Level 26 Dark Origins / Steve Dark Bd.1
Thriller
Steve Dark gehört einer Spezialeinheit an, die die brutalsten Serienmörder der Welt jagt. Und er ist einer der besten. Denn er kann tief in die Gedankenwelt der Killer eintauchen. Doch der Preis dafür ist hoch: Denn Steve droht der irreversible Verlust der eigenen Identität.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Level 26 Dark Origins / Steve Dark Bd.1 “
Steve Dark gehört einer Spezialeinheit an, die die brutalsten Serienmörder der Welt jagt. Und er ist einer der besten. Denn er kann tief in die Gedankenwelt der Killer eintauchen. Doch der Preis dafür ist hoch: Denn Steve droht der irreversible Verlust der eigenen Identität.
Klappentext zu „Level 26 Dark Origins / Steve Dark Bd.1 “
Strafverfolgungsbehörden teilen Mörder in verschiedene Kategorien der Bösartigkeit ein, angefangen bei Zufallstätern der Stufe 1 bis hin zu Folterern und Schlächtern der Stufe 25, deren Grausamkeit und Perversität sich dem normalen Begriffsvermögen entziehen. Kaum jemand weiß, dass eine neue Kategorie entstanden ist, eine unvorstellbare und bisher unbekannte Dimension des Schreckens. Und nur jene namenlose Elitetruppe von Männern und Frauen, die in keiner offiziellen
Akte geführt wird und deren Aufgabe es ist, die gefährlichsten Killer und Psychopathen der Welt auszuschalten, weiß von dieser neuen Kategorie. Eine Kategorie, in die bislang erst eine Person gehört. Seine Opfer: Jeder Seine Methoden:
Alles, was ihm geeignet erscheint Sein Alias: Sqweegel Seine Einstufung: Level 26 Jedem Leser stehen audiovisuelle Inhalte und Hintergründe im Internet zur Verfügung. LESEN Sie das Buch. SEHEN Sie die Filme im Web. ERFAHREN Sie die ganze
Dimension des Schreckens.
Lese-Probe zu „Level 26 Dark Origins / Steve Dark Bd.1 “
Level 26 – Dark Origins von Anthony E. Zuiker und Duane SwierczynskiBei den Strafverfolgungsbehörden werden Mörder in verschiedene Kategorien der Bösartigkeit eingeordnet, angefangen bei Zufallstätern der Stufe 1 bis hin zu Folterern und Schlächtern der Stufe 25, die sich durch Abgründe an Grausamkeit und Perversität hervortun, welche sich dem normalen Begriffsvermögen entziehen.
Nur wenigen Menschen ist bekannt, dass eine neue Kategorie entstanden ist, eine unvorstellbare und bisher unbekannte Dimension des Schreckens. Und nur jene namenlose Elitetruppe von Männern und Frauen, die in keiner offiziellen Akte geführt wird und deren Aufgabe es ist, die gefährlichsten Killer und Psychopathen der Welt auszuschalten, weiß von dieser neuen Kategorie.
Eine Kategorie, in die bislang erst eine Person gehört.
Seine Opfer:
Jeder
Seine Methoden:
Alles, was ihm geeignet erscheint
Sein Alias:
Sqweegel
Seine Einstufung:
Level 26
PROLOG
Das Geschenk
Rom
Das Ungeheuer hatte sich in der Kirche versteckt.
Der Agent wusste, dass es in der Falle saß. Er zog seine Stiefel aus, so leise er konnte, und stellte sie unter den Holztisch im Vestibül, denn die Gummisohlen quietschten auf dem Marmorboden, egal wie vorsichtig er war, und jedes unbeabsichtigte Geräusch konnte seinen Tod bedeuten.
Der Agent jagte das Ungeheuer seit drei Jahren. Es war ein Phantom; es gab keine Fotos, keine Spuren, keine Indizien, nichts. Diese Bestie zu fangen war wie der Versuch, eine Rauchfahne in der Faust zu halten. Schon die leiseste Bewegung genügte, und das Monster verflüchtigte sich – um woanders neu zu entstehen.
Die Jagd hatte den Agenten nach Deutschland geführt, nach Israel, Japan und in die Vereinigten Staaten.
Und nun nach Italien, nach Rom, in eine barocke Kirche aus dem siebzehnten Jahrhundert.
Die Mater Dolorosa, die
... mehr
»Schmerzensreiche Mutter«.
Ein passender Name.
Das Innere der Kirche war düster. Die Pistole in beidhändigem Anschlag, bewegte der Agent sich an den prunkvoll verzierten Wänden entlang, so unauffällig wie möglich, vorbei an Schildern und Warntafeln.
Wegen Restaurierungsarbeiten an dem barocken Fresko unter der Kuppel war die Kirche geschlossen, was aber weder für den Jäger noch für den Gejagten einen Hinderungsgrund darstellte.
Zwielicht. Schatten. Stille. Es war ein natürlicher Lebensraum für das Monster, nur dass hier ein Ort der Gottesanbetung und Andacht war, eine Zuflucht für alle, die in ihren dunkelsten Stunden Gottes Trost suchten. Und nun verpestete das Ungeheuer diesen Ort durch seine bloße Anwesenheit. Vorsichtig bahnte der Agent sich seinen Weg zwischen den Metallstreben des Gerüsts hindurch. Er spürte, das Monster war da. Er spürte es wie einen eisigen Windhauch.
Der Agent glaubte nicht an übernatürliche Dinge. Und über parapsychische Fähigkeiten verfügte er auch nicht. Doch je länger er dieses Ungeheuer jagte, desto besser vermochte er sich in dessen abartige, wirre Gedankenwelt zu versetzen. Diese Gabe hatte ihn näher an die Bestie herangeführt als jeden anderen Ermittler vor ihm, doch er hatte einen hohen Preis dafür gezahlt: Je mehr er seinen Verstand auf das kranke Hirn des Monsters einstimmte, desto mehr verlor er das Gefühl für Normalität.
In letzter Zeit hatte er sich immer öfter gefragt, ob seine Verfolgungsjagd ihn das Leben kosten könnte – oder den Verstand. Der Agent wusste nicht, welcher Gedanke beunruhigender war. Jedenfalls war darüber seine Entschlossenheit ins Wanken geraten.
Bis vorhin. Denn der Anblick des jüngsten Opfers dieser Bestie, nur ein paar Querstraßen von der Kirche entfernt, hatte seinen Hass wieder auflodern lassen. Die Ströme von Blut, der zerfetzte Leichnam, die in der kühlen Nachtluft dampfenden Eingeweide, das weiße Fett zwischen den freigelegten Muskeln … kein Anblick für Leute mit schwachen Nerven oder schwachen Mägen. Der Agent jedoch hatte sich hingekniet, den Arm ausgestreckt und durch die dicken Latexhandschuhe hindurch gefühlt, dass der Tote noch warm war.
Ein Adrenalinstoß war durch seine Adern gejagt.
Der Psycho ist noch in der Nähe.
Der Agent wusste, dass dieses Ungeheuer sich gerne versteckte und aus der Deckung heraus beobachtete, wenn seine Tat entdeckt wurde. Das geilte es auf, das machte es an. Manchmal hatte es sich sogar innerhalb des abgesperrten Bereichs um einen Tatort verborgen, hatte die seelischen und körperlichen Qualen der Ermittlungsbeamten genossen, hatte gejauchzt, wenn sie Gott verfluchten. Der Agent aber hatte sich in dieser Nacht den Blicken des Ungeheuers entzogen, hatte sich auf einen kleinen, von Häuserwänden umschlossenen Hof in der Nähe des Leichnams zurückgezogen und dort seinen Gedanken freien Lauf gelassen. Er hatte keine Schlussfolgerungen angestellt oder auf Eingebungen gewartet; er hatte nur einen Gedanken verfolgt:
Versetz dich in das Ungeheuer. Wohin würdest du an seiner Stelle gehen?
Der Agent hatte mit Blicken die Dächer abgesucht. In dem Moment, als er die glänzende Kuppel der Kirche sah, hatte er es gewusst.
Die Kirche.
Es gab keinen Zweifel. Die Jagd würde in dieser Nacht enden …
Nun bewegte er sich leise, die Waffe im Anschlag und die Sinne bis aufs Äußerste geschärft, zwischen den Kirchenbänken und den Metallstreben des Gerüsts hindurch. Das Monster mochte flüchtig sein wie Rauch, doch selbst Rauch roch und schmeckte und war stofflich.
Das Monster hing in verrückter Haltung unter einer mit Farbspritzern übersäten Laufplanke. Mit seinen dünnen, zähen Fingern und den starken Zehen klammerte es sich am Holz fest und starrte auf seinen Jäger hinunter.
Beinahe wünschte sich das Ungeheuer, dass der Jäger nach oben schaute.
Im Lauf der Jahre hatte das Monster viele Jäger auf der Fährte gehabt, doch einer wie dieser hier war ihm noch nie untergekommen. Er war etwas Besonderes. Er war anders als die anderen. Und zugleich irgendwie vertraut …
Deshalb wollte das Ungeheuer sein Gesicht sehen, in Fleisch und Blut.
Natürlich wusste es, wie seine Jäger aussahen. Es besaß Fotos und Videos, die seine Gegenspieler bei der Arbeit zeigten, oder zu Hause, oder beim Einkauf, oder wie sie ihre Kinder zur Schule brachten. Das Monster war ihnen nahe genug gewesen, um sich ihren Geruch einzuprägen, den Duft des Aftershaves und das Aroma des Tequilas, den sie tranken. Das alles war Teil seines Spiels.
Wieder starrte das Monster auf den Jäger hinunter.
Bis vor kurzem hatte es geglaubt, dieser Mann sei bloß Durchschnitt, nicht besser als die anderen. Dann aber war das Erstaunliche geschehen: Der Jäger hatte Schlussfolgerungen gezogen, wie es vor ihm noch keiner getan hatte. Und damit war er gefährlich geworden – so gefährlich, dass das Monster sämtliche anderen Jäger vernachlässigt und sich ausschließlich auf diesen einen konzentriert hatte, und auf das eine Foto, das es von diesem Mann besaß. Stundenlang hatte es auf das Bild gestarrt und sich gefragt, wo die Schwachstelle dieses Jägers sein mochte.
Doch ein Foto war nicht aus Fleisch und Blut. Genau so aber wollte das Monster das Gesicht des Mannes sehen, wollte es studieren, solange er noch atmen, sehen und riechen konnte.
Solange er noch Gefühle und Empfindungen hatte. Solange er noch Furcht und Schrecken empfinden konnte. Erst dann würde es ihn töten.
Der Agent hob den Blick. Er hätte schwören können, dass er hoch oben, in den Schatten des Gerüsts, eine Bewegung gesehen hatte.
Das Deckengewölbe über ihm war eine Besonderheit der Barockarchitektur des siebzehnten Jahrhunderts. Es war durchsetzt von Dutzenden kleiner Bleiglasfenster, die das hereinfallende Licht bündelten und hinauf in die Kuppel leiteten, als wollten sie Gott mit ihrem Glanz lobpreisen. Wenn die Sonne schien, war der Anblick sicherlich atemberaubend; der Vollmond jedoch ließ die Fenster in einem unheimlichen Licht glühen, während unterhalb der Kuppel, vom Deckengewölbe abwärts, alles in schwarzem Schatten lag – eine eindringliche Ermahnung daran, welchen Platz der Mensch im Universum einnahm: tief unten in der Finsternis der Unwissenheit.
Das Gewölbe selbst war verziert mit einem Himmelspanorama voll schwebender Cherubim und Herolde, wie um die Menschen noch mehr zu demütigen …
Halt.
Aus dem Augenwinkel bemerkte der Agent ein weißes Glänzen und ein beinahe unhörbar leises Quietschen wie von Gummi.
Da drüben. Beim Altar.
Er versteht seinen Job, dachte das Monster in seinem neuen Versteck und beobachtete den Jäger anerkennend. Na komm schon, such mich. Zeig mir dein Gesicht, bevor ich es dir vom Schädel reiße.
Die Stille war so tief, dass sie ein Eigenleben zu führen schien – etwas Pulsierendes, Schwebendes, das die gesamte Kirche erfüllte.
Der Agent bewegte sich schnell und sicher, als er das Gerüst hinaufkletterte, nahezu lautlos, Hand über Hand, die Pistole im ungesicherten Halfter, wo er sie jederzeit herausreißen konnte, um zu feuern. Das Holz war rau und hart unter seinen tastenden Fingern, das Gestänge staubig und von Rostflecken überzogen.
Langsam, vorsichtig schlich der Agent über einen weiteren Steg, bevor er noch höher kletterte auf der Suche nach einem Schatten, einer Spur des Monsters. Doch es gab nur schwaches Licht in der Kirche. Der Agent atmete tief durch, ehe er weiter kletterte, hinauf zur nächsten Ebene, um einen Blick über den Rand zu werfen, ohne seinen Kopf und den Hals länger als nötig dem Unbekannten auszusetzen. Wenn es doch nur ein bisschen heller wäre!
Ich sehe dich, dachte das Monster grinsend. Siehst du mich auch?
Da war es!
Zum allerersten Mal sah der Agent die Fratze der Bestie.
Zwei hervortretende Knopfaugen in einer leeren, maskenstarren Visage, ausdruckslos, wie tot.
Aber seine Augen leben. Dann war es verschwunden, war so schnell und geschickt eine Seite des Gerüsts hinaufgehuscht, wie eine Spinne sich über ihr Netz bewegt.
Der Agent gab nun jede Heimlichkeit auf. Er jagte dem Monster hinterher, fast ohne Deckung, zog sich an Querstreben des Gerüsts hinauf und rannte über die staubigen Bretter, dass es durch die Kirche dröhnte.
Da war es wieder – ein flüchtiger Blick auf ein bleiches weißes Gliedmaß, das Augenblicke später hinter einer Kante verschwand, zwei Ebenen über ihm.
Der Agent kletterte noch schneller, entschlossen, von Wut und Hass getrieben. Das Monster näherte sich dem Deckengewölbe…
… und fand sich in einer Sackgasse wieder. Es gab keinen anderen Weg nach draußen als durch die Ausgänge tief unter ihm.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren spürte das Monster, wie Angst in ihm aufstieg. Wie hatte dieser Jäger so mühelos seine Fährte aufspüren können? Wie konnte er so furchtlos sein, ihm über das wacklige Gerüst bis in diese Höhe zu folgen? Das Gesicht des Jägers hatte sich verändert. Dieser Mann war kein gewöhnlicher Agent, der einer Eingebung gefolgt war und pures Glück gehabt hatte. Nein, dieser Jäger war etwas Anderes, Außergewöhnliches. Das Monster hätte vor Aufregung kichernd innegehalten, hätte dies nicht seinen Aufstieg verlangsamt.
Einen herrlichen Moment lang hatte die Bestie keine Vorstellung, was als Nächstes geschehen würde. Sie fühlte sich in ihre Kindheit zurückversetzt. Ein leichtes Drücken auf den Abzug, der richtige Schusswinkel, und alles konnte zu Ende sein. Das Monster war verschlagen und unvorstellbar grausam, aber nicht kugelsicher.
Wird es hier enden? Wirst du derjenige sein, der mich zur Strecke bringt?
Der Agent hatte das Monster in der Falle.
Er spürte das leichte Beben der Holzplanke über sich, auf der obersten Ebene des Gerüsts gleich unterhalb der Kuppel. Der Agent wirbelte um die beiden letzten Querträger herum, riss die Waffe aus dem Halfter …
Und da lag es, flach an das oberste Brett gepresst.
Ein Augenblick verging, als der Agent durch die Finsternis in die Augen des Monsters starrte. Es starrte zurück. Es dauerte nicht länger als einen Herzschlag, einen unglaublich kurzen und doch unmissverständlichen Moment – das archaische, instinkthafte Erkennen zwischen Jäger und Opfer in jenem dramatischen Augenblick, bevor der Jäger zuschlägt und die Beute stirbt.
Der Agent feuerte. Einmal. Zweimal.
Das Monster blutete nicht.
Es explodierte.
Der Agent benötigte nur einen Sekundenbruchteil, um das Geräusch von splitterndem Glas zu erkennen und sich darüber klar zu werden, dass er auf einen Spiegel geschossen hatte, der den Restauratoren tagsüber bei der Arbeit half. Ein Fehler, der tödlich hätte enden können.
Noch während der Agent herumwirbelte, um noch einmal zu feuern, wusste er, dass das Monster geflüchtet war: Es war durch ein Bleiglasfenster hinaus aufs Kirchendach gesprungen. Glassplitter regneten herab. Einer verletzte die Haut unter dem Auge des Jägers, als er nun die Waffe hob und blindlings durch die zersplitterte Scheibe nach draußen feuerte. Die Geschosse jagten hinaus in die Dunkelheit, ohne etwas zu treffen. Draußen entfernten sich trappelnde Schritte über das Dach, und dann kehrte Stille ein.
Keuchend, schwitzend kletterte der Agent das Gerüst hinunter, so schnell er konnte, doch im Innern wusste er, dass seine Eile sinnlos war. Das Monster war unterwegs auf den Dächern von Rom, eine unsichtbare winzige Rauchwolke, davongetragen vom Wind. Und nur der Hauch einer Spur blieb in der stillen, dunklen Kirche zurück, nur eine Ahnung, dass hier bis eben noch das abgrundtief Böse gewesen war.
Übersetzung: Axel Merz
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2009 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Ein passender Name.
Das Innere der Kirche war düster. Die Pistole in beidhändigem Anschlag, bewegte der Agent sich an den prunkvoll verzierten Wänden entlang, so unauffällig wie möglich, vorbei an Schildern und Warntafeln.
Wegen Restaurierungsarbeiten an dem barocken Fresko unter der Kuppel war die Kirche geschlossen, was aber weder für den Jäger noch für den Gejagten einen Hinderungsgrund darstellte.
Zwielicht. Schatten. Stille. Es war ein natürlicher Lebensraum für das Monster, nur dass hier ein Ort der Gottesanbetung und Andacht war, eine Zuflucht für alle, die in ihren dunkelsten Stunden Gottes Trost suchten. Und nun verpestete das Ungeheuer diesen Ort durch seine bloße Anwesenheit. Vorsichtig bahnte der Agent sich seinen Weg zwischen den Metallstreben des Gerüsts hindurch. Er spürte, das Monster war da. Er spürte es wie einen eisigen Windhauch.
Der Agent glaubte nicht an übernatürliche Dinge. Und über parapsychische Fähigkeiten verfügte er auch nicht. Doch je länger er dieses Ungeheuer jagte, desto besser vermochte er sich in dessen abartige, wirre Gedankenwelt zu versetzen. Diese Gabe hatte ihn näher an die Bestie herangeführt als jeden anderen Ermittler vor ihm, doch er hatte einen hohen Preis dafür gezahlt: Je mehr er seinen Verstand auf das kranke Hirn des Monsters einstimmte, desto mehr verlor er das Gefühl für Normalität.
In letzter Zeit hatte er sich immer öfter gefragt, ob seine Verfolgungsjagd ihn das Leben kosten könnte – oder den Verstand. Der Agent wusste nicht, welcher Gedanke beunruhigender war. Jedenfalls war darüber seine Entschlossenheit ins Wanken geraten.
Bis vorhin. Denn der Anblick des jüngsten Opfers dieser Bestie, nur ein paar Querstraßen von der Kirche entfernt, hatte seinen Hass wieder auflodern lassen. Die Ströme von Blut, der zerfetzte Leichnam, die in der kühlen Nachtluft dampfenden Eingeweide, das weiße Fett zwischen den freigelegten Muskeln … kein Anblick für Leute mit schwachen Nerven oder schwachen Mägen. Der Agent jedoch hatte sich hingekniet, den Arm ausgestreckt und durch die dicken Latexhandschuhe hindurch gefühlt, dass der Tote noch warm war.
Ein Adrenalinstoß war durch seine Adern gejagt.
Der Psycho ist noch in der Nähe.
Der Agent wusste, dass dieses Ungeheuer sich gerne versteckte und aus der Deckung heraus beobachtete, wenn seine Tat entdeckt wurde. Das geilte es auf, das machte es an. Manchmal hatte es sich sogar innerhalb des abgesperrten Bereichs um einen Tatort verborgen, hatte die seelischen und körperlichen Qualen der Ermittlungsbeamten genossen, hatte gejauchzt, wenn sie Gott verfluchten. Der Agent aber hatte sich in dieser Nacht den Blicken des Ungeheuers entzogen, hatte sich auf einen kleinen, von Häuserwänden umschlossenen Hof in der Nähe des Leichnams zurückgezogen und dort seinen Gedanken freien Lauf gelassen. Er hatte keine Schlussfolgerungen angestellt oder auf Eingebungen gewartet; er hatte nur einen Gedanken verfolgt:
Versetz dich in das Ungeheuer. Wohin würdest du an seiner Stelle gehen?
Der Agent hatte mit Blicken die Dächer abgesucht. In dem Moment, als er die glänzende Kuppel der Kirche sah, hatte er es gewusst.
Die Kirche.
Es gab keinen Zweifel. Die Jagd würde in dieser Nacht enden …
Nun bewegte er sich leise, die Waffe im Anschlag und die Sinne bis aufs Äußerste geschärft, zwischen den Kirchenbänken und den Metallstreben des Gerüsts hindurch. Das Monster mochte flüchtig sein wie Rauch, doch selbst Rauch roch und schmeckte und war stofflich.
Das Monster hing in verrückter Haltung unter einer mit Farbspritzern übersäten Laufplanke. Mit seinen dünnen, zähen Fingern und den starken Zehen klammerte es sich am Holz fest und starrte auf seinen Jäger hinunter.
Beinahe wünschte sich das Ungeheuer, dass der Jäger nach oben schaute.
Im Lauf der Jahre hatte das Monster viele Jäger auf der Fährte gehabt, doch einer wie dieser hier war ihm noch nie untergekommen. Er war etwas Besonderes. Er war anders als die anderen. Und zugleich irgendwie vertraut …
Deshalb wollte das Ungeheuer sein Gesicht sehen, in Fleisch und Blut.
Natürlich wusste es, wie seine Jäger aussahen. Es besaß Fotos und Videos, die seine Gegenspieler bei der Arbeit zeigten, oder zu Hause, oder beim Einkauf, oder wie sie ihre Kinder zur Schule brachten. Das Monster war ihnen nahe genug gewesen, um sich ihren Geruch einzuprägen, den Duft des Aftershaves und das Aroma des Tequilas, den sie tranken. Das alles war Teil seines Spiels.
Wieder starrte das Monster auf den Jäger hinunter.
Bis vor kurzem hatte es geglaubt, dieser Mann sei bloß Durchschnitt, nicht besser als die anderen. Dann aber war das Erstaunliche geschehen: Der Jäger hatte Schlussfolgerungen gezogen, wie es vor ihm noch keiner getan hatte. Und damit war er gefährlich geworden – so gefährlich, dass das Monster sämtliche anderen Jäger vernachlässigt und sich ausschließlich auf diesen einen konzentriert hatte, und auf das eine Foto, das es von diesem Mann besaß. Stundenlang hatte es auf das Bild gestarrt und sich gefragt, wo die Schwachstelle dieses Jägers sein mochte.
Doch ein Foto war nicht aus Fleisch und Blut. Genau so aber wollte das Monster das Gesicht des Mannes sehen, wollte es studieren, solange er noch atmen, sehen und riechen konnte.
Solange er noch Gefühle und Empfindungen hatte. Solange er noch Furcht und Schrecken empfinden konnte. Erst dann würde es ihn töten.
Der Agent hob den Blick. Er hätte schwören können, dass er hoch oben, in den Schatten des Gerüsts, eine Bewegung gesehen hatte.
Das Deckengewölbe über ihm war eine Besonderheit der Barockarchitektur des siebzehnten Jahrhunderts. Es war durchsetzt von Dutzenden kleiner Bleiglasfenster, die das hereinfallende Licht bündelten und hinauf in die Kuppel leiteten, als wollten sie Gott mit ihrem Glanz lobpreisen. Wenn die Sonne schien, war der Anblick sicherlich atemberaubend; der Vollmond jedoch ließ die Fenster in einem unheimlichen Licht glühen, während unterhalb der Kuppel, vom Deckengewölbe abwärts, alles in schwarzem Schatten lag – eine eindringliche Ermahnung daran, welchen Platz der Mensch im Universum einnahm: tief unten in der Finsternis der Unwissenheit.
Das Gewölbe selbst war verziert mit einem Himmelspanorama voll schwebender Cherubim und Herolde, wie um die Menschen noch mehr zu demütigen …
Halt.
Aus dem Augenwinkel bemerkte der Agent ein weißes Glänzen und ein beinahe unhörbar leises Quietschen wie von Gummi.
Da drüben. Beim Altar.
Er versteht seinen Job, dachte das Monster in seinem neuen Versteck und beobachtete den Jäger anerkennend. Na komm schon, such mich. Zeig mir dein Gesicht, bevor ich es dir vom Schädel reiße.
Die Stille war so tief, dass sie ein Eigenleben zu führen schien – etwas Pulsierendes, Schwebendes, das die gesamte Kirche erfüllte.
Der Agent bewegte sich schnell und sicher, als er das Gerüst hinaufkletterte, nahezu lautlos, Hand über Hand, die Pistole im ungesicherten Halfter, wo er sie jederzeit herausreißen konnte, um zu feuern. Das Holz war rau und hart unter seinen tastenden Fingern, das Gestänge staubig und von Rostflecken überzogen.
Langsam, vorsichtig schlich der Agent über einen weiteren Steg, bevor er noch höher kletterte auf der Suche nach einem Schatten, einer Spur des Monsters. Doch es gab nur schwaches Licht in der Kirche. Der Agent atmete tief durch, ehe er weiter kletterte, hinauf zur nächsten Ebene, um einen Blick über den Rand zu werfen, ohne seinen Kopf und den Hals länger als nötig dem Unbekannten auszusetzen. Wenn es doch nur ein bisschen heller wäre!
Ich sehe dich, dachte das Monster grinsend. Siehst du mich auch?
Da war es!
Zum allerersten Mal sah der Agent die Fratze der Bestie.
Zwei hervortretende Knopfaugen in einer leeren, maskenstarren Visage, ausdruckslos, wie tot.
Aber seine Augen leben. Dann war es verschwunden, war so schnell und geschickt eine Seite des Gerüsts hinaufgehuscht, wie eine Spinne sich über ihr Netz bewegt.
Der Agent gab nun jede Heimlichkeit auf. Er jagte dem Monster hinterher, fast ohne Deckung, zog sich an Querstreben des Gerüsts hinauf und rannte über die staubigen Bretter, dass es durch die Kirche dröhnte.
Da war es wieder – ein flüchtiger Blick auf ein bleiches weißes Gliedmaß, das Augenblicke später hinter einer Kante verschwand, zwei Ebenen über ihm.
Der Agent kletterte noch schneller, entschlossen, von Wut und Hass getrieben. Das Monster näherte sich dem Deckengewölbe…
… und fand sich in einer Sackgasse wieder. Es gab keinen anderen Weg nach draußen als durch die Ausgänge tief unter ihm.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren spürte das Monster, wie Angst in ihm aufstieg. Wie hatte dieser Jäger so mühelos seine Fährte aufspüren können? Wie konnte er so furchtlos sein, ihm über das wacklige Gerüst bis in diese Höhe zu folgen? Das Gesicht des Jägers hatte sich verändert. Dieser Mann war kein gewöhnlicher Agent, der einer Eingebung gefolgt war und pures Glück gehabt hatte. Nein, dieser Jäger war etwas Anderes, Außergewöhnliches. Das Monster hätte vor Aufregung kichernd innegehalten, hätte dies nicht seinen Aufstieg verlangsamt.
Einen herrlichen Moment lang hatte die Bestie keine Vorstellung, was als Nächstes geschehen würde. Sie fühlte sich in ihre Kindheit zurückversetzt. Ein leichtes Drücken auf den Abzug, der richtige Schusswinkel, und alles konnte zu Ende sein. Das Monster war verschlagen und unvorstellbar grausam, aber nicht kugelsicher.
Wird es hier enden? Wirst du derjenige sein, der mich zur Strecke bringt?
Der Agent hatte das Monster in der Falle.
Er spürte das leichte Beben der Holzplanke über sich, auf der obersten Ebene des Gerüsts gleich unterhalb der Kuppel. Der Agent wirbelte um die beiden letzten Querträger herum, riss die Waffe aus dem Halfter …
Und da lag es, flach an das oberste Brett gepresst.
Ein Augenblick verging, als der Agent durch die Finsternis in die Augen des Monsters starrte. Es starrte zurück. Es dauerte nicht länger als einen Herzschlag, einen unglaublich kurzen und doch unmissverständlichen Moment – das archaische, instinkthafte Erkennen zwischen Jäger und Opfer in jenem dramatischen Augenblick, bevor der Jäger zuschlägt und die Beute stirbt.
Der Agent feuerte. Einmal. Zweimal.
Das Monster blutete nicht.
Es explodierte.
Der Agent benötigte nur einen Sekundenbruchteil, um das Geräusch von splitterndem Glas zu erkennen und sich darüber klar zu werden, dass er auf einen Spiegel geschossen hatte, der den Restauratoren tagsüber bei der Arbeit half. Ein Fehler, der tödlich hätte enden können.
Noch während der Agent herumwirbelte, um noch einmal zu feuern, wusste er, dass das Monster geflüchtet war: Es war durch ein Bleiglasfenster hinaus aufs Kirchendach gesprungen. Glassplitter regneten herab. Einer verletzte die Haut unter dem Auge des Jägers, als er nun die Waffe hob und blindlings durch die zersplitterte Scheibe nach draußen feuerte. Die Geschosse jagten hinaus in die Dunkelheit, ohne etwas zu treffen. Draußen entfernten sich trappelnde Schritte über das Dach, und dann kehrte Stille ein.
Keuchend, schwitzend kletterte der Agent das Gerüst hinunter, so schnell er konnte, doch im Innern wusste er, dass seine Eile sinnlos war. Das Monster war unterwegs auf den Dächern von Rom, eine unsichtbare winzige Rauchwolke, davongetragen vom Wind. Und nur der Hauch einer Spur blieb in der stillen, dunklen Kirche zurück, nur eine Ahnung, dass hier bis eben noch das abgrundtief Böse gewesen war.
Übersetzung: Axel Merz
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2009 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
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Autoren-Porträt von Anthony E. Zuiker, Duane Swierczynski
Duane Swierczynski wurde 1972 in einem Vorort von Philadelphia geboren. Er war Redakteur des Philadelphia City Paper und schrieb mehrere Kriminalromane, die in seiner Heimatstadt angesiedelt sind, sowie für zahlreiche Comicserien. Duane Swierczynski lebt mit seiner Familie in Philadelphia.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Anthony E. Zuiker , Duane Swierczynski
- 2009, 3. Aufl., 428 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 13,6 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Axel Merz
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3785760272
- ISBN-13: 9783785760277
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