Taco und Kaninchen - Arme Millionäre
Ein neuer Fall für die Kinderdetektive Taco und Kaninchen. Als Bonscho, der niedliche Hund aus ihrer Lieblingsfernsehserie, verschwindet, ist das Rätselraten groß. Wie merkwürdig, dass angeblich nicht mal ihre Mitschülerin Felicitas Fleischmann etwas über Bonschos Verbleib weiß, sind doch ihre Eltern die Produzenten der Serie. Taco und Kaninchen beschließen, Bonscho zu suchen. Während ihre Mutter mit heftigem Liebeskummer beschäftigt ist, geraten die beiden unvermutet mitten in die aufregende Welt des Fernsehens. Dort stoßen sie auf eine gemeine Intrige.
Taco und Kaninchen - Arme Millionäre von AmelieFried und Peter Probst
LESEPROBE
1. Wir weinten, als Bonscho starb. Er war fast tausend Kilometergelaufen, um zu seiner Familie zurückzukehren. Und dann, ein paar hundert Metervor dem Ziel, fuhr der bescheuerte Herr Magerl ohne zu gucken rückwärts aus derEinfahrt und erwischte ihn voll. Wir weinten alle, sogar unsere Mutter, dieFernsehserien eigentlich blöd findet. Mein kleiner Bruder Taco war genausotraurig über Bonschos Tod wie ich, trotzdem nörgelte er. Normalerweise würdenSerien nicht mit der achten Folge aufhören; außerdem hätte man nicht richtiggesehen, wie Bonscho unter die Räder kam. Alle hätten nur immer drüber geredet,dass der arme Kerl jetzt hoffentlich im Hundehimmel sei. »Ist doch klar«, sagteich, »in echt ist der Hund, der Bonscho spielte, natürlich nicht gestorben.« Tacoverdrehte die Augen. »Kaninchen, ich weiß selbst, dass das nur Fernsehen ist.Aber gerade da überleben die Helden immer und Bonscho war eindeutig der Held.Und dieser Herr Magerl, der ihn zusammengefahren hat, ist nicht mal bestraftworden. Das geht doch nicht.« Ich musste grinsen. »Soll ich Felicitas sagen,dass in Zukunft du die Drehbücher schreibst?« Felicitas Fleischmann ging inmeine Klasse, und weil ihre Eltern die Produzenten von Vier Pfoten für Paulwaren, wusste sie immer schon vorher, wie es in der nächsten Folge mit Bonschoweiterging. Aber sie verriet nichts, obwohl manche Fans sicher eine Menge Gelddafür bezahlt hätten. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als FelicitasFleischmann an unsere Schule kam. Es war in der sechsten Klasse. Die Direktorinstellte uns ein dünnes, blondes Mädchen vor und erklärte, Felicitas sei gerademit ihren Eltern von Berlin nach München gezogen; wir sollten nett zu ihr seinund ihr bei der Eingewöhnung helfen.
Trotzdem machten einige Jungs blöde Witze, als sie denNachnamen der Neuen hörten. Felicitas wurde rot und brachte kein Wort mehr rausaußer Hallo. Sie setzte sich in die leere Bank ganz hinten und begann umständlichihre Schultasche auszupacken. Als es in die Pause ging, sah ich, wie Felicitassich unauffällig in irgendein Eck verdrückte. Ich stellte mir vor, wie es wäre,wenn ich plötzlich in eine Schule in Berlin gehen müsste, ohne einen Menschenzu kennen. Am dritten Tag sprach ich Felicitas an.»Ich war übrigens gerade inBerlin. Das ist echt eine geile Stadt.« Felicitas schaute unsicher. Icherzählte ihr von der Flirtschule meiner Mutter und dass wir vor kurzem dieEröffnung der Berliner Filiale gefeiert hatten. Da taute sie allmählich auf undlachte vor lauter Erleichterung über jede Kleinigkeit. Jetzt wurden auch andereSchüler neugierig und Felicitas musste eine Menge Fragen über ihre alte Schule,das Leben in Berlin und ihre Eltern beantworten. »Sie haben eine kleineFilmproduktion«, erklärte sie und wurde wieder rot. Das war auch der Grund fürden Umzug der Fleischmanns gewesen. Sie hatten ihren ersten Auftrag für einerichtige Serie bekommen und die spielte in München. Damals ahnte kein Mensch,dass die Geschichten von einem Jungen namens Paul und seinem Hund Bonscho Kultwerden würden. »Dann kannst du mir doch sicher eine Rolle besorgen«, meinte einälterer Junge frech. Felicitas schüttelte den Kopf, das Casting für die Seriesei abgeschlossen, da der Dreh bereits begonnen habe. »Warum gibst du nicht zu,dass bei so ner Filmproduktion kein Schwein auf ein zwölfjähriges Mädchenhört?«, sagte der Junge und ließ sie stehen. Die anderen schlossen sich ihm an.»Ich hab nicht gesagt, dass jemand auf mich hört«, verteidigte sich Felicitasund lispelte vor Aufregung. Ein halbes Jahr später war aus der schüchternen Felicitasan unserer Schule ein richtiger Star geworden.
2. Vier Pfoten für Paul war von der ersten Folge an Tacos undmeine Lieblingsserie, trotzdem hätten wir nie so einen Affentanz um Felicitasgemacht. Egal, ob sie in den Pausenhof oder zur Toilette ging, ständig liefen ihrjetzt irgendwelche Wichtigtuer hinterher, die mal bei Dreharbeiten zuguckenoder wenigstens ein Autogramm haben wollten.
Felicitas verteilte jeden Tag aus vollen Händen Stifte,Radiergummis oder Sticker mit dem Logo der Serie. Sie genoss es, plötzlich imMittelpunkt zu stehen, und kam sich unheimlich wichtig vor. Statt wunderbarsagte sie auf einmal wunderbärchen und statt geil geilchen. Mir ging dasziemlich auf die Nerven, aber vielleicht reden Fernsehleute ja so. WennFelicitas von Mitschülern auf den Reichtum ihrer Eltern angesprochen wurde,winkte sie gespielt bescheiden ab; bis sie echte Millionäre wären, würde esnoch ein Weilchen dauern. Trotzdem erzählte man sich an der Schule, die Fleischmannshätten eine deutsche Putz- und eine italienische Kinderfrau, einen chinesischenMasseur, eine französische Köchin, vier Autos und eine Villa mit Pool. Taco undich fragten uns nur, wieso dermaßen reiche Leute in München-Neuhausen bliebenund nicht nach Grünwald oder gleich nach Hollywood zogen. Aber mehrinteressierte uns, wie die das bei Vier Pfoten für Paul mit den Hundetrickshingekriegt hatten. Bonscho machte Kunststücke, die wir nie zuvor im Fernsehengesehen hatten. Zum Beispiel lehnte er auf zwei Beinen an einem Tisch undschlürfte lässig einen Drink. Und zwar mit Strohhalm! Wir hätten uns keineSekunde gewundert, wenn er plötzlich auch noch angefangen hätte zu sprechen. »Hallo,Leute, cooler Tag heute.« Bonscho hatte eine weiße und eine schwarze Gesichtshälfte,sodass es aussah, als würde er eine Augenklappe tragen. Er war das Gegenteilvon einem Rassehund und hatte ein bisschen was von Husky, Golden Retriever undJack Russel. Bonscho war absolut einzigartig. Genau das war, ohne dass es jemandahnte, längst ein Riesenproblem für die Produzenten der Serie geworden. Nachder Ausstrahlung der achten und letzten Folge wurde Felicitas von einer Traubevon Schülern umlagert. Alle wollten wissen, wieso die Serie nicht weiterging. »Ichglaube, der Drehbuchautor wollte das so«, sagte Felicitas. »Aber wir nicht«,schrieen einige. »Wir wollen den Magerl im Knast sehen.« »Wieso ist Bonschonicht gerettet worden?«, fragte ein kleines Mädchen schüchtern. Felicitasseufzte: »Irgendwann ist bei jeder Serie Schluss.« »Aber doch nicht nach derachten Folge«, protestierte Taco. Ein anderes Mädchen wollte wissen, ob esvielleicht eine neue Serie mit Bonscho geben würde. »Das weiß man noch nicht«,wand sich Felicitas. »Kommt er euch ab und zu besuchen?« »Klar. Er gehört jaKarl-Heinz, mit dem mein Vater die Firma hat; außerdem steht er total auf mich.«»Und wann hast du deinen tollen Bonscho zum letzten Mal gesehen?«, fragte eineraus der neunten Klasse und hielt höhnisch grinsend die Bild-Zeitung hoch. Felicitaswurde leichenblass. »Das ungeklärte Schicksal eines Fernsehlieblings. Was istwirklich mit Bonscho passiert?«, las der Junge laut vor. Eine Stunde späterwusste die ganze Schule, weshalb Vier Pfoten für Paul keine dreizehn oder sechsundzwanzig,sondern nur mickrige acht Folgen gedauert hatte.
Bonscho war mitten während der Dreharbeiten spurlosverschwunden. Erst hatte sein Besitzer gedacht, er hätte sich nur versteckt,weil eine besonders anstrengende und gefährliche Szene gedreht werden sollte.Das Fernsehteam war über das Studiogelände ausgeschwärmt und hatte überallgesucht, aber Bonscho war wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Natürlichhofften alle, der Hund würde wieder auftauchen, wenn er Hunger kriegte. Auchdas stellte sich als Irrtum raus. Selbst auf Zettel mit Bonschos Foto, die inder Gegend aufgehängt wurden, reagierte kein Mensch. Die Produzenten wurden vonTag zu Tag nervöser. Schließlich mussten sie das Team und die Schauspielerweiter bezahlen, obwohl sie kein Geld verdienten, wenn nicht gedreht wurde. WeilBonscho so unverwechselbar war, ließ er sich auch nicht durch irgendeinenanderen Hund ersetzen. Zehn Tage nach dem Verschwinden von Bonscho kam das Ausfür Vier Pfoten für Paul. In aller Eile wurde ein neuer, ziemlich holprigerSchluss geschrieben und die Geschichte endete überraschend mit der achtenFolge. »Siehst du, ich habe Recht gehabt«, triumphierte Taco. Doch michinteressierte nur eins: Was war mit Bonscho passiert? »Vielleicht hat ihnjemand entführt und die Fleischmanns erpresst.« »Dann hätten sie sicher sofortbezahlt und der Dreh wäre weitergegangen«, meinte Taco. Wir einigten uns, dassBonscho abgehauen sein musste. Vielleicht war ihm die Filmerei zu stressig gewordenund er wollte wieder ein normales Hundeleben führen. Dass er unheimlich weitlaufen konnte, hatte er ja in der letzten Folge bewiesen. Wahrscheinlich war erlängst irgendwo im Ausland, wo die Leute ganz andere Fernsehserien guckten. Plötzlichkam mir die Sache aber doch seltsam vor. »Taco, wenn Bonscho schon während derDreharbeiten verschwunden ist, wieso steht das jetzt erst in der Zeitung?« Tacoschaute mich überrascht an. »Stimmt, das ist merkwürdig.«
© cbj, München 2006
- Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2006, 198 Seiten, Maße: 14 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570131297
- ISBN-13: 9783570131299
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