Panic
Sie wollen eigentlich nur auf Hirschjagd gehen. Doch da lauert jemand in den weißen Wäldern. Hochspannung vom amerikanischen Autor Mark T. Sullivan - fürchterlich gut.
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Sie wollen eigentlich nur auf Hirschjagd gehen. Doch da lauert jemand in den weißen Wäldern. Hochspannung vom amerikanischen Autor Mark T. Sullivan - fürchterlich gut.
In der tief verschneiten und unberührten Natur der Wälder Kanadas, weit ab von jeglicher Zivilisation, treffen sich acht Jäger, um auf die Jagd nach Hirschen zu gehen. Doch in der Wildnis lauert ein unbarmherziger Unbekannter, der es auf die acht Eindringlinge abgesehen hat. Und der sich einen nach dem anderen vorknöpft, um ihn bestialisch zu ermorden und auszuweiden wie einen Hirsch. So werden die Jäger selbst zur Beute. Nur Diana, die einzige Frau in der Gruppe, weiß, wie sie den Killer stellen kann. Doch schafft sie das alleine?
"Erschreckend gut geschrieben."
Frankfurter Neue Presse
Panic von Mark T. Sullivan
LESEPROBE
»Wir sindMörder. Wir können nicht leben, ohne zu töten. Die gesamte Natur basiert aufMord «
Marie-Louisevon Franz
»Am Endejagt der Jäger sich selbst.«
Sprichwortder Huichol-Indianer
Frühherbst
Hierbeginnt meine Geschichte.
Ich heißeDiana Jackman, aber seit einiger Zeit nenne ich michwieder Little Crow, Kleine Krähe. So hieß ich als Kind.Ich bin Mutter zweier Kinder und entwickle Software für Umwelttechnik. Außerdemjage ich gern. Hirsche, um genau zu sein. Wie kommt eine Frau von heute dazu, Fährtenzu lesen und auf die Jagd zu gehen? Die Antwort ist die: Durch meine Mutter,meinen Vater und meinen Großonkel. Warum ich fast fünfzehn Jahre lang nichtmehr im Wald war? Aus demselben Grund. Wie ich in die schrekklichenEreignisse im letzten November verwickelt wurde, das ist eine längereGeschichte.
Was in denMonaten, bevor ich nach British Columbia kam, dort vorgefallen ist, darüber kann ich nur spekulieren. Eins weiß ich sicher:Pawlett hatte die Zeichen richtig gedeutet. DerWinter würde früh einsetzen und gnadenlos streng werden. Die Netze der braunenSpinnen spannten sich breit und kompliziert von der Traufe seiner Hütte. Die Wildgänsewaren schon am Dienstag vor Labor Day, also Ende August, nach Süden gezogen.Und die Hermeline, die besten Jäger überhaupt, gebärdeten sich ausgesprochen bösartigauf ihren herbstlichen Raubzügen.
Letztereshatte Pawlett offensichtlich sehr beunruhigt, denn erhatte Mitte September, nicht weit vom Frenchman s Creek,eine seltsame Begegnung mit einem Hermelin, und er war ein abergläubischerBursche. An diesem Morgen jagte er nach Waldhühnern in einer Espenschonung mitfrisch geschlagenem Holz. Es gab haufenweise Vögel, und er hatte schon etlicheerledigt. Gegen elf, auf dem Rückweg zu seiner Hütte, entdeckte er dann den Hasen.
Ich sehedas Tier förmlich vor mir, es hat sich während des Sommers ordentlichSpeck angefressen, jetzt wird sein Fell allmählich winterlich weiß. Es ducktsich ängstlich ins Wurzelwerk einer umgestürzten Espe, und seine Nase nimmtzitternd die Witterung auf.
Der hagereTrapper kratzt sich die juckende Stelle unter dem grauen Bart. Er entsichertseine alte zerbeulte Schrotflinte, tritt ein wenig nach vorn und legt an. Dochgerade als er abdrücken will, entdeckt er, wie ein Hermelin, dreißig Zentimeterlang, Rücken schokobraun, Bauch schneeweiß, auf den Baumstamm klettert. Pawlett grinst. Er ist schließlich Fallensteller. Bis zumNovember wird das Hermelin die Farbe von frischer Sahne annehmen. Hermelinfellewerden trotz der Bemühungen von Tierschützern noch immer mit Gold aufgewogen.Und er nimmt sich vor, hier in zwei, drei Monaten ein paar Fallen aufzustellen.
Da tutdieses Wiesel etwas, das den alten Trapper erschauern lässt. Es dreht sich zuihm um und starrt ihn so verächtlich an, als habe es ihn längst bemerkt undschere sich einen Dreck um seine Gegenwart. Blutrünstig rollt es mit denebenholzschwarzen Augen, bäumt sich auf und fauchte ihn an. Noch nie hat sichein Hermelin Pawlett gegenüber so unverschämtaufgeführt, und der Trapper weicht erschrocken zurück.
Das scheintdas Hermelin zu freuen. Kaum ist Pawlett hinter derWegbiegung verschwunden, macht das Tier kehrt und schleicht sich ins Wurzelwerküber dem Hasen. Dieser ist doppelt so schwer wie das Hermelin, aber der kleineRäuber geht seiner Beute ohne zu zögern an den Hals. Das hohe Fiepen des Hasen,der seinem Angreifer zu entkommen sucht, klingt wie das Wimmern eines Kindes, dasschlecht geträumt hat.
Nachdem dasFiepen aufgehört hat, wartet Pawlett noch fünfMinuten, und schleicht dann zurück. Er wirft einen Blick hinter den Wurzelstockund schluckt. Im Hals des Hasen klafft ein riesiges großes Loch. EinenAugenblick meint Pawlett noch, das Hermelin habe ihnkommen hören und sei davongelaufen, doch da bewegt sich der Rumpf des Hasen,und das Raubtier reckt den Kopf aus der offenen Kehle und zischt ihn an.
Nach dieserBegegnung ging Pawlett fast einen Monat lang nichtmehr in den Wald. Er glaubte fest daran, dass die Natur in der Lage war,mittels Zeichen die Zukunft vorherzusagen. Und so verstand er den toten Hasenals einen Vorboten für sein eigenes Ableben. Da er also in diesem Oktober wederjagen noch fischen noch seine Fallen überholen wollte, vertrieb er sich dieZeit mit Holzhacken, ernährte sich von den Beeren, die er im August eingekocht hatte,und kippte Unmengen an gepanschtem Brennspiritus in sich hinein, um dasHermelin zu vergessen. Eines Morgens Mitte Oktober fuhr ein Mann namens Curly in einem nagelneuen, roten Dodge-Pickupmit Allradantrieb vor Pawletts Hütte vor. Curly kam immer um diese Jahreszeit. Er war derSicherheitschef von Metcalfe Timber, der Firma, diefür einen Großteil des riesigen Geländes, auf dem Pawlettmühsam sein Leben fristete, die Abholzrechte besaß.
Die FirmaMetcalfe Timber hatte in diesem Teil von BritishColumbia, an der Grenze zu Alberta, überall Waldarbeitercamps, von denen einigeständig benutzt wurden, andere nur sporadisch. Weil Pawletteiner der wenigen war, die sich nach dem ersten November noch in die Wildnis wagten,hatte Curly ihn angeheuert, in regelmäßigen Ab- ständenin diversen Außengebäuden und Holzfällercamps, sofern diese gerade unbewohntwaren, nach dem Rechten zu sehen. Als Gegenleistung erhielt der Altefünfhundert Pfund Vorräte sowie das Recht, in der Gegend Fallen aufzustellen. »Indiesem Winter geh ich da nicht mehr raus«, sagte Pawlettgleich, als Curly zur Tür hereinkam und einen fünfzigPfund schweren Mehlsack und eine Kiste mit Gewehrpatronen schleppte.
Curlyzufolge hatte es in der Hütte ausgesehen wie immer: Zwei grob gezimmerte Hockerstanden an einem verbeulten Küchentisch mit Resopalplatte. Eine Handpumpe ragteaus dem Spülbecken, in dem sich das schmutzige Geschirr stapelte. Fallen hingenan den Wänden. In den Regalen darunter standen blasse Flaschen mit goldenen Flüssigkeiten- Tinkturen, die Pawlett zum Fallenstellen brauchte,Urin und weiß Gott was sonst noch alles. Verlassene Vogelnester in denDachsparren. Ein dickbäuchiger rot glühender Holzofen, dessen Klappe eineReparatur bitter nötig hatte. Der Schrank, dessen Tür nur noch an einer Angelhing, enthielt Steintöpfe mit eingelegtem Grünzeug, das Pawlettim Sommer im Garten anbaute, dazu selbstgeräucherteForellen und Lachse. Die Wand über Pawletts Bettzierte ein mottenzerfressenes Bärenfell. Pawlett habeso gut wie nie gebadet, sagte Curly. Sein fettigesHaar klebte ihm am Kopf. Die Krätze zerfraß die Hautunter seinem Bart. Ganz zu schweigen vom ekelhaften Gestank seiner Kleider. Curly ging ungern in Pawletts Hütte.
»Soso, duwillst also diesen Winter nicht raus?«, sagte Curly.
»Hattevorigen Monat eine böse Erscheinung«, erwiderte Pawlett.»Ich bleib den Winter über hier drin, Curly, warteab, bis er vorbei ist.«
Curlylächelte. »Nicht hier drin, Alter. Die Hütte gehört der Firma, die lässt dichaus purer Herzensgüte hier wohnen. Einer muss den Winter über die Runde machen.Wer das ist, ob du oder ein anderer, ist uns gleich. Wenn es ein anderer ist,reißen wir diese Bruchbude hier ab. Also, wie isses,soll ich den Rest von deinem Zeug reintragen oder sollich mit dem Bulldozer kommen und dein Rattenloch platt walzen?«
Pawlettverzog das Gesicht und sah seinem Gegenüber blinzelnd in die Augen. Dessenzusammengepresste Lippen machten wenig Hoffnung. »Aber das hier ist alles, was ichhab, Curly.«
»Tja, einJammer«, gab Curly zu.
Pawlettrieb sich die pochende Schläfe und versuchte krampfhaft, einen Ausweg zufinden. Nach ein paar Minuten gab er nach. »Na schön, bring alles rein.Vielleicht hab ich das Zeichen ja falsch verstanden.«
»Da wettich drauf«, entgegnete Curly. Er ging hinaus zumTruck und holte die restlichen Waren, die Pawlett im Frühsommergeordert hatte: fünfzig Pfund Milchpulver, hundert Pfund Trockenobst,siebenundzwanzig Liter Roggenwhiskey, eine neue Wolljacke, ein Paar von diesenmodernen Schneeschuhen aus Leichtmetall, ein Paar hirschlederne Handschuhe, einneues Werkzeug zur Lederverarbeitung sowie Öl, Benzin, einen Startermotor undeinen Vergaser für seinen altersschwachen Motorschlitten. Bevor er Pawlett den Lieferschein unterschreiben ließ, ging Curly noch einmal die einzelnen Punkte des Vertrags mit ihmdurch. Im Verlauf des Winters, der Ende Oktober begann, sollte Pawlett jedes Camp dreimal prüfen. Von den Camps aus, wo esein funktionierendes Funksprechgerät gab, sollte er das Hauptbüro anrufen undBescheid geben, wie die Sache lief.
Auf Pawletts Frage, ob er sich auch bei der Blockhütte desalten Metcalfe umsehen sollte, sagte ihm Curly, er sollebis Dezember damit warten; ein Jagdausrüster habe das ganze Revier MitteNovember für die Hirschjagd gepachtet. »Wildreiche Gegend. Ist jetzt drei Jahreher, seit der Alte verschwunden ist. Seitdem war keiner mehr dort«, bemerkte Pawlett.
»Bis aufdich, natürlich.«
»Ich habnicht gewildert«, protestierte Pawlett.
»Willst dumir etwa weismachen, dass du ein gesetzestreuer Bürger bist?«,fragte Curly und lachte fast dabei.
»Du hastgesagt, die Gegend wäre tabu, Curly. Und ich hör aufdas, was du mir sagst.«
»Besserwär s«, meinte Curly. Er presste wieder die Lippen zusammen.»Mitte Januar kommt jemand, um nach dir zu sehen und die Felle zu holen.«
Alles, wases sonst über Pawlett zu sagen gibt, basiert auf dem,was von ihm übrig blieb. Aber ich vermute mal, dass es sich wie folgtzugetragen hat:
DerNovember beginnt recht mild, und die laue Luft hilft Pawlettüber das Erlebnis mit dem Hermelin hinweg. Er wird wieder nüchtern. Und dreiWochen nach Curlys Besuch nimmt er seine täglicheRoutine wieder auf und geht die hundertfünfzig Kilometer lange Strecke ab, ander er seine Fallen aufgestellt hat. Am Ende der ersten Novemberwoche beschließter, durch die Barris-Senke über den Wolfsrücken undeine Reihe von Hügeln und Tälern zum Holzfällercamp 4 der Firma Metcalfe Logging zu gehen, das an das Metcalfe Jagdrevier grenzt. Erschultert sein Gepäck und ärgert sich, weil noch kein Schnee liegt und erseinen Motorschlitten nicht benutzen kann.
Am Ende desersten Tages - achtzehn von achtunddreißig Kilometern liegen hinter ihm - drehtder Wind von Süd auf Nord und führt dunkle Wolken heran. Mit ihnen steigt dieNiederschlagsneigung.
Pawlettwirft einen prüfenden Blick zum Himmel und fröstelt. »So viel ist mal sicher,jetzt geht s los.«
Die Tierewerden unruhig, spüren den aufziehenden Sturm. Eichelhäher fegen krächzenddurch die Erlen am Rande eines Sumpfes, den er umgeht. Am Rand einer Lichtung stehtein Elch. Als er Pawlett wittert, bricht er in wilderFlucht durchs Unterholz. Eine fette Hirschkuh äst auf einer Ebene in der Näheder Hütten, die Pawlett für seine winterliche Arbeitinstand hält. Er streckt sie nieder.
Pawlettsäubert und häutet das Tier, als die ersten Schneeflocken fallen. Er zerteiltdas Fleisch in vier Stücke, salzt es ein und wickelt es in Seihtücher. Dannhängt er die Viertel hoch ins Geäst eines Baumes zwischen den Hütten, wo sieabkühlen und irgendwann gefrieren. Falls sich die Bären nicht über das Fleischhermachen, wird es da sein, wenn Pawlett später imMonat mit dem Motorschlitten zurückkommt. Als es dunkel wird, macht er einFeuer, brät die Leber des Hirschen und isst davon. Esschneit. Immer wenn ich mir Pawlett in dieser Nachtvorstelle, wünsche ich ihm einen friedlichen Schlaf.
© FischerTaschenbuch Verlag
Übersetzung:Irmengard Gabler
- Autor: Mark T. Sullivan
- 2008, 359 Seiten, Maße: 13,5 x 19,3 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828990118
- ISBN-13: 9783828990111
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