Und so willst du rumlaufen?
Mal beste Freundin, mal schlimmste Feindin - die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern neigt in jeder Hinsicht zum Extrem: Sie ist besonders intensiv, besonders emotional und besonders konfliktanfällig. Mütter und Töchter reden zwar viel miteinander, aber oft aneinander vorbei. Missverständnisse sind vorprogrammiert, unterschwellige Botschaften fast unvermeidbar. Was die Mutter als Rat äußert, kommt bei ihrer Tochter als Bevormundung an, und was für die Tochter Freiheit bedeutet, ist für die Mutter Rebellion.
Einfühlsam, amüsant und aufschlussreich durchleuchtet Deborah Tannen typische Gesprächssituationen zwischen Mutter und erwachsener Tochter und hilft beiden gleichermaßen, Konflikte zu entschärfen und sich besser zu verstehen. Beispiele und Anekdoten aus dem Alltag zeigen den Weg zu einem friedlicheren Miteinander und einem Ausgleich zwischen dem Verlangen nach Nähe einerseits und Unabhängigkeit andererseits.
"Für alle leidgeprüften Mütter und deren pubertierende Töchter hat Kommunikationsexpertin Deborah Tannen einen amüsanten Ratgeber geschrieben: 'Und so willst du rumlaufen? Gespräche zwischen Müttern und Töchtern' seziert die unterschwelligen Botschaften zwischen den beiden und die vielen Missverständnisse, Verletzungen und Ängste, die das Miteinander für Jahre vergiften können." - dpa
"Anhand von anschaulichen, authentischen Beispielen weist Deborah Tannen den Weg zu konstruktiven und erfüllenden Gesprächen zwischen Müttern und Töchtern." - Hamm live
"Mit Feingefühl durchleuchtet Deborah Tannen in 'Und so willst du rumlaufen?' typische Gesprächssituationen - die Lektüre hilft, Verständnis für beide Positionen zu finden." - Familie & Co
Und so willst du rumlaufen? von DeborahTannen
LESEPROBE
Vorwort
Gespräche zwischen Müttern underwachsenen Töchtern können
beides sein: die schönsten und dieschlimmsten Gespräche
von allen. Eine Bemerkung von dereigenen Mutter oder Tochter
kann sich hilfreicher oderverletzender auswirken als genau
die gleiche Bemerkung von eineranderen Person. Die Beziehung
zwischen Mutter und Tochter istbuchstäblich die »Mutter
aller Beziehungen« und bei denmeisten Frauen mit besonders
starken Gefühlen verbunden: dieQuelle tiefster Liebe
und tiefster Wut, ja sogarerbitterten Hasses. Sie hält uns einen
Spiegel vor und konfrontiert uns mitgrundlegenden Fragen
nach unserer Identität: Wer bin ich?Wie will ich sein, und wie
will ich mit anderen Menschen,innerhalb und außerhalb meiner
Familie, umgehen?
Die Mutter-Tochter-Beziehung bleibtein Leben lang von
außerordentlichem Einfluss: sowohlfür die Tochter - noch als
Erwachsene und auch noch wenn dieMutter nicht mehr da
ist -, als auch für die Mutter,sogar wenn die Tochter das Haus
längst verlassen hat und vielleichtselbst schon Mutter ist. Die
Worte, die in Echtzeit oder in derErinnerung zwischen Mutter
und Tochter ausgetauscht werden,können ein enormes Gewicht
bekommen. In Du kannst micheinfach nicht verstehen
habe ich gezeigt, dass Männer undFrauen nach einem Gespräch
völlig unterschiedlicheVorstellungen davon haben können,
worum es ging und was gemeint war.Dasselbe gilt für Gespräche
zwischen der Mutter und ihrererwachsenen Tochter,
obwohl sie beide Frauen sind und invielerlei Hinsicht dieselbe
Sprache sprechen - genau genommen weilsie beide Frauen
sind und in vielerlei Hinsichtdieselbe Sprache sprechen: eine
Sprache, in der ständig überIntimität und Nähe ebenso wie
über Macht und Distanz verhandeltwird. Die Verbesserung
der Kommunikation zwischen Mütternund Töchtern erfordert
ähnlich wie die Überwindung derKommunikationsbarrieren
zwischen Männern und Frauen vorallem, dass wir uns
um mehr Verständnis bemühen undversuchen, die Situation
aus der Perspektive des anderenwahrzunehmen. Ich möchte in
diesem Buch die Grundlagen diesesVerständnisses darlegen
und konkrete Vorschlägeunterbreiten, wie man Gespräche
zwischen Mutter und Tochter unddamit ihre Beziehung verbessern
kann.
Die Herausforderung in jederBeziehung, in jedem Gespräch,
besteht darin, dass wir Wege finden,einander so nah
zu kommen, wie wir es uns wünschen(und nicht näher), ohne
dass wir uns durch diese Näheeingeengt oder in unserer Freiheit
und Selbstbestimmung bedroht fühlen.In dieser Hinsicht
sind die Beziehungen zwischen Mutterund Tochter genauso
wie alle anderen Beziehungen - nurintensiver. In ihnen mischt
sich die tiefste Verbundenheit unddie tröstlichste Nähe mit
den erbittertstenKämpfen um Kontrolle. Beide neigen dazu,
die Macht des anderen zuüberschätzen und die eigene zu
unterschätzen. Und beide sehnen sichdanach, als der Mensch
gesehen und angenommen zu werden,der man ist, während in
der anderen hauptsächlich dasgesehen wird, was man sich
wünscht - oder was diesem Wunschbildnicht entspricht.
Frauen empfinden konstruktiveGespräche mit ihrer Mutter
bzw. mit ihrer erwachsenen Tochterals heilend, oder aber sie
sehnen sich schmerzlich danach, seies, weil sie eine bereits
bestehende gute Beziehung vertiefenwollen oder weil sie den
Teufelskreis der Missverständnissedurchbrechen möchten,
der friedliche Unterhaltungen imHandumdrehen in schmerz-
liche Auseinandersetzungen verwandelnkann. Beide wünschen
sich ein Maximum an harmonischer Übereinstimmung
und Nähe, die mit jeder gutenBeziehung einhergehen und die
in der Konstellation Mutter undTochter besonders stark ausgeprägt
sein können.
Und so willst du rumlaufen? ist auf ähnliche Weise aus meinem
letzten Buch hervorgegangen, wie Dukannst mich einfach
nicht verstehen aus dem Buch entstand, das ihmvorausgegangen
war. In Das hab ich nicht gesagt!,meinem ersten
Buch, habe ich mein Konzept desGesprächsstils vorgestellt
und seinen Einfluss auf alleBereiche unseres alltäglichen
Lebens erörtert. Von den zehnKapiteln des Buches löste das
Kapitel, das sich mit den Gesprächenzwischen Männern und
Frauen befasste, am meisten Resonanzund Interesse aus. Das
veranlasste mich, meine Forschungendem Thema Kommunikation
zwischen Männern und Frauenzuzuwenden, und so
entstand Du kannst mich einfachnicht verstehen. Ähnlich erging
es mir bei meinem letzten Buch, Ichmein s doch nur
GUT, das sich mit den Beziehungenzwischen erwachsenen Familienmitgliedern
beschäftigt. Das größte Interesse erregtedas
Kapitel »Ich bin immer noch deineMutter« und insbesondere
jener Teil, der sich mit derkomplexen und emotional brisanten
Beziehung zwischen Mutter underwachsener Tochter befasste.
Angeregt durch diese Reaktion wieauch durch meinen
Wunsch, die Beziehung zu meinereigenen Mutter besser zu
verstehen, konzentrierte ich meineForschungen von da an auf
die Gespräche zwischen Müttern undTöchtern, um genauer
zu untersuchen, was es mit dieserungewöhnlich intensiven Beziehung
auf sich hat, die selbst dann noch,wenn sie scheinbar
nicht mehr im Zentrum unserespersönlichen Lebens steht, so
starke Emotionen zu wecken vermag.
Vieles von dem, was ich über dieverbale Kommunikation
zwischen Mutter und Tochter sage,gilt auch für die Gespräche
zwischen Mutter und Sohn, Vater undTochter oder Vater und
Sohn. Ich konzentriere mich indiesem Buch jedoch auf Mutter
und Tochter, weil ich in den anderenBereichen keine vergleichenden
Studien durchgeführt habe, wasjedoch keineswegs
bedeutet, dass ich diese Beziehungenfür weniger wichtig
hielte. Als Professorin fürLinguistik mit dem Fachgebiet
Soziolinguistik stütze ich mich beimeiner Forschung zu einem
großen Teil auf Fallstudien. Der»linguistische« Teil der Soziolinguistik
spiegelt sich darin wider, dassviele meiner Ergebnisse
auf der genauen Untersuchung von aufBand aufgenommenen,
transkribierten Gesprächen basieren.Der »Sozio«-Teil
drückt sich darin aus, dass ich auchUnterhaltungen analysiere,
an denen ich selbst teilgenommenoder die ich mit angehört
habe, so ähnlich wie einigeSoziologen oder Anthropologen
(ebenso wie Romanschriftsteller) dieInteraktionen in ihrer
Umgebung beobachten und analysieren.Viele Beispiele, die ich
präsentiere, sind Rekonstruktionenvon Gesprächen, an denen
ich selbst teilgenommen habe, dieich mit angehört habe oder
von denen man mir berichtet hat.Jedes Gespräch mit Menschen,
die ich gut kenne oder gerade erstkennen gelernt habe,
ist eine potenzielle Quelle fürBeispiele, da Frauen, die von dem
Thema meines Buchs hören, oftfreiwillig von ihren eigenen
Erfahrungen berichten. Die Grundlagemeiner Forschung ist
allerdings die genaue Analyse vontranskribierten, auf Tonband
aufgezeichneten Gesprächen. Auch indiesem Buch analysiere
ich Wort für Wort transkribierteGespräche, die von
meinen Studenten im Rahmenschriftlicher Arbeiten aufgezeichnet
und eingereicht wurden und die ichmit ihrer Erlaubnis
abdrucke.
Außerdem habe ich mich mit mirbekannten und unbekannten
Frauen zu Gesprächen (oder»Interviews«) verabredet,
in denen es speziell um das ThemaMutter-Tochter-Beziehung
ging, um sie ausführlicher nachihren Erfahrungen zu
befragen. Bei einem Gespräch vonAngesicht zu Angesicht
habe ich die Unterhaltungaufgenommen und anschließend
transkribieren lassen; beiTelefonaten habe ich Kopfhörer getragen
und mir während des GesprächsNotizen gemacht, und
bei einem Austausch per E-Mail habeich einen Ausdruck angefertigt.
In mehreren Fällen habe ich zuerstallein mit der
Mutter und anschließend allein mitder Tochter gesprochen
bzw. umgekehrt. Bei zweiGelegenheiten habe ich ein Gruppengespräch
bei einem gemeinsamen Essen geführt,das von
Frauen aus meinem Bekanntenkreisausgerichtet wurde und
zu dem sie großzügigerweise mehreremir unbekannte Freundinnen
eingeladen hatten. An meinenInterviews (eigentlich
Gespräche, weil ich keine vorherfestgelegten Fragen stellte)
haben Frauen unterschiedlicherAltersstufen und ethnischer
Herkunft teilgenommen. Da ich nichtversuche, Generalisierungen
über Angehörige von Gruppenanzustellen, gehe ich
nicht näher auf die Ethnizität der Frauen ein, deren Erfahrungen
ich hier wiedergebe, auch wenn vieleder vorgestellten Beispiele
von Amerikanerinnen asiatischer undafrikanischer Herkunft
ebenso wie von Frauen europäischerHerkunft stammen,
ebenso wenig war es in diesem Fallvon Bedeutung, ob die
Frauen gehörlos oder hörend bzw.lesbisch oder heterosexuell
sind.
Alle in diesem Buch genanntenBeispiele verwende ich mit
Genehmigung der Personen, die meineQuelle für das jeweilige
Gespräch waren. Damit die Beteiligtenungezwungen mit mir
sprechen konnten und aus Gründen derIntegrität - schließlich
möchte ich meine Studenten, Freundeund Familienangehörigen
nicht als Informationsquellenmissbrauchen -, habe ich
alle Gesprächspartner darüberaufgeklärt, wie ich ihre Lebenserfahrungen
nutzen möchte. Ich ließ sieüberprüfen, ob
ich alles richtig wiedergegeben habeund fragte sie außerdem,
ob sie namentlich oder lieber untereinem Pseudonym genannt
werden wollten (als Pseudonymebenutze ich ausschließlich
Vornamen; wenn ich die wahreIdentität meiner Quelle offen
lege, verwende ich dagegen Vor- undNachnamen).
Meine Analyse der vorgestelltenBeispiele basiert auf Erkenntnissen
und Konzepten, die ich nachAbschluss meines
Studiums an der kalifornischenBerkeley-Universität in 25-jähriger
Forschungsarbeit entwickelt habe.Alle Konzepte, die ich
hier vorstelle, ebenso wie dieErklärungen meiner Forschungsmethoden
sind ausführlicher in meinenwissenschaftlichen
Veröffentlichungen dargestellt(Literaturhinweise finden Sie
auf meiner Website:www.deborahtannen.com).
Auf die Frage, warum ich michentschlossen habe, für ein
breites Publikum zu schreiben,anstatt mich auf wissenschaftliche
Aufsätze und Bücher zu beschränken,antworte ich in der
Regel: »Ich wollte Bücher schreiben,die auch meine Mutter
lesen kann.«Wenn ich das sage, steht »meine Mutter« für die
durchschnittliche Leserin, die niezu einem wissenschaftlichen
Buch greifen würde. Aber »meineMutter« steht auch für
meine wirkliche Mutter - für denMenschen, der in gewisser
Weise das erste Publikum all meinerLeistungen und die oberste
Richterin all meines Tuns ist. Dass meine Mutter starb, während
ich an diesem Buch arbeitete, machtedie Aufgabe in vielerlei
Hinsicht schwerer, gleichzeitig aberauch dringlicher. Für
mich wurde das Buch eineMöglichkeit, ihr Andenken zu ehren,
weil es mich zwang, den ungeheurenEinfluss zu untersuchen,
den sie auf alle Bereiche meinesLebens hatte und
immer noch hat. Die Anerkennungdieses Einflusses verstärkte
wiederum die Wichtigkeit desAnliegens, Gespräche zwischen
Tochter und Mutter zu verstehen undzu verbessern.
© GoldmannVerlag
Übersetzung:Maren Klostermann
- Autor: Deborah Tannen
- 2006, 1, 317 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Maren Klostermann
- Verlag: Mosaik
- ISBN-10: 3442391040
- ISBN-13: 9783442391042
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