Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest
Nur, wer sich selbst annimmt, kann auch die Liebe zu anderen entdecken und leben!
"Die meisten Scheidungen sind überflüssig!" - davon ist Eva-Maria Zurhorst überzeugt. Ihre Erfahrungen als Beziehungscoach hat sie in...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest “
Nur, wer sich selbst annimmt, kann auch die Liebe zu anderen entdecken und leben!
"Die meisten Scheidungen sind überflüssig!" - davon ist Eva-Maria Zurhorst überzeugt. Ihre Erfahrungen als Beziehungscoach hat sie in diesem Bestseller verarbeitet. Sie zeigt, wie die Partnerschaft ein anspruchsvoller und lohnender Entwicklungsweg sein kann.
Lese-Probe zu „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest “
Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest von Eva-Maria ZurhorstVorwort
Geben Sie nicht auf
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Ich weiß, dass es geht. Ich weiß, dass aus Ihrer Beziehung genau die Beziehung werden kann, die Sie sich wünschen.
Das Schicksal hat Ihnen dieses Buch in die Hände gespielt. Vielleicht haben Sie es ja nur geschenkt bekommen, von einem dieser wohlmeinenden Freunde. Vielleicht lesen Sie diese ersten Zeilen nur, weil jemand gesagt hat: »Komm, wenn du deine Beziehung retten willst, dann lies so was endlich mal.« Vielleicht hat Ihr Partner mit diesem Buch gedroht wie mit einem Nudelholz: »Tu doch endlich mal was für unsere Ehe! « Vielleicht lag es einfach plötzlich vor Ihrer Nase, in einer Buchhandlung, auf einem Couch- oder Nachttisch und sagte: »Schlag mich auf und lies mich.« Vielleicht waren Sie aber auch schon lange auf der Suche nach Antworten auf Ihre Fragen, nach einer neuen Sicht, nach einer tief greifenden Veränderung Ihres Liebeslebens ... Wenn Sie jetzt gerade diese Zeilen lesen, dann seien Sie sich auf jeden Fall sicher, dass Sie bewusst oder unbewusst den Wunsch haben, Ihre Beziehung zu vertiefen oder endlich eine tiefe Beziehung zu finden. Seien Sie sich sicher, Ihre Seele will sich von ganzem Herzen geben, selbst wenn Ihr Verstand vielleicht noch etwas anderes sagt.
Auch wenn Sie die Hoffnung womöglich schon aufgegeben haben, dass Ihre Ehe tiefer und erfüllender sein könnte, dass es noch mal klappen könnte mit Ihrem Partner, wenn Sie oder Ihr Partner eine Affäre oder immer wieder neue haben; wenn die körperliche Liebe Ihre Erfüllung verloren hat. Wenn Sie sich nur noch streiten; wenn alles einfach nur leer ist, so vor sich hin dümpelt und Sie sich und Ihren Partner mit freundlichen, aber leeren Nettigkeiten schonen. Vielleicht können Sie nicht mehr verzeihen und sind gefangen in Ihrem Groll. Vielleicht führen Sie über aufgeschraubte Zahnpastatuben oder Krümel auf dem Tisch Kleinkrieg und sind erschreckt über die stetige Aufrüstung zwischen den Fronten. Vielleicht haben Sie aber auch schon dutzende von Büchern gelesen, Seminare besucht, sogar eine Paartherapie gemacht und dennoch den Glauben an eine Lösung für Ihre Beziehung verloren.
Es kann trotzdem gehen! Alles kann sich um hundertachtzig Grad wenden, zwei Menschen können wieder - oder zum ersten Mal richtig - zusammenfinden. Ich weiß, dass das möglich ist, selbst wenn es klingt wie ein Wunder. Wenn man es erlebt, fühlt es sich auch manchmal an wie ein Wunder. Aber es liegt trotzdem ganz und gar in Ihrer Macht. Sie können genau die Beziehung führen, die Sie sich wünschen, und zwar genau mit dem Partner, den Sie jetzt haben. Egal, wie distanziert, unattraktiv oder abschreckend er gerade auf Sie wirkt. Ich weiß einfach, dass es geht. Ich weiß es deshalb, weil ich es selbst erlebt habe. Vielleicht bin ich verdächtig, so etwas wie eine Beziehungsspezialistin zu sein, weil ich das Thema schon seit vielen Jahren studiere, schon so viel darüber gelesen und von großartigen und kompetenten Lehrern gelernt habe. Vielleicht deshalb, weil ich schon mit vielen Menschen an der Heilung ihrer Beziehung gearbeitet habe.
Das alles ist wichtig. Aber die Wahrheit ist: Ich weiß deshalb, dass es geht, weil ich heute noch mit meinem Mann verheiratet und von tiefstem Herzen dankbar dafür bin.
Wir galten vom ersten Tag an nicht als Traumpaar. Es gab Jahre, da hätte niemand auch nur einen Pfifferling auf unsere Ehe gegeben. Aber heute glaube ich, dass dieser vermeintliche Mangel zwischen uns beiden mich gezwungen hat, nach der wahren Kraft einer funktionierenden Beziehung zu suchen. Heute bin ich überzeugt davon, dass das Leben uns zusammengeführt und so unendlich viele Hürden in den Weg gestellt hat, weil deren Überwindung, der wachsende Glaube und damit die Heilung unserer selbst unsere eigentliche Lebensaufgabe war. Ohne diese Herausforderung hätten wir nie entdecken können, wie viel Liebe und Geduld, Stärke und Mut schon immer in unseren Herzen wohnten, hätten wir nie erfahren, dass zwei Menschen zusammen alle scheinbar unüberwindbaren Gräben überwinden können; hätte ich nicht Stück um Stück annehmen können, dass alles an mir in Ordnung ist. Hätte ich dieses Buch nicht schreiben können.
»Ich weiß, dass es geht!« ist die eigentliche, wahrhaft authentische Kraft meiner Arbeit. Und es ist auch die Kraft, die in diesem Buch steckt.
Meiner Tochter und meinem Mann in tiefer Dankbarkeit verbunden
Eva-Maria Zurhorst
Wuppertal, im Juni 2003
Warum dieses Buch?
Weggehen, um wiederzukommen
Ich wollte dieses Buch nicht schreiben. Dieses Buch habe ich geschrieben, weil ich es schreiben musste. Es ließ
mich nicht in Ruhe, es breitete sich einfach in mir aus, begegnete mir überall. Es wollte auf die Welt, und das offensichtlich durch mich.
In meinem Leben ging es immer um die Erforschung von Beziehungen, allerdings ohne dass mir dies lange Zeit auch nur im Geringsten klar gewesen wäre. Ich hatte jede Menge eigene Ziele, Pläne und Wünsche. Aber häufig, wenn ich sie mit aller Kraft verfolgen wollte, kam alles ganz anders. Mein Leben hat mich früh daran gewöhnt, dass ich es nicht kontrollieren, darüber bestimmen kann. Dass es sich entfaltet und ich lediglich dazu aufgefordert bin, dieser Entfaltung beizuwohnen. Auch gegen meinen Willen hat es mich gelehrt, dass es immer - Zyklus um Zyklus - in Bewegung ist, immer im Wandel begriffen. Dass dieser Wandel mein eigentlicher Lebenssinn ist. Dass sich in jedem dieser Zyklen die Dinge vollenden und sterben. Dass ich damit gleichzeitig zur Neuordnung, Neubewertung und Neuentwicklung meiner selbst und damit zum Wiedererlangen meiner Lebendigkeit geführt werde.
Mit jedem Zyklus, der mich in der Vergangenheit schon geängstigt und geschüttelt hat, lernte ich, noch tiefer darauf zu vertrauen, dass immer etwas Neues kommt. Ich lernte, wach zu bleiben, ein Gespür für die Richtung und den Sinn meines Lebens aufrechtzuerhalten. Ich lernte, vertraute Gewohnheiten und Muster aufzugeben, die mich von dort zurückhielten, wo ich gerne wäre. Ich lernte, darauf zu vertrauen, dass die unbekannte Strecke, die noch vor mir lag, der beste Teil der Reise sein könnte. Dass an der nächsten Weggabelung wieder eine Chance wartete, neu zu erfassen, was für mein Lebensglück eigentlich wichtig ist. Nie war wirklich Ende. Immer entpuppte sich das Fremde in mir, der Makel, die scheinbare Behinderung, als Wegweiser. Immer eröffnete sich dahinter eine Möglichkeit, ein tieferes und authentischeres Gefühl von Erfüllung zu erfahren als jemals zuvor. Wieder und wieder war ich gezwungen auszuhalten, dass sich ein gewohnter Raum leerte - nur um Platz zu schaffen für etwas Neues. Aber dieses scheinbar Neue trug in seiner Tiefe doch immer das Gleiche. Am Ende ging es in meinem Leben immer - auch wenn es mir eben lange Zeit nicht bewusst war - um die Erforschung von Beziehungen und die Annahme meiner selbst.
Als Fünfjährige fühlte ich mich oft einsam. Mich überkam manchmal eine so seltsame Angst, dass ich es nicht wagte, mit jemandem darüber zu reden. Ich hatte das Gefühl, das Leben sei irgendwie nicht echt. Ich beobachtete die Menschen und fragte mich, ob sie wohl alle Bescheid wüssten und nur ich keine Ahnung hätte. Ängstlich stellte ich mir vor, dass die Personen um mich herum vielleicht nur Schauspieler wären, die sich ein Theaterstück ausgedacht hätten. Dass ich womöglich die Einzige wäre, die das alles für wahr hielt. Die Einzige, die echte Furcht kannte oder sich wirklich freute. Oder ich fragte mich, ob es vielleicht auch genau andersherum sein könne. Dass vielleicht nur ich ahnte, dass irgendetwas gar nicht real sei an diesem Leben. Dass ich mich deshalb häufig so fremd und einsam fühlte, während alle anderen bestimmt glücklich und zufrieden wären.
Während der Schulzeit bekam ich, wenn ich unter Leuten war, häufig starke Migräneanfälle und konnte es nur noch in einem dunklen Zimmer aushalten. In meiner Jugend begann ich in Ansammlungen mit vielen Menschen plötzlich zu hyperventilieren, bis ich ohnmächtig wurde. Kaum volljährig, verließ ich eher fluchtartig unsere Kleinstadt und trat aus der katholischen Kirche aus in der Hoffnung, irgendwo sonst Glauben und Zugehörigkeit zu finden. Mit Anfang zwanzig hatte ich das große Glück, als Journalistin nach Ägypten gehen zu können. Die kulturelle, religiöse und räumliche Distanz zu meinem bisherigen Leben weckte all meine Neugierde. Ich war fasziniert von der allgegenwärtigen Präsenz der im Alltag gelebten Religion. Leben und Glaube schienen hier in Verbindung zu stehen. Aber der Preis dafür war hoch: Während die Muezzins durch die Straßen von Kairo hallten, waren diese voll von bedrohlich begierigen Männeraugen und von sich selbst aufgegebenen Frauen.
Mit Ende zwanzig trieb mich meine innere Suche bis ans Kap der Guten Hoffnung. Aber selbst im Land von Schwarz und Weiß konnte ich keine Klarheit finden. Stattdessen wurde ich dort Wanderer zwischen den Welten und traf bis in den innersten Kern verfeindete Menschen mit den trotzdem gleichen, tiefen Sehnsüchten - egal, welche Hautfarbe sie hatten. Irgendwann war mir auch hier kein eindeutiger theoretischer Anti-Apartheids-Standpunkt mehr vergönnt. Ich fühlte mich nicht länger imstande, als aktuelle Journalistin zu funktionieren. Drei-Minuten-Hörfunk-Beiträge über die Lage am Kap kamen mir wie eine Vergewaltigung der Wahrheit vor. Die Fragen, die mich nach Gesprächen mit rechtsradikalen, Hakenkreuz tragenden Buren oder jahrelang gefolterten schwarzen Untergrundkämpfern wirklich bewegten, waren nach zwei Jahren immer weniger politischer als vielmehr psychologischer Natur. Ich begann, mit Blinden über Südafrika zu sprechen. Sie hatten gelernt, eine andere Hautfarbe zu riechen oder zu hören. Alles schien mir absurd. Ich hatte nur noch eine Sehnsucht - ich wollte die Menschen unterschiedlicher Hautfarbe wieder in Kontakt bringen. Um meinen Erfahrungen treu bleiben zu können, beendete ich meine Laufbahn als Journalistin in Südafrika und schaffte mir in einem Buch ausreichend Raum für meine komplexen, manchmal verwirrenden Begegnungen mit den Schwarzen und Weißen am Kap.
Zurück in Deutschland, wartete schon der nächste Lehrzyklus im Forschungsprojekt Mensch auf mich. Die Mauer war gefallen. Ich wurde verantwortlich für Kommunikation, später auch für Personalwesen bei einem großen ehemaligen Ostunternehmen in Berlin. Gut drei Jahre war ich unter den Pionieren des Aufbaus Ost, als mich eines Morgens in meinem Büro ein Nervenzusammenbruch ereilte. Ich hätte an diesem Tag erstmalig die Kommunikationsstrategien, die ich für unser Unternehmen entwickelt hatte, einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen sollen. Der Zusammenbruch war nur der Höhepunkt eines schleichenden Prozesses gewesen.
Tagelang hatte sich alles in mir gesträubt, diesen Vortrag zu halten. Ich hatte ihn mit größter Mühe so geschrieben, wie »man« als Managerin solche Präsentationen formuliert: Charts, Zahlen, Diagramme, managerale Sprache. Aber das alles war es schon lange nicht mehr, was mich bei meiner Arbeit bewegte. Wieder waren es die Menschen. Diesmal war der Spannungsbogen nicht schwarz-weiß. Auch für die interne Kommunikation in unserem Unternehmen zuständig, war ich neben meinen offiziellen Aufgaben zu so etwas wie der Übersetzerin zwischen Ost und West, zwischen Management und Arbeiterschaft avanciert. Ich führte Coaching-Prozesse und Persönlichkeitsentwicklungsseminare durch und wurde von unserem Vorstandsvorsitzenden bei allen möglichen Verhandlungen als Mittlerin eingesetzt. Wieder stand ich vor der Herausforderung, scheinbar unüberwindbare Gräben zwischen Menschen kommunikativ zu überwinden. Offiziell war ich verantwortlich für meinen Bereich, dessen Mitarbeiter und dessen Tagesgeschäft, aber innerlich war ich ein weiteres Mal in meinem Leben vollkommen erfüllt von Forschergeist und dem Wunsch, Menschen unterschiedlicher Sozialisation einander näher-bringen zu können.
Diesmal hatte ich besonders lange versucht, den Anforderungen gerecht zu werden. Äußerlich dynamisch, ließ ich mich von einem stetig voller werdenden Terminkalender kettenrauchend durch einen Zwölf-Stunden-Tag jagen. Im Inneren war ich immer öfter geplagt von medizinisch nicht begründbaren Herzrhythmusstörungen und diffusen Angstgefühlen. Es war, als ob ich eine Rolle spielte, unter der ich mich selbst nicht mehr wiederfand. Der Nervenzusammenbruch hatte Kraft genug, mich ein weiteres Mal aus allem herauszureißen, mir meinen Mut und die Treue zu mir selbst zurückzubringen: Ohne zu wissen, was kam, reichte ich meine Kündigung ein und gab meinen gut bezahlten Job auf. Damit war ich gezwungen, mich auch von meinem Sportwagen, meiner opulenten Penthouse-Wohnung, den Reisen und Nächten in Luxushotels zu verabschieden. Ich renovierte einen heruntergewohnten Altbau und lebte dort ziemlich zurückgezogen von kleinen Jobs als Texterin ohne irgendeine Idee, wie mein Leben weitergehen sollte.
Erschöpft und ausgebrannt kam ich mir vor, wie jemand, der die ganze Welt überall und nirgends vergeblich nach einer Antwort auf seine Fragen nach der menschlichen Natur abgesucht und durchforstet hatte. Ich war gerade zweiunddreißig, hatte eine ziemlich umwegige Karriere mit einem Nervenzusammenbruch abgeschlossen und lebte nun nach Jahren als Weltenbummler zurückgezogen als Eremit. Ich war reduziert auf ein Thema: Wie finde ich Erfüllung? Wie kann ich dabei gleichzeitig etwas wirklich Sinnvolles tun? Und wie kann ich Verbindung zwischen Menschen schaffen?
Ich bekam eine seltsame Antwort auf diese Fragen: Ich wurde schwanger. Meine Spirale war verrutscht. Das Schicksal schenkte mir ein Kind, das genug Lebenswillen besaß, um sich an meiner Verhütung vorbeizudrängen. Und als Vater brachte es mir einen umtriebigen jungen Mann, der weder Zweifel noch Suche kannte und dessen Lebenserfahrungen und -perspektiven zu meinen nicht unterschiedlicher hätten sein können: Er war sechs Jahre jünger als ich und vom Leben gewöhnt, dass es ihm ohne große Umwege bescherte, was er sich von ihm wünschte. Jungenhaft attraktiv, fast immer guter Laune, wollte er Spaß haben, die Umsätze seines Unternehmens und seinen beruflichen Einfluss steigern. Irgendwann besser zu sein als seine großen Brüder - das war es, was er damals vom Leben erwartete.
Bis er mich kennen lernte, war er meist ins Nachtleben und heiter seichte Affären vertieft. In seinem Freundeskreis und seinem Lebensalltag wirkte ich wie ein Fremdling, nicht nur weil ich gänzlich anders aussah als die grazilen, geradlinigen Geschöpfe, die der unbekannte Vater meines Kindes vor mir hatte. Auch er verkörperte nichts von meinen bisherigen Idealen: Es war warm in seiner Nähe, er brachte mich zum Lachen. Aber weder hatte uns beim ersten Blick in die Augen der Blitz getroffen, noch war er der Kreative - der begnadete Architekt oder wortvirtuose Autor -, von dem ich immer geträumt hatte. Er war nicht der breitschultrige Mann zum Anlehnen und auch nicht auf der Suche nach dem Sinn oder der Frau des Lebens. Ich dagegen war bis zu diesem Zeitpunkt immer auf der Suche nach dem Mann fürs Leben gewesen. Vergeblich. Stets in der Hoffnung auf ihn, fand ich zwei Lieben und eine lange Reihe von Liebschaften. Mein Herz hatte nie Ruhe finden können. Obwohl ich so gerne bleiben wollte, mich so gerne ganz geben wollte, riss mich immer wieder etwas fort: Bei den einen war es die Angst, verlassen zu werden, bei den anderen die Angst, erdrückt zu werden. Alle, die mich kannten, waren sich einig: Sie ist unvermittelbar!
Mit uns war es unspektakulär. Keine große romantische Geschichte. Ich kannte meinen sechs Jahre jüngeren Ehemann ja kaum. Wir waren kein Traumpaar, das konnte jeder sehen. Aber Eltern waren wir, das konnte auch bald jeder sehen. Für mich war klar, ich würde dieses Kind bekommen. Und für ihn war klar: »Das kriegen wir schon hin! « Wir ließen alles hinter uns, zogen in eine neue Stadt und heirateten.
Zwei Jahre später: Unsere Tochter kann laufen. Unsere Ehe ist ein spießiges Tal der Langeweile. Mutti kocht, Vati arbeitet. Kaum etwas, was uns wirklich verbindet. Mein Ehemann kommt immer später und seltener nach Hause, ich ersticke zwischen Sandkästen und Krabbelgruppen. Wir streiten uns immer öfter. Die einen Freunde hatten es ja von Anfang an gewusst, den anderen schien es unausweichlich: Mit den beiden konnte das ja nicht gut gehen.
Nichts ist erfüllend, aber wir trennen uns nicht. Wir richten uns ein. Viele routinierte Abläufe und lieb gewonnene Gewohnheiten. Ein gemeinsames Kind. Anfänglich wurschteln wir uns durch - seelisch und körperlich immer sprachloser. Stille und laute Machtkämpfe. Schließlich quälen wir uns durch: heimeliger Alltag und heimliche Affären, Karrieresprünge, Umzüge, Hoffnungslosigkeit und Neuanfänge. Wir trennen uns trotzdem nicht. Immer wenn wir so weit sind, werden wir ergriffen von Traurigkeit, taucht dieses lange verloren geglaubte, warme Gefühl von tiefer innerer Verbindung zwischen uns auf. Nichts Wildes, nichts Leidenschaftliches - ein leises, melancholisches Gefühl in Erinnerung an Liebe, das, so überraschend es gekommen ist, auch genauso schnell wieder verschwindet.
Dieses Gefühl ist zwar noch nicht die Antwort auf meine innere Suche, aber es übt magische Anziehungskraft auf mich aus. Es scheint wie ein Geheimcode, den ich nur entschlüsseln muss. Wir versuchen, dieses Gefühl aktiv zu suchen. Wir beginnen, es zu erkunden. Irgendwie ahne ich, dass es in einer Beziehung um etwas anderes geht als um den einen wahren Richtigen. Irgendetwas in mir sagt: Gib noch nicht auf! Irgendwie entdecke ich Gräben zwischen uns wieder, die mich schon von gänzlich anderen Männern getrennt haben. Ja, wenn ich verzweifelt und ehrlich genug bin, muss ich mir eingestehen: Das alles kenne ich schon. Er ist so wenig schuld wie die anderen! Irgendwie befinde ich mich an diesem Punkt meiner Ehe mitten im Township von Südafrika, direkt an der Mauer zwischen Ost und West. An dem scheinbar unüberwindbaren Punkt, an dem ich schon immer die Menschen zusammenbringen wollte, obwohl sie sich getrennter nicht fühlen konnten.
Wir treffen uns nun häufiger an der Grenze unserer Verletzungen. Reden miteinander, beginnen die Welt des anderen langsam mit Neugierde statt mit Angst und Abwehr zu betrachten. Ich werde zur Beziehungsforscherin, lese jedes Buch zu diesem Thema. Besuche Seminare, beginne eine eigene therapeutische Ausbildung. Immer häufiger trauen wir uns, unsere jeweilige Wahrheit dem anderen wirklich zu offenbaren. Indem wir aussprechen, wie weit entfernt wir voneinander sind, desto näher kommen wir uns. Mit wachsendem Mut beginnen wir, über unser wenig ideales Eheleben auch mit Freunden zu reden. Anderen geht es auch nicht besser. Erleichterung. Noch mehr Nähe zwischen uns und mit anderen.
Während mein Mann immer häufiger nach Hause kommt, steige ich wieder in den Beruf ein. Mittlerweile ausgebildete Psychotherapeutin, arbeite ich mit Menschen, die beruflich in ähnliche Sackgassen geraten sind wie ich damals als Managerin. Endlich stehen die Menschen im unmittelbaren Fokus meines Tuns. Ich beginne zu verstehen, dass man alles, was man selbst erst einmal geheilt hat, an andere Menschen weitergeben kann. Meine berufliche Suche, der Zickzack-Kurs von damals - alles macht Sinn. Zur gleichen Zeit beginnt meine Ehe zu erwachen - Erfolg und Erfüllung stellen sich parallel ein.
Zu Beginn dieser Phase fügen sich einmal mehr die Dinge in meinem Leben auf wundersame Weise. Während ich noch nicht einmal ahne, dass bald eine Beziehungswelle über mich hereinschwappen könnte, lerne ich Dr. Chuck Spezzano kennen. Die Blockaden meiner Ehe haben mich zu einem seiner Vortragsseminare geführt. Da sitze ich nun zwischen hundertfünfzig anderen Menschen und weiß nur, dass er ein angesehener Beziehungsspezialist aus Amerika sein soll und viele Bücher geschrieben hat. Ich habe davon noch keins gelesen.
Es dauert ungefähr zehn Minuten nachdem er mit seinem Vortrag begonnen hat, dass ich im Inneren so bewegt und angerührt bin, dass ich die Tränen nicht zurückhalten kann. Dieser Mann vorne scheint meine Suche, jeden meiner Gedanken zu kennen. Er spricht entscheidende Thesen und Gesetzmäßigkeiten von Beziehungen so selbstverständlich aus - Thesen, die ich lange schon in mir hin und her wälze, denen ich aber in ihrer tiefen Wahrheit nie ganz vertraut habe. Außerdem hat er offensichtlich als Spion jahrelang bei uns zu Hause hinter dem Vorhang verbracht. Mit jedem seiner Beispiele, jeder Fallgeschichte, jedem Witz ist es, als ob er meinen Mann und mich in- und auswendig kennt. Ich bin erschüttert, berührt und befreit zugleich.
...
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Ich weiß, dass es geht. Ich weiß, dass aus Ihrer Beziehung genau die Beziehung werden kann, die Sie sich wünschen.
Das Schicksal hat Ihnen dieses Buch in die Hände gespielt. Vielleicht haben Sie es ja nur geschenkt bekommen, von einem dieser wohlmeinenden Freunde. Vielleicht lesen Sie diese ersten Zeilen nur, weil jemand gesagt hat: »Komm, wenn du deine Beziehung retten willst, dann lies so was endlich mal.« Vielleicht hat Ihr Partner mit diesem Buch gedroht wie mit einem Nudelholz: »Tu doch endlich mal was für unsere Ehe! « Vielleicht lag es einfach plötzlich vor Ihrer Nase, in einer Buchhandlung, auf einem Couch- oder Nachttisch und sagte: »Schlag mich auf und lies mich.« Vielleicht waren Sie aber auch schon lange auf der Suche nach Antworten auf Ihre Fragen, nach einer neuen Sicht, nach einer tief greifenden Veränderung Ihres Liebeslebens ... Wenn Sie jetzt gerade diese Zeilen lesen, dann seien Sie sich auf jeden Fall sicher, dass Sie bewusst oder unbewusst den Wunsch haben, Ihre Beziehung zu vertiefen oder endlich eine tiefe Beziehung zu finden. Seien Sie sich sicher, Ihre Seele will sich von ganzem Herzen geben, selbst wenn Ihr Verstand vielleicht noch etwas anderes sagt.
Auch wenn Sie die Hoffnung womöglich schon aufgegeben haben, dass Ihre Ehe tiefer und erfüllender sein könnte, dass es noch mal klappen könnte mit Ihrem Partner, wenn Sie oder Ihr Partner eine Affäre oder immer wieder neue haben; wenn die körperliche Liebe Ihre Erfüllung verloren hat. Wenn Sie sich nur noch streiten; wenn alles einfach nur leer ist, so vor sich hin dümpelt und Sie sich und Ihren Partner mit freundlichen, aber leeren Nettigkeiten schonen. Vielleicht können Sie nicht mehr verzeihen und sind gefangen in Ihrem Groll. Vielleicht führen Sie über aufgeschraubte Zahnpastatuben oder Krümel auf dem Tisch Kleinkrieg und sind erschreckt über die stetige Aufrüstung zwischen den Fronten. Vielleicht haben Sie aber auch schon dutzende von Büchern gelesen, Seminare besucht, sogar eine Paartherapie gemacht und dennoch den Glauben an eine Lösung für Ihre Beziehung verloren.
Es kann trotzdem gehen! Alles kann sich um hundertachtzig Grad wenden, zwei Menschen können wieder - oder zum ersten Mal richtig - zusammenfinden. Ich weiß, dass das möglich ist, selbst wenn es klingt wie ein Wunder. Wenn man es erlebt, fühlt es sich auch manchmal an wie ein Wunder. Aber es liegt trotzdem ganz und gar in Ihrer Macht. Sie können genau die Beziehung führen, die Sie sich wünschen, und zwar genau mit dem Partner, den Sie jetzt haben. Egal, wie distanziert, unattraktiv oder abschreckend er gerade auf Sie wirkt. Ich weiß einfach, dass es geht. Ich weiß es deshalb, weil ich es selbst erlebt habe. Vielleicht bin ich verdächtig, so etwas wie eine Beziehungsspezialistin zu sein, weil ich das Thema schon seit vielen Jahren studiere, schon so viel darüber gelesen und von großartigen und kompetenten Lehrern gelernt habe. Vielleicht deshalb, weil ich schon mit vielen Menschen an der Heilung ihrer Beziehung gearbeitet habe.
Das alles ist wichtig. Aber die Wahrheit ist: Ich weiß deshalb, dass es geht, weil ich heute noch mit meinem Mann verheiratet und von tiefstem Herzen dankbar dafür bin.
Wir galten vom ersten Tag an nicht als Traumpaar. Es gab Jahre, da hätte niemand auch nur einen Pfifferling auf unsere Ehe gegeben. Aber heute glaube ich, dass dieser vermeintliche Mangel zwischen uns beiden mich gezwungen hat, nach der wahren Kraft einer funktionierenden Beziehung zu suchen. Heute bin ich überzeugt davon, dass das Leben uns zusammengeführt und so unendlich viele Hürden in den Weg gestellt hat, weil deren Überwindung, der wachsende Glaube und damit die Heilung unserer selbst unsere eigentliche Lebensaufgabe war. Ohne diese Herausforderung hätten wir nie entdecken können, wie viel Liebe und Geduld, Stärke und Mut schon immer in unseren Herzen wohnten, hätten wir nie erfahren, dass zwei Menschen zusammen alle scheinbar unüberwindbaren Gräben überwinden können; hätte ich nicht Stück um Stück annehmen können, dass alles an mir in Ordnung ist. Hätte ich dieses Buch nicht schreiben können.
»Ich weiß, dass es geht!« ist die eigentliche, wahrhaft authentische Kraft meiner Arbeit. Und es ist auch die Kraft, die in diesem Buch steckt.
Meiner Tochter und meinem Mann in tiefer Dankbarkeit verbunden
Eva-Maria Zurhorst
Wuppertal, im Juni 2003
Warum dieses Buch?
Weggehen, um wiederzukommen
Ich wollte dieses Buch nicht schreiben. Dieses Buch habe ich geschrieben, weil ich es schreiben musste. Es ließ
mich nicht in Ruhe, es breitete sich einfach in mir aus, begegnete mir überall. Es wollte auf die Welt, und das offensichtlich durch mich.
In meinem Leben ging es immer um die Erforschung von Beziehungen, allerdings ohne dass mir dies lange Zeit auch nur im Geringsten klar gewesen wäre. Ich hatte jede Menge eigene Ziele, Pläne und Wünsche. Aber häufig, wenn ich sie mit aller Kraft verfolgen wollte, kam alles ganz anders. Mein Leben hat mich früh daran gewöhnt, dass ich es nicht kontrollieren, darüber bestimmen kann. Dass es sich entfaltet und ich lediglich dazu aufgefordert bin, dieser Entfaltung beizuwohnen. Auch gegen meinen Willen hat es mich gelehrt, dass es immer - Zyklus um Zyklus - in Bewegung ist, immer im Wandel begriffen. Dass dieser Wandel mein eigentlicher Lebenssinn ist. Dass sich in jedem dieser Zyklen die Dinge vollenden und sterben. Dass ich damit gleichzeitig zur Neuordnung, Neubewertung und Neuentwicklung meiner selbst und damit zum Wiedererlangen meiner Lebendigkeit geführt werde.
Mit jedem Zyklus, der mich in der Vergangenheit schon geängstigt und geschüttelt hat, lernte ich, noch tiefer darauf zu vertrauen, dass immer etwas Neues kommt. Ich lernte, wach zu bleiben, ein Gespür für die Richtung und den Sinn meines Lebens aufrechtzuerhalten. Ich lernte, vertraute Gewohnheiten und Muster aufzugeben, die mich von dort zurückhielten, wo ich gerne wäre. Ich lernte, darauf zu vertrauen, dass die unbekannte Strecke, die noch vor mir lag, der beste Teil der Reise sein könnte. Dass an der nächsten Weggabelung wieder eine Chance wartete, neu zu erfassen, was für mein Lebensglück eigentlich wichtig ist. Nie war wirklich Ende. Immer entpuppte sich das Fremde in mir, der Makel, die scheinbare Behinderung, als Wegweiser. Immer eröffnete sich dahinter eine Möglichkeit, ein tieferes und authentischeres Gefühl von Erfüllung zu erfahren als jemals zuvor. Wieder und wieder war ich gezwungen auszuhalten, dass sich ein gewohnter Raum leerte - nur um Platz zu schaffen für etwas Neues. Aber dieses scheinbar Neue trug in seiner Tiefe doch immer das Gleiche. Am Ende ging es in meinem Leben immer - auch wenn es mir eben lange Zeit nicht bewusst war - um die Erforschung von Beziehungen und die Annahme meiner selbst.
Als Fünfjährige fühlte ich mich oft einsam. Mich überkam manchmal eine so seltsame Angst, dass ich es nicht wagte, mit jemandem darüber zu reden. Ich hatte das Gefühl, das Leben sei irgendwie nicht echt. Ich beobachtete die Menschen und fragte mich, ob sie wohl alle Bescheid wüssten und nur ich keine Ahnung hätte. Ängstlich stellte ich mir vor, dass die Personen um mich herum vielleicht nur Schauspieler wären, die sich ein Theaterstück ausgedacht hätten. Dass ich womöglich die Einzige wäre, die das alles für wahr hielt. Die Einzige, die echte Furcht kannte oder sich wirklich freute. Oder ich fragte mich, ob es vielleicht auch genau andersherum sein könne. Dass vielleicht nur ich ahnte, dass irgendetwas gar nicht real sei an diesem Leben. Dass ich mich deshalb häufig so fremd und einsam fühlte, während alle anderen bestimmt glücklich und zufrieden wären.
Während der Schulzeit bekam ich, wenn ich unter Leuten war, häufig starke Migräneanfälle und konnte es nur noch in einem dunklen Zimmer aushalten. In meiner Jugend begann ich in Ansammlungen mit vielen Menschen plötzlich zu hyperventilieren, bis ich ohnmächtig wurde. Kaum volljährig, verließ ich eher fluchtartig unsere Kleinstadt und trat aus der katholischen Kirche aus in der Hoffnung, irgendwo sonst Glauben und Zugehörigkeit zu finden. Mit Anfang zwanzig hatte ich das große Glück, als Journalistin nach Ägypten gehen zu können. Die kulturelle, religiöse und räumliche Distanz zu meinem bisherigen Leben weckte all meine Neugierde. Ich war fasziniert von der allgegenwärtigen Präsenz der im Alltag gelebten Religion. Leben und Glaube schienen hier in Verbindung zu stehen. Aber der Preis dafür war hoch: Während die Muezzins durch die Straßen von Kairo hallten, waren diese voll von bedrohlich begierigen Männeraugen und von sich selbst aufgegebenen Frauen.
Mit Ende zwanzig trieb mich meine innere Suche bis ans Kap der Guten Hoffnung. Aber selbst im Land von Schwarz und Weiß konnte ich keine Klarheit finden. Stattdessen wurde ich dort Wanderer zwischen den Welten und traf bis in den innersten Kern verfeindete Menschen mit den trotzdem gleichen, tiefen Sehnsüchten - egal, welche Hautfarbe sie hatten. Irgendwann war mir auch hier kein eindeutiger theoretischer Anti-Apartheids-Standpunkt mehr vergönnt. Ich fühlte mich nicht länger imstande, als aktuelle Journalistin zu funktionieren. Drei-Minuten-Hörfunk-Beiträge über die Lage am Kap kamen mir wie eine Vergewaltigung der Wahrheit vor. Die Fragen, die mich nach Gesprächen mit rechtsradikalen, Hakenkreuz tragenden Buren oder jahrelang gefolterten schwarzen Untergrundkämpfern wirklich bewegten, waren nach zwei Jahren immer weniger politischer als vielmehr psychologischer Natur. Ich begann, mit Blinden über Südafrika zu sprechen. Sie hatten gelernt, eine andere Hautfarbe zu riechen oder zu hören. Alles schien mir absurd. Ich hatte nur noch eine Sehnsucht - ich wollte die Menschen unterschiedlicher Hautfarbe wieder in Kontakt bringen. Um meinen Erfahrungen treu bleiben zu können, beendete ich meine Laufbahn als Journalistin in Südafrika und schaffte mir in einem Buch ausreichend Raum für meine komplexen, manchmal verwirrenden Begegnungen mit den Schwarzen und Weißen am Kap.
Zurück in Deutschland, wartete schon der nächste Lehrzyklus im Forschungsprojekt Mensch auf mich. Die Mauer war gefallen. Ich wurde verantwortlich für Kommunikation, später auch für Personalwesen bei einem großen ehemaligen Ostunternehmen in Berlin. Gut drei Jahre war ich unter den Pionieren des Aufbaus Ost, als mich eines Morgens in meinem Büro ein Nervenzusammenbruch ereilte. Ich hätte an diesem Tag erstmalig die Kommunikationsstrategien, die ich für unser Unternehmen entwickelt hatte, einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen sollen. Der Zusammenbruch war nur der Höhepunkt eines schleichenden Prozesses gewesen.
Tagelang hatte sich alles in mir gesträubt, diesen Vortrag zu halten. Ich hatte ihn mit größter Mühe so geschrieben, wie »man« als Managerin solche Präsentationen formuliert: Charts, Zahlen, Diagramme, managerale Sprache. Aber das alles war es schon lange nicht mehr, was mich bei meiner Arbeit bewegte. Wieder waren es die Menschen. Diesmal war der Spannungsbogen nicht schwarz-weiß. Auch für die interne Kommunikation in unserem Unternehmen zuständig, war ich neben meinen offiziellen Aufgaben zu so etwas wie der Übersetzerin zwischen Ost und West, zwischen Management und Arbeiterschaft avanciert. Ich führte Coaching-Prozesse und Persönlichkeitsentwicklungsseminare durch und wurde von unserem Vorstandsvorsitzenden bei allen möglichen Verhandlungen als Mittlerin eingesetzt. Wieder stand ich vor der Herausforderung, scheinbar unüberwindbare Gräben zwischen Menschen kommunikativ zu überwinden. Offiziell war ich verantwortlich für meinen Bereich, dessen Mitarbeiter und dessen Tagesgeschäft, aber innerlich war ich ein weiteres Mal in meinem Leben vollkommen erfüllt von Forschergeist und dem Wunsch, Menschen unterschiedlicher Sozialisation einander näher-bringen zu können.
Diesmal hatte ich besonders lange versucht, den Anforderungen gerecht zu werden. Äußerlich dynamisch, ließ ich mich von einem stetig voller werdenden Terminkalender kettenrauchend durch einen Zwölf-Stunden-Tag jagen. Im Inneren war ich immer öfter geplagt von medizinisch nicht begründbaren Herzrhythmusstörungen und diffusen Angstgefühlen. Es war, als ob ich eine Rolle spielte, unter der ich mich selbst nicht mehr wiederfand. Der Nervenzusammenbruch hatte Kraft genug, mich ein weiteres Mal aus allem herauszureißen, mir meinen Mut und die Treue zu mir selbst zurückzubringen: Ohne zu wissen, was kam, reichte ich meine Kündigung ein und gab meinen gut bezahlten Job auf. Damit war ich gezwungen, mich auch von meinem Sportwagen, meiner opulenten Penthouse-Wohnung, den Reisen und Nächten in Luxushotels zu verabschieden. Ich renovierte einen heruntergewohnten Altbau und lebte dort ziemlich zurückgezogen von kleinen Jobs als Texterin ohne irgendeine Idee, wie mein Leben weitergehen sollte.
Erschöpft und ausgebrannt kam ich mir vor, wie jemand, der die ganze Welt überall und nirgends vergeblich nach einer Antwort auf seine Fragen nach der menschlichen Natur abgesucht und durchforstet hatte. Ich war gerade zweiunddreißig, hatte eine ziemlich umwegige Karriere mit einem Nervenzusammenbruch abgeschlossen und lebte nun nach Jahren als Weltenbummler zurückgezogen als Eremit. Ich war reduziert auf ein Thema: Wie finde ich Erfüllung? Wie kann ich dabei gleichzeitig etwas wirklich Sinnvolles tun? Und wie kann ich Verbindung zwischen Menschen schaffen?
Ich bekam eine seltsame Antwort auf diese Fragen: Ich wurde schwanger. Meine Spirale war verrutscht. Das Schicksal schenkte mir ein Kind, das genug Lebenswillen besaß, um sich an meiner Verhütung vorbeizudrängen. Und als Vater brachte es mir einen umtriebigen jungen Mann, der weder Zweifel noch Suche kannte und dessen Lebenserfahrungen und -perspektiven zu meinen nicht unterschiedlicher hätten sein können: Er war sechs Jahre jünger als ich und vom Leben gewöhnt, dass es ihm ohne große Umwege bescherte, was er sich von ihm wünschte. Jungenhaft attraktiv, fast immer guter Laune, wollte er Spaß haben, die Umsätze seines Unternehmens und seinen beruflichen Einfluss steigern. Irgendwann besser zu sein als seine großen Brüder - das war es, was er damals vom Leben erwartete.
Bis er mich kennen lernte, war er meist ins Nachtleben und heiter seichte Affären vertieft. In seinem Freundeskreis und seinem Lebensalltag wirkte ich wie ein Fremdling, nicht nur weil ich gänzlich anders aussah als die grazilen, geradlinigen Geschöpfe, die der unbekannte Vater meines Kindes vor mir hatte. Auch er verkörperte nichts von meinen bisherigen Idealen: Es war warm in seiner Nähe, er brachte mich zum Lachen. Aber weder hatte uns beim ersten Blick in die Augen der Blitz getroffen, noch war er der Kreative - der begnadete Architekt oder wortvirtuose Autor -, von dem ich immer geträumt hatte. Er war nicht der breitschultrige Mann zum Anlehnen und auch nicht auf der Suche nach dem Sinn oder der Frau des Lebens. Ich dagegen war bis zu diesem Zeitpunkt immer auf der Suche nach dem Mann fürs Leben gewesen. Vergeblich. Stets in der Hoffnung auf ihn, fand ich zwei Lieben und eine lange Reihe von Liebschaften. Mein Herz hatte nie Ruhe finden können. Obwohl ich so gerne bleiben wollte, mich so gerne ganz geben wollte, riss mich immer wieder etwas fort: Bei den einen war es die Angst, verlassen zu werden, bei den anderen die Angst, erdrückt zu werden. Alle, die mich kannten, waren sich einig: Sie ist unvermittelbar!
Mit uns war es unspektakulär. Keine große romantische Geschichte. Ich kannte meinen sechs Jahre jüngeren Ehemann ja kaum. Wir waren kein Traumpaar, das konnte jeder sehen. Aber Eltern waren wir, das konnte auch bald jeder sehen. Für mich war klar, ich würde dieses Kind bekommen. Und für ihn war klar: »Das kriegen wir schon hin! « Wir ließen alles hinter uns, zogen in eine neue Stadt und heirateten.
Zwei Jahre später: Unsere Tochter kann laufen. Unsere Ehe ist ein spießiges Tal der Langeweile. Mutti kocht, Vati arbeitet. Kaum etwas, was uns wirklich verbindet. Mein Ehemann kommt immer später und seltener nach Hause, ich ersticke zwischen Sandkästen und Krabbelgruppen. Wir streiten uns immer öfter. Die einen Freunde hatten es ja von Anfang an gewusst, den anderen schien es unausweichlich: Mit den beiden konnte das ja nicht gut gehen.
Nichts ist erfüllend, aber wir trennen uns nicht. Wir richten uns ein. Viele routinierte Abläufe und lieb gewonnene Gewohnheiten. Ein gemeinsames Kind. Anfänglich wurschteln wir uns durch - seelisch und körperlich immer sprachloser. Stille und laute Machtkämpfe. Schließlich quälen wir uns durch: heimeliger Alltag und heimliche Affären, Karrieresprünge, Umzüge, Hoffnungslosigkeit und Neuanfänge. Wir trennen uns trotzdem nicht. Immer wenn wir so weit sind, werden wir ergriffen von Traurigkeit, taucht dieses lange verloren geglaubte, warme Gefühl von tiefer innerer Verbindung zwischen uns auf. Nichts Wildes, nichts Leidenschaftliches - ein leises, melancholisches Gefühl in Erinnerung an Liebe, das, so überraschend es gekommen ist, auch genauso schnell wieder verschwindet.
Dieses Gefühl ist zwar noch nicht die Antwort auf meine innere Suche, aber es übt magische Anziehungskraft auf mich aus. Es scheint wie ein Geheimcode, den ich nur entschlüsseln muss. Wir versuchen, dieses Gefühl aktiv zu suchen. Wir beginnen, es zu erkunden. Irgendwie ahne ich, dass es in einer Beziehung um etwas anderes geht als um den einen wahren Richtigen. Irgendetwas in mir sagt: Gib noch nicht auf! Irgendwie entdecke ich Gräben zwischen uns wieder, die mich schon von gänzlich anderen Männern getrennt haben. Ja, wenn ich verzweifelt und ehrlich genug bin, muss ich mir eingestehen: Das alles kenne ich schon. Er ist so wenig schuld wie die anderen! Irgendwie befinde ich mich an diesem Punkt meiner Ehe mitten im Township von Südafrika, direkt an der Mauer zwischen Ost und West. An dem scheinbar unüberwindbaren Punkt, an dem ich schon immer die Menschen zusammenbringen wollte, obwohl sie sich getrennter nicht fühlen konnten.
Wir treffen uns nun häufiger an der Grenze unserer Verletzungen. Reden miteinander, beginnen die Welt des anderen langsam mit Neugierde statt mit Angst und Abwehr zu betrachten. Ich werde zur Beziehungsforscherin, lese jedes Buch zu diesem Thema. Besuche Seminare, beginne eine eigene therapeutische Ausbildung. Immer häufiger trauen wir uns, unsere jeweilige Wahrheit dem anderen wirklich zu offenbaren. Indem wir aussprechen, wie weit entfernt wir voneinander sind, desto näher kommen wir uns. Mit wachsendem Mut beginnen wir, über unser wenig ideales Eheleben auch mit Freunden zu reden. Anderen geht es auch nicht besser. Erleichterung. Noch mehr Nähe zwischen uns und mit anderen.
Während mein Mann immer häufiger nach Hause kommt, steige ich wieder in den Beruf ein. Mittlerweile ausgebildete Psychotherapeutin, arbeite ich mit Menschen, die beruflich in ähnliche Sackgassen geraten sind wie ich damals als Managerin. Endlich stehen die Menschen im unmittelbaren Fokus meines Tuns. Ich beginne zu verstehen, dass man alles, was man selbst erst einmal geheilt hat, an andere Menschen weitergeben kann. Meine berufliche Suche, der Zickzack-Kurs von damals - alles macht Sinn. Zur gleichen Zeit beginnt meine Ehe zu erwachen - Erfolg und Erfüllung stellen sich parallel ein.
Zu Beginn dieser Phase fügen sich einmal mehr die Dinge in meinem Leben auf wundersame Weise. Während ich noch nicht einmal ahne, dass bald eine Beziehungswelle über mich hereinschwappen könnte, lerne ich Dr. Chuck Spezzano kennen. Die Blockaden meiner Ehe haben mich zu einem seiner Vortragsseminare geführt. Da sitze ich nun zwischen hundertfünfzig anderen Menschen und weiß nur, dass er ein angesehener Beziehungsspezialist aus Amerika sein soll und viele Bücher geschrieben hat. Ich habe davon noch keins gelesen.
Es dauert ungefähr zehn Minuten nachdem er mit seinem Vortrag begonnen hat, dass ich im Inneren so bewegt und angerührt bin, dass ich die Tränen nicht zurückhalten kann. Dieser Mann vorne scheint meine Suche, jeden meiner Gedanken zu kennen. Er spricht entscheidende Thesen und Gesetzmäßigkeiten von Beziehungen so selbstverständlich aus - Thesen, die ich lange schon in mir hin und her wälze, denen ich aber in ihrer tiefen Wahrheit nie ganz vertraut habe. Außerdem hat er offensichtlich als Spion jahrelang bei uns zu Hause hinter dem Vorhang verbracht. Mit jedem seiner Beispiele, jeder Fallgeschichte, jedem Witz ist es, als ob er meinen Mann und mich in- und auswendig kennt. Ich bin erschüttert, berührt und befreit zugleich.
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Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Bibliographische Angaben
- Autor: Eva-Maria Zurhorst
- 384 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828954391
- ISBN-13: 9783828954397
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