Nowhere Man
Roman
Der Autor, der sich bei Ausbruch des Bosnien-Krieges 1992 in Amerika aufhielt und nicht mehr auf den Balkan zurückkehren konnte, wurde bei Erscheinen des Buches enthusiastisch gefeiert. Herzstück war die Erzählung um Jozef Pronek. Nun verfolgt Hemon die...
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Buch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Nowhere Man “
Der Autor, der sich bei Ausbruch des Bosnien-Krieges 1992 in Amerika aufhielt und nicht mehr auf den Balkan zurückkehren konnte, wurde bei Erscheinen des Buches enthusiastisch gefeiert. Herzstück war die Erzählung um Jozef Pronek. Nun verfolgt Hemon die Geschichte dieses jungen Mannes weiter - ein bewegendes Requiem für eine verschwundene Welt und ein Lehrstück über die Wurzellosigkeit moderner Migranten.
Lese-Probe zu „Nowhere Man “
Chicago, 18. April 1994Hätte ich geträumt, wäre ich im Traum ein anderer gewesen, eine kleine, in meinem Leib wühlende Kreatur, die die Klauen in meine Lungenwände schlug - ein wiederkehrender Albtraum. Doch ich lag wach, lauschte dem Gefissel in meinem Kissen, dem verstohlenen Nachgeben der Möbel, dem unter Windstößen ächzenden Haus. Ich streckte die Beine aus, die Decke ebbte ans Bettende, und aus dem Watt der Dunkelheit erhob sich mein rechter Fuß wie ein klobiger, erloschener Leuchtturm. Die Jalousien schnatterten einen Augenblick, kommentierten meinen Auftritt und gaben dann wieder Ruh.
Ich schloss die Tür zum Bad, und die hängenden Handtücher bebten. Es roch streng nach Plastikduschvorhang und aufgeweichter Seife. Wie eine Qualle zuckte im weit offenen Maul der Kloschüssel ein faseriger Streifen Toilettenpapier, und streng maß der Wasserhahn die Tropfen ab. Ich zog die Unterwäsche aus, ließ sie auf einen Haufen fallen, trat hinter den Vorhang und drehte das Wasser auf. Winzige, in Blasen gefangene Regenbogen strudelten im unvermeidlichen, Schwindel erregenden Wirbel, während ich mir vorstellte, unter der Brause zu zerschmelzen und durch den Abfluss zu verschwinden.
Ich ging die Treppe hinunter, einen Berg schmutziger Wäsche im Arm und sorgsam darauf bedacht, nicht auf die neugierige Katze zu treten. Als ich die Wäsche auf die Waschmaschine legte, zitterte sie, als wäre sie entzückt, und ich zog an der im Dunkeln baumelnden Schnur - Spinnweben sprangen rund um die Glühbirne ins Licht. Erst wenn die Schleudertrommel stockend zum Stehen kam, konnte ich die Wäsche in die Maschine stecken, also folgte ich der Katze in den Nebenraum. Da standen Kisten voller Dinge, zurückgelassen von Vormietern - wer mochten sie gewesen sein? -, die in einer der Wohnungen gelebt hatten: Tapetenrollen, ein Regenschirm mit zerbrochenen Speichen, ein schlapper Fußball, zusammengebundene Schuhe mit halbmondförmigen Sohlen, ein bilderloser Rahmen, Schichten anonymen Staubs.
... mehr
Wieder im Waschkeller, stopfte ich die durchweichten Kleider der Leute aus dem oberen Stock in den Trockner, dann füllte ich die Waschmaschine. Im Nebenraum raste die Katze im Kreis, stieß Kampflaute aus und verfolgte etwas, das ich nicht sehen konnte.
Heute war Vorstelltag. Aus schierer Verzweiflung hatte ich angerufen - vor Jahren, wie mir jetzt schien - und mich um eine Stelle als Englischlehrer beworben. Die fröhlichen Weihnachtstage und der irrsinnige Schlussverkauf waren kaum vorüber, da hatte mich der Buchladen im Art Institute entlassen. Zu meiner Arbeit hatte es gehört, Kartons auszupacken, Bücher in Regale zu ordnen und dann die Kartons zusammenzustauchen und fortzuwerfen. Am liebsten stauchte ich Kartons zusammen - diese gezügelte, wohlmeinende Zerstörung.
Zwei weiße Eier rollten im kochenden Wasser wie irislose Augen. Der Boden klebte, mit jedem Schritt schälten sich meine nackten Sohlen vom Estrich - ich dachte an Filme, in denen Menschen kopfüber an der Decke laufen können. Ein Kakerlak huschte über das Schneidebrett und versuchte, hinter dem Herd in Sicherheit zu gelangen. Ich stellte mir schmierige Wärme vor, Dreckauen, wie Straßen sich windende Kabelstränge. Und ich sah, wie ich ankam, einen Hautschnipsel an mich presste, weil ich von etwas Ungeheurem beinahe entzweigesäbelt worden wäre.
Ich hatte es mit anderen Buchläden versucht, aber man wollte mich nicht. Ich hatte mich um einen Job als Kellner bemüht, hatte ausgeklügelte Lügen über meine Berufserfahrung in den vornehmsten Restaurants von Sarajevo zum Besten gegeben, allesamt europäische Spitzenklasse, obwohl sie gar nicht existierten. Ich hatte meine mageren Ersparnisse verbraucht und steckte in der Möbelverkaufsphase. Für vierundsiebzig Dollar war ich einen vergammelten Futon mit Katzenkotzmuster losgeworden; einen wackligen Tisch mit vier Stühlen, unerklärlicherweise so zerkratzt, als wären sie durch Stacheldrahtfelder gelaufen. Ich war mit meiner Miete im Rückstand, hatte bereits eviction, Räumung, im Wörterbuch nachgeschlagen und hoffte nun, dass für den Vermieter die zweite, obsolet gewordene Bedeutung ('Eroberung eines Landes oder Erwerb einer Sache durch Eroberung') den ursprünglichen Wortsinn überlagern und meinen Arsch retten würde.
Die erschreckend simple Tatsache lautete, dass niemand auf der Veranda war, wenn ich mich drinnen aufhielt: Die grünen Plastikstühle scharten sich um nichts, die Schaukel knarrte noch unter unsichtbarem Gewicht, die leeren Blumentöpfe starrten wie Osterinselschädel in die Ferne. Eine Fliege surrte gegen das Fenster, als bearbeitete sie die Scheibe mit einer Minisäge. Ein barbrüstiger Mann, mager wie ein Lagerhäftling - vorstehende Schulterknochen, Rippen, die Streifenschatten über den Oberkörper warfen -, ging auf der anderen Straßenseite fieberhaft in ein Haus ein und aus, um am Ende einfach zu verschwinden. Ich wollte schon die Tür abschließen, als ich die Katze sah, wie sie an einem Mausschädel knabberte und geduldig sein scharlachrotes Inneres freilegte.
Aber es war nicht bloß das Geld. Wenn ich keine Kartons zusammenstauchen konnte, hatte ich wie besessen Zeitungen gelesen und fern gesehen (bis ich den Apparat verkaufte), nur weil ich wissen wollte, was daheim geschah. Tod war, was geschah. Auch dieses Wort habe ich nachgeschlagen: 'Folgt auf das Sterben, Ende des Lebens, letzter und irreversibler Ausfall der Lebensfunktionen einer Pflanze oder eines Tieres.'
Es roch ölig und warm, und ich stand auf der Straße und holte tief Luft. Früher einmal hatte dieser Geruch den Beginn der Murmelzeit angekündigt: Bald würde die Erde weich werden, und man brauchte keine Handschuhe mehr zu tragen; man konnte die Hände in den Taschen behalten - warten, dass man an die Reihe kam, mit den Fingerspitzen in den Murmeln zu rühren-, bis sich ein roter Streifen auf dem Handrücken zeigte, der die Grenze zwischen dem Stück Hand markierte, das drinnen, und jenem, das draußen war. Man drückte mit der Kniescheibe eine Kuhle in den Boden, machte sich die Hose schmutzig, sah der unerbittlichen Strafe der Eltern entgegen. Ich hatte einige Murmeln in den Taschen, dazu noch eine Umsteigekarte für den EL, labbrig, zerknittert.
Eine Frau mit Frühlingssprossen im Schlepptau eines riesigen Akitas lächelte mich scheinbar grundlos an, und ich trat - von ihrem Lächeln verwirrt, vom Akita eingeschüchtert - auf die Straße. Ich ließ die Frau vorbei; dann ging ich langsam weiter, als watete ich durch tiefes Wasser, denn sie sollte nicht glauben, dass ich ihr folgte. Der Akita beschnüffelte alles, sammelte hektisch Informationen. Die Frau drehte sich um und schaute mich noch einmal an. Die Sonne stand mir im Rücken, weshalb sie die Augen zusammenkniff und den Nasenrücken kraus zog. Offenbar wollte sie mir gerade etwas sagen, als der Akita sie weiterzerrte, ihr fast den Arm ausriss. Ich war erleichtert. Mir war es lieber, eine unbestimmte, angenehme Erinnerung zu sein, als ihr zu erklären, wer ich war, oder ihr zu erzählen, dass ich keinen Job hatte und dass ich, wenn ich einen hatte, Kartons zusammenstauchte.
Ein Teenager fuhr im Schaufenster erzitternden Wagen vorbei, krümmte den Finger, erschoss mich. Ich überquerte die Straße und sah mir einen Zettel an, der an einem Baum vor einem Feuchtigkeit ziehenden Gebäude hing. Darauf stand in roten Buchstaben: hund entlaufen
ich hab hund entlaufen, ist cocktailspaniel und heisst lucky boy. er hat lange, lange ohren und welliges haar, goldbraune farbe mit kurzem schwanz, ist aber ganz lieb, spinnt nur ein bisschen. wenn wer meinen hund findet, bitte, bitte bei maria melden. maria
Vor der EL-Station ließ ein Mann mit schwarzer Melone sein Tamburin ohne jeden erkennbaren Rhythmus rasseln, dazu sang er mit flacher, verbitterter Stimme vom Spirit in the Sky. Der Mann lächelte mich an und zeigte mir seine dunklen Zahnlücken. Als ich ein Junge war, fand man es klasse, wenn jemand zwischen den Zähnen durchspucken konnte, da sich nur so eine ähnlich hohe Treffsicherheit wie bei den Schlangen in Survival erzielen ließ, die ihr Gift auf verängstigte Feldmäuse abschossen, doch standen meine Zähne zu eng zusammen, und ich habe es nie geschafft - nach jedem Versuch troff mir Spucke vom Kinn.
In der Station roch es nach Urin und Petroleum. Ein Frau mit Dreadlocks und gelber Weste durchstöberte unter der Treppe einen Schrank mit Metalltüren, fischte eine Schaufel hervor und schaute sie verdutzt an - offenbar hatte sie etwas anderes erwartet. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben zum Bahnsteig und wartete auf die Zuglichter. Der Wind rollte eine leere Dose an den Bahnsteigrand - sie verharrte, wollte dem Drängen widerstehen, rollte weiter und fiel schließlich doch nach unten. Eine Maus huschte über die Gleise. Ich nahm an, dass sie spätestens beim dritten Gleis an einem Stromschlag sterben würde: einige Funken, ein schrilles Fiepen, eine steife, graubraune, von ihrem plötzlichen Ende noch immer überraschte Maus.
'Wir bitten Sie nur', sagte ein junger Mann, die Hände im Schoß gefaltet, 'Ihr Leben Jesus Christus zu weihen und ihm ins Königreich Gottes zu folgen.' Sein bärtiger, breitschultriger Begleiter lief durch die Waggons und bot Tüten mit Erdnüssen und Erlösung an. Eine alte Frau mit Plastikhaube auf verstrubbeltem Haar grinste plötzlich, als hätte sie im selben Augenblick ein heftiger Schmerz durchzuckt. Ein verhutzelter Mann mit ausgebleichtem Strohhut verzog das Gesicht zu einer Grimasse verblüfften Entsetzens und blickte zum Erdnussmann auf. Vor mir saß eine junge Frau - sie roch nach Milch und Zimt, eine spitze Haarzunge leckte über ihren Kragen - und las Zeitung. widerstand in gorazde zusammengebrochen lautete eine Überschrift. Ich war nur einmal in Gorazde gewesen, und zwar bloß deshalb, weil ich auf dem Weg irgendwohin ins Auto gekotzt hatte und meine Eltern in Gorazde hielten, um die Schweinerei aufzuwischen. Ich konnte mich erinnern, zitternd und durstig auf dem Vordersitz zu hocken, während mein Vater gegen seinen Brechreiz kämpfte und den Rücksitz mit einem Tuch abwischte; anschließend ließ er meine eingewickelte Kotze am Straßenrand liegen, und hungrige, verzweifelte kleine Tiere krochen aus den Büschen, um sie zu verschlingen. Die Frau reichte dem Erdnussmann einen adrett gefalteten Dollarschein, nahm eine Erdnusstüte, riss sie auf und begann, die Nüsse zu zermalmen. Ich sagte: 'Nein, danke.' Graville, Loyola, Morse. Die Frau blätterte um, Nusssplitter rieselten herab. fast überall im land freundlich und warm. Wir stiegen in Howard aus und ließen ein Meer von Nussschalen sowie einen in dunkler Ecke kauernden Betrunkenen mit Cubs-Mütze zurück.
Es ist aufregend und verwirrend, mit einer Menschenmenge in dieselbe Richtung zu eilen. Wir sammelten uns oben vor dem Fahrstuhl, fuhren gemeinsam nach unten und gingen durch diverse Drehkreuze, die uns auf den Rücken klopften, als kämen wir von gefährlichen Missionen zurück. Im nach Urin stinkenden Schatten der Station standen perfekt ausgerichtete Busse und saugten durch ihre Vordertüren Menschen ein. Ein verwittertes Schild an einem Cola-Automaten meldete ausser betrieb, und auf einem zerrissenen Plakat an der Mauer dahinter kündeten ein hysterischer, halbherzig grinsender Clown und ein gereckter Elefantenrüssel, der einen Zauberstab mit leuchtendem Stern umklammerte, die letztjährige Ankunft eines Zirkus an. Ich hatte in meinem Leben noch nie unterrichtet, vor allem kein Englisch, doch war Verzweiflung meine getreue Verbündete.
Ich steckte die Hände in die Jackentaschen: einige Murmeln, ein Baumwollfaden, eine Münze, eine Umsteigekarte. Ich erinnere mich an diese belanglose Hand voll, weil ich noch weiß, wie ich eine alte schwarze Frau ansah: leicht vornüber gebeugt, mit schwarzweiß kariertem Mantel und Glockenhut, Handknöchel, die einen Spazierstockgriff umspannten. Die Hände in die Taschen stecken zu können, dachte ich, war gar nicht mal übel; die Taschen sind das Zuhause deiner Hände.
Es gab eine Bank, auf die sich niemand setzte; sie war mit Dreckspritzern übersät. Ich blickte nach oben und entdeckte auf einem Stahlbalken hoch über unseren Köpfen dämlich gurrende Taubenrichter. Sie plusterten sich auf, blinzelten auf uns nieder und ließen mühelos ihren Kot herunterfallen. Als Kind hatte ich geglaubt, wenn es schneite, scheiße Gott auf uns nieder. Der Bus nach Touhy kam, wir stellten uns an, und nur, weil ich es geschafft hatte, die Umsteigekarte nicht zu verlieren, schüttelte mich vor lauter Glück ein heftiger Niesanfall.
Der Bus roch nach einem unbekannten Desinfektionsgemisch, einem Hauch bockwurstigen Schweiß und unbestimmter Staubtrockenheit. Das Taubengericht flatterte auf, als der Bus anfuhr und uns in die Sitze drückte, sodass wir alle pflichtschuldigst vorruckten. Ich hatte mal einen Freund - er wurde von einem Schrapnell getötet -, der sich gern vorstellte, es gäbe im Universum einen ruhigen Winkel, in dem ein Körper eine konstante Geschwindigkeit beibehalten und sich bei gleichem Tempo in dieselbe Richtung bewegen könnte, ohne jemals anhalten oder in ein Gravitationsfeld geraten zu müssen. Dieser Bus zum Beispiel würde in stetiger, angenehmer Fahrt nach Touhy rollen, an keiner Ampel stehen bleiben und weiter nach Lincolnwood, Park Ridge, Elk Grove Village, Schaumburg, Hanover Park fahren, hinüber nach Iowa und darüber hinaus, den ganzen Weg bis nach Kalifornien, dann über den Pazifik, würde über endloses Wasser gleiten, bis wir Schanghai erreichten - wir hätten uns alle auf diesem Schiff kennen gelernt, hätten den ganzen Weg gemeinsam zurückgelegt.
Der Bus hielt abrupt an der Western, der Fahrer hupte wie verrückt und warf uns im Rückspiegel einen flüchtigen Blick zu. Ein Mann überquerte vor dem Bus die Straße, auf den Schultern einen zusammengerollten Teppich, der in der Mitte durchhing, sodass die beiden Enden den Boden berührten. Er sackte unter seiner Last zusammen, der Nacken gekrümmt, und die Knie eingeknickt, als trüge er ein schweres Kreuz.
Wir fuhren weiter, passierten Inner Light Hair Sanctuary, Auto-Zone PartsWorld, Wultan Monuments, Land of Submarines, durchquerten Kalifornien, brausten an Barnaby & Scribner Family Dining, Mt. Sinai Medical Center, Eastern Style Pizza vorbei - und gegenüber von einem chinesischen Restaurant stieg ich aus. New World hieß es und war leer; im Fenster hing nur das Schild zu vermieten.
Bis zum Vorstellungsgespräch blieben mir noch einige Minuten; außerdem war ich noch nicht bereit, mir eine Stelle zu besorgen (wie sollte ich irgendjemand irgendetwas beibringen?), also drückte ich mich vor dem Fotoladen neben dem New World herum. Auf einem Schild im Fenster stand in dicken, schwarzen Buchstaben: Alte Fotos wie neu
Alle Grössen
Farbe
Oder
Schwarzweiss
Drunter hing ein Foto von schwarzweißen Bergarbeitern, Augen zwinkerten hinter grauen Staubmasken. Die Helme in die Gesichter gedrückt, hielten sie feierlich die Spitzhacken in Händen. Je einen Schritt auseinander standen auf einem weiteren Foto drei Kinder in Schlüpfern und in Jacken, deren Ärmel ihnen nicht bis zu den Handgelenken reichten; dieselben finsteren Augen, kurz geschorenen Haare und großen, wie kurze Flügel abstehenden Ohren.
Es gab ein Davor- und ein Danach-Foto: das Davor-Foto zeigte einen Mann mit düsteren Falten über trüben Augen; langes, lockiges Barthaar tilgte langsam sein Gesicht. Er saß da, die Hände verschlungen im Schoß. Links von ihm stand ein jüngerer Mann, dessen rechte Hand behutsam die Schulter des Alten berührte. Die obere rechte Fotoecke fehlte, auch die halbe Jarmulke des Jüngeren. Beide Männer zerteilte eine gezackte weiße Linie (dem Alten fuhr sie über die Brust, dem Jungen über die Hüfte), und eine Wolke weißer Blasen stieg zum Bart des Alten auf - ein Knick und seine Folgen, entstanden in irgendeiner Hosentasche. Das Danach-Foto hatte keine Blasen, keinen Knick; die Jarmulke war wieder ganz. Die Gesichter wirkten weißer, und die Hand des jungen Mannes umklammerte nun energisch die Schulter des Alten - wo sie auch waren, sie hielten zusammen. Wenn ich mich doch nur diesem erschöpfenden Kummer hingeben dürfte, nicht länger mit erhobenem Kinn umherlaufen müsste und wie ein Karton in mich zusammensinken könnte, wäre alles viel einfacher. Es gab ein Foto vom Einkaufszentrum Lake-in-the-Hills bei Nacht, nichts als grelles Neonblau, Neongelb und Neonrosa.
Ich brauchte den Job. Ich rechnete: Wenn ich im Monat tausend Dollar bekam, konnte ich auf Anhieb die Mieten für März und für den halben April bezahlen und mir für knapp fünfzig Dollar eine Matratze kaufen. Ich fühlte Schmetterlinge im Bauch, die rissen sich gegenseitig die Flügel aus, zerfetzten sich brutal die Hinterleiber. Frühlingswunden prangten auf dem Rasen vor dem Institut. Über den Büschen hingen Geschwader von Stechmücken, die sich, noch müde vom langen Schlummer, fragten, was zu tun war: sich für das Klumpengrün der Büsche entscheiden oder sich vor die nächste Windschutzscheibe stürzen und allem mit einem Platsch ein Ende setzen.
Copyright © in der Verlagsgruppe Random House
Heute war Vorstelltag. Aus schierer Verzweiflung hatte ich angerufen - vor Jahren, wie mir jetzt schien - und mich um eine Stelle als Englischlehrer beworben. Die fröhlichen Weihnachtstage und der irrsinnige Schlussverkauf waren kaum vorüber, da hatte mich der Buchladen im Art Institute entlassen. Zu meiner Arbeit hatte es gehört, Kartons auszupacken, Bücher in Regale zu ordnen und dann die Kartons zusammenzustauchen und fortzuwerfen. Am liebsten stauchte ich Kartons zusammen - diese gezügelte, wohlmeinende Zerstörung.
Zwei weiße Eier rollten im kochenden Wasser wie irislose Augen. Der Boden klebte, mit jedem Schritt schälten sich meine nackten Sohlen vom Estrich - ich dachte an Filme, in denen Menschen kopfüber an der Decke laufen können. Ein Kakerlak huschte über das Schneidebrett und versuchte, hinter dem Herd in Sicherheit zu gelangen. Ich stellte mir schmierige Wärme vor, Dreckauen, wie Straßen sich windende Kabelstränge. Und ich sah, wie ich ankam, einen Hautschnipsel an mich presste, weil ich von etwas Ungeheurem beinahe entzweigesäbelt worden wäre.
Ich hatte es mit anderen Buchläden versucht, aber man wollte mich nicht. Ich hatte mich um einen Job als Kellner bemüht, hatte ausgeklügelte Lügen über meine Berufserfahrung in den vornehmsten Restaurants von Sarajevo zum Besten gegeben, allesamt europäische Spitzenklasse, obwohl sie gar nicht existierten. Ich hatte meine mageren Ersparnisse verbraucht und steckte in der Möbelverkaufsphase. Für vierundsiebzig Dollar war ich einen vergammelten Futon mit Katzenkotzmuster losgeworden; einen wackligen Tisch mit vier Stühlen, unerklärlicherweise so zerkratzt, als wären sie durch Stacheldrahtfelder gelaufen. Ich war mit meiner Miete im Rückstand, hatte bereits eviction, Räumung, im Wörterbuch nachgeschlagen und hoffte nun, dass für den Vermieter die zweite, obsolet gewordene Bedeutung ('Eroberung eines Landes oder Erwerb einer Sache durch Eroberung') den ursprünglichen Wortsinn überlagern und meinen Arsch retten würde.
Die erschreckend simple Tatsache lautete, dass niemand auf der Veranda war, wenn ich mich drinnen aufhielt: Die grünen Plastikstühle scharten sich um nichts, die Schaukel knarrte noch unter unsichtbarem Gewicht, die leeren Blumentöpfe starrten wie Osterinselschädel in die Ferne. Eine Fliege surrte gegen das Fenster, als bearbeitete sie die Scheibe mit einer Minisäge. Ein barbrüstiger Mann, mager wie ein Lagerhäftling - vorstehende Schulterknochen, Rippen, die Streifenschatten über den Oberkörper warfen -, ging auf der anderen Straßenseite fieberhaft in ein Haus ein und aus, um am Ende einfach zu verschwinden. Ich wollte schon die Tür abschließen, als ich die Katze sah, wie sie an einem Mausschädel knabberte und geduldig sein scharlachrotes Inneres freilegte.
Aber es war nicht bloß das Geld. Wenn ich keine Kartons zusammenstauchen konnte, hatte ich wie besessen Zeitungen gelesen und fern gesehen (bis ich den Apparat verkaufte), nur weil ich wissen wollte, was daheim geschah. Tod war, was geschah. Auch dieses Wort habe ich nachgeschlagen: 'Folgt auf das Sterben, Ende des Lebens, letzter und irreversibler Ausfall der Lebensfunktionen einer Pflanze oder eines Tieres.'
Es roch ölig und warm, und ich stand auf der Straße und holte tief Luft. Früher einmal hatte dieser Geruch den Beginn der Murmelzeit angekündigt: Bald würde die Erde weich werden, und man brauchte keine Handschuhe mehr zu tragen; man konnte die Hände in den Taschen behalten - warten, dass man an die Reihe kam, mit den Fingerspitzen in den Murmeln zu rühren-, bis sich ein roter Streifen auf dem Handrücken zeigte, der die Grenze zwischen dem Stück Hand markierte, das drinnen, und jenem, das draußen war. Man drückte mit der Kniescheibe eine Kuhle in den Boden, machte sich die Hose schmutzig, sah der unerbittlichen Strafe der Eltern entgegen. Ich hatte einige Murmeln in den Taschen, dazu noch eine Umsteigekarte für den EL, labbrig, zerknittert.
Eine Frau mit Frühlingssprossen im Schlepptau eines riesigen Akitas lächelte mich scheinbar grundlos an, und ich trat - von ihrem Lächeln verwirrt, vom Akita eingeschüchtert - auf die Straße. Ich ließ die Frau vorbei; dann ging ich langsam weiter, als watete ich durch tiefes Wasser, denn sie sollte nicht glauben, dass ich ihr folgte. Der Akita beschnüffelte alles, sammelte hektisch Informationen. Die Frau drehte sich um und schaute mich noch einmal an. Die Sonne stand mir im Rücken, weshalb sie die Augen zusammenkniff und den Nasenrücken kraus zog. Offenbar wollte sie mir gerade etwas sagen, als der Akita sie weiterzerrte, ihr fast den Arm ausriss. Ich war erleichtert. Mir war es lieber, eine unbestimmte, angenehme Erinnerung zu sein, als ihr zu erklären, wer ich war, oder ihr zu erzählen, dass ich keinen Job hatte und dass ich, wenn ich einen hatte, Kartons zusammenstauchte.
Ein Teenager fuhr im Schaufenster erzitternden Wagen vorbei, krümmte den Finger, erschoss mich. Ich überquerte die Straße und sah mir einen Zettel an, der an einem Baum vor einem Feuchtigkeit ziehenden Gebäude hing. Darauf stand in roten Buchstaben: hund entlaufen
ich hab hund entlaufen, ist cocktailspaniel und heisst lucky boy. er hat lange, lange ohren und welliges haar, goldbraune farbe mit kurzem schwanz, ist aber ganz lieb, spinnt nur ein bisschen. wenn wer meinen hund findet, bitte, bitte bei maria melden. maria
Vor der EL-Station ließ ein Mann mit schwarzer Melone sein Tamburin ohne jeden erkennbaren Rhythmus rasseln, dazu sang er mit flacher, verbitterter Stimme vom Spirit in the Sky. Der Mann lächelte mich an und zeigte mir seine dunklen Zahnlücken. Als ich ein Junge war, fand man es klasse, wenn jemand zwischen den Zähnen durchspucken konnte, da sich nur so eine ähnlich hohe Treffsicherheit wie bei den Schlangen in Survival erzielen ließ, die ihr Gift auf verängstigte Feldmäuse abschossen, doch standen meine Zähne zu eng zusammen, und ich habe es nie geschafft - nach jedem Versuch troff mir Spucke vom Kinn.
In der Station roch es nach Urin und Petroleum. Ein Frau mit Dreadlocks und gelber Weste durchstöberte unter der Treppe einen Schrank mit Metalltüren, fischte eine Schaufel hervor und schaute sie verdutzt an - offenbar hatte sie etwas anderes erwartet. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben zum Bahnsteig und wartete auf die Zuglichter. Der Wind rollte eine leere Dose an den Bahnsteigrand - sie verharrte, wollte dem Drängen widerstehen, rollte weiter und fiel schließlich doch nach unten. Eine Maus huschte über die Gleise. Ich nahm an, dass sie spätestens beim dritten Gleis an einem Stromschlag sterben würde: einige Funken, ein schrilles Fiepen, eine steife, graubraune, von ihrem plötzlichen Ende noch immer überraschte Maus.
'Wir bitten Sie nur', sagte ein junger Mann, die Hände im Schoß gefaltet, 'Ihr Leben Jesus Christus zu weihen und ihm ins Königreich Gottes zu folgen.' Sein bärtiger, breitschultriger Begleiter lief durch die Waggons und bot Tüten mit Erdnüssen und Erlösung an. Eine alte Frau mit Plastikhaube auf verstrubbeltem Haar grinste plötzlich, als hätte sie im selben Augenblick ein heftiger Schmerz durchzuckt. Ein verhutzelter Mann mit ausgebleichtem Strohhut verzog das Gesicht zu einer Grimasse verblüfften Entsetzens und blickte zum Erdnussmann auf. Vor mir saß eine junge Frau - sie roch nach Milch und Zimt, eine spitze Haarzunge leckte über ihren Kragen - und las Zeitung. widerstand in gorazde zusammengebrochen lautete eine Überschrift. Ich war nur einmal in Gorazde gewesen, und zwar bloß deshalb, weil ich auf dem Weg irgendwohin ins Auto gekotzt hatte und meine Eltern in Gorazde hielten, um die Schweinerei aufzuwischen. Ich konnte mich erinnern, zitternd und durstig auf dem Vordersitz zu hocken, während mein Vater gegen seinen Brechreiz kämpfte und den Rücksitz mit einem Tuch abwischte; anschließend ließ er meine eingewickelte Kotze am Straßenrand liegen, und hungrige, verzweifelte kleine Tiere krochen aus den Büschen, um sie zu verschlingen. Die Frau reichte dem Erdnussmann einen adrett gefalteten Dollarschein, nahm eine Erdnusstüte, riss sie auf und begann, die Nüsse zu zermalmen. Ich sagte: 'Nein, danke.' Graville, Loyola, Morse. Die Frau blätterte um, Nusssplitter rieselten herab. fast überall im land freundlich und warm. Wir stiegen in Howard aus und ließen ein Meer von Nussschalen sowie einen in dunkler Ecke kauernden Betrunkenen mit Cubs-Mütze zurück.
Es ist aufregend und verwirrend, mit einer Menschenmenge in dieselbe Richtung zu eilen. Wir sammelten uns oben vor dem Fahrstuhl, fuhren gemeinsam nach unten und gingen durch diverse Drehkreuze, die uns auf den Rücken klopften, als kämen wir von gefährlichen Missionen zurück. Im nach Urin stinkenden Schatten der Station standen perfekt ausgerichtete Busse und saugten durch ihre Vordertüren Menschen ein. Ein verwittertes Schild an einem Cola-Automaten meldete ausser betrieb, und auf einem zerrissenen Plakat an der Mauer dahinter kündeten ein hysterischer, halbherzig grinsender Clown und ein gereckter Elefantenrüssel, der einen Zauberstab mit leuchtendem Stern umklammerte, die letztjährige Ankunft eines Zirkus an. Ich hatte in meinem Leben noch nie unterrichtet, vor allem kein Englisch, doch war Verzweiflung meine getreue Verbündete.
Ich steckte die Hände in die Jackentaschen: einige Murmeln, ein Baumwollfaden, eine Münze, eine Umsteigekarte. Ich erinnere mich an diese belanglose Hand voll, weil ich noch weiß, wie ich eine alte schwarze Frau ansah: leicht vornüber gebeugt, mit schwarzweiß kariertem Mantel und Glockenhut, Handknöchel, die einen Spazierstockgriff umspannten. Die Hände in die Taschen stecken zu können, dachte ich, war gar nicht mal übel; die Taschen sind das Zuhause deiner Hände.
Es gab eine Bank, auf die sich niemand setzte; sie war mit Dreckspritzern übersät. Ich blickte nach oben und entdeckte auf einem Stahlbalken hoch über unseren Köpfen dämlich gurrende Taubenrichter. Sie plusterten sich auf, blinzelten auf uns nieder und ließen mühelos ihren Kot herunterfallen. Als Kind hatte ich geglaubt, wenn es schneite, scheiße Gott auf uns nieder. Der Bus nach Touhy kam, wir stellten uns an, und nur, weil ich es geschafft hatte, die Umsteigekarte nicht zu verlieren, schüttelte mich vor lauter Glück ein heftiger Niesanfall.
Der Bus roch nach einem unbekannten Desinfektionsgemisch, einem Hauch bockwurstigen Schweiß und unbestimmter Staubtrockenheit. Das Taubengericht flatterte auf, als der Bus anfuhr und uns in die Sitze drückte, sodass wir alle pflichtschuldigst vorruckten. Ich hatte mal einen Freund - er wurde von einem Schrapnell getötet -, der sich gern vorstellte, es gäbe im Universum einen ruhigen Winkel, in dem ein Körper eine konstante Geschwindigkeit beibehalten und sich bei gleichem Tempo in dieselbe Richtung bewegen könnte, ohne jemals anhalten oder in ein Gravitationsfeld geraten zu müssen. Dieser Bus zum Beispiel würde in stetiger, angenehmer Fahrt nach Touhy rollen, an keiner Ampel stehen bleiben und weiter nach Lincolnwood, Park Ridge, Elk Grove Village, Schaumburg, Hanover Park fahren, hinüber nach Iowa und darüber hinaus, den ganzen Weg bis nach Kalifornien, dann über den Pazifik, würde über endloses Wasser gleiten, bis wir Schanghai erreichten - wir hätten uns alle auf diesem Schiff kennen gelernt, hätten den ganzen Weg gemeinsam zurückgelegt.
Der Bus hielt abrupt an der Western, der Fahrer hupte wie verrückt und warf uns im Rückspiegel einen flüchtigen Blick zu. Ein Mann überquerte vor dem Bus die Straße, auf den Schultern einen zusammengerollten Teppich, der in der Mitte durchhing, sodass die beiden Enden den Boden berührten. Er sackte unter seiner Last zusammen, der Nacken gekrümmt, und die Knie eingeknickt, als trüge er ein schweres Kreuz.
Wir fuhren weiter, passierten Inner Light Hair Sanctuary, Auto-Zone PartsWorld, Wultan Monuments, Land of Submarines, durchquerten Kalifornien, brausten an Barnaby & Scribner Family Dining, Mt. Sinai Medical Center, Eastern Style Pizza vorbei - und gegenüber von einem chinesischen Restaurant stieg ich aus. New World hieß es und war leer; im Fenster hing nur das Schild zu vermieten.
Bis zum Vorstellungsgespräch blieben mir noch einige Minuten; außerdem war ich noch nicht bereit, mir eine Stelle zu besorgen (wie sollte ich irgendjemand irgendetwas beibringen?), also drückte ich mich vor dem Fotoladen neben dem New World herum. Auf einem Schild im Fenster stand in dicken, schwarzen Buchstaben: Alte Fotos wie neu
Alle Grössen
Farbe
Oder
Schwarzweiss
Drunter hing ein Foto von schwarzweißen Bergarbeitern, Augen zwinkerten hinter grauen Staubmasken. Die Helme in die Gesichter gedrückt, hielten sie feierlich die Spitzhacken in Händen. Je einen Schritt auseinander standen auf einem weiteren Foto drei Kinder in Schlüpfern und in Jacken, deren Ärmel ihnen nicht bis zu den Handgelenken reichten; dieselben finsteren Augen, kurz geschorenen Haare und großen, wie kurze Flügel abstehenden Ohren.
Es gab ein Davor- und ein Danach-Foto: das Davor-Foto zeigte einen Mann mit düsteren Falten über trüben Augen; langes, lockiges Barthaar tilgte langsam sein Gesicht. Er saß da, die Hände verschlungen im Schoß. Links von ihm stand ein jüngerer Mann, dessen rechte Hand behutsam die Schulter des Alten berührte. Die obere rechte Fotoecke fehlte, auch die halbe Jarmulke des Jüngeren. Beide Männer zerteilte eine gezackte weiße Linie (dem Alten fuhr sie über die Brust, dem Jungen über die Hüfte), und eine Wolke weißer Blasen stieg zum Bart des Alten auf - ein Knick und seine Folgen, entstanden in irgendeiner Hosentasche. Das Danach-Foto hatte keine Blasen, keinen Knick; die Jarmulke war wieder ganz. Die Gesichter wirkten weißer, und die Hand des jungen Mannes umklammerte nun energisch die Schulter des Alten - wo sie auch waren, sie hielten zusammen. Wenn ich mich doch nur diesem erschöpfenden Kummer hingeben dürfte, nicht länger mit erhobenem Kinn umherlaufen müsste und wie ein Karton in mich zusammensinken könnte, wäre alles viel einfacher. Es gab ein Foto vom Einkaufszentrum Lake-in-the-Hills bei Nacht, nichts als grelles Neonblau, Neongelb und Neonrosa.
Ich brauchte den Job. Ich rechnete: Wenn ich im Monat tausend Dollar bekam, konnte ich auf Anhieb die Mieten für März und für den halben April bezahlen und mir für knapp fünfzig Dollar eine Matratze kaufen. Ich fühlte Schmetterlinge im Bauch, die rissen sich gegenseitig die Flügel aus, zerfetzten sich brutal die Hinterleiber. Frühlingswunden prangten auf dem Rasen vor dem Institut. Über den Büschen hingen Geschwader von Stechmücken, die sich, noch müde vom langen Schlummer, fragten, was zu tun war: sich für das Klumpengrün der Büsche entscheiden oder sich vor die nächste Windschutzscheibe stürzen und allem mit einem Platsch ein Ende setzen.
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Autoren-Porträt von Aleksandar Hemon
Aleksandar Hemon wurde 1964 in Bosnien geboren. Als 1992 die Belagerung Sarajevos begann, hielt er sich im Rahmen eines Kulturaustauschs in den USA auf und beschloss, im Exil zu bleiben. Heute lebt er in Chicago. Seine Erzählungen wurden in zahlreichen literarischen Magazinen und Sammelbänden veröffentlicht, darunter in den "Best American Short Stories 1999." Bernhard Robben, geboren 1955, war nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie als Deutschlehrer in Nordirland tätig. Seit 1986 arbeitet der Spezialist für irische und angelsächsische Literatur als freier Übersetzer und Journalist. Nebenbei ist er ehrenamtlicher Bürgermeister von Brunne, wo er seit 1992 mit seiner Familie lebt. 2003 wurde er für die Übersetzung des Romans "Abbitte" von Ian McEwan und für sein Lebenswerk mit dem Übersetzerpreis der Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW ausgezeichnet. 2013 wurde Bernhard Robben mit dem "Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis" für sein literarisches Lebenswerk auf dem Gebiet der Übersetzung aus dem Englischen gewürdigt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Aleksandar Hemon
- 2003, 1, 251 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Robben, Bernhard
- Verlag: Knaus
- ISBN-10: 3813501868
- ISBN-13: 9783813501865
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