Nie wirst du vergessen
Roman
Seit Lauren Regis Kinder von ihrem Exmann entführt wurden, hat sie nichts mehr von ihnen gehört. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an den bekannten Anwalt Zachary Winters. Gemeinsam verfolgen sie eine Spur, die sie nicht nur den Kindern,...
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Taschenbuch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Nie wirst du vergessen “
Seit Lauren Regis Kinder von ihrem Exmann entführt wurden, hat sie nichts mehr von ihnen gehört. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an den bekannten Anwalt Zachary Winters. Gemeinsam verfolgen sie eine Spur, die sie nicht nur den Kindern, sonder auch einander näher bringt. Doch diese Nähe bleibt nicht unbeobachtet.
Klappentext zu „Nie wirst du vergessen “
Vor über einem Jahr sind Lauren Regis Kinder von ihrem Exmann entführt worden, und noch immer hat sie keine Spur, kein Lebenszeichen von ihnen. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an den für seine unkonventionellen Methoden bekannten Anwalt Zachary Winters. Geplagt von seinen eigenen Dämonen, lehnt er es zunächst ab, Lauren zu helfen. Doch Lauren lässt nicht locker, bis sie schließlich gemeinsam eine Spur verfolgen, die sie nicht nurden Kindern, sonder auch einander näher bringt. Aber diese Nähe bleibt nicht unbeobachtet und droht, ihren ganzen Plan zunichte zu machen.
Lese-Probe zu „Nie wirst du vergessen “
Nie wirst du vergessen von Lisa Jackson 1. KAPITEL (Auszug)
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Laurens letzte Hoffnung, ihre Kinder noch einmal wiederzusehen, war Zachary Winters, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Sie zog den Schlüssel aus dem Zündschloss ihres Wagens und schloss die Augen. Verzweifelt kämpfte sie gegen die Tränen an, die ihr in die Augen stiegen. Nein, sie wollte nicht schon wieder weinen. Wie oft schon war sie von Tränen überwältigt worden? Wie oft hatten sich alle Hoffnungen, Alicia und Ryan zu finden, zerschlagen? Aber diesmal würde es ihr gelingen, nahm sie sich fest vor. Und wenn Zachary Winters tatsächlich ihre letzte Hoffnung war, wollte sie ihm ihren Fall übergeben und sich nicht um die Gerüchte kümmern, die über ihn im Umlauf waren. Als Lauren aus dem Auto stieg, wurde ihr plötzlich klar, wie wenig sie über den Mann wusste, in dessen Hände sie ihr Schicksal legen würde. In den vergangenen zwei Wochen hatte sie nicht gerade viel über ihn erfahren können. Nur dass er in Seattle geboren war und früher zu den besten Rechtsanwälten im pazifischen Nordwesten gezählt hatte. Doch die Gerüchte besagten, dass seit der Skandalgeschichte um den Tod seiner Frau nicht nur sein persönlicher Ruf, sondern auch der als Anwalt sehr gelitten habe. Lauren kümmerte sich nicht um diese Gerüchte. Ihr ging es einzig und allein um ihre Kinder und deren Wohl. Wenn es eine Möglichkeit geben sollte, an Winters heranzukommen, würde sie ihm ihren Fall übertragen falls er einverstanden war. Lauren ging zum Elliott-Gebäude, in dem sich die Kanzlei der Rechtsanwälte Zachary Winters und Joshua Tate befand. Es hatte zu regnen begonnen, und in der Luft, die der Wind vom Willamette River herüberwehte, ahnte man schon den Winter. Dabei war es erst Ende September. Graue Wolken hingen über Portland, und auf den Straßen und Bürgersteigen glänzten Pfützen. Die schwere Eichentür des einst eleganten Gebäudes knarrte in den Angeln, als Lauren eintrat. Sie durchquerte die Halle, stieg in den Lift und drückte auf den Knopf des achten Stockwerks. Nachdenklich lehnte sie sich während der Fahrt an die Wand. Wenn Zachary Winters ihren Fall ablehnte, was dann? Dann wäre die letzte kleine Hoffnung, Alicia und Ryan je wiederzusehen, auch noch zerstört. Lähmende Angst schnürte ihr bei diesem Gedanken die Kehle zu, und sie schloss für einen Moment die Augen. Dreizehn Monate waren schon vergangen, doch es kam Lauren vor, als hätte sie erst gestern die Haustür aufgeschlossen und entdeckt, dass ihre beiden Kinder und deren Sachen verschwunden waren. Mit einem Ruck hielt der Fahrstuhl an, und Lauren riss sich in die Gegenwart zurück. Das Kinn energisch vorgeschoben, ging sie zielstrebig zu einer Glastür. Doch direkt davor blieb sie stehen. Bitte sei da, Zachary Winters, flehte sie stumm. Sei da, ich brauche dich. Dann stieß sie die Tür auf und trat in den Empfangsraum der Anwaltskanzlei. Eine rothaarige Frau von etwa fünfundzwanzig Jahren blickte vom Schreibtisch auf und lächelte liebenswürdig. "Kann ich Ihnen helfen?" Befangen und nervös erwiderte Lauren das Lächeln. "Ich möchte Mr. Winters sprechen. Mein Name ist Lauren Regis." Als die Sekretärin den Namen hörte, runzelte sie die Stirn. "Mrs. Regis? Ach ja, ich erinnere mich. Sie haben schon angerufen, nicht wahr?" "Ja, mehrere Male. Ist Mr. Winters da?" Die rothaarige Frau, die Amanda Nelson hieß, wie Lauren an dem Namensschild erkannte, schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid. Aber ich rechne heute Morgen nicht mehr mit Mr. Winters." "Er war weder gestern noch vor zwei Tagen da. Ist er verreist?", erkundigte sich Lauren ungeduldig. "Nein. Mr. Winters ist ..., er ist sehr beschäftigt." "Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, Mrs. Nelson, aber ich muss ihn unbedingt sprechen. Es ist sehr wichtig. Könnte ich eine Verabredung mit ihm ausmachen?" Amanda spielte mit dem Kugelschreiber. "Wie ich schon sagte, er hat viel zu tun. Geben Sie mir Ihre Telefonnummer, dann kann er sich mit Ihnen in Verbindung setzen." "Warum können Sie mir denn keinen Termin geben?", fragte Lauren verwundert. Langsam hatte sie dieses Katz-und-Maus-Spiel satt. "Normalerweise schon", erwiderte Mrs. Nelson steif. "Aber im Moment ist Mr. Winters nicht erreichbar. Lassen Sie mich Ihre Telefonnummer und Ihren Namen notieren." "Nein." "Wie bitte?" Der Ausdruck in Mrs. Nelsons Augen wurde hart. "Ich habe vergangene Woche angerufen und meine Nummer mitgeteilt. Aber Mr. Winters hat sich nicht gemeldet. Dann rief ich vor zwei Tagen noch einmal an und ..." "Und auch da konnten Sie Mr. Winters nicht erreichen?" Die Sekretärin schien nicht überrascht zu sein. "Nein." Lauren bekam das Gefühl, dass in der Kanzlei Winters & Tate etwas nicht stimmte, Amanda Nelson schaute so seltsam drein. "Ich muss ihn so schnell wie möglich sprechen", bemerkte Lauren ein bisschen sanfter. "Aber das hören Sie bestimmt sehr oft. Übrigens wurde Mr. Winters mir von meinem Anwalt Patrick Evans empfohlen." "So?" "Stört es Sie, wenn ich hier warte?" Amanda zuckte die Schultern. "Ich glaube nicht, dass er heute noch in die Kanzlei kommt." "Nun, ich habe etwas Zeit", erwiderte Lauren. "Also kann ich noch eine Weile bleiben." Sie dankte dem Himmel für ihren Bankkollegen und Freund Bob Harding, der ihr versprochen hatte, sich während ihrer Abwesenheit um ihre Kunden zu kümmern. Lauren warf mit einer energischen Kopfbewegung die dichten kastanienbraunen Locken zurück und setzte sich in einen Sessel. Dann nahm sie sich ein Wirtschaftsmagazin und fing an zu lesen. Sie war aufs Äußerste angespannt, aber sie verbarg ihre Nervosität hinter vordergründiger Ruhe. Vorsichtig schaute sie sich über den Rand der Zeitschrift um und stellte beruhigt fest, dass sich keine weiteren Besucher im Empfangsraum befanden. Ihr fiel auf, wie abgetreten der Teppich neben Amandas Schreibtisch war und dass die Sitzgruppe ihre besten Tage bereits hinter sich hatte. Die einst so angesehene Anwaltskanzlei Winters & Tate kam ihr ziemlich vernachlässigt vor. Und wieder stieg das unangenehme Gefühl in Lauren auf, dass hier etwas nicht stimmte. Wenn sie nicht so verzweifelt gewesen wäre und wenn nicht schon zwei andere Anwälte versagt hätten, wäre sie niemals hierhergekommen. Doch ihr blieb gar nichts anderes übrig.
Bob Harding hatte gemeint, dass Zachary Winters der einzige Mann in Portland sei, der ihr helfen könne. "Es ist mir egal, was die anderen Leuten von ihm halten, Lauren", hatte Bob nachdenklich gesagt. "Wenn überhaupt jemand deine Kinder findet, dann Zachary Winters. Vielleicht sind seine Methoden nicht immer ..." "Moralisch?", warf Lauren ein. Bob Harding rückte seine Brille und Krawatte zurecht. "Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sich Zachary Winters stets ehrenhaft und tadellos verhält. Aber selbst wenn seine Methoden nicht moralisch wären, wie du es nennst, würde dich das zurückhalten?" "Nein." In den neunundzwanzig Jahren ihres Lebens hatte Lauren eine Menge durchgemacht. Sie war überzeugt, mit Winters fertig zu werden, falls er doch nicht ganz so ehrenhaft sein sollte. Aus ihren früheren Erlebnissen hatte sie einiges gelernt. Ihr erster Anwalt, Tyrone Robbins, war ein eitler, egoistischer, zweitklassiger Anwalt gewesen, der sich weniger für ihren Fall als für sie selbst interessierte. Doch so bitter diese Erfahrung auch gewesen sein mochte: Es hatte sich nichts an Laurens Entschlossenheit geändert, ihre Kinder zu finden. Schlimmer als Tyrone Robbins konnte Winters gar nicht sein. Eine Woche nach dem Gespräch mit ihrem Kollegen Bob erwähnte auch ihr zweiter Anwalt, Patrick Evans, den Namen Zachary Winters. Deutlich erinnerte sich Lauren an jedes Wort. "Vor fünf Jahren hätte ich Ihnen keinen anderen als Winters empfohlen", sagte Patrick Evans. "Und jetzt?" "Das kommt darauf an, wie wichtig Ihnen diese Angelegenheit ist, Lauren." "Ungeheuer wichtig. Schließlich handelt es sich um meine Kinder." "Dann sollten Sie sich mit Winters in Verbindung setzen." Patrick Evans holte eine vergilbte Visitenkarte aus der Brieftasche. "Hier, nehmen Sie sie. Aber denken Sie daran, dass sich mit Zachary Winters einiges geändert hat. Vielleicht übernimmt er Ihren Fall auch gar nicht." Doch Lauren war mit der Visitenkarte in der Hand und entschlossener denn je aus dem eleganten Büro von Evans, Peters, Willis & Kennedy geeilt. Von irgendwoher drang der leise Klang einer Wanduhr an Laurens Ohr und brachte sie aus der Erinnerung in die Gegenwart zurück. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr und stellte fest, dass sie bereits seit vierzig Minuten auf den Anwalt wartete. Unruhig rutschte sie auf dem Sessel hin und her und zog ihren Rock glatt. Plötzlich flog die Tür auf, und der Mann, den Lauren seit zwei Wochen zu sprechen versuchte, betrat den Empfangsraum. Sein braunes Haar war nass von Regen und Schweiß und vom Wind zerzaust. Tropfen rannen ihm übers Gesicht und in den Kragen des abgetragenen grauen Sweatshirts. Winters schien einen anstrengenden Jogginglauf hinter sich zu haben, denn er atmete schwer und schnell. Nach einem flüchtigen Blick auf Lauren, der er höflich zulächelte, ging er zu Amanda an den Schreibtisch. Die Sekretärin war beim Erscheinen ihres Chefs sichtlich nervös geworden und schaute erst auf Lauren und dann auf Winters. "Ich hatte Sie heute gar nicht mehr erwartet", sagte sie so laut, dass Lauren es hören musste. "Ich habe auch nicht die Absicht zu bleiben", erwiderte der hochgewachsene Mann und nahm ein Handtuch aus einer der Schubladen heraus. Dann wischte er sich das Gesicht ab und legte sich das Handtuch um. "Ich wollte mir nur die Zeugenaussage von McClosky abholen. Haben Sie sie schon geschrieben?" "Ist bereits auf Ihrem Tisch." "Gut." Ohne ein weiteres Wort ging Zachary Winters an Amandas Schreibtisch vorbei zum Ausgang. Lauren merkte, dass der Anwalt wieder verschwinden wollte. Er stürmte bereits mit
langen Schritten den Korridor entlang. Schleunigst griff sie nach ihrer Handtasche und stand auf. "Kann ich ihn jetzt sprechen?", fragte sie Amanda, die sich auf die Lippen biss und ihrem Arbeitgeber nachstarrte. "Oh ... nein, er holt sich nur etwas ab." "Er weicht mir anscheinend aus." "Das glaube ich nicht", erwiderte Amanda. Doch es klang nicht sehr überzeugend. "Es ist sehr wichtig." Laurens Nerven hielten nicht mehr lange durch. Sie durfte nicht zulassen, dass ihr der Anwalt über die Hintertreppe entschlüpfte. Viel zu viel stand für sie auf dem Spiel. "Ich könnte ihn ja vielleicht fragen", schlug Amanda vor. "Nein. Ich finde es besser, die Sache selbst in die Hand zu nehmen", sagte Lauren energisch und lief zur Tür. "Warten Sie einen Moment!", rief Amanda. Lauren achtete nicht auf sie, rannte um die Ecke und blieb abrupt stehen. Dicht vor ihr lehnte Zachary Winters an einem Fenster des Korridors und schüttelte die müden Beine aus. Die Hände hatte er auf das Fensterbrett gelegt, den Kopf zwischen die muskulösen Schultern gesenkt. Die ausgebleichten Joggingshorts klebten ihm am Körper. "Mr. Winters", wandte sich Lauren mit leiser Stimme an ihn. Er hob den Kopf und heftete den Blick seiner fast schwarzen Augen auf Lauren. Dann richtete er sich auf und lächelte ein wenig verlegen. Während er seine verspannten Nackenmuskeln massierte, fragte er unvermutet scharf: "Ja, was ist?" Lauren war bewusst, dass sie störte, ließ sich aber dadurch nicht verunsichern und reichte ihm die Hand. "Ich bin Lauren Regis. Seit über zwei Wochen versuche ich Sie zu erreichen." Er schien ihren Namen noch nicht gehört zu haben, wie sie seinem verwunderten Gesichtsausdruck entnahm. Doch in den Augen mit den rabenschwarzen Wimpern flammte so etwas wie Respekt und Bewunderung auf. Als er, wenn auch zögernd, schließlich doch ihre Hand nahm, betrachtete Lauren ihn genauer. Er war völlig anders, als sie sich ihn vorgestellt hatte. Sie war überzeugt gewesen, dass er einen teuren dreiteiligen Maßanzug tragen und größtes Selbstbewusstsein ausstrahlen würde. "Ich sagte der Dame bereits, dass Sie beschäftigt sind, Mr. Winters", hörte Lauren plötzlich Amandas Stimme. Die Sekretärin war ihr gefolgt und versuchte offensichtlich, Winters das Stichwort für eine Ausrede zu geben, falls er nicht mit Lauren sprechen wollte. Winters lächelte strahlend und wehrte Amanda mit einer Handbewegung ab. "Schon gut, Mandy", beschwichtigte er sie, ohne Lauren aus den Augen zu lassen. "Ich habe einige Minuten Zeit, um mit Mrs. Regis zu sprechen. Wir gehen in mein Büro." Amanda wollte etwas erwidern. Doch als sie den warnenden Blick ihres Chefs bemerkte, hielt sie den Mund. Zachary wandte sich an Lauren. "Immer geradeaus und dann die erste Tür rechts." Er deutete mit dem Kopf auf sein Büro. "Wenn es Ihnen recht ist, können wir uns jetzt gleich unterhalten." Erleichtert atmete Lauren auf. Vielleicht würde sie nach einem quälenden langen Jahr ergebnisloser Suche nun doch noch ihre Kinder finden mit Hilfe dieses Mannes.
MIRA TASCHENBUCH Band 95016 Originaltitel: Zacharys Law Copyright © 1986 by Lisa Jackson erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Bob Harding hatte gemeint, dass Zachary Winters der einzige Mann in Portland sei, der ihr helfen könne. "Es ist mir egal, was die anderen Leuten von ihm halten, Lauren", hatte Bob nachdenklich gesagt. "Wenn überhaupt jemand deine Kinder findet, dann Zachary Winters. Vielleicht sind seine Methoden nicht immer ..." "Moralisch?", warf Lauren ein. Bob Harding rückte seine Brille und Krawatte zurecht. "Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sich Zachary Winters stets ehrenhaft und tadellos verhält. Aber selbst wenn seine Methoden nicht moralisch wären, wie du es nennst, würde dich das zurückhalten?" "Nein." In den neunundzwanzig Jahren ihres Lebens hatte Lauren eine Menge durchgemacht. Sie war überzeugt, mit Winters fertig zu werden, falls er doch nicht ganz so ehrenhaft sein sollte. Aus ihren früheren Erlebnissen hatte sie einiges gelernt. Ihr erster Anwalt, Tyrone Robbins, war ein eitler, egoistischer, zweitklassiger Anwalt gewesen, der sich weniger für ihren Fall als für sie selbst interessierte. Doch so bitter diese Erfahrung auch gewesen sein mochte: Es hatte sich nichts an Laurens Entschlossenheit geändert, ihre Kinder zu finden. Schlimmer als Tyrone Robbins konnte Winters gar nicht sein. Eine Woche nach dem Gespräch mit ihrem Kollegen Bob erwähnte auch ihr zweiter Anwalt, Patrick Evans, den Namen Zachary Winters. Deutlich erinnerte sich Lauren an jedes Wort. "Vor fünf Jahren hätte ich Ihnen keinen anderen als Winters empfohlen", sagte Patrick Evans. "Und jetzt?" "Das kommt darauf an, wie wichtig Ihnen diese Angelegenheit ist, Lauren." "Ungeheuer wichtig. Schließlich handelt es sich um meine Kinder." "Dann sollten Sie sich mit Winters in Verbindung setzen." Patrick Evans holte eine vergilbte Visitenkarte aus der Brieftasche. "Hier, nehmen Sie sie. Aber denken Sie daran, dass sich mit Zachary Winters einiges geändert hat. Vielleicht übernimmt er Ihren Fall auch gar nicht." Doch Lauren war mit der Visitenkarte in der Hand und entschlossener denn je aus dem eleganten Büro von Evans, Peters, Willis & Kennedy geeilt. Von irgendwoher drang der leise Klang einer Wanduhr an Laurens Ohr und brachte sie aus der Erinnerung in die Gegenwart zurück. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr und stellte fest, dass sie bereits seit vierzig Minuten auf den Anwalt wartete. Unruhig rutschte sie auf dem Sessel hin und her und zog ihren Rock glatt. Plötzlich flog die Tür auf, und der Mann, den Lauren seit zwei Wochen zu sprechen versuchte, betrat den Empfangsraum. Sein braunes Haar war nass von Regen und Schweiß und vom Wind zerzaust. Tropfen rannen ihm übers Gesicht und in den Kragen des abgetragenen grauen Sweatshirts. Winters schien einen anstrengenden Jogginglauf hinter sich zu haben, denn er atmete schwer und schnell. Nach einem flüchtigen Blick auf Lauren, der er höflich zulächelte, ging er zu Amanda an den Schreibtisch. Die Sekretärin war beim Erscheinen ihres Chefs sichtlich nervös geworden und schaute erst auf Lauren und dann auf Winters. "Ich hatte Sie heute gar nicht mehr erwartet", sagte sie so laut, dass Lauren es hören musste. "Ich habe auch nicht die Absicht zu bleiben", erwiderte der hochgewachsene Mann und nahm ein Handtuch aus einer der Schubladen heraus. Dann wischte er sich das Gesicht ab und legte sich das Handtuch um. "Ich wollte mir nur die Zeugenaussage von McClosky abholen. Haben Sie sie schon geschrieben?" "Ist bereits auf Ihrem Tisch." "Gut." Ohne ein weiteres Wort ging Zachary Winters an Amandas Schreibtisch vorbei zum Ausgang. Lauren merkte, dass der Anwalt wieder verschwinden wollte. Er stürmte bereits mit
langen Schritten den Korridor entlang. Schleunigst griff sie nach ihrer Handtasche und stand auf. "Kann ich ihn jetzt sprechen?", fragte sie Amanda, die sich auf die Lippen biss und ihrem Arbeitgeber nachstarrte. "Oh ... nein, er holt sich nur etwas ab." "Er weicht mir anscheinend aus." "Das glaube ich nicht", erwiderte Amanda. Doch es klang nicht sehr überzeugend. "Es ist sehr wichtig." Laurens Nerven hielten nicht mehr lange durch. Sie durfte nicht zulassen, dass ihr der Anwalt über die Hintertreppe entschlüpfte. Viel zu viel stand für sie auf dem Spiel. "Ich könnte ihn ja vielleicht fragen", schlug Amanda vor. "Nein. Ich finde es besser, die Sache selbst in die Hand zu nehmen", sagte Lauren energisch und lief zur Tür. "Warten Sie einen Moment!", rief Amanda. Lauren achtete nicht auf sie, rannte um die Ecke und blieb abrupt stehen. Dicht vor ihr lehnte Zachary Winters an einem Fenster des Korridors und schüttelte die müden Beine aus. Die Hände hatte er auf das Fensterbrett gelegt, den Kopf zwischen die muskulösen Schultern gesenkt. Die ausgebleichten Joggingshorts klebten ihm am Körper. "Mr. Winters", wandte sich Lauren mit leiser Stimme an ihn. Er hob den Kopf und heftete den Blick seiner fast schwarzen Augen auf Lauren. Dann richtete er sich auf und lächelte ein wenig verlegen. Während er seine verspannten Nackenmuskeln massierte, fragte er unvermutet scharf: "Ja, was ist?" Lauren war bewusst, dass sie störte, ließ sich aber dadurch nicht verunsichern und reichte ihm die Hand. "Ich bin Lauren Regis. Seit über zwei Wochen versuche ich Sie zu erreichen." Er schien ihren Namen noch nicht gehört zu haben, wie sie seinem verwunderten Gesichtsausdruck entnahm. Doch in den Augen mit den rabenschwarzen Wimpern flammte so etwas wie Respekt und Bewunderung auf. Als er, wenn auch zögernd, schließlich doch ihre Hand nahm, betrachtete Lauren ihn genauer. Er war völlig anders, als sie sich ihn vorgestellt hatte. Sie war überzeugt gewesen, dass er einen teuren dreiteiligen Maßanzug tragen und größtes Selbstbewusstsein ausstrahlen würde. "Ich sagte der Dame bereits, dass Sie beschäftigt sind, Mr. Winters", hörte Lauren plötzlich Amandas Stimme. Die Sekretärin war ihr gefolgt und versuchte offensichtlich, Winters das Stichwort für eine Ausrede zu geben, falls er nicht mit Lauren sprechen wollte. Winters lächelte strahlend und wehrte Amanda mit einer Handbewegung ab. "Schon gut, Mandy", beschwichtigte er sie, ohne Lauren aus den Augen zu lassen. "Ich habe einige Minuten Zeit, um mit Mrs. Regis zu sprechen. Wir gehen in mein Büro." Amanda wollte etwas erwidern. Doch als sie den warnenden Blick ihres Chefs bemerkte, hielt sie den Mund. Zachary wandte sich an Lauren. "Immer geradeaus und dann die erste Tür rechts." Er deutete mit dem Kopf auf sein Büro. "Wenn es Ihnen recht ist, können wir uns jetzt gleich unterhalten." Erleichtert atmete Lauren auf. Vielleicht würde sie nach einem quälenden langen Jahr ergebnisloser Suche nun doch noch ihre Kinder finden mit Hilfe dieses Mannes.
MIRA TASCHENBUCH Band 95016 Originaltitel: Zacharys Law Copyright © 1986 by Lisa Jackson erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
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Autoren-Porträt von Lisa Jackson
Lisa Jackson zählt zu den amerikanischen Top-Autorinnen, deren Romane regelmäßig die Bestsellerlisten der "New York Times", der "USA Today" und der "Publishers Weekly" erobern. Ihre Hochspannungsthriller wurden in 25 Länder verkauft. Auch in Deutschland hat sie erfolgreich den Sprung auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Lisa Jackson lebt in Oregon.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lisa Jackson
- 2009, 300 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Peters, Robyn
- Übersetzer: Robyn Peters
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3899416287
- ISBN-13: 9783899416282
Rezension zu „Nie wirst du vergessen “
"Lisa Jackson hält ihre Leser in Atem!" Publishers Weekly
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