Stoneheart, Die Suche
Der 12-jährige George Chapman läuft durch die Straßen von London. Er läuft um sein Leben. Verfolgt wird er von einem gewaltigen Flugsaurier. So sehr George auch um Hilfe ruft niemand hört ihn. Niemand hilft ihm. Niemand scheint zu bemerken, was hier Außergewöhnliches und Verstörendes passiert: Die steinernen Monumente und Statuen der Stadt sind zum Leben erwacht. Für George eröffnet sich eine neue Welt. Er wird hineingezogen in einen uralten Kampf, der im Reich der Steine tobt. An der Seite seiner beiden Gefährten, des Kanoniers und des Mädchens Edie, sucht er die goldenen Sphinxe auf, die Orakel dieser anderen Welt, um herauszufinden, wie er der Rache der steinernen Wesen entgehen kann. Die Antwort stellt ihn vor ein schwieriges Rätsel: Er muss sein Stoneheart finden. Doch wer oder was ist sein Stoneheart?
"Deine Rettung liegt
im Stoneheart und das wird
dir helfen. Um zu beenden, was
angefangen wurde, musst du
zuerst dein Stoneheart finden." - "Der Drache richtete seine toten steinernen Augen direkt auf George. Der Rest des Körpers folgte dem Kopf und wandte sich nach und nach in dieselbe Richtung. George wusste auf einmal, was der Blick bedeutete.
Die Augen fixierten ein Opfer. Und das Opfer war er. George begann zu laufen." - Der 12-jährige George Chapman läuft durch die Straßen von London. Er läuft um sein Leben. Verfolgt wird er von einem gewaltigen Flugsaurier. So sehr George auch um Hilfe ruft - niemand hört ihn. Niemand hilft ihm. Niemand scheint zu bemerken, was hier Außergewöhnliches und Verstörendes passiert: Die steinernen Monumente und Statuen der Stadt sind zum Leben erwacht.
Für George eröffnet sich eine neue Welt. Er wird hineingezogen in einen uralten Kampf, der im Reich der Steine tobt. An der Seite seiner beiden Gefährten, des Kanoniers und des Mädchens Edie, sucht er die goldenen Sphinxe auf, die Orakel dieser anderen Welt, um herauszufinden, wie er der Rache der steinernen Wesen entgehen kann. Die Antwort stellt ihn vor ein schwieriges Rätsel: Er muss sein Stoneheart finden. Doch wer oder was ist sein Stoneheart?
- Exzellenter Fantasystoff mit Abenteuercharakter- Temporeiche Handlung mit zwei starken Protagonisten
Stoneheart- Die Suche von Charlie Fletcher
LESEPROBE
Walfischbauchund Affenzähne
Georgeüberlegte nie, warum er dazugehören wollte. Er
wolltees, fertig aus. Man gehörte entweder dazu oder
ebennicht, und dazuzugehören war sicherer. Unnötig, sich darüber
Gedankenzu machen. Es war einfach so.
Aufder letzten Klassenfahrt hatten sie das Kriegsmuseum
besuchtund alles über den Krieg in den Schützengräben erfahren.
Genauwie im Leben, hatte George gedacht: den Kopf
immerschön in Deckung, damit man nicht getroffen wurde.
Aberdas war letztes Jahr gewesen und gehörte der Vergangenheit
an,wie seine ganze Kindheit. George dachte manchmal
nochdaran. Er wusste noch, wie es sich anfühlte, ein Kind
zusein. Jetzt war er darüber hinaus. Er war zwölf. Volle zwölf
Jahreund nicht »erst zwölf«, wie sein Vater bei ihrer letzten
Unterhaltunggesagt hatte. George wusste, dass zwölf in seinem
Falletwas ganz anderes war als bei seinem Vater, denn er
hatteBilder seines Vaters als Kind gesehen, als ahnungsloses
Kind,dick und mit Brille, so als würde George heute in seinem
Schützengrabenmit einer großen, auf die Stirn aufgemalten
Zielscheibeoben auf den Sandsäcken draufsitzen und »Huhu,
hierbin ich!« rufen.
Georgewusste noch, wie er über solche Dinge mit seinem
Vatergeredet hatte und wie sie gelacht hatten. Dann war sein
Vatergestorben und es wurde überhaupt zu viel geredet.
Jetztsagte er zu Hause kaum noch etwas. Seine Mutter beschwerte
sichdarüber, meist bei ihm, manchmal aber auch bei
anderenspätabends am Telefon, wenn sie glaubte, dass er
schlief.Irgendwo tief im Innern tat es ein wenig weh, sie das
sagenzu hören, nicht ganz so weh, wie wenn sie sagte, er hätte
früherimmer so nett gelacht, aber doch fast.
Ammeisten weh tat natürlich, dass er nie wieder mit seinem
Vatersprechen konnte.
Erschwieg ja nicht absichtlich. Es war nur eine Veränderung
mitihm vorgegangen, so wie ihm die Milchzähne ausgefallen
warenoder er gewachsen war. Wobei er nicht so schnell
gewachsenwar, wie er es gern getan hätte. Genau das war im
AugenblickTeil seines Problems.
Erwar durchschnittlich groß für sein Alter, vielleicht sogar
etwasgrößer - aber er kam sich irgendwie klein vor, so wie er
sichmanchmal älter vorkam, als er war. Oder vielleicht nicht
älter,sondern abgenutzter, krumpliger als seine Klassenkameraden
-genau wie seine Kleider. Seine Kleider kamen alle in
dieselbeWäsche, egal ob farbig oder weiß. Seine Mutter behauptete,
esschade ihnen nicht, aber das stimmte nicht. Es
machtesie stumpf und grau und ausgewaschen und genauso
fühlteGeorge sich an den meisten Tagen.
Auchjetzt fühlte er sich so, und weil er nichts sehen konnte,
kamer sich noch kleiner vor als sonst. Er sah nur den Bauch
einesWals und die Hinterköpfe seiner Klassenkameraden.
DieKlasse umringte einen Museumsführer, der gerade etwas
Interessanteszeigte. George wollte sich weiter nach vorn
drängeln,bekam aber einen Ellbogen in die Rippen. Rasch
ginger hinten um die Klasse herum. Vielleicht sah er von der
anderenSeite mehr. Er achtete sorgfältig darauf, dass er niemanden
anrempelte.
Erfand einen Platz, an dem er besser hörte. Langsam schob
ersich näher und versuchte, durch den Spalt zwischen einem
rundenMetallständer mit bunten Prospekten und einem Jun-
gen,der zehn Zentimeter größer war als er, hindurchzusehen.
Erstreifte den Ständer mit der Schulter. Der Ständer klapperte,
undGeorge streckte die Hand aus, um ihn festzuhalten.
DerJunge drehte sich nach ihm um.
Georgemerkte, dass er reflexartig lächelte. Der Junge erwiderte
dasLächeln nicht, sondern wandte sich nur stumm ab.
Georgewar darüber nicht beleidigt, sondern sogar eher erleichtert.
DerJunge vor ihm war gut im Spitznamenerfinden.
Ererfand die grausamsten Spitznamen für seine Mitschüler
undsorgte dafür, dass sie hängen blieben. Fast hätte er sich
damals,als sie alle neu in der Klasse waren, mit George angefreundet,
aberseine Erfindungsgabe hatte ihm eine Art Unverwundbarkeit
verliehen,eine Macht, aufgrund derer er keine
Freundemehr brauchte, sondern nur noch Anhänger. Das
machteihn gefährlich.
DerJunge drehte sich wieder um. Diesmal sagte er etwas.
»Brauchstdu Hilfe?«
Georgeerstarrte. Um sich nichts anmerken zu lassen, lächelte
erwieder und zuckte mit den Schultern. »Nein, äh, ich
hättenur gern besser «
»Stehnicht hinter mir.«
DerJunge wandte sich ab, doch einige andere waren auf sie
aufmerksamgeworden. Ihre Blicke waren George wohl vertraut.
Siezeigten nicht Interesse und gewiss nicht Mitgefühl,
nichteinmal eine besondere Abneigung, sondern nur gleichgültige
Dankbarkeit,dass diesmal nicht sie das Opfer waren.
Georgeschluckte also nur und blieb, wo er war. Er durfte
sichvor den anderen nicht herumkommandieren lassen. Wer
dasmit sich machen ließ, konnte einpacken. Beliebig tief
durfteman nicht fallen, sonst kam man nie wieder hoch. Wer
einmalganz unten war, war Freiwild und wurde von allen terrorisiert.
Erstarrte also einfach auf die marmorne Bodenplatte hinunter,
aufder er stand, entschlossen, nicht klein beizugeben.
Eswaren ja auch Lehrer anwesend. Was konnte ihm Schlimmes
passieren?
DerJunge vor ihm langte ganz ruhig hinter sich und gab
demStänder einen Schubs in Georges Richtung. George
machteeinen Schritt zurück, hatte aber nicht genug Platz und
stießden Ständer mit den Händen von sich weg, um nicht getroffen
zuwerden. Der Ständer schlug laut scheppernd auf den
Bodenund die Broschüren ergossen sich um Georges Füße.
Totenstillekehrte ein. Die anderen drehten sich zu ihm um,
darunterauch der Junge. Er hatte eine Unschuldsmiene aufgesetzt,
diesich rasch in ungläubige Empörung verwandelte.
»Menschenskind,Chapman!«
DieJungen begannen, aufgeregt durcheinander zu reden,
währenddie drei Erwachsenen, zwei Lehrer und ein Museumsführer,
sichnach dem Schuldigen umsahen. Und da
stander auch schon, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, den
Kopfüber die Sandsäcke gereckt und die Füße unter einer
Lawinebunter Prospekte begraben.
MrKillingbeck durchbohrte ihn mit dem Auge des Scharfschützen,
zieltemit seinem krummen Zeigefinger auf ihn und
feuerteein einziges Wort ab.
»Chapman!«
Georgespürte, wie er rot wurde. Killingbeck wandte sich
miteinem Fingerschnippen an die anderen Jungen. »Ihr räumt
auf,was Chapman angerichtet hat! Und du kommst mit.«
Killingbeckmarschierte los und George folgte ihm.
Erging hinter ihm her aus dem Raum mit dem Wal und zurück
inden großen Mittelsaal des Naturhistorischen Museums.
Unterdem Dinosaurierskelett blieb Mr Killingbeck stehen
undwinkte ihn heran.
Georgekannte Mr Killingbeck und wusste, was jetzt kam.
Alsowartete er nur. Mr Killingbeck machte mit dem Mund
langsamkauende Bewegungen. Er machte das immer, als
schmeckealles, was er sagte, schlecht und müsse ausgespuckt
werden,bevor es ihm noch mehr Kummer und Unannehmlichkeiten
bereitete.
»Tja,Chapman, wolltest du mich nun absichtlich ärgern
oderist das einfach deine Art?«
»Ichwar es nicht, Mr Killingbeck.«
»Werwar es dann?«
Daraufgab es keine Antwort, zumindest keine, die George
gebenkonnte. Er wusste es und Mr Killingbeck wusste es
auch.Also schwieg er.
»Dubist also nicht nur frech, sondern auch noch feige. Beides
ziemlichabstoßend, Chapman. Hast du auf der Schule
nichtsBesseres gelernt?«
Georgehätte gern gewusst, auf welchem Planeten Killingbeck
lebte.Wahrscheinlich auf einem aus den Siebzigerjahren.
Erhatte das Gefühl, zu ersticken, und spürte, dass er wieder
rotanlief.
»Daswar unentschuldbar, Chapman. Du hast dich aufgeführt
wieder letzte Flegel. Wie der Affe da.«
Killingbeckzeigte mit seinem krummen Finger auf einen
Affenin einer Glasvitrine, der das Gesicht zu einer zähnefletschenden
Grimasseverzogen hatte. Mit dieser Grimasse hatte
derAffe sich von der Welt verabschiedet. George konnte es
ihmnachfühlen.
»FlegelhaftesBenehmen, Chapman. Was ist in dich gefahren?«
Georgestarrte unverwandt den Affen an. Wie kräftig und
bedrohlichseine Zähne aussahen! Wie Raubtierzähne.
Killingbeckmachte kauende Bewegungen mit dem Mund.
Georgestieß mit der Hand an den Klumpen Plastilin in seiner
Hosentascheund betastete ihn mit den Fingern. Er spürte
dieHöcker und Vertiefungen des Gesichts, das er im Bus geknetet
hatte.
»Dubist mir schon etwas mehr schuldig als verstocktes
Schweigen,Chapman. Zunächst einmal könntest du dich entschuldigen.«
Georgefuhr mit dem Daumen in den offenen Mund des
Plastilingesichtsund vergrößerte ihn.
»Nimmdie Hände aus den Hosentaschen.«
Georgedrückte die Nase des Gesichts ein und zog die Hand
ausder Tasche.
»Duwirst dich entschuldigen und wenn du den ganzen Tag
hierstehen musst, verstanden?«
Georgeknetete das Plastilin in seiner Hand.
»Oderdu sagst mir, wer es war. Verstanden?«
Georgehatte verstanden. Da war eine Mauer und da noch
eineund dazwischen er, eingeklemmt. Er konnte einen Mitschüler
nichtverpetzen, auch nicht wenn der Mitschüler noch
sogemein zu ihm war, denn wer petzte, sank in den Augen der
anderenJungs so tief, dass er nie wieder hochkam, sondern
nurimmer noch tiefer sank. Verpetze jemanden und du verbringst
denRest deines Lebens im freien Fall. Dann bekommst
dunie mehr Boden unter den Füßen.
Daswar die eine Mauer. Das war einfach.
Dieandere Mauer war schwieriger zu beschreiben, vielleicht
weilsie so riesig war.
Siestand für alles andere.
Seinganzes Leben.
Alles,was zu dieser Situation geführt hatte.
DieserSituation, die ihn von allen Seiten umschloss und aus
deres kein Entrinnen gab.
»Chapman?«Killingbeck klopfte mit dem Finger ungeduldig
anseine seitliche Hosennaht.
Georgestarrte wieder die Zähne des Affen an. Wie leicht
konntensie das bisschen Knochen mit darübergespannter
Hautdes ungeduldig ausgestreckten Fingers durchbeißen. Er
hättegern selbst solche Zähne gehabt. Dann hätte er den Finger
abgebissenund Killingbeck vor die Füße gespuckt. Der
Wunschwurde so übermächtig, dass George schon meinte,
denFinger knirschen und knacken zu hören und Blut zu
schmecken.Er bekam auf einmal Angst vor seiner eigenen
Fantasie.Er hatte noch nie solche Gedanken gehabt. Ganz
durcheinandervor Schreck, vergaß er, dass er ja eigentlich
nichtshatte sagen wollen.
»MrKillingbeck?«
»Ja?«Mr Killingbecks Stimme holte ihn mit einem Ruck
indie Gegenwart zurück, zwischen die beiden Mauern. Er
wusstenicht, was er gleich tun würde. Das Brennen in seinen
Augenerinnerte ihn an eine Möglichkeit. Aber das wäre Verrat
gewesen.
Erwürde nicht weinen. Und jetzt, wo er wusste, was er nicht
tunwürde, war auf einmal alles klar, und er wusste, was er
sagenwollte. Ganz langsam und ganz ruhig, damit er an dem
Kloßin seinem Hals nicht erstickte.
»Ichweiß, dass Sie das von mir erwarten.«
Killingbecksah ihn mit der Verblüffung eines Hungrigen
an,dessen Hunger ganz unerwartet gestillt worden war. Er
hörteauf, auf den Worten herumzukauen, die er als nächste
hattesagen wollen.
»Aberich mache das nicht.«
DiePupillen in Killingbecks Augen zogen sich zu Punkten
zusammen.
Georgewusste, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er
wusstein einer plötzlichen Eingebung, die ihm noch unheimlicher
warals der Wunsch, Killingbeck den Finger abzubeißen,
dassKillingbeck ihm wehtun wollte. Killingbeck ballte
seineknochige Hand zur Faust, und George meinte, das Jucken
inden Fingern zu spüren.
»Soist das also. Na gut, schön.« Killingbeck schloss die
Augenund fuhr sich mit der anderen Hand durch die grauen
Locken,als wollte er den bloßen Gedanken an George aus
seinemKopf entfernen. »Dann bleibst du hier, bis du es dir
andersüberlegst. Wenn wir gehen, und du hast dich immer
nochnicht entschuldigt, bekommst du Schwierigkeiten, wie
dusie noch nie erlebt hast. Du stehst die ganze Zeit, du wirst
dichnicht setzen, du wirst die Hände nicht in die Hosentaschen
stecken,du wirst keine Süßigkeiten essen und du wirst
dichnicht von der Stelle bewegen. Die Museumswärter werden
dichnur zusammen mit dem Rest der Klasse rauslassen.
Wirholen dich in anderthalb Stunden ab und dann wirst du
dichvor allen entschuldigen. Hast du mich verstanden?« Mr
Killingbecköffnete die Augen.
»Ja«,sagte George. In seinem Gesicht regte sich kein Muskel.
MrKillingbeck drehte sich um hundertachtzig Grad und
kehrtezur Klasse zurück.
Georgelauschte auf das Klicken seiner Schuhe auf dem
Steinboden.
Dannsteckte er die Hände in die Taschen, setzte sich auf
eineBank und schob einen Kaugummi in den Mund.
Dannstand er auf, ging zur Tür und trat in den Nieselregen
hinaus.Die Treppe vor dem Museum glänzte regennass.
DieWärter schenkten ihm keine Beachtung.
©cbj Verlag
Übersetzung:Wolfram Ströle
- Autor: Charlie Fletcher
- Altersempfehlung: 11 - 13 Jahre
- 2006, 2, 384 Seiten, Maße: 14,4 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Wolfram Ströle
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570131793
- ISBN-13: 9783570131794
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