Letzte Reise
London 1775: Elizabeth Cook wartet in ihrem Haus auf die Heimkehr ihres Mannes James, der eben seine zweite große Weltreise beendet hat. Obwohl sie immer regen Anteil genommen hat an seinen Entdeckungen und wissenschaftlichen Forschungen, hofft sie, dass er nun endlich bei ihr und den Kindern bleibt und seinen wohlverdienten Ruhm genießt. Immerhin hat er es vom Bauernsohn bis zum Admiral der englischen Flotte gebracht und gehört zur gesellschaftlichen Elite des Landes.
Trotz der Aussicht auf ein beschauliches gemeinsames Leben nagen auch Zweifel an Elizabeth: Wie wirdes James ohne seine geliebte Seefahrt ergehen, und vor allem, wie wird sie, die sechs Kinder mehr oder weniger allein geboren und aufgezogen und selbständig gelebt hat, mit ihrer neuen Rolle fertig werden - als Frau eines ehrgeizigen, befehlsgewohnten Kapitäns an Land? Doch es kommt anders. Cook bricht das Versprechen, das er ihr gegeben hat, und lässt sich zu einer dritten Reise überreden, von der er nicht zurückkehren wird.
Wie Elizabeth damit umgeht, wie sie trotz Widerstands der Admiralität die unklaren Umstände seines Todes aufdeckt und wie sie die schweren Schicksalsschläge meistert, die das Leben ihr auferlegt - sie überlebt alle ihre Kinder -, das erzählt Anna Enquist spannend und eindringlich, facettenreich und bewegend.
London 1775: Elizabeth Cook wartet in ihrem Haus auf die Heimkehr ihres Mannes James, der eben seine zweite große Weltreise beendet hat. Obwohl sie immer regen Anteil genommen hat an seinen Entdeckungen und wissenschaftlichen Forschungen, hofft sie, dass er nun endlich bei ihr und den Kindern bleibt und seinen wohlverdienten Ruhm genießt. Immerhin hat er es vom Bauernsohn bis zum Admiral der englischen Flotte gebracht und gehört zur gesellschaftlichen Elite des Landes.
Trotz der Aussicht auf ein beschauliches gemeinsames Leben nagen auch Zweifel an Elizabeth: Wie wird es James ohne seine geliebte Seefahrt ergehen, und vor allem, wie wird sie, die sechs Kinder mehr oder weniger allein geboren und aufgezogen und selbständig gelebt hat, mit ihrer neuen Rolle fertig werden - als Frau eines ehrgeizigen, befehlsgewohnten Kapitäns an Land? Doch es kommt anders. Cook bricht das Versprechen, das er ihr gegeben hat, und lässt sich zu einer dritten Reise überreden, von der er nicht zurückkehren wird.
Wie Elizabeth damit umgeht, wie sie trotz Widerstands der Admiralität die unklaren Umstände seines Todes aufdeckt und wie sie die schweren Schicksalsschläge meistert, die das Leben ihr auferlegt - sie überlebt alle ihre Kinder -, das erzählt Anna Enquist spannend und eindringlich, facettenreich und bewegend.
"Ein bewegendes Porträt einer Frau und ihrer Zeit!" - Freundin
"Ein ganz großartiges Buch! (...) Das Buch ist das, was ich immer einen grandiosen Schmöker nenne. Eine packende Geschichte, fabelhaft erzählt. Ein Buch von einer großen Kraft und Wärme, das Männer und Frauen gleichermaßen glücklich macht beim Lesen, denn es ist eine Liebesgeschichte und ein Abenteuerroman." - Elke Heidenreich in LESEN!
'Meisterlich und souverän wird hier große Literatur vorgeführt, das ist große Kunst, ohne den Leser eine einzige Minute zu langweilen. (...) Ein großes Zeitgemälde! Ja-, und dann die Sprache selbst: humorvoll, manchmal sogar hocherotisch, meist ganz einfach, zutiefst poetisch, dann wiederum durchgehend hart, lakonisch, sezierend. Nein, kein 'Frauenroman', sondern ein Roman einfach für Menschen, die noch ein Herz haben, - ein holländischer Kritiker nannte es schlicht 'herzzerreißend'. Er hat recht.'Deutschlandradio Kultur
Letzte Reise vonAnna Enquist
LESEPROBE
Er erwartet einen leeren Tisch, wenner zurückkommt, dachte
sie. Er wird Koffer und Taschen vollJournale, Skizzen und
Karten ins Haus tragen. Die müssenflach liegen, auf einem
sauberen Tisch, gewachstund gewienert, daß er blinkt wie
ein Teich. Ein Tisch, der dazueinlädt, Mappen darauf zu legen
und Bücher und Papiere invollkommenen Stapeln zu ordnen.
Kein Müllabladeplatz. DasGartenzimmer, in dem der
Tisch steht, dasfast ganz von dem Tisch ausgefüllt wird -
nein, es ist Platz genug, es isteher so, daß der Tisch Mittelpunkt
dieses Zimmers ist, an ihm führtkein Weg vorbei, das
Zimmer scheint um ihn herumgebaut zusein, ein Tabernakel
für einen hölzernen Altar -, muß saubergemacht und vielleicht
geweißt werden.
Elizabeth schritt langsam am Tischentlang zum Erker
und schaute durch die kleinenScheibenquadrate in den Garten
hinaus. Durch die Unebenheiten imGlas sah es aus, als
schwebten die Blumen über dem Gras;je nachdem, wie sie
Kopf und Hals bewegte, stülpten sichdie blaßblauen Irisblüten
zu monströsen Gebilden aus, und dieGartenbank schoß
auf und ab. Elizabeth stieß dieFenster auf; die weiß gestrichenen
Leisten, in denen die Scheibengefangen waren, sahen
schmutzig aus. Mit dem Zeigefingerwischte sie eine tote
Fliege weg.
Frühlingsluft kam herein. Elizabethstemmte die Hände in
die Seite und schnupperte. Weißdorn,Levkojen, die fad-süßlichen
Ausdünstungen von der Ginfabrik umdie Ecke. Bald
würde die Linde über der Gartenbankzu blühen beginnen
und Honig auf Möbel und Grasdecketropfen. Dichte Wolken
emsig summender Insekten würden sichum die hellgrünen
Blüten drängen. Demnächst.
Sie wandte sich zu dem dunklenZimmer um. Wie eine
Bergkette ragte das Durcheinanderauf dem Tisch vor ihr auf.
Er kommt zurück, dachte sie, ineinem Monat, im Sommer,
vielleicht erst im Herbst, aber erkommt. Irgendwo auf der
Welt ist er in dieser beengtenhölzernen Hulk unterwegs, die
er so stolz sein Schiff nennt. DieEntdeckungen sind gemacht,
die Küsten kartiert, die fremdenVölker beschrieben,
und die Rückfahrt ist angetreten.Länger als drei Jahre kann so
eine Reise nicht dauern. HöchsteZeit also, mit der Räumung
des Tisches zu beginnen. Das wirdsein, als trüge ich einen
Schutthaufen ab, auf den jemandjahrelang sein Gerümpel geworfen
hat. Eine archäologischeUnternehmung, die ich als
Herausforderung betrachten könnte.
Die Zugluft blies kühl in ihrenRücken, die schwere Stubentür
setzte sich in Bewegung und fiel miteinem Knall ins
Schloß.
Mit den Armen über den Tisch fegenund alles hinunterbefördern.
Klar Schiff machenmit dem Bodensatz dieser einsamen
Jahre. Weg mit denKinderzeichnungen, den Rechnungen,
der vergessenen Flickwäsche, den ungelesenen Büchern
und vergilbten Zeitungen. Alles imGarten auf einen Haufen
werfen und dann, bei windstillem Wetter,in Brand setzen. Sie
würde mit einem Stock die auf Abwegegeratenen Papiere ins
Feuer zurückschieben, die Jungenwürden mit Blasebälgen
und Besenstielen helfen, und alles,alles würde ungesehen in
dichtem Rauch aufgehen und über dieDächer hinweg zum
Fluß hin wehen.
Doch es mußtealles gesichtet werden. Man konnte erst etwas
wegwerfen, wenn man wußte, was es war. Jeder Schnipsel
Papier würde durch ihre Hände gehenmüssen. Sie zog die
Schürzenbänder fester zu und trat anden Tisch.
Die Hand ausstrecken, um einen Briefaufzunehmen, und
dann rasch zurückziehen.Umden Tisch herumgehen und die
Gegenstände von allen Seitenbetrachten und taxieren. Ein
Ordnungssystem entwerfen: Einen Korbhinstellen für alles,
was weg kann, eine Mappe fürGeschäftsbriefe, die aufbewahrt
werden müssen, ein Stapel fürZeichnungen von den
Kindern, für persönliche Briefe, einBerg mit Büchern, die
man zur Hand haben will, und einermit solchen, die besser
verborgen auf den richtigen Momentwarten können. Platz
schaffen auf dem breiten Dielenboden, damitman die Stapel
in gehörigem Abstand voneinanderhinlegen kann. Sie wußte,
wie sie es anfangen würde, doch siezögerte und zauderte
immer noch.
Zehn Uhr war es, ein VormittagAnfang April, die Jungen waren
in der Schule, und Besuch erwartetesie nicht. Es war Zeit
vorhanden, die sie nicht nutzte. Woraufwartete sie? Nicht auf
Hilfe, sie erledigte diese Aufgabeam liebsten allein. Sie setzte
sich nicht auf das schmale Bänkchenam Fenster, sondern
ging weiter umher, als suchte sieetwas.
Sie war müde. Alles in ihremvierunddreißigjährigen Körper
wollte nach unten, auf den Boden,und dort liegenbleiben.
Lieber noch draußen, im Gras unterder Linde. Die Müdigkeit
war nicht zu erklären, denn siehatte in dieser Woche
gut geschlafen, sie aß genug undhatte keine besonderen Anstrengungen
hinter sich. Dennoch fühlte sich ihrRücken an,
als hätte sie ein Joch mit schwerenMilcheimern zu tragen.
Zwischen den Briefen und Zeitungenpflückte sie die Dinge
heraus, die auf keinen Fall dorthingehörten: eine Haube
mit Bändern, ein Taschentuch, einevertrocknete Orange. Die
Kerne klapperten gegen dielederartige Schale, als sie die
Frucht auf den Boden warf. Bücken.In den Korb. In einer Bewegung
aus der gebückten Haltung hochkommenund gleich
in die Papiere greifen. Gut so.
Ein Brief von Stephens über Geld: Gemäßdem Wunsch Eu-
res Gemahls hat die Admiralitätbeschlossen, Euch für die Dauer
der Reise eine Summevonzweihundert Pfund jährlich auszubezahlen.
Aufbewahren. James würde ihn lesenwollen. Es war sein
Geld, verdient damit, daß er in der Welt herumsegelte. Völlig
unbegründet, deswegen diesesärgerliche Gefühl zu entwickeln,
man sei zu Dank verpflichtet. Daswar keine Mildtätigkeit,
das war kein Trinkgeld. Der Betrag,und mehr als
das, stand ihr rechtmäßig zu. InGedanken sah sie die Herren
von der Admiralität auf einerSitzung versammelt, aufgeregt
über James Unternehmung, vollerStolz, Vaterlandsliebe
und Dünkel. »Ach, seine Frau muß ja auch leben. Hübsches
Sümmchen, sorgst du dafür, daß sie es bekommt?«
Sie zuckte die Achseln. Der nächsteBrief, in der Handschrift
Hugh Pallisers,betraf die Jungen. Ich vernahm, liebe
Elizabeth, daßEuer Ältester, der wackere James junior, nach dem
Sommer seinen Antritt an derSeefahrtsschule zu Portsmouth nehmen
wird. Er wird es gewißkaum erwarten können, in die Fußstapfen
seines Vaters zu treten. In dessenKielwasser, sollte ich vielleicht
sagen! Es ist freilich schön fürDich, daß Du den kleinen
Nathaniel noch ein Jahr zu Hausebehalten kannst, sonst wärst Du
wohl doch sehr einsam. Wir hoffennatürlich, daß James dieses Jahr
wohlbehalten zurückkehrt,aber die Unwägbarkeiten bei derlei Expeditionen
sind Dir bekannt. Du weißt auch, daß ich für Dich da
bin, wann immer Du mich brauchensolltest.
Palliser, der Schatzmeister der Marine, derJames unterstützt
und empfohlen und das Augenmerk derHerren mit Gewalt
auf ihn gelenkt hatte. Sie lächelteund legte den Brief zu
ihren eigenen Papieren. Sie würdeihn auf eine Tasse Tee im
Garten einladen, damit er mit Jamieund Nat sprechen konnte.
Sie suchte Rechnungen zusammen undwarf Zeitungsausschnitte
weg. Das Fundament des Stapels, densie abtrug,
kam zutage: drei dicke, dunkleBücher über Entdeckungsreisen
in der Südsee. Der Name des Autorswar mit goldenen
Lettern in das Leder geprägt: John Hawkesworth. Sie hob
die Bände hoch und klopftevorsichtig den Staub herunter.
James würde wütend sein. Hawkesworth hatte sich seine
Journale angeeignet und die Reisebeschrieben, als hätte er
selbst sie gemacht. Sie hatte denText mit den urschriftlichen
Logbüchern verglichen und sich überdie Übertreibungen
und Fehler, über den Verfasser, aberauch über ihren Mann
geärgert. Was für eine Dummheit,seine Geschichte so naiv
aus der Hand zu geben. Schön undgut, James haßte die Welt
der eingebildeten Kunst- undLiteraturliebhaber mit bäurischer
Bitterkeit, aber er schnitt sich inseigene Fleisch, wenn
er seine Schriften ablieferte und esablehnte, sich um deren
Redaktion zu kümmern. Er sagte, erschäme sich - seine Orthographie
sei fehlerhaft, und er könne keineguten Sätze bilden.
Das stimmte, doch was er zu sagenhatte, war allemal der
Mühe wert. Jemand mußte ihm helfen. Ich, dachte sie, ich.
Neben den Hawkesworth-Foliantenlag eine Zeichnung
von einem Boot, eine sorgfältigausgearbeitete Kinderzeichnung.
Jamie. Die Seitenwand des Schiffeshatte er durchbrochen
dargestellt, so daßdie Vorratskammern mit Tonnen und
Ballen, der Schiffsraum und dieverschiedenen Kajüten zu
sehen waren. In die Kapitänskajütehatte er einen Mann gezeichnet,
der mit dem Rücken zum Betrachterschreibend an
einem Tischchen saß. Auf demAchterdeck standen eine Kuh
und eine Ziege.
Warum sollte sie James nicht beimnächsten Buch helfen
können? Nachher saß er hier am Tischund seufzte und
fluchte, verdarb seinen Text mitübertriebenen Dankesbezeigungen
und falschen Ergebenheitsadressen,während seine
Laune immer schlechter wurde. Schadedrum. Laß mich das
machen. Wenn er zum Herbst hinzurückkam, wurden die
Tage schon kürzer, und es standenlange, dunkle Abende bevor.
Zusammen an etwas Wichtigem zuarbeiten, würde eine
Ablenkung sein, ein guter Beginn fürein gemeinsames Leben.
Bei seiner Rückkehr würden sie mehrals zwölf Jahre verheiratet
sein, doch sie hatten noch nie einganzes Jahr am
Stück zusammen im selben Hausverbracht. Immer wieder
fuhr James im Frühjahr weg, um erstim November zurückzukehren.
Weihnachten. Am Tisch Karten undKüstenlandschaften
zeichnen. Er hatte zwei Leben. Sieauch. Es entstand
ein Rhythmus und mit ihmeinhergehend Beruhigung. Ein
einziges Mal hatte sie Angstbekommen, als er mit einer groben,
kaum verheiltenNarbe über die ganze rechte Hand
zurückgekehrt war. Ein Pulverhornsei explodiert, sagte er, es
hätte schlimmer kommen können. DieVerletzung unversehrter
Haut vergegenwärtigte ihr, daß er bei der Marine
arbeitete und Kämpfen und ZerstörenTeil dieser Arbeit sein
konnten. Nach ein, zwei Tagen legtesich ihre Angst. Es war
ja schon geschehen, er lief durchsHaus, sie hörte seine Stimme
und sah, was er tat. SeineAnwesenheit lenkte ihre Aufmerksamkeit
von der Wunde und deren Bedeutungab.
Er trug seither einen Handschuh,rechts. Schämte er sich
für die Verunstaltung, oder wollteer andere nicht damit erschrecken?
Die Wunde war wulstig und blaß verheilt, die
Narbe bewegte sich wie eineweißliche Schlange über seinen
Handteller zum Gelenk. Sie konntesie fühlen, nachts, wenn
er die Hände von ihren Schenkeln zuihren Schultern wandern
ließ. Die Narbe drückte gegen ihreHaut. Sie sollte seine
Hand fassen und langsam mit derZunge über die Verwundung
fahren, sie sollte sich die Narbeeinverleiben, diese Narbe
mußte in die Kartographie des Körpersihres Mannes aufgenommen
werden, von ihr.
Es gab viel zu tun. Mahlzeitenhatten überlegt, zubereitet und
gegessen zu werden; die Kleidung derJungen mußte gewaschen,
ausgebessert, ersetzt werden. ImGemüsegarten mußte
sie säen, düngen, jäten. Sie hatteHilfe, da waren Menschen,
die ihr bei diesen Aufgaben zurSeite standen und sie ermunterten
oder rundheraus zwangen, tätig zuwerden. Nat, der demonstrativ
in den zu klein gewordenen Schuhendurchs Zimmer
stolperte. Das Mädchen, das sich mitdem Einkaufskorb
auf dem Schoß zu ihr setzte, um überden Speiseplan zu reden.
Der Gärtner, der sich erkundigte, wodie Möhren und
wo die Pastinakengesetzt werden sollten, und sich erst an die
Arbeit machen konnte, wenn sie einenEntschluß gefaßt hatte.
Es gab viel zu tun. Mehr als früherschien es, mehr als in
den ersten Jahren dieser zweitenWeltreise. James Rückkehr
warf ihre Schatten voraus und färbteschon die täglichen Aufgaben.
Auch er würde eine Meinung haben, wodas Gemüse
stehen sollte, eine fundierteMeinung, basierend auf einer vernünftigen
Erwägung von Sonnenstand undFeuchtigkeitszufuhr.
Sie begann, Haus, Garten und Kinderdurch seine
Augen zu betrachten, undkonstatierte, daß viel verändert,
saubergemacht und weggeworfen werdenmußte. Als ließe
sie alles verlottern, sobald er wegwar, aber das war nicht so.
Ihre Ordnung war anders. Oder war esEinbildung, existierte
der kritische Kapitän nur in ihrenGedanken? Daß der kleine
Nat jeden Morgen kurz zu ihr insBett gekrochen kam, das
ging bald nicht mehr. Das ging niemehr.
Nach dieser Reise mußte es vorbei sein. Nach dieser Reise
begann ein anderes Leben, einSommerleben.
Zwölf Jahre lang war sie sommersallein gewesen. Das war
nicht schlimm, sie hatte es ja gewußt und sich klargemacht,
als sie sich dafür entschiedenhatte, diesen Seemann zu heiraten,
sie kam gut damit zurecht und hattesich, zumal am
Anfang, sogar auf diese Einsamkeitgefreut. Immer hatte es
die Wiedervereinigung gegeben; dasBett war zu groß oder
zu klein; es herrschte Bewegung undAbwechslung. Als Jamie
geboren war, genoßsie das Alleinsein, das Zusammensein
mit dem kleinen Kind noch stärker.Jeden Herbst kehrte das
Schiff über den Atlantischen Ozeanzurück. Die Äpfel reiften,
die Blätter färbten sich undbegannen von den Bäumen
zu fallen, und plötzlich kam eineKutsche in die Straße gerattert,
und die Eingangstür flog auf. Windfegte durchs Haus,
und alles wurde anders.
Dann, im Frühjahr 1768, wurde er mitder ersten großen Reise
beauftragt. Die Südsee sollte erbefahren, die Bahnen von
Sternen und Planeten beobachten undneue Kontinente kartieren.
Erstaunlich gut hatte er sich in dieRolle des Kommandeurs
hineingefunden. Nicht die leisesteUntertänigkeit
oder Unsicherheit war zu erkennengewesen, als er seine Ansprüche
an das Schiff, die Ausrüstung unddie Instrumente
zum Ausdruck brachte. Er fordertedas Beste und Teuerste
und bekam es auch. Doch zum Kapitänwollten sie ihn nicht
befördern, der Titel war demHochadel vorbehalten. Er
blieb Leutnant. Es schien Jamesnicht zu stören, solange er
nach eigenem Ermessen handelnkonnte. Wissen anhäufen,
schauen, beschreiben, sehen, wie dieWelt wirklich ist - das
wollte er. ( )
© Luchterhand
Übersetzung: Hanni Ehlers
- Autor: Anna Enquist
- 2006, 3. Aufl., 413 Seiten, Maße: 13,8 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Ehlers, Hanni
- Übersetzer: Hanni Ehlers
- Verlag: Luchterhand Literaturverlag
- ISBN-10: 3630872271
- ISBN-13: 9783630872278
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