Manchmal muss man das Leben kosten
Roman
Die Erinnerung und die Liebe gehen durch den Magen ...<br /><br />Ihr Land ist Frankreich, ihre Abstammung ungarisch - eine junge Frau sucht ihre Identität und entdeckt sie wie ein perfektes Festmahl: »Manchmal reicht es, einfach nur zu...
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Produktinformationen zu „Manchmal muss man das Leben kosten “
Die Erinnerung und die Liebe gehen durch den Magen ...<br />
<br />Ihr Land ist Frankreich, ihre Abstammung ungarisch - eine junge Frau sucht ihre Identität und entdeckt sie wie ein perfektes Festmahl: »Manchmal reicht es, einfach nur zu essen, und schon ist alles gesagt.«<br />
<br />Jahrelang haben Klaras Eltern ihrer Tochter nichts von der Zeit vor ihrer Flucht aus Ungarn erzählt. Selbst ihre Muttersprache war terra incognita. Nur in der Küche und beim Essen sind diese Regeln außer Kraft gesetzt. Also wächst Klara auf mit saftigem Gulasch, Mohnstrudel und den geräucherten Würsten aus einem ungarischen Feinkostladen im Pariser Marais. Doch bei ihrer ersten Reise nach Ungarn entdeckt sie das Land, die Liebe - und eine neue Sprache. Und langsam setzt sie sich ihre eigene Identität zusammen - wie ein köstliches ungarisches Menü ...<br />
<br />In einem bescheidenen Lebensmittelladen mitten in Paris, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt. Ich war in Frankreich geboren, meine Eltern auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, und auf dem Umweg über die Gerichte, die auf den Tisch kamen und die so knusprig oder so scharf waren, dass es einem das Wasser in den Mund trieb, betrat ich jenen verbotenen Kontinent, von dem meine beiden Erzeuger gekommen waren. Als junges Mädchen biss ich lustvoll in den roten Paprika, sorgsam darauf bedacht, mir den ganzen Mund mit dieser köstlichen Frucht zu füllen. Ich aß mit Feuereifer, ganz so, wie man sich durch die ersten Diktatwörter hindurcharbeitet. Die Gerichte waren das einzige lebendige Gedächtnis, das mir gewährt, hinterlassen und überliefert wurde. Der Paprika-Vokal, der Galuska-Konsonant, das Nussfleisch ein Accent grave, die Bitterkeit der Gurke ein Accent aigu. Sie weckten meine Liebe zur dortigen Sprache, setzten eine Entzifferung in Gang, die für alle Zeiten eng mit den Sinnen verhaftet blieb, die mich verfolgt, begleitet und wach hält. Dank der Gerichte, Gerüche und verschiedenen Geschmäcker, die ich mir einverleibt und bis in meine tiefsten Träume wiedergekäut habe, habe ich mir im Laufe der Jahre die Buchstaben eingeprägt, die ungarische Schreibweise, die Wörter, den Stoff, aus dem die Sprache ist, später dann die Gesichter von Menschen, deren Ähnlichkeit mich verblüffte, und schließlich kam es zur Begegnung mit der Familie und einer bestimmten Region in Mitteleuropa. Manchmal muss man nur essen, und schon ist alles, oder fast alles, gesagt ...<br />
<br />Garniert mit köstlichen Rezepten, ist dieses Buch nicht nur literarisch ein Festmahl.<br />
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Klappentext zu „Manchmal muss man das Leben kosten “
Ihr Land ist Frankreich, ihre Abstammung ungarisch eine junge Frau sucht ihre Identität und entdeckt sie wie ein perfektes Festmahl: "Manchmal reicht es, einfach nur zu essen, und schon ist alles gesagt."Jahrelang haben Klaras Eltern ihrer Tochter nichts von der Zeit vor ihrer Flucht aus Ungarn erzählt. Selbst ihre Muttersprache war terra incognita. Nur in der Küche und beim Essen sind diese Regeln außer Kraft gesetzt. Also wächst Klara auf mit saftigem Gulasch, Mohnstrudel und den geräucherten Würsten aus einem ungarischen Feinkostladen im Pariser Marais. Doch bei ihrer ersten Reise nach Ungarn entdeckt sie das Land, die Liebe und eine neue Sprache. Und langsam setzt sie sich ihre eigene Identität zusammen wie ein köstliches ungarisches Menü.
"In einem bescheidenen Lebensmittelladen mitten in Paris, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt. Ich war in Frankreich geboren, meine Eltern auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, und auf dem Umweg über die Gerichte, die auf den Tisch kamen und die so knusprig oder so scharf waren, dass es einem das Wasser in den Mund trieb, betrat ich jenen verbotenen Kontinent, von dem meine beiden Erzeuger gekommen waren. Als junges Mädchen biss ich lustvoll in den roten Paprika, sorgsam darauf bedacht, mir den ganzen Mund mit dieser köstlichen Frucht zu füllen. Ich aß mit Feuereifer, ganz so, wie man sich durch die ersten Diktatwörter hindurcharbeitet. Die Gerichte waren das einzige lebendige Gedächtnis, das mir gewährt, hinterlassen und überliefert wurde. Der Paprika-Vokal, der Galuska-Konsonant, das Nussfleisch ein Accent grave, die Bitterkeit der Gurke ein Accent aigu. Sie weckten meine Liebe zur dortigen Sprache, setzten eine Entzifferung in Gang, die für alle Zeiten eng mit den Sinnen verhaftet blieb, die mich verfolgt, begleitet und wach hält. Dank der Gerichte, Gerüche und verschiedenen Geschmäcker, die ich mir einverleibt und bis in meine tiefsten Träume
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wiedergekäut habe, habe ich mir im Laufe der Jahre die Buchstaben eingeprägt, die ungarische Schreibweise, die Wörter, den Stoff, aus dem die Sprache ist, später dann die Gesichter von Menschen, deren Ähnlichkeit mich verblüffte, und schließlich kam es zur Begegnung mit der Familie und einer bestimmten Region in Mitteleuropa. Manchmal muss man nur essen, und schon ist alles, oder fast alles, gesagt ..."
Garniert mit köstlichen Rezepten, ist dieses Buch nicht nur literarisch ein Festmahl.
Garniert mit köstlichen Rezepten, ist dieses Buch nicht nur literarisch ein Festmahl.
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Die Erinnerung und die Liebe gehen durch den Magen ...
Ihr Land ist Frankreich, ihre Abstammung ungarisch - eine junge Frau sucht ihre Identität und entdeckt sie wie ein perfektes Festmahl: "Manchmal reicht es, einfach nur zu essen, und schon ist alles gesagt."
Jahrelang haben Klaras Eltern ihrer Tochter nichts von der Zeit vor ihrer Flucht aus Ungarn erzählt. Selbst ihre Muttersprache war terra incognita. Nur in der Küche und beim Essen sind diese Regeln außer Kraft gesetzt. Also wächst Klara auf mit saftigem Gulasch, Mohnstrudel und den geräucherten Würsten aus einem ungarischen Feinkostladen im Pariser Marais. Doch bei ihrer ersten Reise nach Ungarn entdeckt sie das Land, die Liebe - und eine neue Sprache. Und langsam setzt sie sich ihre eigene Identität zusammen - wie ein köstliches ungarisches Menü ...
In einem bescheidenen Lebensmittelladen mitten in Paris, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt. Ich war in Frankreich geboren, meine Eltern auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, und auf dem Umweg über die Gerichte, die auf den Tisch kamen und die so knusprig oder so scharf waren, dass es einem das Wasser in den Mund trieb, betrat ich jenen verbotenen Kontinent, von dem meine beiden Erzeuger gekommen waren. Als junges Mädchen biss ich lustvoll in den roten Paprika, sorgsam darauf bedacht, mir den ganzen Mund mit dieser köstlichen Frucht zu füllen. Ich aß mit Feuereifer, ganz so, wie man sich durch die ersten Diktatwörter hindurcharbeitet. Die Gerichte waren das einzige lebendige Gedächtnis, das mir gewährt, hinterlassen und überliefert wurde. Der Paprika-Vokal, der Galuska-Konsonant, das Nussfleisch ein Accent grave, die Bitterkeit der Gurke ein Accent aigu. Sie weckten meine Liebe zur dortigen Sprache, setzten eine Entzifferung in Gang, die für alle Zeiten eng mit den Sinnen verhaftet blieb, die mich verfolgt, begleitet und wach hält. Dank der Gerichte, Gerüche und verschiedenen Geschmäcker, die ich mir einverleibt und bis in meine tiefsten Träume wiedergekäut habe, habe ich mir im Laufe der Jahre die Buchstaben eingeprägt, die ungarische Schreibweise, die Wörter, den Stoff, aus dem die Sprache ist, später dann die Gesichter von Menschen, deren Ähnlichkeit mich verblüffte, und schließlich kam es zur Begegnung mit der Familie und einer bestimmten Region in Mitteleuropa. Manchmal muss man nur essen, und schon ist alles, oder fast alles, gesagt ...
Garniert mit köstlichen Rezepten, ist dieses Buch nicht nur literarisch ein Festmahl.
"Eine Hymne an das Leben, den Genuss, die Sprache, die eigenen Wurzeln und die Kulturen." Le Républicain Lorrain
"Dieser amüsante, pointierte Roman voller Sprachgefühl lässt sich einfach nicht mehr aus der Hand legen. Ein ganz besonderer Gaumenkitzel!" Le Monde
"Eine Sprache wie guter Wein!" Madame Figaro
Ihr Land ist Frankreich, ihre Abstammung ungarisch - eine junge Frau sucht ihre Identität und entdeckt sie wie ein perfektes Festmahl: "Manchmal reicht es, einfach nur zu essen, und schon ist alles gesagt."
Jahrelang haben Klaras Eltern ihrer Tochter nichts von der Zeit vor ihrer Flucht aus Ungarn erzählt. Selbst ihre Muttersprache war terra incognita. Nur in der Küche und beim Essen sind diese Regeln außer Kraft gesetzt. Also wächst Klara auf mit saftigem Gulasch, Mohnstrudel und den geräucherten Würsten aus einem ungarischen Feinkostladen im Pariser Marais. Doch bei ihrer ersten Reise nach Ungarn entdeckt sie das Land, die Liebe - und eine neue Sprache. Und langsam setzt sie sich ihre eigene Identität zusammen - wie ein köstliches ungarisches Menü ...
In einem bescheidenen Lebensmittelladen mitten in Paris, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt. Ich war in Frankreich geboren, meine Eltern auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, und auf dem Umweg über die Gerichte, die auf den Tisch kamen und die so knusprig oder so scharf waren, dass es einem das Wasser in den Mund trieb, betrat ich jenen verbotenen Kontinent, von dem meine beiden Erzeuger gekommen waren. Als junges Mädchen biss ich lustvoll in den roten Paprika, sorgsam darauf bedacht, mir den ganzen Mund mit dieser köstlichen Frucht zu füllen. Ich aß mit Feuereifer, ganz so, wie man sich durch die ersten Diktatwörter hindurcharbeitet. Die Gerichte waren das einzige lebendige Gedächtnis, das mir gewährt, hinterlassen und überliefert wurde. Der Paprika-Vokal, der Galuska-Konsonant, das Nussfleisch ein Accent grave, die Bitterkeit der Gurke ein Accent aigu. Sie weckten meine Liebe zur dortigen Sprache, setzten eine Entzifferung in Gang, die für alle Zeiten eng mit den Sinnen verhaftet blieb, die mich verfolgt, begleitet und wach hält. Dank der Gerichte, Gerüche und verschiedenen Geschmäcker, die ich mir einverleibt und bis in meine tiefsten Träume wiedergekäut habe, habe ich mir im Laufe der Jahre die Buchstaben eingeprägt, die ungarische Schreibweise, die Wörter, den Stoff, aus dem die Sprache ist, später dann die Gesichter von Menschen, deren Ähnlichkeit mich verblüffte, und schließlich kam es zur Begegnung mit der Familie und einer bestimmten Region in Mitteleuropa. Manchmal muss man nur essen, und schon ist alles, oder fast alles, gesagt ...
Garniert mit köstlichen Rezepten, ist dieses Buch nicht nur literarisch ein Festmahl.
"Eine Hymne an das Leben, den Genuss, die Sprache, die eigenen Wurzeln und die Kulturen." Le Républicain Lorrain
"Dieser amüsante, pointierte Roman voller Sprachgefühl lässt sich einfach nicht mehr aus der Hand legen. Ein ganz besonderer Gaumenkitzel!" Le Monde
"Eine Sprache wie guter Wein!" Madame Figaro
Lese-Probe zu „Manchmal muss man das Leben kosten “
Debrecziner Gulasch 500g Rindfleisch 200g Zwiebeln 150g Paprikaschoten 2 Knoblauchzehen 3 EL Schweineschmalz 3 TL Paprikapulver (edelsüß) 200 g Debrecziner-Wurst (in Scheiben) 400g Tomaten (aus der Dose; stückig) Salz und Pfeffer Das Fleisch in Würfel schneiden. Die Zwiebeln schälen und vierteln. Die Paprika putzen, entkernen und in Streifen schneiden. Knoblauch schälen und hacken. In einem großen Schmortopf Zwiebeln und Knoblauch in Schweineschmalz hellbraun anbraten und das Paprikapulver unterrühren. Das Fleisch dazugeben und unter häufigem Rühren braten, bis der entstandene Saft verschmort ist. Mit 400 ml Wasser auffüllen. Wurstscheiben, Paprikastreifen und Tomaten hinzufügen. Das Gulasch zugedeckt bei kleiner Hitze etwa 1 V bis 2 Stunden weiterköcheln lassen, bis das Fleisch gar ist. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.Mit frischem Salat zu Reis oder Nudeln reichen.
In der Nähe der Pariser Place de la Bastille, auf / der linken Seite der Rue de Sevigne, gab es in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts einen kleinen Laden mit dunklem Schaufenster und einem unscheinbaren Schild, das so gar nichts Luxuriöses an sich hatte. Von der Straße aus nahm man keinen Geruch und keine Farbe wahr, nur eine neutrale, saubere und gewienerte Fassade, die sich an den schmalen Gehsteig schmiegte. Selbstbewusst stieß ich die Ladentür aus Glas und wurmstichigem Holz auf und ging unerschrocken hinein, denn man hatte mich schon bekannt gemacht. Mein Vater hatte mich eines Tages bei der Hand genommen, wenn auch ohne ein Wort der Erklärung, wie wenn man eine alte Tante besuchen geht, die schon seit Urzeiten zur Familie gehört, während man nie erfährt, um welche Ecken herum man eigentlich miteinander verwandt ist. Die Tür ließ das übliche Glöckchen erschallen, und hinter Würsten, die von der Decke hingen, tauchte Madame Subas Gesicht auf. Eine Christbaumkugel inmitten von Schweinsgirlanden.
Die zuvorkommende und lebhafte Madame Suba, die Stirn umkränzt von sorgfältig
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frisierten Löckchen, grüßte mich mit ihren schwarzen, zu einem schmalen Schlitz verengten Augen, denen die pausbäckigen Wangen stets einen seltsam lauernden Ausdruck verliehen. Aus ihrem Spitzendekollete quoll ein üppiger Busen, ihre weißen Hände schoben behutsam die mit Blut und Räucherspeck gefüllten Därme beiseite, die auf sehr dekorative Weise von der Decke hingen, und tätschelte sie dabei mit einem wissenden Lächeln. Wenn an diesen winterlichen Samstagnachmittagen zu allem Glück noch ein weißer, frischer Pulverschnee fiel, lief mir in dem geheizten Laden das Wasser nur umso stärker im Mund zusammen.
"Kezét csôkolom, asszonyom!" Péter hatte der Dame bereits einen Kuss auf ihr Patschehändchen gedrückt und die Geste mit diesem unverständlichen, melodischen Satz untermalt, der wie eine warme Kartoffel mit Butter im Mund rollte. In jener Zeit der Schlemmerei, in der das Marais für mich vor allem aus diesem glühend roten Metzgerwarendekor bestand, war ich zwischen acht und zwölf Jahre alt. An der Seite meines Vaters betrat ich die Höhle von Suba ür. Das wird Schuba ur ausgesprochen. Und heißt: Monsieur Suba.
Das Gespräch nahm seinen Lauf, und ich verstand nicht ein Wort. "Gyo! Csak! Szem! Tök!" Schwere Vokale purzelten über die Lippen der Ladeninhaberin, von unaussprechlichen Verbindungen ins Korsett gezwängt, ausgestoßen von einem Mund, der sich aufblähte wie der Schalltrichter eines Jagdhorns. Aaa, ooo, uuu, die tiefen Töne trafen mich in den Bauch, wurden herumgestoßen von rollenden Rs, die die Worte verpackten und mit dicken Purpurbändern umwickelten. Während sie all diese seltsamen Laute ausstieß, suchte Madame Suba eine feine Wurst für uns aus, schnitt auf einem Holzbrett makellose Scheibchen davon ab und streckte sie uns hin, während ihre Stimme anschwoll, ihr Festtagsgewand sich aufbäumte und dann wie ein leicht ratternder Abzählreim zum Ursprung zurückkehrte. "Tessek, tessek", wiederholte sie unablässig, bis das Scheibchen schließlich auf meiner Zunge zerging. Die Silben purzelten nur so über die Theke, erbarmungslos, dabei wurden tiefe und hohe Töne hastig zusammengepappt, der Teig süß-salzig gewürzt. Dann kippte sie noch ein Glas brüllend heißen Vokalsaft hinterher, und dabei bildete sich in ihren Mundwinkeln etwas weißer Schaum. Als ich schon dachte, jetzt sei sie außer Atem, stürmte bereits ein neues Motiv auf mich ein und umnebelte mir den Kopf - "dek-errrrlekszepen" -, dann donnerte der Satz los, mit der Eindringlichkeit einer Handleserin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meinen Körper schon kaum mehr in der Gewalt. Diese Stimme machte mich trunken, wie ein Schwamm sog ich alles auf, bis eine schrille Variation kam, ein kreischendes Kikiki, wie das Bremsgeräusch von Reifen auf nasser Straße, das augenblicklich in ein Jesuschmarrria überging, an dessen Ende Madame Suba die Augen zum Himmel drehte und einen Seufzer ausstieß, der mit einem kräftigen Wisch alles vom Tisch fegte.
Die Metzgerfrau machte einfach wieder den Mund zu. Sie blinzelte, und ihr Kinn geriet auf eine unglaublich sanfte Art in Schwingung. Mein Vater pflichtete ihr bei. Oder genauer gesagt, ich sah ihn in einem plötzlichen Anflug von Mitgefühl die Brauen heben, während die Wasserlinie seiner Lippen unerschütterlich blieb. Als würden die dicht gedrängten Töne und die anklingenden Rhythmen die Ufer seines Gesichts durchdringen, es ein wenig weiten, seine Augen mit einem bläulichen Dunst verschleiern und in die stumme rechte Seite seines Lächelns gleiten. Gewöhnlich streckte Monsieur Suba genau an diesem Punkt, wenn das Gespräch allmählich versiegte, für einen kurzen Augenblick seinen zerzausten Kopf durch eine breite Durchreiche, um uns freundlich zu grüßen, während er im Hinterzimmer damit beschäftigt war, Gulasch zu kochen. Wir waren hier in bester, in köstlicher Gesellschaft.
Wie es weiterging, wusste ich genau: Mein Vater würde auf die Konserven mit Kohl und gefüllter Paprika zeigen, die an der linken Wand aufgereiht standen, würde den Topf mit den dicken süß-sauer eingelegten Gurken öffnen, sich etwas von dem feinen Strudel mit Quark und Rosinen einpacken lassen, bevor die Metzgerfrau die Wurst und den Speck mit der mit roten Körnchen gespickten Kruste vom Haken nahm.
In diesem bescheidenen Lebensmittelladen, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt.
"Kezét csôkolom, asszonyom!" Péter hatte der Dame bereits einen Kuss auf ihr Patschehändchen gedrückt und die Geste mit diesem unverständlichen, melodischen Satz untermalt, der wie eine warme Kartoffel mit Butter im Mund rollte. In jener Zeit der Schlemmerei, in der das Marais für mich vor allem aus diesem glühend roten Metzgerwarendekor bestand, war ich zwischen acht und zwölf Jahre alt. An der Seite meines Vaters betrat ich die Höhle von Suba ür. Das wird Schuba ur ausgesprochen. Und heißt: Monsieur Suba.
Das Gespräch nahm seinen Lauf, und ich verstand nicht ein Wort. "Gyo! Csak! Szem! Tök!" Schwere Vokale purzelten über die Lippen der Ladeninhaberin, von unaussprechlichen Verbindungen ins Korsett gezwängt, ausgestoßen von einem Mund, der sich aufblähte wie der Schalltrichter eines Jagdhorns. Aaa, ooo, uuu, die tiefen Töne trafen mich in den Bauch, wurden herumgestoßen von rollenden Rs, die die Worte verpackten und mit dicken Purpurbändern umwickelten. Während sie all diese seltsamen Laute ausstieß, suchte Madame Suba eine feine Wurst für uns aus, schnitt auf einem Holzbrett makellose Scheibchen davon ab und streckte sie uns hin, während ihre Stimme anschwoll, ihr Festtagsgewand sich aufbäumte und dann wie ein leicht ratternder Abzählreim zum Ursprung zurückkehrte. "Tessek, tessek", wiederholte sie unablässig, bis das Scheibchen schließlich auf meiner Zunge zerging. Die Silben purzelten nur so über die Theke, erbarmungslos, dabei wurden tiefe und hohe Töne hastig zusammengepappt, der Teig süß-salzig gewürzt. Dann kippte sie noch ein Glas brüllend heißen Vokalsaft hinterher, und dabei bildete sich in ihren Mundwinkeln etwas weißer Schaum. Als ich schon dachte, jetzt sei sie außer Atem, stürmte bereits ein neues Motiv auf mich ein und umnebelte mir den Kopf - "dek-errrrlekszepen" -, dann donnerte der Satz los, mit der Eindringlichkeit einer Handleserin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meinen Körper schon kaum mehr in der Gewalt. Diese Stimme machte mich trunken, wie ein Schwamm sog ich alles auf, bis eine schrille Variation kam, ein kreischendes Kikiki, wie das Bremsgeräusch von Reifen auf nasser Straße, das augenblicklich in ein Jesuschmarrria überging, an dessen Ende Madame Suba die Augen zum Himmel drehte und einen Seufzer ausstieß, der mit einem kräftigen Wisch alles vom Tisch fegte.
Die Metzgerfrau machte einfach wieder den Mund zu. Sie blinzelte, und ihr Kinn geriet auf eine unglaublich sanfte Art in Schwingung. Mein Vater pflichtete ihr bei. Oder genauer gesagt, ich sah ihn in einem plötzlichen Anflug von Mitgefühl die Brauen heben, während die Wasserlinie seiner Lippen unerschütterlich blieb. Als würden die dicht gedrängten Töne und die anklingenden Rhythmen die Ufer seines Gesichts durchdringen, es ein wenig weiten, seine Augen mit einem bläulichen Dunst verschleiern und in die stumme rechte Seite seines Lächelns gleiten. Gewöhnlich streckte Monsieur Suba genau an diesem Punkt, wenn das Gespräch allmählich versiegte, für einen kurzen Augenblick seinen zerzausten Kopf durch eine breite Durchreiche, um uns freundlich zu grüßen, während er im Hinterzimmer damit beschäftigt war, Gulasch zu kochen. Wir waren hier in bester, in köstlicher Gesellschaft.
Wie es weiterging, wusste ich genau: Mein Vater würde auf die Konserven mit Kohl und gefüllter Paprika zeigen, die an der linken Wand aufgereiht standen, würde den Topf mit den dicken süß-sauer eingelegten Gurken öffnen, sich etwas von dem feinen Strudel mit Quark und Rosinen einpacken lassen, bevor die Metzgerfrau die Wurst und den Speck mit der mit roten Körnchen gespickten Kruste vom Haken nahm.
In diesem bescheidenen Lebensmittelladen, in dem es keinen folkloristischen Schnickschnack gab, habe ich mir meine ersten Vorräte angelegt.
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Autoren-Porträt von Viviane Chocas
Viviane Chocas, 1962 als Kind ungarischer Eltern in Paris geboren, arbeitet seit über zwanzig Jahren als Journalistin. "Manchmal muss man das Leben kosten" ist ihr hochgelobter erster Roman und "ein ganz besonderer Gaumenkitzel"!
Bibliographische Angaben
- Autor: Viviane Chocas
- 2009, 192 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Michaela Meßner
- Verlag: Limes
- ISBN-10: 3809025542
- ISBN-13: 9783809025542
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