Mordserfolg
Geht es um Geld? Oder treibt der...
Geht es um Geld? Oder treibt der Exzentriker aus purer Lust ein gefährliches Spiel?
Tod eines Autors: eine hinreißende Satire auf die internationale Verlagswelt, verwoben mit einer rasanten Kriminalhandlung - witzig, scharfzüngig, spannend!
Mordserfolg von Martha Grimes
LESEPROBE
Ein alter Freund
1
Paul Giverney zielte mit einem Papierflieger auf das Fenster seines kleinenArbeitszimmers (»Büro-Gästezi.« laut Wohnungsanzeige) und sah zu, wie das Dingim Sturzflug zu Boden fiel. Das Apartment der Giverneys lag im New Yorker EastVillage, also in einer Gegend, die nicht ganz so angesagt wie das GreenwichVillage war. Die Miete war dennoch astronomisch, der Makler ein elender Schuft,doch sie liebten ihre Wohnung, vor allem Paul hing an seinem »Büro-Gästezi.«,das genau die richtige Größe hatte, um Bücherregale, Schreibtisch, Computer undein paar Stühle darin unterzubringen, und dessen Fenster auf dicht belaubteBäume hinausging. Hannah war sieben und liebte den Park. Molly warsechsunddreißig und liebte Dean & DeLuca, den Gourmettempel auf der gegenüberliegendenStraßenseite. Paul liebte die freche, laute, durchzechte Szene vom EastVillage, all die Leute, die einen Katerbummel machten, die schroffenGesprächsfetzen, die er beim Vorübergehen in der kalten Luft aufschnappte.Irgendwie wurden die Leute aus den Giverneys nicht ganz schlau: Sie warensteinreich, lebten aber in einer Mietswohnung im East Village. Warum konnteCentral Park West sie nicht verlocken? Warum ergaben sie sich nicht denSirenengesängen von Sutton Place oder zogen ins elegante Dakota Building? Warumnur? Nun, sie taten es eben nicht. Einen Großteil seines Geldes, ein gutesDrittel nämlich, ließ Paul wohltätigen Zwecken zugute kommen. Ein weiteresDrittel ging an Dean & DeLuca, und mit den verbleibenden ein bis zweiMillionen kamen sie recht gut über die Runden.
Auf dem Papierflieger stand eine seiner Listen mit Verlagen, auf der er schonmehrere Namen ausgestrichen hatte. Links auf der Seite standen die Verlage,rechts die Autoren. Der Flieger, den er gebastelt hatte, enthielt die langeListe. Die Liste, die jetzt vor ihm lag, war eine gekürzte Version - fünfAutoren, vier Verlage. Er strich einen von den Verlagen aus, zwei von denAutoren. Drei Verlage, drei Autoren. Er stellte sie passend zusammen.
»Machst du immer noch mit der Liste herum?«, fragte Molly, die in der Tür standund eine Schürze umgebunden hatte. Sie war bestimmt die einzige Ehefrau inManhattan, die zum Kochen eine Schürze trug. »Abendessen ist fertig. Wo liegteigentlich das Problem? Du weißt doch, dass du keinen leiden kannst von denVerlagen, bis auf Farrar, Straus & Giroux, und die, behauptest du immer,würden dich sowieso nicht verlegen. Da kannst du auch gleich bei deinem altenbleiben.« Mit dem Holzlöffel in der Hand sah sie wie eine Köchin aus. Dasgefiel ihm - all die Requisiten und Utensilien, Schürze und Löffel, dabeimachte sie bloß etwas von Dean & DeLuca in der Mikrowelle warm.
Er sagte: »Ausleseprozess.«
»Von was? Ich meine, wozu?«
Nun, sie hatte ja keine Ahnung, was er vorhatte, nicht wahr? Molly dachte, esginge bloß darum, wer Pauls nächster Verleger werden würde. Wenn Molly Bescheidwüsste, würde sie ihn mit einem ihrer Und-ich-dachte-ich-kenn-dich-Blickebedenken. Paul zuckte die Achseln und wusste nicht recht, wie er antwortensollte.
»Du sagst immer, es kommt aufs Gleiche heraus«, meinte sie, »es gäbe sowiesonicht viel Manövrierfläche.«
»Manövrierfläche? Den Ausdruck hab ich nie benutzt. Der ergibt doch auch garkeinen Sinn, jedenfalls nicht in diesem Zusammenhang. Spielraum vielleicht,aber nicht Manövrierfläche. Bestimmt.«
»Pinn doch die Liste einfach an die Wand« - sie deutete mit dem Kochlöffel aufdie betreffende Stelle - »und schmeiß Wurfpfeile danach. Komm schon. Hannah istschon am Verhungern.«
Hannah war andauernd am Verhungern. Es war ihr Lieblingsausdruck.
»Bloß noch zehn Minuten«, sagte er.
»Dann ist das Essen verhunzt.«
»Dann geh ich zu Dean & DeLuca und hol uns noch mal was Verhunztes. Bitte!«
»Okay. Aber Hannah muss ich was zu essen geben.«
Hannah stand aber direkt hinter ihr und sagte: »Bloß noch eine Minute,biii-tte.« Dabei ahmte sie den Tonfall ihres Vaters so treffend nach, dass Paullachen musste.
Molly seufzte. »Du also auch?« Sie verschwand.
Hannah hielt ihm ein neues Kapitel ihres Buches hin. Gleich würde sie ihnbitten, es durchzulesen, bevor sie es offiziell übernahm. »Liest du das,bitte?«, fragte sie feierlich. Es war ein schwer wiegendes Ansinnen.
»Selbstverständlich«, sagte Paul mit einem ebenso tiefen Stirnrunzeln wie sieund nahm das einzelne Blatt zur Hand. Es handelte sich um das 99. Kapitel.Hannah schrieb schon ein Jahr an dem Buch, seit sie nämlich im Alter von sechsJahren vom erstaunlichen Erfolg ihres Vaters Wind bekommen hatte. Inzwischenwar sie sieben und sogar noch entschlossener, einen Literaturpreis zu gewinnen.(»Entweder den National-Book-Wettbewerb oder einen von den anderen, mir egal,welchen.«)
Ihr Buch trug den Titel Die Verhetzten Gärten. Ursprünglich hatte Paul gedacht,es müsste die »verhexten« Gärten heißen und Hannah hätte es nur falschbuchstabiert. Doch sie nannte die Gärten tatsächlich »verhetzt«, und er hattekeine Ahnung, was sie meinte. Außerdem wies er sie darauf hin, dass es ihrenGärten merkwürdigerweise an Blumen mangelte. Wieso gab es dort keine Blumen?Das hatte sie einen Augenblick stutzig gemacht. Aber nur einen Augenblick.»Weil Winter ist«, hatte sie gewandt gekontert.
Auch tummelten sich in dem Buch in letzter Zeit eine Menge Drachen, die voneiner seltsamen Gestalt gejagt wurden, dem Drachenbezwinger. (Vielleicht warendie Gärten ja tatsächlich eher »verhetzt« als »verhext«, obwohl er immer nochglaubte, es sei ein typischer Hannah-Irrtum.) Dass es im Fortgang derGeschichte zu furchtbaren Kämpfen kommen könnte, versetzte sie in helle Angst.Größere Angst verursachte ihr jedoch die Vorstellung, »jemand« könnte die Ideeklauen. Mehr als einmal hatte sie ihrem Vater diesbezüglich auf den Zahngefühlt, ob er sich vielleicht mit dem Gedanken trug, ein Buch über Drachen zuschreiben.
Feierlich wartete Hannah ab, während Paul das Kapitel las. Alle Kapitel warenkurz. Obwohl es sich hier um das 99. Kapitel handelte, war das Buch erst guteachtzig Seiten lang. Paul las: »Der Drachenbezwinger verpasste dem Drachen einegehörige Tracht Prügel.« Das sei sehr gut, meinte Paul, schlug jedoch vor, siesollte noch einige zusätzliche Details über die »gehörige Tracht Prügel«hinzufügen. Du weißt schon - wie der Drachenbezwinger dabei vorgeht, denn siewolle doch sicher, dass ihre Leser es sich bildlich vorstellen konnten?
Hannah stützte die Stirn in die Hand, dachte einen Augenblick nach und sagte:»Okay, ich hab s. Er verpasste dem Drachen von vorn bis hinten eine gehörigeTracht Prügel. « Hochzufrieden machte sie kehrt und ging.
Sie verschwand spurlos. Verdammt, sagte er sich, wieso muss eigentlich alles sohochdramatisch klingen? Er seufzte und zog mit einem Finger ein Buch aus demRegal. Es war das neue, das gerade das Schaufenster bei Barnes & Noblezierte. Wieder ein Bestseller, wieder gute zwei Millionen. Don t Go There war der Titel. Trotz derTatsache, dass die Hauptfigur diesmal nicht der zurückhaltende, brillanteDetektiv war, über den Paul zuvor geschrieben hatte, und obwohl es darin keinenMord und keine Schießerei gab, würde das Buch wieder bei den Kriminalromanenund Thrillern stehen. Er betrachtete den Umschlag. Es war der, den erdurchgesetzt hatte, trotz der geballten Ladung von Einwänden derGrafikabteilung, hauptsächlich dass der düstere Einband - ins Schwarzespielende Grautöne, dazu die einsame, zurückweichende graue Gestalt - vonweitem nicht zu erkennen sei. Die Buchhandelsketten mochten den Umschlag auchnicht besonders. Barnes & Noble versuchte ihn abzuschmettern und hätte esauch geschafft, wenn Paul nicht so astronomisch hohe Verkaufszahlen hätte.
Queeg & Hyde, Pauls jetziger und nun bald ehemaliger Verlag, stand nichtauf der Liste, weil es für das Spiel, das Paul sich ausgedacht hatte, dortkeine geeigneten Autoren gab. Er betrachtete die Liste mit den vier Verlagenund fünf Autoren. Der Verlag, auf den er es eigentlich abgesehen hatte, hießMackenzie-Haack - wegen seines (ungerechtfertigten) elitären Rufs und seineskorrupten, hinterhältigen Verlagsleiters, Bobby Mackenzie. Paul suchte nämlichnach einem Verleger, der vor nichts zurückschrecken würde, und wenn esüberhaupt einen gab, der zu allem bereit wäre, dann war es Bobby Mackenzie.
Zwei von den Autoren auf der Auswahlliste wurden von Mackenzie-Haack verlegt:Barbara Breedlove und Ned Isaly. Er strich einen der aufgelisteten Autoren aus- Saul Prouil, der bei Colan Meilly nicht mehr unter Vertrag stand, bei dem derPlan also nicht funktionieren würde. Außerdem war Saul Prouil reich: altesFamilienvermögen, die Tantiemen waren es jedenfalls nicht. Er war ganz einfachein hervorragender Schriftsteller, der den National Book Award, denPen/Faulkner, den Critics Circle und mehrere kleinere Preise gewonnen hatte.
Zurück zu seinen zwei anderen Autoren: Breedlove und Isaly. Beide hatte Paulauf einer Cocktailparty bei Mackenzie-Haack anlässlich der Buchvorstellungeines Erstlingswerks - »Debütroman« (ein Ausdruck, bei dem Paul ein Brechreizüberkam) - eines zwanzigjährigen Autors namens Mory oder Murray Sowieso kennengelernt. Eigentlich ging Paul überhaupt nicht zu Buchpräsentationen, auf dieseParty musste er aber, nachdem er seinen kleinen Plan ausgebrütet hatte. BarbaraBreedlove war eine gute Schriftstellerin, wenn auch nicht so gut, wie sieglaubte. Außerdem war sie zu eingebildet, zu sehr in diese Autorennetzwerkeinvolviert, hing dauernd auf Sommerseminaren herum, tauchte in Bread Loaf oderauf anderen Autorenseminaren auf, war zu sehr Szenegängerin und rümpfte zudemdie Nase über Kriminalgeschichten. Bei dem Gespräch mit ihr war er sichvorgekommen, als säße er auf dem unteren Ende einer Wippschaukel und siethronte hoch oben in der Luft.
Er brauchte einen ganz speziellen Autor, der sich nichts aus dem ganzenVerlagszirkus machte. Jemanden, der daran keinen Gedanken verschwendete. NedIsaly war mit seinem letzten Buch für den Pen/Faulkner Award nominiert gewesenund verfügte daher über ein gewisses Prestige. Über Macht. Jedoch nicht überannähernd die Macht eines Paul Giverney. Paul wusste, dass Isaly ein vielbesserer Schriftsteller war als er selbst, doch hatte die literarische Qualitätmit dem Plan, den er schmiedete, wenig zu tun.
Was Paul brauchte, war schwer zu finden: ein Schriftsteller im Reinformat.
»Wie lang sind Sie schon bei Mackenzie-Haack?«
Dieses Gespräch hatte bei Mackenzie-Haack auf der Cocktailparty für Mory oderMurray stattgefunden. Er und Ned Isaly standen zusammen wie zwei auf einemSeerosenblatt gestrandete Frösche (die Metapher stammte von Ned), während dasgesellschaftliche Leben um sie herum wogte.
Ned quittierte die Frage mit einem leichten Stirnrunzeln, so als müsse er dieAntwort von ganz weit herholen. »Seit zwei Büchern, also seit etwa sieben oderacht Jahren.« Er hatte eine braune Ledermappe bei sich, die er sich abwechselndvon einem Arm unter den anderen klemmte, während er nach einem Platz für seinleeres Glas suchte.
»Alle drei bis vier Jahre ein Buch?«
»Das kommt ungefähr hin. Ich bin ziemlich langsam.«
»Langsam? Flaubert war langsam - wenn dieses Wort überhaupt etwas aussagt.«
»Im Vergleich -«
»Den Vergleich stellen Sie lieber nicht an«, meinte Paul. Ned lächelte. Paulfuhr fort: »Also, was halten Sie von Mackenzie-Haack?«
»Ach, die sind ganz in Ordnung.«
»Haben Sie den Eindruck, dass die Ihre Bücher gut verlegen?«
Wieder runzelte Ned die Stirn und suchte angestrengt nach einer Antwort.»Ehrlich gesagt, auf solche Sachen achte ich eigentlich nicht besonders.«
»Kümmert sich Ihr Agent darum?«
Ned schüttelte den Kopf. »Ich habe überhaupt keinen. Ich halte nicht so vielvon Agenten.«
»Sie sprechen mir aus der Seele. Aber Sie müssen doch jemanden haben, der sichdazwischenschaltet, der aufschreit, wenn die Ihr Buch verkehrt herum druckenoder ein Ausklappbuch draus machen wollen. So was meine ich damit.«
Ned lachte. »Na ja, schließlich gibt es ja noch meinen Lektor.«
Paul tat erstaunt. »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten einen Lektor, der sichtatsächlich um Ihre Belange kümmert?«
»Ja, Tom Kidd.«
Bei Paul regte sich plötzlich eine Eifersucht, wie er sie seit fünfzehn Jahrennicht mehr verspürt hatte, als ein Freund von ihm bei einem Verlaguntergekommen war, während Pauls eigenes Erstlingswerk immer noch im Schlickunaufgefordert eingesandter Manuskripte steckte. Mann, dachte er, das soll bloßheute mal einer versuchen. »Der sagenumwobene Tom Kidd.« Einer der wenigen -sehr wenigen -, der tatsächlich lektorierte und das Manuskript erst dann einemRedakteur überließ, wenn er gemeinsam mit dem Autor beschlossen hatte, dass esin Ordnung war. »Der Schrecken aller Redakteure. Ich habe gehört, der geht dasManuskript sogar Zeile für Zeile durch.«
»Stimmt.«
Ein Kellner kam mit neuen Champagnerflöten vorbei, und sie tauschten ihreleeren Gläser gegen frische aus.
»Halten Sie Mackenzie-Haack für besser als, sagen wir, ach, ich weiß nicht -Delacroix?« Das war ein kleiner, für höchst anspruchsvolle Literatur bekannterVerlag, der allerdings gerade von einem holländischen Konzern übernommen wurde.
»Keine Ahnung«, versetzte Ned. »Ich habe eigentlich gar nicht so viel Erfahrungmit verschiedenen Verlagen. Mein erstes Buch ist bei Downtown erschienen. Unddanach bin ich zu Mackenzie gegangen.«
Downtown hatte allzu verkrampft versucht, sich einen elitären Anstrich zugeben, und war kaum ein Jahr nach Verlagsgründung wieder eingegangen. Man hattekaum genug Zeit gehabt, Ned Isalys Buch vollends herauszubringen. Bei der Kritikhatte es jedoch viel Aufmerksamkeit erregt, was wiederum dazu geführt hatte,dass mehrere Verlage bei ihm auf der Matte standen.
»Vor zwölf Jahren wurde das veröffentlicht.« Ned schob die Ledermappe wiederauf die andere Seite, wo er sie sich unter den Arm klemmte.
»Vor zwölf Jahren konnte man ja noch unaufgefordert Manuskripte einreichen.Probieren Sie das heute mal. Da können Sie genau so gut versuchen, ein Kameldurchs Nadelöhr zu kriegen. Was ist denn in der Mappe, die Sie da so bewachen?«
»Ach, das? Ein Teil von einem Manuskript.«
»Das bringen Sie hierher, um es anzubieten? Na, es sind jedenfalls genugBuchmenschen hier, dass es sich lohnen könnte.«
Ned lächelte. »Nein, unwahrscheinlich.« Er ließ sich nicht weiter darüber aus.»Übers Büchermachen denke ich eigentlich bloß dann nach, wenn ich mich frage,wie es wohl vor fünfzig, sechzig Jahren gewesen sein muss. Allerdings« - erzuckte die Achseln - »stelle ich mir bei allem gern vor, wie es vor sechzigJahren war.«
»Dann ist es Ihnen alles -«
»Was?«
Paul zögerte. Egal, hatte er schon sagen wollen, aber das war der falscheAusdruck. »Ich wollte sagen - wenn Sie plötzlich ohne Verlag dastünden, wiewürde das Ihr Schreiben beeinflussen?«
Ned musterte ihn verständnislos. »Sollte es das denn?«
Sollte es? Teufel auch, da verschlug es einem glatt die Sprache. »Wenn diesesBuch« - Paul tippte mit seinem Glas an die Ledermappe - »nicht veröffentlichtwürde, wie würden Sie sich dann fühlen?«
»Dieses Buch?« Ned blickte auf die Mappe hinunter.
»Ja. Würden Sie einfach weiterschreiben?«
Ned schien ehrlich verwirrt zu sein. Paul musste innerlich schmunzeln, weil Nedihn ansah wie einen Menschen von etwas bescheidenen geistigen Fähigkeiten undbeschränkter Vorstellungskraft. »Natürlich. Sie etwa nicht? Schließlich gibt esbei Verlagen auch ein Kommen und Gehen.«
Paul hatte den Eindruck, Ned Isaly scherte sich einen Dreck um solche Dinge. Eswar, als tauchte er nur gelegentlich im Leben auf - so wie er auf dieser Partyaufgetaucht war - aus reiner Höflichkeit.
Nun saß Paul also in seinem Büro, betrachtete die Auswahlliste und erinnertesich an dieses Gespräch. Er strich die anderen Verlage und die beiden anderenAutoren durch, so dass Ned Isaly. Mackenzie-Haack übrig blieb.
Beim Sushi fragte Molly: »Hast du dich eigentlich schon für einen Verlagentschieden?«
»Ja. Mackenzie-Haack.«
»Ist das der beste?«
»Nein. Das ist der schlimmste.« Paul grinste und aß weiter.
© Goldmann
Übersetzung: Cornelia C. Walter
Autoren-Porträt von Martha Grimes
Martha Grimes wurde in Pittsburgh geboren und studierte an derUniversity of Maryland. Sie unterrichtete lange Zeit kreatives Schreiben an derJohns-Hopkins-University und lebt heute abwechselndin Washington, D.C., und in Santa Fe, New Mexico.
Interview mit Martha Grimes
Sie sind Amerikanerin, aber Ihre Krimis spielten bisher fastimmer in Großbritannien. In "Fremde Federn" reist Inspektor Jury zumersten Mal nach Amerika, um dort einen Fall aufzuklären. Gab es einenbesonderen Grund für Sie, mit diesem Buch den Schritt über den großen Teich zutun?
Der Grund, warum Inspektor Jury in "FremdeFedern" (engl.: "The HorseYou Came in on") nachAmerika reist, um dort zu ermitteln, ist folgender: In Baltimore gibt es eineKneipe, die zum regelmäßigen Treffpunkt meiner Hauptfiguren wird. Sie heißt "The Horse YouCame in on". Dieser Name ist so absolut amerikanisch und doch britischenKneipennamen so ähnlich, dass ich einfach nicht widerstehen konnte.
Inspektor Jury, der liebenswerte, hypochondrische Sergeant Wiggins, Melrose Plant, der ehemalige Earl oder dasGlamour-Girl Carole-Anne Palutskitauchen in Ihren Krimis immer wieder auf. Hatten Sie diese Figuren von Anfangan im Kopf oder wurde eine nach der anderen "geboren"?
Richard Jury und Melrose Plant waren von Anfang angenauso in meinem Kopf. Auch Sergeant Wiggins, Mrs. Wasserman, Fiona und CS Racerhatte ich schon für das erste Buch geplant, zusammen mit allen anderen Long Piddelton Charakteren (z.B. Agatha). Andere, etwa Carole-Anne, die im siebten Buch "Inspektor Juryspielt Katz und Maus" zum ersten Mal auftaucht, kamen eher nach und nach dazu.
Man schreibt über Sie, Sie hätten "Freude daran,hintergründige Mordgeschichten aufzubauen, die Ihre Leser zum Mitdenkenverführen" (Frankfurter Rundschau). Erkennen Sie sich in dieserCharakterisierung wieder?
Wenn Sie mit "hintergründig" intellektuell undvielschichtig meinen, dann würde ich die Frage auf jeden Fall mit"Ja" beantworten. Ich erwarte von meinen Lesern, dass sie über dieGeschichte, die sie lesen, nachdenken. Kriminalromane sind häufig sehr stark amPlot, d.h. an der Kernhandlung orientiert. Ich finde das sehr langweilig. MeineKrimis sollen eher von den Charakteren geleitet werden als vom bloßenHandlungsablauf. Ich glaube, meine Bücher sind deshalb gerade in Deutschland soerfolgreich, weil die deutschen Leser gerne ihren Verstand einsetzen. Es istfür sie oft leichter, die Oberfläche der Dinge zu durchschauen.
Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen? Und kommt es auch vor,dass Ihnen mal die Ideen ausgehen?
Nein. Auch wenn es vielleicht etwas komisch klingen mag,aber ich habe eher zu viele Ideen. Und alles, was ich schreibe, scheint sichirgendwie ungewollt zu einer Serie von Büchern zu entwickeln. Die Bücher"Hotel am See" und "Cold Flat Junction", in denen Inspektor Jury nicht auftaucht,die ich also außerhalb der Reihe geschrieben habe, sollten jeweils einzelne,für sich stehende Geschichten sein. Jetzt sind daraus mittlerweile schon dreiFolgen geworden. Ich finde es sehr schwer, bestimmte Personen einfach so gehenzu lassen. Und bezüglich meiner Kreativität: Ich weiß nicht wirklich, woher siekommt. Sie ist einfach da. Selbst beim Schreiben habe ich unentwegt neue Ideen.
Träumen Sie nachts manchmal von den Verbrechern, die Sieerfunden haben?
Nein, in meinen Träumen treffe ich niemals mitVerbrechern zusammen. Es kommt tatsächlich äußerst selten vor, dass ich voneiner meiner Romanfiguren träume. Und ich glaube, das ist deswegen so, weilmein Unterbewusstsein durch meine Arbeit, d.h. mein Schreiben, bereits beruhigtund ausgeglichen ist. Da meiner Ansicht nach das Schreiben sowieso imUnbewussten verankert ist, schleichen sich diese unbewussten Elemente in meineBücher.
Die Fragen stellteMathias Voigt, literaturtest.de.
- Autor: Martha Grimes
- 2004, 1, 412 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Walter, Cornelia C.
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442310083
- ISBN-13: 9783442310081
(Robert Parker)
"Die raffinierte Handlung, die dichte Atmosphäre und Martha Grimes' wunderbar trockener Humor machen 'Mordserfolg' zu einer wahren Perle! Die Autorin beweist mit dieser köstlichen Parodie auf die Verlagswelt einmal mehr, dass sie eine Meisterin ihres Faches ist!"
(Publishers Weekly)
"Dies ist Martha Grimes' bestes Buch! Sie dringt ein in das finstere Herz der Verlagswelt und landet einen scharfsinnigen, gewitzten und vernichtenden Treffer."
(Judith Kelman)
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