dasselbe gilt für den Rest von euch!«
Northam warf ihm einen finsteren Blick zu. »Eine Meinungsverschiedenheit mit meiner Mutter hatte mich bis heute aufgehalten. Sie glaubt, es sei an der Zeit, dass ich mir eine Ehefrau suche. Ich hingegen bin der festen Überzeugung, dass diese Zeit noch längst nicht gekommen ist.«
»Mir kommt diese Auseinandersetzung äußerst bekannt vor«, meinte Southerton kopfnickend. »Denkst du, sie wünscht sich wirklich eine Schwiegertochter oder hat sie es eher auf Enkel abgesehen?« Ohne zu zögern antwortete Northam: »Enkel.« Mit einem süffisanten Lächeln blickte Marchman in die Runde. »Soll das etwa heißen, dass ich euch bald zu euren Hochzeiten gratulieren darf? Obwohl ich sagen muss, dass mir diese Vorstellung gefällt: Ihr in Fußfesseln an eure Frauen gekettet, während ich freie Bahn habe« Der Earl von Northam warf mit den Pfirsichhälften nach Marchman, der sie gekonnt auffing. »Dich haben bisher auch keine Mitstreiter aus der Bahn geworfen«, erwiderte North lachend. »Aber nun werde ich Buße tun. Und habt bitte die Güte, mich im Beisein einer Dame nicht zu blamieren. «
»Sei vorsichtig, North«, warnte ihn Eastlyn. »Sie ist Rosemonts Tochter und der Liebling unserer Gastgeber.«
»Ich habe nicht vor, sie zu kompromittieren«, entgegnete North trocken, »ich möchte lediglich mit ihr reden.«
Nachdenklich sahen ihm die drei nach, als Northam auf Elizabeth zuschritt. Ein schelmisches Lächeln umspielte Eastlyns feine Gesichtszüge, seine dunkelbraunen Augen glitzerten. »Northam wird vor Jahresende verheiratet sein.«
»Mit Libby Penrose?«, fragte Southerton ungläubig.
»Das ist albern!«
Marchman musterte seinen Freund interessiert. »Libby? Dieser Name deutet auf eine gewisse Vertrautheit hin. Du kennst sie?«
Southerton zuckte mit den Schultern. »Ich habe sie heute das erste Mal gesehen, doch meine Schwester kennt sie. Sie wurden gleichzeitig in die Gesellschaft eingeführt, wobei Libby nicht ganz so erfolgreich zu sein schien. Aber in Emmas ausführlichen Briefen spielte Lady Elizabeth eine herausragende Rolle. Meine Schwester bewunderte sie sehr, ich kann mich allerdings an keine Einzelheiten mehr erinnern. Libby war damals zwei oder sogar drei Jahre älter als meine Schwester, sie müsste heute also sechsundzwanzig sein.«
»Großer Gott« Marchman gab vor, entsetzt zu sein. »Sie ist sozusagen eine alte Jungfer!«
Der Viscount bedachte ihn mit einem finsteren Blick.
»Wie dem auch sei, die Herzoginwitwe von Northam wäre von ihr nicht angetan.«
Eastlyns Grinsen war nicht zu übersehen. »Umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Norths Interesse geweckt wird.«
»Da könntest du Recht behalten«, meinte Southerton bedächtig. »In dieser Beziehung ist North wahrlich durchschaubar.
Seine Mutter wird es vielleicht noch bereuen, wenn ihr Wunsch erfüllt wird.«
Nachdenklich legte Evan Marchman den Kopf schief und betrachtete seine Kameraden. »Sollen wir eine Wette abschließen? Ich setze einen Sovereign darauf, dass North vor Jahresende der Herzoginwitwe eine Schwiegertochter präsentiert.«
»Na gut«, lachte Southerton, »doch wenn ich einen ganzen Sovereign verwette, musst du ein wenig präziser sein. Wird er Libby Penrose zum Altar führen?«
Marchman blickte zu North, dessen Gesichtsausdruck aufmerksam und höflich war, ansonsten allerdings keinerlei Regung zeigte. Es war unmöglich zu sagen, ob er sich weit fort wünschte oder aber sich köstlich amüsierte. Falls Elizabeth Penrose tatsächlich eine derart intelligente und gebildete Frau war, würde Marchman darauf setzen, dass Northam sich blendend unterhielt.
»Einverstanden«, meinte er. »Es wird Lady Elizabeth sein, die er heiratet. East, wirst du unseren Einsatz aufbewahren?«
»Mit größtem Vergnügen.« Eastlyn streckte die Hände aus und sammelte von jedem seiner Freunde ein Goldstück ein.
... weniger
Autoren-Porträt von Jo Goodman
Jo Goodman hat schon etliche erfolgreiche historische Liebesromane verfasst, mit denen sie sich auch in Deutschland eine große Fangemeinde erobert hat. Sie lebt mit ihrer Familie in Colliers, West Virginia.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jo Goodman
- 2012, 1, 1184 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863651502
- ISBN-13: 9783863651503
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