So wahr wie das Leben
Roman. Deutsche Erstausgabe
Eine kluge Bauch-Entscheidung, eine kleine, lauschige Buchhandlung und jede Menge Liebes- und Lebensturbulenzen ...
Eine Job-Intrige bringt bei Bella das Fass zum Überlaufen. Kurzerhand kündigt sie ihre Stelle bei der Zeitung, sucht sich einen...
Eine Job-Intrige bringt bei Bella das Fass zum Überlaufen. Kurzerhand kündigt sie ihre Stelle bei der Zeitung, sucht sich einen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „So wahr wie das Leben “
Eine kluge Bauch-Entscheidung, eine kleine, lauschige Buchhandlung und jede Menge Liebes- und Lebensturbulenzen ...
Eine Job-Intrige bringt bei Bella das Fass zum Überlaufen. Kurzerhand kündigt sie ihre Stelle bei der Zeitung, sucht sich einen Aushilfsjob und will endlich einen Traum wahrmachen und einen eigenen Roman schreiben. Zunächst läuft alles wie am Schnürchen: Der neue Job ist klasse, der neue Chef eine Augenweide. Dann flattert Bella auch noch ein Buchvertrag ins Haus. Doch als die Mutter ihr ein Geheimnis offenbart, liegt Bellas Glück in Trümmern.
Eine Job-Intrige bringt bei Bella das Fass zum Überlaufen. Kurzerhand kündigt sie ihre Stelle bei der Zeitung, sucht sich einen Aushilfsjob und will endlich einen Traum wahrmachen und einen eigenen Roman schreiben. Zunächst läuft alles wie am Schnürchen: Der neue Job ist klasse, der neue Chef eine Augenweide. Dann flattert Bella auch noch ein Buchvertrag ins Haus. Doch als die Mutter ihr ein Geheimnis offenbart, liegt Bellas Glück in Trümmern.
Klappentext zu „So wahr wie das Leben “
Eine kluge Bauch-Entscheidung, eine kleine, lauschige Buchhandlung und jede Menge Liebes- und Lebensturbulenzen Eine Job-Intrige bringt bei Bella das Fass zum Überlaufen. Kurzerhand kündigt sie ihre Stelle bei der Zeitung, sucht sich einen Aushilfsjob und will endlich einen Traum wahrmachen und einen eigenen Roman schreiben. Zunächst läuft alles wie am Schnürchen: Der neue Job ist klasse, der neue Chef eine Augenweide. Dann flattert Bella auch noch ein Buchvertrag ins Haus. Doch als die Mutter ihr ein Geheimnis offenbart, liegt Bellas Glück in Trümmern.
Lese-Probe zu „So wahr wie das Leben “
Ohne anzuklopfen stieß Bella McKenzie die Tür zum Büro ihrer Chefredakteurin auf und warf ihr die neueste Ausgabe des Weekender auf den Schreibtisch. "Dieses Mal sind sie zu weit gegangen", sagte sie und tippte mit dem Zeigefinger auf die aufgeschlagene Seite. dafür würde sie gehen müssen. Nicht dass ihr das etwas ausmachte. Manche dinge waren einfach zu schlimm und hässlich, um sie länger hinzunehmen."Haben sie ein Problem, Bella?", fragte Primrose. dann produzierten ihre pink geschminkten Lippen wie auf ein Stichwort hin ein Lächeln, das verschwörerisch wirken sollte, indem es sage: Wir sind ein Team! Wir stecken zusammen in der Sache.
In den vielen Jahren, in denen sie bereits die Zügel des meistgelesenen Magazins des Bundesstaats in ihren manikürten Händen hielt, hatte Primrose Adams sich die Fähigkeit angeeignet, zu beschwichtigen und auszuweichen, in Deckung zu gehen und sich herauszuwinden: Qualitäten einer Weltklassediplomatin, wenn sie tatsächlich zum Einsatz kamen. Was jetzt der Fall sein würde, wie Bella wusste, die beobachtete, wie ihre Chefin die schlanken, bestrumpften Beine übereinanderschlug. doch Bella ließ sich von dieser Taktiererei nicht mehr beirren. Sie kannte sie inzwischen, hatte sie schon hunderte Male erlebt.
"Ja, ich habe ein Problem", erklärte sie unerschrocken. "Man nennt es Diebstahl geistigen Eigentums. Meines Eigentums, um genau zu sein."
Eine wahrlich schwerwiegende Anschuldigung. Das Lächeln verflüchtigte sich.
"Elterliche Selbstjustiz gegen Schulhofmobber", fuhr Bella fort. "Meine Idee. Meine Wortwahl."
Primrose forderte sie mit einer Geste auf, ihr gegenüber Platz zu nehmen. "Setzen Sie sich doch."
"Ich stehe lieber." Sie würde dem Schmeicheln, Überreden, Leugnen oder allen Pfeilen, die Primrose aus ihrem Köcher zu zücken gedachte, standhalten. "Vor ein paar Wochen sind Sie an meinen Schreibtisch gekommen, um zu sehen, woran ich gerade arbeite. Nachdem Sie meinen Entwurf gelesen hatten, sagten Sie mir, das
... mehr
Thema wäre für eine Veröffentlichung zu heikel. Dann haben Sie den Artikel selbst geschrieben."
Der scharfe Blick, den Primrose nun aufsetzte, hätte vielleicht bei der Bella Wirkung gezeigt, die unbedingt ihre Stelle behalten wollte. Aber heute konnte er ihr nichts anhaben, und fasziniert (wenn auch immer noch aufgebracht) sah sie zu, wie ihre Chefin ihre Taktik änderte und sich auf ihrem Stuhl mit dem Ausdruck des Selbstbewusstseins derjenigen zurücklehnte, die wusste, dass sie wieder die Oberhand gewinnen würde.
"Mein liebes Mädchen", erwiderte sie affektiert, "Sie steigern sich da in etwas hinein. Sie sagen Dinge, die Sie gar nicht meinen."
"Mir ist es völlig ernst damit." So behandelt - nicht ernst genommen - zu werden, machte sie wütend, zumal ihr nicht nur Adrenalin, sondern auch jede andere Wut verursachende Substanz durch die Adern schoss, die der Körper zu produzieren in der Lage ist.
"Erinnern sie sich doch, Bella. Ich war diejenige, die als Erste das Thema zur Sprache gebracht und "Haben sie nicht! Ich habe den Clip auf YouTube entdeckt!"
"Als sie mit Ihrem Artikel über Katzenschnupfen zu beschäftigt waren, um damit anzufangen. In diesem Geschäft kann man sich keinen Aufschub leisten."
Bella schnaubte. Katzenschnupfen? diesen Kleinkram hatte sie in gerade einmal fünf Minuten erledigt. "Ich schiebe nie etwas auf die lange Bank. Außerdem liefere ich schneller ab als jeder andere in Ihrer Belegschaft."
Vor Wut und Frustration stotterte sie beinahe. Besaß Primrose etwa die Dreistigkeit, so zu tun, als hätte sie den Augenblick, als sie in Bellas Büro geschwebt war, vergessen? die üblichen Parfümschwaden, das Rascheln eines Seidenrocks. dann: Hm nicht schlecht. Eltern erteilen mobbenden Schülern eine Lektion. Ist aber vielleicht ein etwas zu sensibles Thema im Moment. Wir wollen ja nicht noch an dere Eltern ermuntern, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, oder?
Und jetzt, zwei Wochen später, tauchte ihre Story unter dem Namen von Primrose auf. Er passierte nicht zum ersten Mal, dieser ungenierte Diebstahl ihrer Arbeit, wann immer sie einen Riecher für ein besonders gutes Thema bewiesen hatte. doch er würde nie wieder geschehen. Allmächtiger, fünf Jahre lang hatte sie sich das gefallen lassen. Fünf Jahre! das Problem war, dass es beim Weekender ein ungeschriebenes Gesetz gab. Man beschwerte sich nicht über Primrose. Nie. Mit einer Beschwerde unterzeichnete man sein eigenes Todesurteil. Und wenn man eine eigene wöchentliche Kolumne in einer Zeitschrift mit einer solch beeindruckenden Auflage hatte, war das nicht etwas, das man in einem Augenblick der Gereiztheit aufgab. Nein, man hielt daran fest - eisern -, wartete und hoffte, dass Primrose das Handtuch zuerst warf. Was nicht sehr wahrscheinlich war! Primrose schien so hartnäckig zu sein wie Entenmuscheln an einem Schiffsrumpf.
Bella starrte die pinkfarbenen Lippen an, die wie immer hochgesteckten Haare, das starke Make-up, das Augen umrahmte, die so hart wie Diamantsplitter waren, und fragte sich, was Primrose eigentlich gegen ihr eigenes Geschlecht hatte. Es war, als würde sie jede andere Frau als Konkurrenz, als Bedrohung betrachten, und als sei es ihr Auftrag, den Erfolg jeder einzelnen zu untergraben. Was ziemlich verwirrend war, da weder Bella noch eine der anderen Kolleginnen, die beim Weekender beschäftigt waren, es auf Primroses Posten als Chefredakteurin abgesehen hatte.
Doch Primrose schien eine unsichtbare Peitsche mit sich herumzutragen, die sie in ihrem persönlichen Bereich knallen ließ, als ob sie jedermann abwehrte. Es sei denn, ihr gefiel ein Konzept, und sie erhob Anspruch darauf. Dann versteckte sie die Peitsche und setzte ihr diplomatisches Geschick und ihr Lächeln ein, um das nötige Vertrauensverhältnis herzustellen. Wonach das besagte Lächeln und die Gewandtheit so schnell verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Zack, war die Peitsche wieder hervorgeholt. Knall, knall. Du hast also gedacht, wegen dieses kleinen Artikels wären wir jetzt Freunde? Knall, knall.
Bella konnte es einfach nicht mehr ertragen. Nach dem heutigen Ausbruch war ihre Zeit hier sowieso vorbei. Abspringen war besser, als gestoßen zu werden. "Ich kündige", erklärte sie mit einem Gefühl der Befriedigung. "Binnen einer stunde haben sie mein Kündigungsschreiben auf dem Tisch".
Im selben Augenblick war sie schon draußen auf dem Korridor, die Augen geradeaus gerichtet. sie würde nicht rechts, nicht links blicken und die Gesichter der anderen Angestellten sehen - arme, gefangene, ohnmächtige Dummköpfe. Ihr war nach Hopsen, springen, die Wände hochklettern und anderen Kunststücken zumute, um das Hoch dieses Moments noch einmal zu erleben. Ich kündige. sie schloss die Augen und sog die Lungen voll mit frischer Luft. die Ketten waren fest und schwer gewesen, doch jetzt war sie frei, nichts und niemandem mehr verpflichtet. Und sie wusste schon genau, was sie als Nächstes tun würde.
Bella, die sich der vielen Chardonnay nippenden und Tapas kostenden Gäste um sich herum bewusst war, schob ihr nur zur Hälfte verzehrtes Gericht beiseite und beugte sich über den Tisch. "Zwei Dinge", sagte sie so leise, dass Julian sich anstrengen musste, sie trotz des Lärms der Mittagsgäste zu verstehen. "Das Erste, und das weiß bald alle Welt, ich habe beim Weekender gekündigt. Das Zweite und Beste, und nur für deine Ohren bestimmt, meine neue Berufung ^ Trommelwirbel bitte ^ Ich schreibe ein Buch."
Was Julian auch erwartet haben mochte, ganz bestimmt nicht das. Er lehnte sich zurück, Überraschung und Verwirrung standen ihm ins Gesicht geschrieben.
"Warum nicht?", meinte Bella, während sie mit dem geübten Auge einer alten Freundin seine Skepsis abschätzte. "Du weißt, dass ich in der Lage bin, einen Satz zu bauen. Und ich habe jede Menge Fantasie."
"Hm", stimmte er ihr zu, "reichlich."
Sie warf ihm einen gereizten Blick zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Teller schenkte. "Du hättest zumindest so tun können, als seist du begeistert", murmelte sie und stocherte in ihren sich zusammenklumpenden Fettucine marinara herum. "Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass ein Mädchen sich so weit aus dem Fenster lehnt und nach fünf Jahren ihren Job aufgibt, um sich einen Traum zu erfüllen."
Er beugte sich vor. "sind wirklich schon fünf Jahre vergangen, seit du beim Weekender angefangen hast?"
"Ja." Nachdem sie sich eine letzte Jakobsmuschel in den Mund gesteckt hatte, schob sie ihr Essen endgültig beiseite und griff nach der Weinflasche. "Fünf Jahre unterdrückter Kreativität. Fünf Jahre des Schreibens über Nachbarschaftsstreitigkeiten und verpfuschte Facelifts. Fünf Jahre, in denen man mir gesagt hat, ich brächte nichts zustande, und dann meine Ideen geklaut hat, und ich musste mir auf die Zunge beißen, um Frau PA nicht zu sagen, dass sie eine Diebin ist."
Bella wusste, dass sie überreagierte. sie hörte den Ärger in ihrer stimme, doch dieser letzte schritt war ein riesiges Unterfangen, ein verrücktes Risiko, und sie hatte sich sehnlichst eine positivere Reaktion ihres Freundes gewünscht, der sie besser kannte als irgendjemand sonst auf diesem Planeten. sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter und sagte: "du denkst wahrscheinlich, ich stecke mitten in einer verfrühten Lebenskrise - nun, da wir dreißig sind -, aber es ist mir sehr ernst, weißt du?"
"Mir ist klar, dass du die Nase gestrichen voll hattest", gab Julian zu. "Aber meinst du nicht, es wäre klüger gewesen, sich einen neuen Job zu suchen, bevor du den alten hinschmeißt?"
"Zu spät", gab sie mit einem Lächeln zu.
"DU bist rausgestürmt, stimmt's?"
das Lächeln wurde breiter.
"Hast alle Brücken hinter dir abgebrochen?"
"Alle."
Sie waren ein merkwürdiges Paar. Bella in Jeans und verblichenen, violetten Sneakers, dazu das gestufte, blonde Haar, das so aussah, als hätte es die ganze Woche keinen Kamm gesehen. Dazu passte das unglaublich verknitterte, weiche Musselinhemd, denn das Bügeln hatte noch nie auf der Liste ihrer Haushaltstätigkeiten gestanden. Dagegen wirkte Julian in seinem makellos weißen Oberhemd und der hyazinthblauen Krawatte sehr gepflegt, und sein akkurat geschnittenes Haar schimmerte kastanienbraun im hellen Sonnenlicht. Doch das waren Äußerlichkeiten, für die beide nach all den Jahren der Vertrautheit keinen Blick mehr hatten.
Offensichtlicher waren die Unterschiede in den Persönlichkeiten. Die Tatsache, dass sie beide am gleichen Tag geboren waren - Bella zwei Stunden früher, was ihr einen Altersvorsprung gab, den sie schamlos auszunutzen versuchte, als sie noch Kinder waren -, lieferte den Kritikern der Astrologie starke Argumente. Da ihr Sternzeichen die Waage (sehr ausgeglichen, Sinn für Gerechtigkeit) und im chinesischen Horoskop die Schlange (leidenschaftlich, charmant, gut informiert) war, dem in der ägyptischen Mythologie der Gott Horus und bei den Maya der Gott Zotz zugeordnet waren, hätten ihre Charaktere eigentlich übereinstimmen sollen. Sie taten es aber nicht ^ Julian würde es nun nach allem, was sie ihm erzählt hatte, reizen, sie impulsiv zu nennen, sie daran zu erinnern, dass sie nicht mehr zwölf, sondern mit dreißig Jahren erwachsen sei und damit auch die Verantwortung einer Erwachsenen trüge.
Bella betrachtete sein blasses, klares Gesicht und die starken, schlanken Finger, die gegen den stiel des Weinglases klopften. Er war immer so ruhig, so sicher, so ganz anders als sie. Julian gehörte zu der Sorte Mensch, die einen Fünfjahresplan machte, dann einen Zehnjahresplan und sich unerschütterlich daran hielt. Eine Zukunft, die so durchgeplant war wie alles in seinem Leben und so geradlinig wie sein Charakter. Es war seine Art zu verhindern, dass sich Risse bildeten. Auf diese Weise hatte er sein Selbstvertrauen entwickelt.
"Es gibt ja noch andere Zeitschriften", meinte er. "DU hast viele Jahre als Kolumnistin vorzuweisen, da bekommst du bald woanders eine stelle."
Hatte er nicht verstanden? "Ich will doch allein arbeiten. Keine Bürointrigen, keine Hinterhältigkeit mehr. Nicht mehr vor einer größenwahnsinnigen Chefredakteurin strammstehen. Nicht mehr meine Aussagen so zurechtstutzen, dass sie den Vorstellungen eines anderen entsprechen."
Obwohl Bella zunehmend frustriert war, verstand sie, warum er diesen schritt mit Misstrauen betrachtete. Er schmeckte nach einem Rückfall in die Zeit, als sie im Alter von sechzehn von zu Hause abgehauen und das Leben ein fürchterlicher Kampf ums Essen und ein dach über dem Kopf gewesen war. Er hatte all das miterlebt, und auch wie sie sich an einem TAFE-College einschrieb, um endlich ihre Schulausbildung abschließen und sich um einen Platz an der Universität bewerben zu können. Er hatte sie bei ihrem Abschluss unterstützt und dann ihren Triumph geteilt, als man ihr die stelle beim Weekender anbot. Und doch war Julian entgangen, dass ihre Zeit beim Weekender ihre Freiheit auf eine Art beeinträchtigt hatte, wie sie es sich vorher nicht hätte ausmalen können.
Manchmal hatte sie jedoch gerade in den Momenten der Freiheit (von zu Hause fortgehen, Primrose ihre Kündigung vor die Füße werfen) das seltsam flüchtige Gefühl, dass es etwas Wichtiges gab, das sie wissen musste, und das sie eigentlich schon wusste, das aber nicht greifbar war. Als ob die Augenblicke der Freiheit oder der Lust etwas in einem Winkel ihres Bewusstseins weckten, das sie normalerweise streng unter Verschluss hielt. Das machte ihr ein bisschen Angst. Als würde sie ein Schatten aus einer anderen Dimension berühren. Es gab nur sehr wenig, was sie vor Julian geheim hielt, aber das würde sie ihm nie anvertrauen - er würde denken, sie wäre durchgeknallt. Vielleicht hätte er damit sogar recht.
"Willst du meine Meinung hören?", fragte er und beförderte sie zurück in die Realität.
"Darum erzähle ich es dir."
"Schreib dein Buch, wenn du meinst, dass du es musst. Aber denk dran, selbst wenn du einen Verleger findest, was angesichts der Konkurrenz in dieser Branche ehrlich gesagt fraglich ist, wird es sehr lange dauern, bis du Geld zu Gesicht bekommst. Trotzdem muss deine Hypothek noch abbezahlt werden. Such dir also einen Job, bei dem du nicht unter Druck stehst und eine vernünftige Arbeitszeit hast. Bei dem du die Arbeit nicht jeden Tag mit nach Hause nimmst. Dann kannst du abends ohne Ablenkung schreiben. So ein Job wird nicht gerade gut bezahlt sein", fügte er, plötzlich lächelnd, hinzu, "aber ich kann dir jederzeit ein Abendessen kochen, wenn du zu dünn wirst."
Sein Lächeln war ansteckend, sie fühlte sich schon besser. "Aber deine Zustimmung würde mir helfen", warnte sie, "also bitte keine harten Urteile fällen!"
Er rückte etwas vom Tisch weg. "dich verurteilen? Wann habe ich das je getan?"
sie gluckste vor Lachen. Wenn er wollte, war Julian ein Meister darin, ihre Stimmung zu heben. sie zählte an den Fingern ab: "Zum Beispiel beim Anblick meines unordentlichen Kühlschranks, der mangelnden Planung meiner Finanzen - außer beim Kauf meiner Wohnung, den hast du befürwortet -, des Zustands meines Autos, der Männer, die ich mir aussuche "Na ja "Untersteh dich!"
Er ließ das Thema fallen. Manches war immer noch tabu. "Also", fragte er, um wieder auf sichereres Terrain zu gelangen, "wann fängst du mit dem Buch an?"
"Habe ich schon." Eigentlich war sie schon mittendrin. die Ideen wirbelten ihr seit Jahren im Kopf herum, und jetzt, da sie Zeit hatte, würde ihr die Sache nur so von der Hand gehen. doch das musste sie ihm ja nicht auf die Nase binden.
"Hätte ich mir denken können. DU hattest immer schon weniger Geduld als ein Hund, der sich auf sein Fressen stürzt."
"Netter Vergleich. Ein gieriger Hund."
"Hm. das struppige Haar vervollständigt das Bild", neckte er sie, obwohl er sich bewusst war, dass ihre achtlose Art, sich zu kleiden, und das ungepflegte Haar keineswegs die Tatsache verdecken konnten, dass Bella eine extrem hübsche Frau war. Ihre Pfirsichhaut, die klaren grauen Augen und ihr breites Lächeln nahmen einen für sie ein und hielten einen in ihrem Bann. Wenn sie nicht da war, war alles anders. Als würde sich ein Gazeschleier über die Welt legen, dachte er, der die sinne dämpfte, sodass nichts mehr strahlte oder gut schmeckte, und die Musik nicht mehr melodisch klang. so war es seit jeher gewesen, obwohl es ihm manchmal, in Anbetracht der lieblosen und chaotischen Familienverhältnisse, in denen sie aufgewachsen war, wie ein Wunder vorkam, dass ihr Lächeln überlebt hatte. Wobei sie in diesem Moment nicht lächelte, sondern sich mit den Zähnen auf die Unterlippe biss, ein sicheres Zeichen dafür, dass ihr Gespräch sie noch immer aufregte.
"darf ich erfahren, worum es in deinem Buch geht?", fragte er.
sie zog eine Papierserviette aus dem Ständer und glättete sie zwischen den Fingern. "darfst du", antwortete sie vorsichtig. "Aber nur du und sonst niemand."
"Bin ganz Ohr."
"Wag es bloß nicht zu lachen!"
"Ich verziehe keine Miene."
"Eine Liebesgeschichte." sie entdeckte etwas Herausforderndes in seinem Blick, aber keine spur von spott, wie sie befürchtet hatte. Und plötzlich beugte sie sich wieder vor. "Versteht du nicht? Es muss eine riesige Nachfrage nach Liebesromanen geben. Ich habe danach gegoogelt, und wie es aussieht, erzielt das Genre um zig Millionen höhere Verkaufszahlen als alle anderen."
"Angebot und Nachfrage", erwiderte er und hob die Hand, um den Kellner zu rufen. "das bedeutet aber auch, dass ein Haufen anderer Leute solche Romane schreibt."
"Komm mir jetzt nicht mit Analysen und Statistiken." "Würde ich mich nicht trauen."
Der Kellner brachte die Rechnung. Julian streckte die Hand danach aus, aber Bella war schneller. "Ich bin dran", meinte sie und legte die Serviette weg, die sich allmählich in ihren Händen auflöste.
"Du bist arbeitslos", erinnerte er sie und schnappte sich den Papierstreifen.
Doch sie wehrte ihn ab. "Das heißt nicht, dass ich nicht für das Mittagessen bezahlen kann. Der Stolz diktiert einem zuweilen das Handeln."
Sie blätterte den exakten Betrag hin, während Julian einen Blick auf die Uhr warf. In Wahrheit würde Geld, sollte sie nicht bald einen Job finden, zu einem massiven Problem werden. Doch auf keinen Fall sollte Julian etwas davon erfahren. Es würde nur sein Hättest-besser-erst-einen-neuen-Job-gefunden-Argument stützen.
"Ich möchte mehr über dein Buch hören", sagte er, als er seinen Stuhl vom Tisch wegschob, "aber du musst mir unterwegs davon erzählen."
"Ich habe schon mehrere Kapitel geschrieben", gab sie zu. "Es fließt mir geradezu aus der Feder, und ich glaube wirklich, dass ich Talent habe und etwas daraus wird."
"Also, worum dreht es sich? Abgesehen vom Offensichtlichen natürlich."
"Na, Mann trifft Frau selbstverständlich."
"Latte Rock trifft Pussy Galore."
"Wenn du dich über mich lustig machst, streiche ich dich aus meinem Testament", warnte sie ihn.
Er hatte den Anstand, beschämt auszusehen. "Tut mir leid, ich brauche eben eine Weile, um mich an den Gedanken zu gewöhnen. Schließlich hast du sehr lange über Pfuscher, Promis und Nachbarn, die sich über den Zaun anschreien, geschrieben."
Natürlich hatte er recht, aber jede Woche einen Haufen dieser Geschichten, die das Leben schreibt, zu produzieren, war der Preis, den sie dafür gezahlt hatte, ihre eigene wöchentliche Kolumne zu haben. Ihre Kolumne, Die Generation Warum, hatte ihr eine Stimme gegeben, das Recht, zu hinterfragen und zu kommentieren - solange ihr Thema ungefähr auf einer Linie mit den restlichen Themen der Zeitschrift lag: Promijagd, Haustiere, Mehrfachgeburten, Dickleibigkeit und so weiter. The Weekender war die meistverkaufte Zeitschrift im Land, hatte eine Auflage von fast achtzigtausend Exemplaren und eine Leserschaft von gut über einer halben Million. Das Ansehen, das damit verbunden war, dort zu arbeiten, war enorm und lange Zeit Teil ihrer Identität gewesen. Julian würde nicht der Einzige sein, der sie für verrückt hielt, diesen Job hinzuschmeißen für eine völlig ungewisse Zukunft als Buchautorin. Die ganze Welt würde ihm recht geben, aber die Sehnsucht, sich (jawohl sich!) auszudrücken, sich nicht auf ewig den Erwartungen und Forderungen anderer anpassen zu müssen, hatte ihr schließlich keine Wahl gelassen. Primroses letzter Akt von Piraterie hatte die Sache nur beschleunigt.
Sie gingen die George Street entlang. Es war ein herrlicher Tag zu Beginn des Frühlings: klare, kühle Luft und ein makelloser Himmel. Doch auf den Straßen herrschte das übliche Gedränge - schlimmer noch, da jedermann zum Mittagessen unterwegs war -, und man kam nur vorwärts, indem man immer wieder anderen auswich.
"Meine Geschichte handelt von einem schönen Mädchen", erzählte sie ihm, als sie in die Elizabeth Street einbogen.
"Ah ja, natürlich."
"^ das einem jakobitischen Rebellen hilft, den Kräften des Bösen zu entkommen. Das heißt dem Schlächter von Cumberland und seinem hannoverschen Heer."
Bei ihren Worten blieb Julian abrupt stehen. Er drehte sich zu ihr, wobei er nicht wahrnahm, dass sie anderen den Weg verstellten und zu einem Umweg über die Straße zwangen. "Seit wann bist du qualifiziert, historische Romane zu schreiben?"
"Ich habe die Zwischenprüfung in Geschichte bestanden."
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Der scharfe Blick, den Primrose nun aufsetzte, hätte vielleicht bei der Bella Wirkung gezeigt, die unbedingt ihre Stelle behalten wollte. Aber heute konnte er ihr nichts anhaben, und fasziniert (wenn auch immer noch aufgebracht) sah sie zu, wie ihre Chefin ihre Taktik änderte und sich auf ihrem Stuhl mit dem Ausdruck des Selbstbewusstseins derjenigen zurücklehnte, die wusste, dass sie wieder die Oberhand gewinnen würde.
"Mein liebes Mädchen", erwiderte sie affektiert, "Sie steigern sich da in etwas hinein. Sie sagen Dinge, die Sie gar nicht meinen."
"Mir ist es völlig ernst damit." So behandelt - nicht ernst genommen - zu werden, machte sie wütend, zumal ihr nicht nur Adrenalin, sondern auch jede andere Wut verursachende Substanz durch die Adern schoss, die der Körper zu produzieren in der Lage ist.
"Erinnern sie sich doch, Bella. Ich war diejenige, die als Erste das Thema zur Sprache gebracht und "Haben sie nicht! Ich habe den Clip auf YouTube entdeckt!"
"Als sie mit Ihrem Artikel über Katzenschnupfen zu beschäftigt waren, um damit anzufangen. In diesem Geschäft kann man sich keinen Aufschub leisten."
Bella schnaubte. Katzenschnupfen? diesen Kleinkram hatte sie in gerade einmal fünf Minuten erledigt. "Ich schiebe nie etwas auf die lange Bank. Außerdem liefere ich schneller ab als jeder andere in Ihrer Belegschaft."
Vor Wut und Frustration stotterte sie beinahe. Besaß Primrose etwa die Dreistigkeit, so zu tun, als hätte sie den Augenblick, als sie in Bellas Büro geschwebt war, vergessen? die üblichen Parfümschwaden, das Rascheln eines Seidenrocks. dann: Hm nicht schlecht. Eltern erteilen mobbenden Schülern eine Lektion. Ist aber vielleicht ein etwas zu sensibles Thema im Moment. Wir wollen ja nicht noch an dere Eltern ermuntern, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, oder?
Und jetzt, zwei Wochen später, tauchte ihre Story unter dem Namen von Primrose auf. Er passierte nicht zum ersten Mal, dieser ungenierte Diebstahl ihrer Arbeit, wann immer sie einen Riecher für ein besonders gutes Thema bewiesen hatte. doch er würde nie wieder geschehen. Allmächtiger, fünf Jahre lang hatte sie sich das gefallen lassen. Fünf Jahre! das Problem war, dass es beim Weekender ein ungeschriebenes Gesetz gab. Man beschwerte sich nicht über Primrose. Nie. Mit einer Beschwerde unterzeichnete man sein eigenes Todesurteil. Und wenn man eine eigene wöchentliche Kolumne in einer Zeitschrift mit einer solch beeindruckenden Auflage hatte, war das nicht etwas, das man in einem Augenblick der Gereiztheit aufgab. Nein, man hielt daran fest - eisern -, wartete und hoffte, dass Primrose das Handtuch zuerst warf. Was nicht sehr wahrscheinlich war! Primrose schien so hartnäckig zu sein wie Entenmuscheln an einem Schiffsrumpf.
Bella starrte die pinkfarbenen Lippen an, die wie immer hochgesteckten Haare, das starke Make-up, das Augen umrahmte, die so hart wie Diamantsplitter waren, und fragte sich, was Primrose eigentlich gegen ihr eigenes Geschlecht hatte. Es war, als würde sie jede andere Frau als Konkurrenz, als Bedrohung betrachten, und als sei es ihr Auftrag, den Erfolg jeder einzelnen zu untergraben. Was ziemlich verwirrend war, da weder Bella noch eine der anderen Kolleginnen, die beim Weekender beschäftigt waren, es auf Primroses Posten als Chefredakteurin abgesehen hatte.
Doch Primrose schien eine unsichtbare Peitsche mit sich herumzutragen, die sie in ihrem persönlichen Bereich knallen ließ, als ob sie jedermann abwehrte. Es sei denn, ihr gefiel ein Konzept, und sie erhob Anspruch darauf. Dann versteckte sie die Peitsche und setzte ihr diplomatisches Geschick und ihr Lächeln ein, um das nötige Vertrauensverhältnis herzustellen. Wonach das besagte Lächeln und die Gewandtheit so schnell verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Zack, war die Peitsche wieder hervorgeholt. Knall, knall. Du hast also gedacht, wegen dieses kleinen Artikels wären wir jetzt Freunde? Knall, knall.
Bella konnte es einfach nicht mehr ertragen. Nach dem heutigen Ausbruch war ihre Zeit hier sowieso vorbei. Abspringen war besser, als gestoßen zu werden. "Ich kündige", erklärte sie mit einem Gefühl der Befriedigung. "Binnen einer stunde haben sie mein Kündigungsschreiben auf dem Tisch".
Im selben Augenblick war sie schon draußen auf dem Korridor, die Augen geradeaus gerichtet. sie würde nicht rechts, nicht links blicken und die Gesichter der anderen Angestellten sehen - arme, gefangene, ohnmächtige Dummköpfe. Ihr war nach Hopsen, springen, die Wände hochklettern und anderen Kunststücken zumute, um das Hoch dieses Moments noch einmal zu erleben. Ich kündige. sie schloss die Augen und sog die Lungen voll mit frischer Luft. die Ketten waren fest und schwer gewesen, doch jetzt war sie frei, nichts und niemandem mehr verpflichtet. Und sie wusste schon genau, was sie als Nächstes tun würde.
Bella, die sich der vielen Chardonnay nippenden und Tapas kostenden Gäste um sich herum bewusst war, schob ihr nur zur Hälfte verzehrtes Gericht beiseite und beugte sich über den Tisch. "Zwei Dinge", sagte sie so leise, dass Julian sich anstrengen musste, sie trotz des Lärms der Mittagsgäste zu verstehen. "Das Erste, und das weiß bald alle Welt, ich habe beim Weekender gekündigt. Das Zweite und Beste, und nur für deine Ohren bestimmt, meine neue Berufung ^ Trommelwirbel bitte ^ Ich schreibe ein Buch."
Was Julian auch erwartet haben mochte, ganz bestimmt nicht das. Er lehnte sich zurück, Überraschung und Verwirrung standen ihm ins Gesicht geschrieben.
"Warum nicht?", meinte Bella, während sie mit dem geübten Auge einer alten Freundin seine Skepsis abschätzte. "Du weißt, dass ich in der Lage bin, einen Satz zu bauen. Und ich habe jede Menge Fantasie."
"Hm", stimmte er ihr zu, "reichlich."
Sie warf ihm einen gereizten Blick zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Teller schenkte. "Du hättest zumindest so tun können, als seist du begeistert", murmelte sie und stocherte in ihren sich zusammenklumpenden Fettucine marinara herum. "Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass ein Mädchen sich so weit aus dem Fenster lehnt und nach fünf Jahren ihren Job aufgibt, um sich einen Traum zu erfüllen."
Er beugte sich vor. "sind wirklich schon fünf Jahre vergangen, seit du beim Weekender angefangen hast?"
"Ja." Nachdem sie sich eine letzte Jakobsmuschel in den Mund gesteckt hatte, schob sie ihr Essen endgültig beiseite und griff nach der Weinflasche. "Fünf Jahre unterdrückter Kreativität. Fünf Jahre des Schreibens über Nachbarschaftsstreitigkeiten und verpfuschte Facelifts. Fünf Jahre, in denen man mir gesagt hat, ich brächte nichts zustande, und dann meine Ideen geklaut hat, und ich musste mir auf die Zunge beißen, um Frau PA nicht zu sagen, dass sie eine Diebin ist."
Bella wusste, dass sie überreagierte. sie hörte den Ärger in ihrer stimme, doch dieser letzte schritt war ein riesiges Unterfangen, ein verrücktes Risiko, und sie hatte sich sehnlichst eine positivere Reaktion ihres Freundes gewünscht, der sie besser kannte als irgendjemand sonst auf diesem Planeten. sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter und sagte: "du denkst wahrscheinlich, ich stecke mitten in einer verfrühten Lebenskrise - nun, da wir dreißig sind -, aber es ist mir sehr ernst, weißt du?"
"Mir ist klar, dass du die Nase gestrichen voll hattest", gab Julian zu. "Aber meinst du nicht, es wäre klüger gewesen, sich einen neuen Job zu suchen, bevor du den alten hinschmeißt?"
"Zu spät", gab sie mit einem Lächeln zu.
"DU bist rausgestürmt, stimmt's?"
das Lächeln wurde breiter.
"Hast alle Brücken hinter dir abgebrochen?"
"Alle."
Sie waren ein merkwürdiges Paar. Bella in Jeans und verblichenen, violetten Sneakers, dazu das gestufte, blonde Haar, das so aussah, als hätte es die ganze Woche keinen Kamm gesehen. Dazu passte das unglaublich verknitterte, weiche Musselinhemd, denn das Bügeln hatte noch nie auf der Liste ihrer Haushaltstätigkeiten gestanden. Dagegen wirkte Julian in seinem makellos weißen Oberhemd und der hyazinthblauen Krawatte sehr gepflegt, und sein akkurat geschnittenes Haar schimmerte kastanienbraun im hellen Sonnenlicht. Doch das waren Äußerlichkeiten, für die beide nach all den Jahren der Vertrautheit keinen Blick mehr hatten.
Offensichtlicher waren die Unterschiede in den Persönlichkeiten. Die Tatsache, dass sie beide am gleichen Tag geboren waren - Bella zwei Stunden früher, was ihr einen Altersvorsprung gab, den sie schamlos auszunutzen versuchte, als sie noch Kinder waren -, lieferte den Kritikern der Astrologie starke Argumente. Da ihr Sternzeichen die Waage (sehr ausgeglichen, Sinn für Gerechtigkeit) und im chinesischen Horoskop die Schlange (leidenschaftlich, charmant, gut informiert) war, dem in der ägyptischen Mythologie der Gott Horus und bei den Maya der Gott Zotz zugeordnet waren, hätten ihre Charaktere eigentlich übereinstimmen sollen. Sie taten es aber nicht ^ Julian würde es nun nach allem, was sie ihm erzählt hatte, reizen, sie impulsiv zu nennen, sie daran zu erinnern, dass sie nicht mehr zwölf, sondern mit dreißig Jahren erwachsen sei und damit auch die Verantwortung einer Erwachsenen trüge.
Bella betrachtete sein blasses, klares Gesicht und die starken, schlanken Finger, die gegen den stiel des Weinglases klopften. Er war immer so ruhig, so sicher, so ganz anders als sie. Julian gehörte zu der Sorte Mensch, die einen Fünfjahresplan machte, dann einen Zehnjahresplan und sich unerschütterlich daran hielt. Eine Zukunft, die so durchgeplant war wie alles in seinem Leben und so geradlinig wie sein Charakter. Es war seine Art zu verhindern, dass sich Risse bildeten. Auf diese Weise hatte er sein Selbstvertrauen entwickelt.
"Es gibt ja noch andere Zeitschriften", meinte er. "DU hast viele Jahre als Kolumnistin vorzuweisen, da bekommst du bald woanders eine stelle."
Hatte er nicht verstanden? "Ich will doch allein arbeiten. Keine Bürointrigen, keine Hinterhältigkeit mehr. Nicht mehr vor einer größenwahnsinnigen Chefredakteurin strammstehen. Nicht mehr meine Aussagen so zurechtstutzen, dass sie den Vorstellungen eines anderen entsprechen."
Obwohl Bella zunehmend frustriert war, verstand sie, warum er diesen schritt mit Misstrauen betrachtete. Er schmeckte nach einem Rückfall in die Zeit, als sie im Alter von sechzehn von zu Hause abgehauen und das Leben ein fürchterlicher Kampf ums Essen und ein dach über dem Kopf gewesen war. Er hatte all das miterlebt, und auch wie sie sich an einem TAFE-College einschrieb, um endlich ihre Schulausbildung abschließen und sich um einen Platz an der Universität bewerben zu können. Er hatte sie bei ihrem Abschluss unterstützt und dann ihren Triumph geteilt, als man ihr die stelle beim Weekender anbot. Und doch war Julian entgangen, dass ihre Zeit beim Weekender ihre Freiheit auf eine Art beeinträchtigt hatte, wie sie es sich vorher nicht hätte ausmalen können.
Manchmal hatte sie jedoch gerade in den Momenten der Freiheit (von zu Hause fortgehen, Primrose ihre Kündigung vor die Füße werfen) das seltsam flüchtige Gefühl, dass es etwas Wichtiges gab, das sie wissen musste, und das sie eigentlich schon wusste, das aber nicht greifbar war. Als ob die Augenblicke der Freiheit oder der Lust etwas in einem Winkel ihres Bewusstseins weckten, das sie normalerweise streng unter Verschluss hielt. Das machte ihr ein bisschen Angst. Als würde sie ein Schatten aus einer anderen Dimension berühren. Es gab nur sehr wenig, was sie vor Julian geheim hielt, aber das würde sie ihm nie anvertrauen - er würde denken, sie wäre durchgeknallt. Vielleicht hätte er damit sogar recht.
"Willst du meine Meinung hören?", fragte er und beförderte sie zurück in die Realität.
"Darum erzähle ich es dir."
"Schreib dein Buch, wenn du meinst, dass du es musst. Aber denk dran, selbst wenn du einen Verleger findest, was angesichts der Konkurrenz in dieser Branche ehrlich gesagt fraglich ist, wird es sehr lange dauern, bis du Geld zu Gesicht bekommst. Trotzdem muss deine Hypothek noch abbezahlt werden. Such dir also einen Job, bei dem du nicht unter Druck stehst und eine vernünftige Arbeitszeit hast. Bei dem du die Arbeit nicht jeden Tag mit nach Hause nimmst. Dann kannst du abends ohne Ablenkung schreiben. So ein Job wird nicht gerade gut bezahlt sein", fügte er, plötzlich lächelnd, hinzu, "aber ich kann dir jederzeit ein Abendessen kochen, wenn du zu dünn wirst."
Sein Lächeln war ansteckend, sie fühlte sich schon besser. "Aber deine Zustimmung würde mir helfen", warnte sie, "also bitte keine harten Urteile fällen!"
Er rückte etwas vom Tisch weg. "dich verurteilen? Wann habe ich das je getan?"
sie gluckste vor Lachen. Wenn er wollte, war Julian ein Meister darin, ihre Stimmung zu heben. sie zählte an den Fingern ab: "Zum Beispiel beim Anblick meines unordentlichen Kühlschranks, der mangelnden Planung meiner Finanzen - außer beim Kauf meiner Wohnung, den hast du befürwortet -, des Zustands meines Autos, der Männer, die ich mir aussuche "Na ja "Untersteh dich!"
Er ließ das Thema fallen. Manches war immer noch tabu. "Also", fragte er, um wieder auf sichereres Terrain zu gelangen, "wann fängst du mit dem Buch an?"
"Habe ich schon." Eigentlich war sie schon mittendrin. die Ideen wirbelten ihr seit Jahren im Kopf herum, und jetzt, da sie Zeit hatte, würde ihr die Sache nur so von der Hand gehen. doch das musste sie ihm ja nicht auf die Nase binden.
"Hätte ich mir denken können. DU hattest immer schon weniger Geduld als ein Hund, der sich auf sein Fressen stürzt."
"Netter Vergleich. Ein gieriger Hund."
"Hm. das struppige Haar vervollständigt das Bild", neckte er sie, obwohl er sich bewusst war, dass ihre achtlose Art, sich zu kleiden, und das ungepflegte Haar keineswegs die Tatsache verdecken konnten, dass Bella eine extrem hübsche Frau war. Ihre Pfirsichhaut, die klaren grauen Augen und ihr breites Lächeln nahmen einen für sie ein und hielten einen in ihrem Bann. Wenn sie nicht da war, war alles anders. Als würde sich ein Gazeschleier über die Welt legen, dachte er, der die sinne dämpfte, sodass nichts mehr strahlte oder gut schmeckte, und die Musik nicht mehr melodisch klang. so war es seit jeher gewesen, obwohl es ihm manchmal, in Anbetracht der lieblosen und chaotischen Familienverhältnisse, in denen sie aufgewachsen war, wie ein Wunder vorkam, dass ihr Lächeln überlebt hatte. Wobei sie in diesem Moment nicht lächelte, sondern sich mit den Zähnen auf die Unterlippe biss, ein sicheres Zeichen dafür, dass ihr Gespräch sie noch immer aufregte.
"darf ich erfahren, worum es in deinem Buch geht?", fragte er.
sie zog eine Papierserviette aus dem Ständer und glättete sie zwischen den Fingern. "darfst du", antwortete sie vorsichtig. "Aber nur du und sonst niemand."
"Bin ganz Ohr."
"Wag es bloß nicht zu lachen!"
"Ich verziehe keine Miene."
"Eine Liebesgeschichte." sie entdeckte etwas Herausforderndes in seinem Blick, aber keine spur von spott, wie sie befürchtet hatte. Und plötzlich beugte sie sich wieder vor. "Versteht du nicht? Es muss eine riesige Nachfrage nach Liebesromanen geben. Ich habe danach gegoogelt, und wie es aussieht, erzielt das Genre um zig Millionen höhere Verkaufszahlen als alle anderen."
"Angebot und Nachfrage", erwiderte er und hob die Hand, um den Kellner zu rufen. "das bedeutet aber auch, dass ein Haufen anderer Leute solche Romane schreibt."
"Komm mir jetzt nicht mit Analysen und Statistiken." "Würde ich mich nicht trauen."
Der Kellner brachte die Rechnung. Julian streckte die Hand danach aus, aber Bella war schneller. "Ich bin dran", meinte sie und legte die Serviette weg, die sich allmählich in ihren Händen auflöste.
"Du bist arbeitslos", erinnerte er sie und schnappte sich den Papierstreifen.
Doch sie wehrte ihn ab. "Das heißt nicht, dass ich nicht für das Mittagessen bezahlen kann. Der Stolz diktiert einem zuweilen das Handeln."
Sie blätterte den exakten Betrag hin, während Julian einen Blick auf die Uhr warf. In Wahrheit würde Geld, sollte sie nicht bald einen Job finden, zu einem massiven Problem werden. Doch auf keinen Fall sollte Julian etwas davon erfahren. Es würde nur sein Hättest-besser-erst-einen-neuen-Job-gefunden-Argument stützen.
"Ich möchte mehr über dein Buch hören", sagte er, als er seinen Stuhl vom Tisch wegschob, "aber du musst mir unterwegs davon erzählen."
"Ich habe schon mehrere Kapitel geschrieben", gab sie zu. "Es fließt mir geradezu aus der Feder, und ich glaube wirklich, dass ich Talent habe und etwas daraus wird."
"Also, worum dreht es sich? Abgesehen vom Offensichtlichen natürlich."
"Na, Mann trifft Frau selbstverständlich."
"Latte Rock trifft Pussy Galore."
"Wenn du dich über mich lustig machst, streiche ich dich aus meinem Testament", warnte sie ihn.
Er hatte den Anstand, beschämt auszusehen. "Tut mir leid, ich brauche eben eine Weile, um mich an den Gedanken zu gewöhnen. Schließlich hast du sehr lange über Pfuscher, Promis und Nachbarn, die sich über den Zaun anschreien, geschrieben."
Natürlich hatte er recht, aber jede Woche einen Haufen dieser Geschichten, die das Leben schreibt, zu produzieren, war der Preis, den sie dafür gezahlt hatte, ihre eigene wöchentliche Kolumne zu haben. Ihre Kolumne, Die Generation Warum, hatte ihr eine Stimme gegeben, das Recht, zu hinterfragen und zu kommentieren - solange ihr Thema ungefähr auf einer Linie mit den restlichen Themen der Zeitschrift lag: Promijagd, Haustiere, Mehrfachgeburten, Dickleibigkeit und so weiter. The Weekender war die meistverkaufte Zeitschrift im Land, hatte eine Auflage von fast achtzigtausend Exemplaren und eine Leserschaft von gut über einer halben Million. Das Ansehen, das damit verbunden war, dort zu arbeiten, war enorm und lange Zeit Teil ihrer Identität gewesen. Julian würde nicht der Einzige sein, der sie für verrückt hielt, diesen Job hinzuschmeißen für eine völlig ungewisse Zukunft als Buchautorin. Die ganze Welt würde ihm recht geben, aber die Sehnsucht, sich (jawohl sich!) auszudrücken, sich nicht auf ewig den Erwartungen und Forderungen anderer anpassen zu müssen, hatte ihr schließlich keine Wahl gelassen. Primroses letzter Akt von Piraterie hatte die Sache nur beschleunigt.
Sie gingen die George Street entlang. Es war ein herrlicher Tag zu Beginn des Frühlings: klare, kühle Luft und ein makelloser Himmel. Doch auf den Straßen herrschte das übliche Gedränge - schlimmer noch, da jedermann zum Mittagessen unterwegs war -, und man kam nur vorwärts, indem man immer wieder anderen auswich.
"Meine Geschichte handelt von einem schönen Mädchen", erzählte sie ihm, als sie in die Elizabeth Street einbogen.
"Ah ja, natürlich."
"^ das einem jakobitischen Rebellen hilft, den Kräften des Bösen zu entkommen. Das heißt dem Schlächter von Cumberland und seinem hannoverschen Heer."
Bei ihren Worten blieb Julian abrupt stehen. Er drehte sich zu ihr, wobei er nicht wahrnahm, dass sie anderen den Weg verstellten und zu einem Umweg über die Straße zwangen. "Seit wann bist du qualifiziert, historische Romane zu schreiben?"
"Ich habe die Zwischenprüfung in Geschichte bestanden."
">Bestanden
... weniger
Autoren-Porträt von Anne De Lisle
Antoinette Gittinger studierte Philosophie, Romanistik, Anglistik und Germanistik in Tübingen und München. Sie übersetzt aus dem Französischen, Spanischen und Englischen. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören u. a. Christiane Collange, Dalai-Lama, Guillaume Musso und Éric Orsenna.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anne De Lisle
- 2010, 477 Seiten, Maße: 11,4 x 18,4 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Gittinger, Antoinette
- Übersetzer: Antoinette Gittinger
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442373875
- ISBN-13: 9783442373871
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