Sanft will ich dich töten
Er wählt seine Opfer mit Bedacht und tötet sie langsam. Doch eigentlich übt er nur - denn das Ziel seiner Obsession ist die berühmte Schauspielerin Jenna Hughes. Bis zu dem Tag, an dem er sie in seiner Gewalt hat, will er seine Kunst...
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Produktinformationen zu „Sanft will ich dich töten “
Er wählt seine Opfer mit Bedacht und tötet sie langsam. Doch eigentlich übt er nur - denn das Ziel seiner Obsession ist die berühmte Schauspielerin Jenna Hughes. Bis zu dem Tag, an dem er sie in seiner Gewalt hat, will er seine Kunst perfektioniert haben. Als Jenna sich in einen abgelegenen Ort in den Bergen Oregons zurückzieht, sieht der Killer seine Stunde gekommen.
Lese-Probe zu „Sanft will ich dich töten “
Sanft will ich dich töten von Lisa JacksonProlog
Im vergangenen Winter
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Sie wartete, reglos. Als ob sie seine Nähe spürte.
Er konnte es fühlen - dieses pulsierende Verlangen zwischen ihnen, als er über eine spärlich beleuchtete Fläche hinweg auf das Bett blickte, in dem sie im Halbdunkel lag. Jenna Hughes. Die Frau seiner Träume. Die eine Frau, für die er seit langem lebte. So nahe. Und in seinem Bett. Endlich in seinem Bett.
Und er war bereit. Weiß Gott, er war bereit. Schweißperlen traten ihm auf Oberlippe und Stirn. Sein Glied wurde steif, seine Nerven waren wie elektrisiert.
Die Lampen waren gedimmt; ein paar Nachtlichter verliehen dem großen Raum eine intime Atmosphäre voller Schatten und dämmeriger Winkel. Leise Musik, der romantische Soundtrack des Films Beneath the Shadows, wisperte durch den höhlenartigen Raum. Sein Atem bildete eine Wolke in der kalten Luft, während er sie in dem hauchdünnen schwarzen Body betrachtete, den er für sie gekauft hatte. Wie lieb, dass sie ihn zu diesem ganz besonderen Stelldichein angezogen hatte. Zu ihrem ersten.
Braves Mädchen.
Der Body aus Seide und Spitze schmiegte sich perfekt an ihre Figur. Genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Durch den zarten Stoff hindurch konnte er ihre Brüste sehen. Die dunklen Brustwarzen, die durch die Spitzen lugten, sahen beinahe nass aus. Hatte sie sie für ihn befeuchtet? In freudiger Erwartung?
Wunderschön.
Er lächelte in sich hinein in der Gewissheit, dass sie genauso begierig war wie er.
Wie lange hatte er diesem Augenblick entgegengefiebert? Er wusste es nicht mehr. Egal. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen. Die Pillen, die er zum Wodka geschluckt hatte, zeigten Wirkung; er näherte sich dem perfekten Rauschzustand - gerade genug Chemie, um den Genuss dieses Augenblicks zum Äußersten zu steigern.
»Ich bin hier«, ließ er sie leise wissen, in der Erwartung, dass sie den Kopf drehte, eine fein geschwungene schwarze Augenbraue hochzog und ihm einen verheißungsvollen Blick zuwarf. Oder vielleicht würde sie sich auf den Ellenbogen aufstützen und ihm langsam mit einem Finger winken, ihn schweigend zu sich heranziehen, den Blick ihrer silbergrünen Augen in den seinen gesenkt.
Doch sie rührte sich nicht. Kein Strähnchen ihres eben-holzschwarzen Haars bewegte sich. Sie lag einfach da auf dem Bett und starrte an die Decke.
Das war nicht richtig.
Er erstarrte.
Sie sollte ihn anblicken. So wollte er es.
»Jenna?«, rief er leise.
Nichts. Nicht einmal ein flüchtiger Blick aus den Augenwinkeln in seine Richtung.
Was war los mit ihr? Da lag sie nun, gekleidet wie eine verdammte Nutte, und tat, als sei es ihr völlig gleichgültig, dass er bei ihr war, dass diese Nacht eine ganz besondere für sie war. Für ihn. Für sie beide.
Nicht schon wieder!
Er knirschte mit den Zähnen vor Enttäuschung über ihr kaltes Desinteresse. War das ein Spielchen? Wollte sie ihn reizen? Was zum Teufel ging hier vor?
»Jenna, sieh mich an«, befahl er in scharfem Flüsterton. Doch als er sich ihr näherte, bemerkte er, dass sie nicht so perfekt war, wie er geglaubt hatte. Nein ... Ihr Make-up stimmte nicht. Ihr Lippenstift war zu blass, ihr Lidschatten kaum sichtbar. Er hatte gewollt, dass sie mehr wie eine Hure aussah. So verlangte es sein Plan. Hatte er ihr nicht gesagt, sie solle eine Prostituierte darstellen? Ist sie nicht auch angezogen wie eine Prostituierte? Ist das nicht ein Teil deines Traums?
Verdammt, er konnte nicht mehr richtig denken. Sein Verstand war nicht so klar, wie er gehofft hatte. Das lag wahrscheinlich an den Drogen ... Oder war etwas anderes der Grund? Etwas Bedeutsames? Jenna reagierte nicht so, wie er gehofft hatte.
Sie wusste genau, was ihm gefiel.
Andererseits war sie schon immer eigensinnig gewesen. Distanziert. Eiskalt. Das war einer der Gründe, weshalb er sich so von ihr angezogen fühlte.
»Komm schon, Baby«, flüsterte er, beschloss, ihr noch eine Chance zu geben, obwohl es ihm schwer fiel, sich zu konzentrieren. Vielleicht war er doch ein bisschen zu high und erkannte diese feinen Nuancen der Lust nicht, für die sie bekannt war. Das musste es sein. Sein Verstand war etwas zu benebelt, sein Denken nicht ganz klar, seine Lust hatte die Oberhand über seine Vernunft. Innerlich zitterte er, empfand ein Gefühl der Beklemmung in der Brust. Seine Erektion war steinhart, drängte sich gegen seinen Hosenlatz, doch die Bilder in seinem Bewusstsein waren etwas verschwommen. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Schluss mit der Warterei.
Er kniete sich mit einem Bein neben sie auf die Matratze, wobei die Sprungfedern laut quietschten.
Sie sah ihn immer noch nicht an.
»Jenna!«, sagte er schärfer als beabsichtigt. Sein Temperament drohte mit ihm durchzugehen, seine Zunge war ein wenig schwerfällig.
Ruhig bleiben. Sie ist schließlich hier bei dir, nicht wahr? »Jenna, sieh mich an!«
Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Starrsinniges, undankbares Weib! Nach allem, was er für sie getan hatte! Nach all den Jahren, während derer er nur an sie gedacht hatte! Wut stieg in ihm auf, seine Hände begannen zu zittern.
Beruhige dich! Du kannst sie immer noch haben. In deinem Bett. Sie ist schließlich nicht gegangen, oder? »Jenna, ich bin hier«, sagte er.
Sie ignorierte ihn.
Rasender Zorn drohte ihn zu übermannen, doch er versuchte, ihn niederzukämpfen. Sie trieb ein Spielchen mit ihm, weiter nichts. Sie wusste, dass er sie umso mehr begehrte, umso erregter wurde, je gleichgültiger sie sich gab. Und das war desto besser.
Oder?
Er wusste es nicht. Konnte sich nicht recht darauf besinnen.
Er schwitzte, obwohl die Temperatur im Raum nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt lag. Doch zugleich glühte er innerlich, brachte ein Feuer sein Blut in Wallung.
Spürte sie es denn nicht - dieses intime Band, das sie aneinander fesselte?
Er beugte sich über sie und fuhr mit zitterndem Finger die Kontur ihrer Wange nach. Sie fühlte sich warm an.
Dann begriff er. Das alles gehörte zu ihrem Traum. Er sollte sie nicht als Jenna Hughes betrachten, sondern als eine der Rollen, die sie auf der Leinwand gespielt hatte. War sie nicht angezogen wie Paris Knowlton, die Prostituierte aus New Orleans in ihrem Film Beneath the Shadows? Hatte er nicht selbst gewollt, dass Jenna in dieser Nacht die Rolle der Paris spielte? Und tat sie nicht genau das? Plötzlich ging es ihm besser, und die Glut, die durch seine Adern strömte, rührte nun eher von Lust und Drogen als von Wut her.
»Paris«, raunte er und berührte liebevoll ihr dunkles Haar. Es schimmerte blauschwarz im trüben Licht. »Ich habe dich gesucht.«
Immer noch keine Antwort.
Gott, was wollte sie denn? Er spielte schließlich seine Rolle ... oder etwa nicht?
»Jenna?«
Nicht einmal ein flüchtiger Blick in seine Richtung. Plötzlicher Zorn flammte auf. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. »Oh, ich verstehe«, fauchte er und fuhr mit den Fingern grob über ihren Hals. »Dir macht das wirklich Spaß, wie? Du spielst anscheinend gern die Hure.« Er hörte ein leises Keuchen.
Endlich!
Seine Finger legten sich um ihren Hals. Er fühlte sich warm an unter seiner Berührung. Nachgiebig. Er versuchte, ihren Puls zu ertasten, während er zudrückte.
Ein Stöhnen.
Schmerz oder Wollust?
»So hast du's gern, nicht wahr? Du magst es, wenn ich grob bin, wie?«
»O Gott, nein!« Ihre Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, hallte in seinem Kopf, wurde von den Wänden zurückgeworfen. »Nicht!«
Sein Griff wurde fester, grub sich in ihr beinahe heißes Fleisch.
»Aufhören! Bitte! Was soll das?«
Er war so erregt, dass er zitterte, doch er konnte die Hände nicht von ihrem Hals lösen, um den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen. Dann schüttelte er sie, dass ihr Kopf heftig hin und her geschleudert wurde. Ihre schönen grünen Augen waren noch immer starr auf ihn gerichtet.
Ein entsetzter Schrei hallte durch den Raum.
Jennas Kopf fiel in den Nacken.
Ihr Hals bewegte sich unter seinen Händen.
Ein weiterer panischer Schreckensschrei brach sich an den Deckenbalken und hallte in seinem Kopf nach. »Miststück!« Er schlug sie grob ins Gesicht.
Klatsch! Der Schlag riss ihren Kopf herum.
»O Gott!« Jetzt weinte sie. Schluchzte. »Nein, nein, nein!«
Ihr Make-up zerlief, ihre makellosen Gesichtszüge waren durch den Schlag verzerrt. Ihr Haar löste sich, die dichte schwarze Perücke fiel auf das zerwühlte Laken, Jennas kahler Kopf schimmerte im Dämmerlicht.
Ein Keuchen.
Sie warf den Kopf zur Seite.
So war es schon besser.
Er hob wieder die Hand.
»Nicht ... O Gott, bitte nicht!«, flehte sie mit unbewegten Lippen. »Was soll das?« Sie jammerte laut, beinahe unverständlich, und ihre Stimme klang schrill vor Panik. Doch ihre Schultern blieben steif. Regungslos. Keine Leidenschaft zeigte sich auf ihrem Gesicht.
Hier war irgendetwas faul, sehr faul ...
»O Gott, o Gott, o Gott ... aufhören, bitte.«
Der verängstigte Tonfall, das atemlose Schluchzen hallten durch den Raum, und doch rannen keine Tränen aus Jennas Augen, sie blinzelte nicht einmal. Ihre Lippen zitterten nicht. Ihre Schultern bebten nicht. Ihr Körper zuckte nicht ...
Er blinzelte. Rang um Klarheit in seinem Kopf. Seine Erektion erschlaffte, als ihm bewusst wurde, wo er war und was er da tat.
Verdammt!
Er blickte auf Jenna Hughes nieder und ließ sie, als hätte er sich die Hände verbrannt, auf die zerknitterten Seidenlaken zurückfallen.
Krach!
Ihr Kopf schlug auf dem Bettrahmen auf.
Ein Kreischen schieren Entsetzens gellte durch den Raum. Jennas Hals brach.
Ihr kahler Kopf löste sich vom Körper.
»O Gott, neiiiin!«
Der Kopf rollte mit weit aufgerissenen Augen von der Matratze.
Mit einem dumpfen Aufprall landete der Kopf auf dem Boden dieses Raumes, der seine Zuflucht und sein Heiligtum war.
Die Schreie wurden hysterisch; entsetzliche Schluchzer erfüllten den Raum, prallten von den Wänden ab und jagten ihm eiskalte Schauer über den Rücken.
»O Gott! Bitte nicht!« Ihre Stimme schien hoch aufzusteigen, das ganze Haus zu erfüllen. Also empfand sie doch. Und trotzdem sah sie ihn nicht an. Etwas war faul hier ... gründlich faul.
Auf dem Boden zogen Jennas Züge sich zusammen und verflossen zu einem Brei, der einmal ihr Gesicht gewesen war.
Sein Verstand wurde schlagartig wieder klar.
Er erkannte, dass seine beinahe perfekte Schöpfung, seine Wachsmaske von Jenna Hughes' hinreißendem Gesicht, zerstört war.
Weil er nicht hatte warten können.
Weil er zu viele Pillen geschluckt hatte.
Weil er sie so sehr begehrte, dass er die Beherrschung verloren und sie geschlagen hatte. Lange bevor das Abbild richtig fest geworden war.
»Dummkopf«, knirschte er und schlug sich selbst vor den Kopf. »Idiot!« All die Arbeit für nichts und wieder nichts. Das wunderschöne Gesicht - würde er es rekonstruieren können? Eben noch war es beinahe lebensecht gewesen, und jetzt war es dahin; ehemals ein Michelangelo, jetzt ein Picasso, mit verzerrten Zügen um blinde Augen herum, die glasig und leer starrten.
Er richtete sich auf, wich vor dem Chaos auf dem Bett zurück. Kein Blut war zu sehen. Kein Fleisch, keine Knochen. Nicht von dieser leblosen Gestalt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte über die Schatten seiner dunklen, sorgfältig vorbereiteten Bühne hinweg, auf der mehrere beinahe perfekte Mannequins stumm und abwartend in der Dämmerung standen. Sie waren wunderschön, aber nicht lebendig. Nachbildungen von Jenna Hughes. Aber diese eine! Er sah sein vormaliges Meisterwerk noch einmal an und furchte die Stirn. Eine erbärmliche Nachbildung! Er war in letzter Zeit unkonzentriert gewesen. »Bitte ... lassen Sie mich gehen.«
Er kam wieder auf die Füße und spähte über die Schulter in die dunkle Ecke. Sein Blick heftete sich auf die lebendige Frau, die, nackt und gefesselt, gerade aus ihrem durch Drogen herbeigeführten Schlaf erwachte. Es war ihre Stimme gewesen, die er hörte. Ihre Panik, die durch den Raum gellte.
»Bitte«, wimmerte sie noch einmal leise, und er lächelte, empfand neue Hoffnung, als er ihren Körperbau und die Gesichtszüge musterte. Die Breite der Stirn, die gerade Nase, die hohen Wangenknochen unter großen, angsterfüllten Augen. Sie war schmutzig blond, doch die Haarfarbe war seine geringste Sorge. Was das Gesicht betraf, war sie beinahe ein Volltreffer. Er grinste breit, und das Chaos vor ihm war bereits wieder vergessen.
Die nächste Nachbildung der Jenna Hughes würde perfekt sein.
Dieses erbarmungswürdige Geschöpf, das gefesselt um sein Leben flehte, war anatomisch genau das Richtige. Seine Wut verrauchte sogleich, als er zum Fenster hinüberschaute, durch dessen Scheiben schwaches Mondlicht drang. Draußen auf der Fensterbank schmolz der Schnee. Der Winter ging zu Ende.
Frühlingshaftes Tauwetter lag bereits in der Luft. Er musste sich beeilen.
...
Übersetzung: Elisabeth Hartmann
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Sie wartete, reglos. Als ob sie seine Nähe spürte.
Er konnte es fühlen - dieses pulsierende Verlangen zwischen ihnen, als er über eine spärlich beleuchtete Fläche hinweg auf das Bett blickte, in dem sie im Halbdunkel lag. Jenna Hughes. Die Frau seiner Träume. Die eine Frau, für die er seit langem lebte. So nahe. Und in seinem Bett. Endlich in seinem Bett.
Und er war bereit. Weiß Gott, er war bereit. Schweißperlen traten ihm auf Oberlippe und Stirn. Sein Glied wurde steif, seine Nerven waren wie elektrisiert.
Die Lampen waren gedimmt; ein paar Nachtlichter verliehen dem großen Raum eine intime Atmosphäre voller Schatten und dämmeriger Winkel. Leise Musik, der romantische Soundtrack des Films Beneath the Shadows, wisperte durch den höhlenartigen Raum. Sein Atem bildete eine Wolke in der kalten Luft, während er sie in dem hauchdünnen schwarzen Body betrachtete, den er für sie gekauft hatte. Wie lieb, dass sie ihn zu diesem ganz besonderen Stelldichein angezogen hatte. Zu ihrem ersten.
Braves Mädchen.
Der Body aus Seide und Spitze schmiegte sich perfekt an ihre Figur. Genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Durch den zarten Stoff hindurch konnte er ihre Brüste sehen. Die dunklen Brustwarzen, die durch die Spitzen lugten, sahen beinahe nass aus. Hatte sie sie für ihn befeuchtet? In freudiger Erwartung?
Wunderschön.
Er lächelte in sich hinein in der Gewissheit, dass sie genauso begierig war wie er.
Wie lange hatte er diesem Augenblick entgegengefiebert? Er wusste es nicht mehr. Egal. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen. Die Pillen, die er zum Wodka geschluckt hatte, zeigten Wirkung; er näherte sich dem perfekten Rauschzustand - gerade genug Chemie, um den Genuss dieses Augenblicks zum Äußersten zu steigern.
»Ich bin hier«, ließ er sie leise wissen, in der Erwartung, dass sie den Kopf drehte, eine fein geschwungene schwarze Augenbraue hochzog und ihm einen verheißungsvollen Blick zuwarf. Oder vielleicht würde sie sich auf den Ellenbogen aufstützen und ihm langsam mit einem Finger winken, ihn schweigend zu sich heranziehen, den Blick ihrer silbergrünen Augen in den seinen gesenkt.
Doch sie rührte sich nicht. Kein Strähnchen ihres eben-holzschwarzen Haars bewegte sich. Sie lag einfach da auf dem Bett und starrte an die Decke.
Das war nicht richtig.
Er erstarrte.
Sie sollte ihn anblicken. So wollte er es.
»Jenna?«, rief er leise.
Nichts. Nicht einmal ein flüchtiger Blick aus den Augenwinkeln in seine Richtung.
Was war los mit ihr? Da lag sie nun, gekleidet wie eine verdammte Nutte, und tat, als sei es ihr völlig gleichgültig, dass er bei ihr war, dass diese Nacht eine ganz besondere für sie war. Für ihn. Für sie beide.
Nicht schon wieder!
Er knirschte mit den Zähnen vor Enttäuschung über ihr kaltes Desinteresse. War das ein Spielchen? Wollte sie ihn reizen? Was zum Teufel ging hier vor?
»Jenna, sieh mich an«, befahl er in scharfem Flüsterton. Doch als er sich ihr näherte, bemerkte er, dass sie nicht so perfekt war, wie er geglaubt hatte. Nein ... Ihr Make-up stimmte nicht. Ihr Lippenstift war zu blass, ihr Lidschatten kaum sichtbar. Er hatte gewollt, dass sie mehr wie eine Hure aussah. So verlangte es sein Plan. Hatte er ihr nicht gesagt, sie solle eine Prostituierte darstellen? Ist sie nicht auch angezogen wie eine Prostituierte? Ist das nicht ein Teil deines Traums?
Verdammt, er konnte nicht mehr richtig denken. Sein Verstand war nicht so klar, wie er gehofft hatte. Das lag wahrscheinlich an den Drogen ... Oder war etwas anderes der Grund? Etwas Bedeutsames? Jenna reagierte nicht so, wie er gehofft hatte.
Sie wusste genau, was ihm gefiel.
Andererseits war sie schon immer eigensinnig gewesen. Distanziert. Eiskalt. Das war einer der Gründe, weshalb er sich so von ihr angezogen fühlte.
»Komm schon, Baby«, flüsterte er, beschloss, ihr noch eine Chance zu geben, obwohl es ihm schwer fiel, sich zu konzentrieren. Vielleicht war er doch ein bisschen zu high und erkannte diese feinen Nuancen der Lust nicht, für die sie bekannt war. Das musste es sein. Sein Verstand war etwas zu benebelt, sein Denken nicht ganz klar, seine Lust hatte die Oberhand über seine Vernunft. Innerlich zitterte er, empfand ein Gefühl der Beklemmung in der Brust. Seine Erektion war steinhart, drängte sich gegen seinen Hosenlatz, doch die Bilder in seinem Bewusstsein waren etwas verschwommen. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Schluss mit der Warterei.
Er kniete sich mit einem Bein neben sie auf die Matratze, wobei die Sprungfedern laut quietschten.
Sie sah ihn immer noch nicht an.
»Jenna!«, sagte er schärfer als beabsichtigt. Sein Temperament drohte mit ihm durchzugehen, seine Zunge war ein wenig schwerfällig.
Ruhig bleiben. Sie ist schließlich hier bei dir, nicht wahr? »Jenna, sieh mich an!«
Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Starrsinniges, undankbares Weib! Nach allem, was er für sie getan hatte! Nach all den Jahren, während derer er nur an sie gedacht hatte! Wut stieg in ihm auf, seine Hände begannen zu zittern.
Beruhige dich! Du kannst sie immer noch haben. In deinem Bett. Sie ist schließlich nicht gegangen, oder? »Jenna, ich bin hier«, sagte er.
Sie ignorierte ihn.
Rasender Zorn drohte ihn zu übermannen, doch er versuchte, ihn niederzukämpfen. Sie trieb ein Spielchen mit ihm, weiter nichts. Sie wusste, dass er sie umso mehr begehrte, umso erregter wurde, je gleichgültiger sie sich gab. Und das war desto besser.
Oder?
Er wusste es nicht. Konnte sich nicht recht darauf besinnen.
Er schwitzte, obwohl die Temperatur im Raum nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt lag. Doch zugleich glühte er innerlich, brachte ein Feuer sein Blut in Wallung.
Spürte sie es denn nicht - dieses intime Band, das sie aneinander fesselte?
Er beugte sich über sie und fuhr mit zitterndem Finger die Kontur ihrer Wange nach. Sie fühlte sich warm an.
Dann begriff er. Das alles gehörte zu ihrem Traum. Er sollte sie nicht als Jenna Hughes betrachten, sondern als eine der Rollen, die sie auf der Leinwand gespielt hatte. War sie nicht angezogen wie Paris Knowlton, die Prostituierte aus New Orleans in ihrem Film Beneath the Shadows? Hatte er nicht selbst gewollt, dass Jenna in dieser Nacht die Rolle der Paris spielte? Und tat sie nicht genau das? Plötzlich ging es ihm besser, und die Glut, die durch seine Adern strömte, rührte nun eher von Lust und Drogen als von Wut her.
»Paris«, raunte er und berührte liebevoll ihr dunkles Haar. Es schimmerte blauschwarz im trüben Licht. »Ich habe dich gesucht.«
Immer noch keine Antwort.
Gott, was wollte sie denn? Er spielte schließlich seine Rolle ... oder etwa nicht?
»Jenna?«
Nicht einmal ein flüchtiger Blick in seine Richtung. Plötzlicher Zorn flammte auf. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. »Oh, ich verstehe«, fauchte er und fuhr mit den Fingern grob über ihren Hals. »Dir macht das wirklich Spaß, wie? Du spielst anscheinend gern die Hure.« Er hörte ein leises Keuchen.
Endlich!
Seine Finger legten sich um ihren Hals. Er fühlte sich warm an unter seiner Berührung. Nachgiebig. Er versuchte, ihren Puls zu ertasten, während er zudrückte.
Ein Stöhnen.
Schmerz oder Wollust?
»So hast du's gern, nicht wahr? Du magst es, wenn ich grob bin, wie?«
»O Gott, nein!« Ihre Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, hallte in seinem Kopf, wurde von den Wänden zurückgeworfen. »Nicht!«
Sein Griff wurde fester, grub sich in ihr beinahe heißes Fleisch.
»Aufhören! Bitte! Was soll das?«
Er war so erregt, dass er zitterte, doch er konnte die Hände nicht von ihrem Hals lösen, um den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen. Dann schüttelte er sie, dass ihr Kopf heftig hin und her geschleudert wurde. Ihre schönen grünen Augen waren noch immer starr auf ihn gerichtet.
Ein entsetzter Schrei hallte durch den Raum.
Jennas Kopf fiel in den Nacken.
Ihr Hals bewegte sich unter seinen Händen.
Ein weiterer panischer Schreckensschrei brach sich an den Deckenbalken und hallte in seinem Kopf nach. »Miststück!« Er schlug sie grob ins Gesicht.
Klatsch! Der Schlag riss ihren Kopf herum.
»O Gott!« Jetzt weinte sie. Schluchzte. »Nein, nein, nein!«
Ihr Make-up zerlief, ihre makellosen Gesichtszüge waren durch den Schlag verzerrt. Ihr Haar löste sich, die dichte schwarze Perücke fiel auf das zerwühlte Laken, Jennas kahler Kopf schimmerte im Dämmerlicht.
Ein Keuchen.
Sie warf den Kopf zur Seite.
So war es schon besser.
Er hob wieder die Hand.
»Nicht ... O Gott, bitte nicht!«, flehte sie mit unbewegten Lippen. »Was soll das?« Sie jammerte laut, beinahe unverständlich, und ihre Stimme klang schrill vor Panik. Doch ihre Schultern blieben steif. Regungslos. Keine Leidenschaft zeigte sich auf ihrem Gesicht.
Hier war irgendetwas faul, sehr faul ...
»O Gott, o Gott, o Gott ... aufhören, bitte.«
Der verängstigte Tonfall, das atemlose Schluchzen hallten durch den Raum, und doch rannen keine Tränen aus Jennas Augen, sie blinzelte nicht einmal. Ihre Lippen zitterten nicht. Ihre Schultern bebten nicht. Ihr Körper zuckte nicht ...
Er blinzelte. Rang um Klarheit in seinem Kopf. Seine Erektion erschlaffte, als ihm bewusst wurde, wo er war und was er da tat.
Verdammt!
Er blickte auf Jenna Hughes nieder und ließ sie, als hätte er sich die Hände verbrannt, auf die zerknitterten Seidenlaken zurückfallen.
Krach!
Ihr Kopf schlug auf dem Bettrahmen auf.
Ein Kreischen schieren Entsetzens gellte durch den Raum. Jennas Hals brach.
Ihr kahler Kopf löste sich vom Körper.
»O Gott, neiiiin!«
Der Kopf rollte mit weit aufgerissenen Augen von der Matratze.
Mit einem dumpfen Aufprall landete der Kopf auf dem Boden dieses Raumes, der seine Zuflucht und sein Heiligtum war.
Die Schreie wurden hysterisch; entsetzliche Schluchzer erfüllten den Raum, prallten von den Wänden ab und jagten ihm eiskalte Schauer über den Rücken.
»O Gott! Bitte nicht!« Ihre Stimme schien hoch aufzusteigen, das ganze Haus zu erfüllen. Also empfand sie doch. Und trotzdem sah sie ihn nicht an. Etwas war faul hier ... gründlich faul.
Auf dem Boden zogen Jennas Züge sich zusammen und verflossen zu einem Brei, der einmal ihr Gesicht gewesen war.
Sein Verstand wurde schlagartig wieder klar.
Er erkannte, dass seine beinahe perfekte Schöpfung, seine Wachsmaske von Jenna Hughes' hinreißendem Gesicht, zerstört war.
Weil er nicht hatte warten können.
Weil er zu viele Pillen geschluckt hatte.
Weil er sie so sehr begehrte, dass er die Beherrschung verloren und sie geschlagen hatte. Lange bevor das Abbild richtig fest geworden war.
»Dummkopf«, knirschte er und schlug sich selbst vor den Kopf. »Idiot!« All die Arbeit für nichts und wieder nichts. Das wunderschöne Gesicht - würde er es rekonstruieren können? Eben noch war es beinahe lebensecht gewesen, und jetzt war es dahin; ehemals ein Michelangelo, jetzt ein Picasso, mit verzerrten Zügen um blinde Augen herum, die glasig und leer starrten.
Er richtete sich auf, wich vor dem Chaos auf dem Bett zurück. Kein Blut war zu sehen. Kein Fleisch, keine Knochen. Nicht von dieser leblosen Gestalt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte über die Schatten seiner dunklen, sorgfältig vorbereiteten Bühne hinweg, auf der mehrere beinahe perfekte Mannequins stumm und abwartend in der Dämmerung standen. Sie waren wunderschön, aber nicht lebendig. Nachbildungen von Jenna Hughes. Aber diese eine! Er sah sein vormaliges Meisterwerk noch einmal an und furchte die Stirn. Eine erbärmliche Nachbildung! Er war in letzter Zeit unkonzentriert gewesen. »Bitte ... lassen Sie mich gehen.«
Er kam wieder auf die Füße und spähte über die Schulter in die dunkle Ecke. Sein Blick heftete sich auf die lebendige Frau, die, nackt und gefesselt, gerade aus ihrem durch Drogen herbeigeführten Schlaf erwachte. Es war ihre Stimme gewesen, die er hörte. Ihre Panik, die durch den Raum gellte.
»Bitte«, wimmerte sie noch einmal leise, und er lächelte, empfand neue Hoffnung, als er ihren Körperbau und die Gesichtszüge musterte. Die Breite der Stirn, die gerade Nase, die hohen Wangenknochen unter großen, angsterfüllten Augen. Sie war schmutzig blond, doch die Haarfarbe war seine geringste Sorge. Was das Gesicht betraf, war sie beinahe ein Volltreffer. Er grinste breit, und das Chaos vor ihm war bereits wieder vergessen.
Die nächste Nachbildung der Jenna Hughes würde perfekt sein.
Dieses erbarmungswürdige Geschöpf, das gefesselt um sein Leben flehte, war anatomisch genau das Richtige. Seine Wut verrauchte sogleich, als er zum Fenster hinüberschaute, durch dessen Scheiben schwaches Mondlicht drang. Draußen auf der Fensterbank schmolz der Schnee. Der Winter ging zu Ende.
Frühlingshaftes Tauwetter lag bereits in der Luft. Er musste sich beeilen.
...
Übersetzung: Elisabeth Hartmann
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Lisa Jackson
Lisa Jackson arbeitete nach ihrem Studium zunächst einige Jahre im Banken- und Versicherungswesen, bevor sie das Schreiben für sich entdeckte. Mittlerweile zählt Jackson zu den amerikanischen Top-Autorinnen, deren Romane regelmäßig die Bestsellerlisten der New York Times, der USA Today und der Publishers Weekly erobern. Lisa Jackson lebt in Oregon.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lisa Jackson
- 2011, 1, 704 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828989985
- ISBN-13: 9783828989986
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