Wettlauf um die Welt
Wettlauf um dieWelt von Stefan Aust,Claus Richter und Matthias Ziemann
LESEPROBE
Vorwort
Weltwirtschaftsforum Davos, Februar 2007
Der britische(Noch-)Premier Tony Blair stürmt aus dem Tagungshotel Belvedere, umringt vonLeibwächtern, Mitarbeitern und Fotografen. Für einen Moment legen der Politikerund seine Entourage den Betrieb komplett lahm. Aus dem Hintergrund beobachtetein distinguierter weißhaariger Herr, offensichtlich asiatischer Herkunft, dasSchauspiel. Er wird von keinem Menschen hier beachtet.
Die kleineSzene hat Symbolcharakter. Blair, der Politiker, hat im Schweizer Skiort überGlobalisierung geredet. Der vornehme Senior aber, Azim Premji, treibt sie jedenTag voran.
Der Inder Premji istGründer und Chairman des IT-Dienstleisters Wipro in Bangalore.Sein Vermögen wird auf mehr als zehn Milliarden Dollar taxiert. Wipro arbeitetfür Unternehmen aus allen westlichen Industrieländern. Die Namen der Klientenbehandelt er diskret; er weiß, dass die Verlagerung von Dienstleistungen nachIndien in den Heimatmärkten seiner Kunden nicht gerade imagefördernd wirkt,weil sie meist mit dem Verlust von Arbeitsplätzen einhergeht. Dann hat diePolitik - gleichgültig ob in den USA, inGroßbritannien oder der Bundesrepublik - wieder einen Grund zur Klage.
Ein gern genutztesRitual. So präsentiert man der Öffentlichkeit immer mal wieder den einen oderanderen Sündenbock und fordert ökonomischen Patriotismus. Das aber lenkt nurdavon ab, wie limitiert die Möglichkeiten nationaler Politik sind, auf weltweitagierende Unternehmen einzuwirken oder sie gar zu disziplinieren.
Für viele Menschen inden Gesellschaften der Ersten Welt ist Globalisierung ein Begriff, der ihnenUnbehagen verursacht. Das trifft besonders für die Bundesrepublik zu. VieleBürger verbinden mit diesem Wort Dumpinglöhne, Jobexport nach Asien oderOsteuropa, Angst um den Arbeitsplatz und die schwer durchschaubarenMachenschaften rätselhafter Finanzinvestoren. Doch gerade unser Land profitiertauch wie kaum ein anderes von der weltweiten Vernetzung, von wachsenden Warenströmen,von der Nachfrage auf allen Kontinenten nach Produkten »Made in Germany«.
Doch dieRekordzahlen der Exporteure und die Klagen vieler Unternehmen, keinen odernicht genügend qualifizierten Nachwuchs zu finden, stehen gleichberechtigtneben der immer noch verstörenden Zahl von vier Millionen Menschen, die keinebezahlte Arbeit haben. Hängen diese Tatsachen zusammen oder haben sie sichgetrennt voneinander entwickelt?
DieGlobalisierung ist ein Prozess, der nicht schematisch und nach einem Masterplanverläuft; chaotisch, ungleichzeitig und oft widersprüchlich sind seineErscheinungen. Umso wichtiger erscheint es mir, die vielen Facetten des Wandelsso verständlich und so vielen Menschen wie möglich zu erklären.Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust und der Redaktionsleiter des ZDF-MagazinsFrontal 21,Claus Richter, untersuchen in der mehrteiligen Dokumentationsreihe »Wettlauf umdie Welt« die Mechanismen der Globalisierung und ihre Konsequenzen für dieBundesrepublik. Die für diese Reihe gedrehten Geschichten und geführtenInterviews bilden die Grundlage für den vorliegenden Band.
Thema sinddie jungen chinesischen Arbeiterinnen aus dem Perlflussdelta, die vonbescheidenem Wohlstand träumen, genauso wie deutsche Manager, derenEntscheidungen das Leben von Zehntausenden Familien beeinflussen können. Esgeht um Menschen, deren Jobs binnen weniger Monate aus dem Ruhrgebiet nachAsien verlagert wurden, aber auch um jene ostdeutschen Metaller, deren Betriebmit chinesischem Kapital gerettet wurde und der jetzt wieder Mitarbeitereinstellt. Ermutigend ist:Immer wieder werden die Wettbewerbsvorteile des sooft gescholtenen Deutschland in Erinnerung gerufen. So unterschiedlich dieGeschichten und Schicksale - eines scheint klar: die weltweite Vernetzung undVerflechtung wird sich fortsetzen.
Prof. Dr. KlausSchwab, der Erfinder und Präsident des Weltwirtschaftsforums Davos, formuliertdas so: »Die Globalisierung ist eine gesellschaftliche Revolution. Wer daraufnicht vorbereitet ist, kann nicht erwarten, daran teilzuhaben.«
Nikolaus Brender
Chefredakteur des ZDF
Kapitel1
Ein Schiff, die Globalisierung und die Zukunft Deutschlands:Die Cosco Germany
Es ist ein regnerischer und kühler Spätsommertag, als sich eine Hundertschaftfröhlich parlierender und festlich gekleideter Menschen an Bord der an denLandungsbrücken vertäuten Hafenbarkasse Hanseatic hangelt. Die Männer meist indunklem teurem Tuch, die Damen in Cocktail-Kleidern oder dem kleinen Schwarzensuchen schnell den Schutz der Kabine. Unter den Teilnehmern der vergnügtenGesellschaft fallen die vielen asiatischen Gesichter auf.
Wenig später macht dieHanseatic an einer grauen, steil aufsteigenden Stahlwand fest. Die gehört zueinem Schiff, das die Barkasse um Wohnblockhöhe überragt, ist von einer Girlandeund drei Flaggen geschmückt: der chinesischen, der südkoreanischen und derdeutschen.
Es ist Taufzeit. DerHamburger Reeder Erck Rickmers möchte das 62. Schiffseiner Flotte in festlichem Rahmen mit einem Namen versehen. Zur Zeremoniegeladen und aus aller Welt eingeflogen sind Geschäftsfreunde und -partner,Auftraggeber und -nehmer des Gastgebers. Der hat als Patin die Gattin deschinesischen Botschafters in Berlin gewonnen. Madame Zhue zerschlägt dieobligatorische Flasche Schaumwein wie geplant, wünscht dem Riesen allzeit guteFahrt und verleiht ihm den Namen »Cosco Germany«.
Währenddessen sind imHintergrund als ständige Untermalung der Veranstaltung die Warnsignale derKräne, das metallische Scheppern von in Luken gleitenden Containern zu hören.
Für die Party denLadevorgang zu unterbrechen käme keinem der hier Versammelten in den Sinn.Zeremonien und Symbole sind wichtig, noch wichtiger aber sind Fahrpläne - unddie sehen vor, dass das eben getaufte Fahrzeug 16 Stundenspäter mit 4000 Containern beladen ausläuft.
Auch die Taufe ist nurmit Mühe in das Zeitraster gequetscht worden, denn eigentlich ist der bislangnamenlose Frachter schon seit fünf Monaten im Dienst der Globalisierungunterwegs. Und seine Geschichte beginnt auf der anderen Seite der Welt, dort,wo - für viele Deutsche immer noch ungewohnt - scheinbar das Tempo desinterkontinentalen Wettlaufs um Wachstum und Wohlstand vorgegeben wird.
Mokbo,Korea
Mokbo an der südkoreanischen Westküste ist nichtgerade ein Ziel für viele Besucher. Endlose Formationen tristerAppartementhäuser stehen wie die Wachsoldaten im gestaffelten Halbkreis um eineschmucklose Küstenstraße; an der eher zufällig angelegten Promenade wetteifernein paar Karussells um die Gunst der wenigen Passanten. Das schmutzig graueWasser der ostchinesischen See wird von derben Wellenbrechern begrenzt. ImFrühling fegt der Wind immer noch eisig über das Trottoir. Mokbo ist kein sanfttemperierter Ort des Vergnügens, aber einer, in dem Geld verdient wird.
Hyundai Samho HeavyIndustries, die Schiffbausparte des Konglomerats, unterhält hier eine ihrerwichtigsten Dependancen. Mehrere tausend Männer (und wenige Frauen) schweißenund nieten auf dem mehrere Quadratkilometer großen Areal vor allemContainerschiffe zusammen.
Die Koreaner - auch dieSchiffbautöchter der konkurrierenden Konzerne Samsung und Daewoo gehören zu denersten Adressen im Großschiffbau - haben sich nach dem fast vollständigenAbschied der Europäer und Amerikaner aus der Champions League der Werften einenoch einzigartige Position erarbeitet. Sie liefern das, was der rapidewachsende Transportbedarf der weltweiten Handelsströme am dringendstenbenötigt: Schiffe, möglichst groß, mit möglichst viel Platz: für 8000oder 9000 der genormten Stahlkisten, zu einemannehmbaren Preis in bester Qualität und von hoher Solidität.
Bis zu ein Dutzend dermehr als 300 Meter langen Schiffe sind an den Kais, inden Docks und auf dem Gelände von Hyundai Samho gleichzeitig im Bau.
Um den Auftragsboomhalbwegs zeitnah bewältigen zu können, haben die Koreaner Konstruktions- undArbeitsabläufe entwickelt, die in der Branche als Maßstab gelten. Die einzelnenModule - Steuerhäuser, Heck- oder Bugpartien - lagern in oder vor denfußballfeldgroßen Werkshallen. Wie im Baukastenprinzip werden sie dann beiBedarf zusammengefügt.
DasAlleinstellungsmerkmal der Koreaner allerdings soll bedroht sein; vor allemChinesen würden nur zu gern an das Know-how gelangen, erzählen Manager undIngenieure am Abend an einer der Hotelbars in Mokbo. Also gleicht dashermetisch umzäunte und kameraüberwachte Hyundai-Gelände eher derDemarkationslinie am 38. Breitengrad; Filmen undFotografieren ist nur an wenigen Stellen möglich, auch der freundlich gesinnteBesucher wird stets von mehreren Begleitern eskortiert.
Ein Aufwand, den WernerBrandstaeter kaum noch bemerkt.
Brandstaeter ist dafürzuständig, dass die Dinge für die Cosco Germany richtig zusammengefügt werden.Brandstaeter, 65 Jahre, gegerbter Teint, weiße Haareund eine Stimmlage wie aus dem Maschinenraum, lebt seit Jahrzehnten in Asien.Der Kapitän auf großer Fahrt ist der Außenminister des deutschen Auftraggebers.Er ist Vermittler zwischen Deutschen und Koreanern, zwischen Subunternehmernund Behörden. Vielsprachig und stets von einer dezenten Rauchfahne umgeben,schlichtet er aufkommende Konflikte, löst Probleme. Er ist in den schmucklosenBürocontainern, welche die Werft dem Personal ihrer Auftraggeber zur Verfügungstellt, eine Respektsperson; einer, der schon alles gesehen hat oder sichzumindest alles vorstellen kann; einer, den die Ruhe nicht mal in den letztenhektischen Stunden vor der Übergabe eines neuen Schiffs verlässt.
Hamburg
Erck Rickmers trägt einen großen Namen, lange Haareund meist ein gelassenes Lächeln im Gesicht. Wenn er aus seinem Bürofenstervis-à-vis der Hamburger Speicherstadt blickt, geraten die Masten der RickmerRickmers in sein Blickfeld. Das Museumsschiff, das vor den Landungsbrückenankert, erinnert den 43-Jährigen an die Familientradition,aber auch daran, dass Tradition nicht immer vor ökonomischem Niedergangschützen kann. Die Rickmers hatten mehr als ein Jahrhundert lang nicht nur eineReederei betrieben, die sie unverdrossen nach jedem Weltkrieg und dem damitverbundenen Totalverlust wieder nach vorne brachten. Vor den Toren vonBremerhaven baute die Rickmers-Sippe Schiffe für sich und andere auch gleichselbst. Mitte der 80er-Jahre war die Konkurrenz zu stark,der Standort an der Weser zu teuer und die Werft wurde aufgegeben. Erck undsein Bruder Bertram, damals Mitte 20, beschlossen,nach der Zäsur die Familienehre und -tradition fortzusetzen: zu Lande und zuWasser. Das scheint hinzuhauen - der eigenen Tüchtigkeit, der deutschenSteuergesetzgebung und der Globalisierung sei Dank.
Erck Rickmers istGründer und geschäftsführender Gesellschafter der Nordcapital; die sammeltGelder vor allem vermögender Mitbürger ein und investiert diese in den Bau vonSchiffen. Jedes neue Schiff ein Fonds; bis vor wenigen Jahren nochfunktionierte das Modell vor allem als Steuersparinstrument für betuchteLeistungsträger im fiskalischen Schmerzgrenzbereich - und als strategischeMasche des Gesetzgebers, wenigstens ein paar Mittel in den siechenSchiffbausektor an Elbe, Weser, Trave und Warnow zu lenken. Doch seitdem derinternationale Warenaustausch mit schier unfassbaren Raten steigt und damitauch der Bedarf an Transportkapazitäten vor allem zu Wasser, hat die Idee denCharakter einer amtlich unterstützten Nothilfe längst eingebüßt. Die Anleger,die Rickmers für den Bau des Containerschiffs Cosco Germany gewinnen konnte,sind nicht länger auf steuerliche Verluste angewiesen. Sie wollen (und können)mit ihrem Investment auf relativ satte Ausschüttungen hoffen. Denn Rickmers hatden Neubau, der jetzt 15000 Kilometer entfernt auf seineIndienststellung wartet, für zehn Jahre an die chinesische Reederei Cosco(China Ocean Shipping Company) verchartert. Zum Festpreis von 36000Dollar pro Tag. Macht bei einer Charterdauer von 3650 Tageneinen beruhigenden Grundstein für die Refinanzierung des Schiffs, das außerdemin den Büchern von Rickmers als relatives Schnäppchen vermerkt sein dürfte; beider Auftragsvergabe 2002 wurde ein Preis ausgehandelt, dergut 20 Millionen Dollar unter dem aktuell gängigenMarktpreis von 100 Millionen Dollar liegt. Rickmershatte die günstigen Umstände damals genutzt und gleich noch weitere Schiffe vonder Größe der Cosco Germany in Auftrag gegeben. Auch die werden in denkommenden Monaten ausgeliefert; sie alle sind langfristig verchartert.
Dass der HamburgerRickmers mit vor allem deutschem Geld in Südkorea ein Schiff bauen lässt, dasanschließend für eine chinesische Reederei die maritimen Rennstrecken desWelthandels befahren wird, ist ein perfektes Beispiel für weltweiteArbeitsteilung - und auch für verpasste Chancen. Denn auch wenn der HanseatRickmers seine Großaufträge in einer patriotischen Anwandlung auf heimischenHelgen platzieren wollte - er könnte es nicht.
Deutsche Werften sindheute nicht in der Lage, ein Schiff von der Größe der Cosco Germany zu bauen.Sie haben ihre Chancen in lukrativen Nischen wie Kreuzfahrt und Rüstungentdeckt. Dass sich die Branche ziemlich genau zu dem Zeitpunktgesundschrumpfte, als Mauerfall und Ende der Blöcke eine neue Zeit einleiteten,ist dabei eine besondere Ironie.
Auch Rickmers neuerAufstieg beginnt zu dieser Zeit.
Er legt Wert darauf,nicht nur als Anlageprofi, sondern auch (und vor allem) als Reeder verstandenzu werden. Nicht zu Unrecht, denn Rickmers verchartert seine Schiffe zwar, aberer stellt - über die Firmentochter E.R.Schifffahrt - auch die Besatzungen. Knapp 2500 Männer(und wenige Frauen) arbeiten auf den sieben Meeren für den Hamburger. JedesJahr kommen ein paar Dutzend neue Leute hinzu; inzwischen hat Rickmers eineTruppe von Mitarbeitern über die Ozeane und Häfen verstreut.
Mokbo,Korea
Mischa Richter ist einer davon; »Master Mariner«steht auf seiner Visitenkarte von E.R. Schiffahrt -also Kapitän. Und er wird das Schiff, das in wenigen Stunden übergeben werdensoll, auf der Jungfernfahrt führen. Jetzt hockt er im Wohn- und Arbeitsbereichseiner Kajüte hoch auf dem F-Deck desSteuerhauses. Teppichböden und Wandverkleidungen verbreiten noch denpenetranten Geruch gerade installierter Gerätschaften. Der Blick aus einem derbeiden schmalen Fenster wandert über das Vorschiff, die Reihen der leerenLuken, deren Tiefe und Fassungsvermögen im Nieselregen nur zu ahnen sind.»Werden vermutlich die letzten Tage sein«, sagt Richter, »an denen da mal nixdrin ist.« Ein paar Werftarbeiter, in blauen Overalls und Öljacken, hangelnsich vorsichtig über das regenglatte Schiff. Richter, noch in Räuberzivil,sucht nach der Ausgehuniform. Die Übergabe soll zwar ohne Zeremonie in einemKonferenzraum vollzogen werden; die Koreaner aber legen Wert auf die Form, dakann der dunkelblaue Anzug mit den vier breiten Streifen am Ärmel nichtschaden.
Seit zehn Tagen istRichter in Korea, seit acht Tagen ist auch seine Besatzung eingetrudelt. MischaRichter ist 46 Jahre alt, er ist 1,95Meter groß und hager. Kurze Haare, norddeutscher Akzent, lässiger Gang. Er istein Gewinner der Globalisierung, wie er schöner nicht für die Präsentationender Freihandels-Propagandisten hätte erfunden werden können. Geboren als Sohneines Seemanns in der damaligen DDR,Dienstzeit und Ausbildung in Volksmarine und Handelsmarine, Offizierspatent.Richter gehört auf gewisse Weise zu den Privilegierten. Er ist ständigunterwegs - Havanna, Ho-Chi-Minh-City, auch die Häfen der afrikanischenKlassengenossen läuft er an, und manchmal auch die Ankerplätze im NSA (nichtsozialistischen Ausland). Dortsieht er, was der Hafenarbeiter daheim in Rostock nur aus dem Westfernsehenkennt: schnellere Technik, bessere Qualität bei der kapitalistischen Konkurrenz- und mehr Geld für die Crews. Das wird bei jedem Bier an Land schmerzlichklar.
Am 10.November 89 soll der Dritte Offizier Richter im Hafenvon Hongkong einen Lotsen abholen, als er von der Crew eines vorbeilaufendenHapag-Lloyd-Frachters angerufen wird: »Hey, we re one country now!«
Der Mauerfall hat dieSeeleute ahnungslos erwischt.
Einige Wochen späterkehrt Richter nach Rostock zurück. Die ganze DDRist auf Grund gelaufen, die Handelsmarine der Arbeiter- und Bauernmacht sendet SOS und lässt ihre treuen Diener über dieKlinge springen. Mischa Richter fährt noch am selben Abend nach Hamburg. WenigeTage später hat er einen neuen Job - als 2. Offizier,Heuer 3000 D-Mark.Seine Frau und die beiden Töchter bleiben zunächst zu Hause an der Ostseeküste.
Seitdem hat derMecklenburger die maritimen Highways auf Frachtern und Tankern befahren; fürErck Rickmers steuert er im zehnten Jahr Containerschiffe. Und die werden immergewaltiger.
Die Cosco Germany, dasfünfte Schiff, das Richter neu übernimmt, misst in der Länge knapp 340Meter. Vom Kiel bis zur Brücke sind es 50 Meter; 8204Standardcontainer kann das Boot tragen - und gehört damit noch nicht einmal zuden größten. Ein Dock weiter liegt ein für die französische Reederei CGM bestimmter Neubau, der mehr als 9000Kisten fassen soll.
Angetrieben wird dieCosco Germany immerhin von einem (fast) deutschen Stück Wertarbeit. Diehaushohe Maschine wird in Lizenz von MANangefertigt, leistet 91000 PSund treibt das Schiff auf ein Reisetempo von 25 Knoten.Doch noch liegt es still. Richter greift sich einen Parka, verlässt die Kabine,schlittert über das glitschige Deck zum Fallreep und steigt in einen Jeep.
Hamburg
Erck Rickmers wartet auf Bescheid aus Mokbo;technisch ist die Cosco Germany noch Eigentum der Werft. Erst nach Übergabe undRegistrierung kann Rickmers über sie verfügen. Der Zeitplan ist eng. NeunStunden nach dem ersten Auslaufen beginnt die Charterfrist der Chinesen. Fürjede Verzögerung trägt Rickmers Verantwortung und Kosten. Das Fax im Vorzimmerrattert und entlässt einen Papierbogen nach dem anderen - die Kopien derparaphierten Kontrakte aus Asien. Rickmers holt sich noch einen Tee.
Mokbo,Korea
Acht Männer stehen um den ovalen Konferenztisch, dermit koreanischen und deutschen Fahnen geschmückt ist. Von der Wand blickt einwürdevoller asiatischer Senior in Öl - zwischen Kanapees und Orangensaft liegenFüller und Unterschriftenmappen. Ein Manager von Hyundai spricht einen Toastauf die Europäer aus. Man verspricht sich weitere Zusammenarbeit und lobt diefantastischen Eigenschaften der Gegenseite. Auch bei Hyundai weiß man, dass diePerformance der letzten Jahre keine Selbstverständlichkeit ist. Rickmersvergibt auch Aufträge an die einheimische Konkurrenz nach Ulsan undmöglicherweise bald nach China. Kunden wollen umworben sein.
Mischa Richter verlässtdie Veranstaltung so früh wie möglich.
Eine Stunde später löstdie Cosco Germany die Leinen, wird von zwei Schleppern behutsam gedreht undnimmt Fahrt auf in Richtung Shanghai. Das weltweite Rennen hat einen neuenTeilnehmer.
© Piper Verlag
- Autoren: Stefan Aust , Claus Richter , Matthias Ziemann
- 2007, 297 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 13,6 x 21,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Piper Taschenbuch
- ISBN-10: 3492050328
- ISBN-13: 9783492050326
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Wettlauf um die Welt".
Kommentar verfassen