Zeigen Sie Profil!

einerseits, weil wir sie lieben, weil sie uns und wir sie brauchen und weil wir Verantwortung übernommen haben. Andererseits ist dies oft auch bequemer, als uns gegen sie zu behaupten und sich ihnen zu widersetzen. Doch sollten wir uns dabei über eines im Klaren sein: Wenn wir den anderen Menschen stets signalisieren, dass uns unsere eigenen Anliegen weniger bedeuten als ihre und dass wir eher dazu bereit sind, uns nach ihren Vorgaben zu richten, als unseren persönlichen Weg zu beschreiten, so taktieren sie damit. Als Ergebnis werden wir von den anderen manipuliert, man traut uns nichts zu, wir verlieren an persönlichem Profil.
Das ist fatal in Zeiten, in denen mehr und mehr eigenes Profil gefragt ist, ob im Berufsleben oder anderswo. Menschen, die es gewohnt sind, stets zu funktionieren, um die Erwartungen anderer brav zu erfüllen, büßen an Persönlichkeit ein sowie an Fähigkeiten und Möglichkeiten. Das muss ernst genommen werden. Denn wer immer bereit ist, anderen den Vortritt zu lassen - den großen Auftritt, die große Freiheit, das große Ausleben -, und dabei sich selbst hintanstellt, wird rasch zum Opfer. Das heißt: Jeder kann uns benutzen. Jeder kann über uns hinwegstiefeln. Jeder kann uns Stärke nehmen. Und was dann übrig bleibt, ist Schwäche.
Ich möchte Sie mit diesem Buch dazu einladen, sich am täglichen Spiel mit anderen Mitteln zu beteiligen. Haben Sie die Kühnheit, das Bild, das andere von Ihnen haben, außer Kraft zu setzen. Lassen sie sich nicht darauf reduzieren, stets die zweite Geige zu spielen. Lernen Sie die von sich selbst und den anderen geforderte Anpassung zu ersetzen, indem Sie »Flagge zeigen«. Kurz: Trauen Sie sich, gegen den Strom zu schwimmen.
Haben sie keine Angst, als Trotzkopf abgestempelt zu werden. Ob der Umgang mit dem Partner, mit Vorgesetzten und Kollegen, mit der Familie, Verwandten, Bekannten oder Freunden - brechen Sie das eherne Gesetz des »Mitschwimmens«. Und erfahren Sie, wie Sie als Persönlichkeit ganz neu wahrgenommen werden. Erleben Sie, wie es das Selbstwertgefühl und Lebensgefühl hebt, nicht länger nur dem Schwarm zu folgen, sondern sich auch für sich selbst einzusetzen. Lernen Sie den Wert Ihrer Person und Persönlichkeit neu schätzen, auch wenn Sie dafür ein paar Kämpfe durchstehen müssen. Freuen Sie sich darauf: Sie werden als munterer Fisch daraus hervorgehen.

Ihr Horst Conen

Profiltypen leben besser

Eigentlich galt es ja schon immer, doch kaum jemals waren die Voraussetzungen so günstig wie heute: Wer Profil zeigt, hat mehr vom Leben. Die Typen mit Ecken und Kanten sind zufriedener, ausgeglichener, sie sind glücklicher und gesünder - und nicht zuletzt sind sie auch erfolgreicher. Denn sie haben eine Eigenschaft, auf die es heute allem Gerede vom »flexiblen Menschen« zum Trotz besonders ankommt: Charakterstärke.
Sie müssen sich nicht verbiegen. Das macht sie frei, selbstbewusst, emotional intelligent und gibt ihnen eine ganz ungewöhnliche Kraft. Ihnen gelingen Dinge, die sich andere gar nicht erst zutrauen. Sie nutzen einfach ihr gesamtes Persönlichkeits-Potenzial, weil sie immer ganz »bei sich« sind und keine Angst haben zu versagen. Denn versagen könnten sie nur vor sich selbst. Vor sich selbst versagt man aber nur dann, wenn man seine Möglichkeiten nicht nutzt. Apropos: Nutzen Sie eigentlich alle Ihre Möglichkeiten?

Jeder ist einzigartig

Es ist eine Tatsache: Jeder von uns kann Profil zeigen, seine Ecken und Kanten schärfen, anstatt sie abschleifen zu lassen. Jeder von uns ist auf seine Weise einzigartig, originell und unverwechselbar. Jeder von uns hat seine eigenen Stärken und seine eigenen Schwächen. Und nicht selten verbergen sich hinter den vermeintlichen Schwächen unsere eigentlichen Stärken, die wir nicht nutzen. Bis jetzt. Denn wenn wir uns sozusagen selbst wieder »geradebiegen«, werden wir unsere ganzen verborgenen Energien entfesseln.
Genau darum geht es in diesem Buch: dass Sie Ihr ganz persönliches Profil neu entdecken. Dass Sie herausfinden, was wirklich in Ihnen steckt. Und dass Sie Ihr Profil auch tatsächlich »ausleben«. Dies ist gewiss keine Sache, die im Handumdrehen vor sich geht und die Sie ganz nebenbei erledigen könnten. Nehmen Sie sich Zeit und schenken Sie sich so viel Aufmerksamkeit, wie Sie verdienen. Es geht darum, ein neues Verhältnis zu sich selbst, eine neue Selbstsicherheit und Souveränität zu gewinnen. Daher ist es wichtig, sich mit den Bedürfnissen, aber auch mit Zweifeln und Ängsten auseinanderzusetzen, von denen Sie vielleicht schon lange beherrscht werden. Ich möchte Sie zu einer Entdeckungsreise einladen, bei der Sie Ihr bisheriges Denken und Verhalten überprüfen und den Mut zu einer Einstellung aufbringen, mit der Sie sich selbst auf andere Weise voranbringen, als es möglicherweise bisher der Fall war. Wichtig: Lassen Sie sich auf dieser Entdeckungsreise nicht vom Kurs abbringen, auch wenn Ihnen manchmal der Wind ins Gesicht bläst und Menschen, die Ihnen sonst sehr zugewandt sind, plötzlich vehement dagegen protestieren, dass Sie auf einmal Ihre eigenen Vorstellungen darüber entwickeln, was zu Ihnen passt und was nicht.

Lassen Sie die anderen links liegen

Am besten Sie stellen sich schon jetzt darauf ein: Den anderen wäre es am liebsten, wenn Sie immer schön brav das tun, was Sie immer getan haben. Doch ob Ihnen das gefällt oder ob Ihnen das noch guttut - danach fragen sie nicht. Schlagen Sie einen neuen Weg ein! Zeigen Sie Ihr gesamtes Repertoire und zu welchem Handeln Sie fähig sind. Lassen Sie diejenigen, die nur erzwingen wollen, dass Sie ihre Erwartungen erfüllen, unterwegs links liegen, sonst laufen Sie Gefahr, mit der Zeit zu einem »Erfüller« zu werden!
Sie wissen nicht, ob Sie das durchstehen - vor allem, wenn Sie dabei an Ihren Lebenspartner, Ihren Chef oder den Kollegen mit der Mitleidsmasche denken, der Sie jedes Mal wieder überreden kann? Ich denke, Sie werden es durchstehen! Ja, ganz bestimmt sogar. Sich diesen Konflikten zu stellen und zu erleben, wie man dabei an Klarheit gewinnt, ist eine Erfahrung, die man nur ausprobieren muss, um neue Stärken an sich selbst zu entdecken und zu aktivieren. Ich kann Ihnen versichern, dass sich keine Investition so sehr lohnt wie diese. Denn immerhin geht es um Ihr Leben. Und das dauert nicht ewig, wie wir wissen. Deshalb gibt es kaum etwas Beglückenderes, als dem Rat des Philosophen Friedrich Nietzsche zu folgen und »der zu werden, der man ist«.

Abschied von der Stromlinienpersönlichkeit

Fühlen Sie sich manchmal geradezu umzingelt von Ansprüchen, die an Sie gestellt werden? Da sollen Sie in Ihrem Beruf erfolgreich sein, mit Ihrem Partner in einer harmonischen und zugleich immer wieder aufregenden Beziehung leben. Da sollen Sie attraktiv sein, aussehen wie Claudia Schiffer, Brad Pitt oder der Mann in der Duschgelwerbung, sportlich, schlank und sonnengebräunt sein, mit Topfigur und Muskelpaketen an den richtigen Stellen, zugleich aber auch die inneren Werte nicht vernachlässigen, zuverlässig, treu und ehrlich sein, dabei nicht eitel, außerdem humorvoll, intelligent, schlagfertig, ausgeglichen, charmant und einfühlsam. Und dann sollten Sie nach Möglichkeit auch Kinder haben - süße, entzückende, aufgeweckte Kinder, um die Sie sich ausreichend kümmern können. Denn Sie möchten doch die beste Mutter oder der beste Vater der Welt sein.
Solche Ansprüche können uns zermürben. Wir fühlen uns mickrig und klein, weil wir nicht so perfekt sind wie die anderen. Wie die Menschen, die uns aus der Werbung, aus Filmen und aus den Hochglanzmagazinen entgegenlächeln, oder der Nachbar, von dem wir glauben, dass er alles hat, was zu einem erfüllten Leben gehört. Dabei haben wir gar keinen Grund, uns schlecht zu fühlen. Denn solche perfekten Menschen gibt es in der Wirklichkeit gar nicht. Und wenn es sie gäbe, wären sie die langweiligsten Leute der Welt. Das ist im Übrigen keine ganz neue Erkenntnis. Vor über achtzig fahren formulierte der damalige Außenminister Walther Rathenau: »In Deutschland entscheiden über einen Menschen nicht Vorzüge, sondern die Einwände. Einwandfrei muss der Mensch sein und die Sache tadellos. Einwandfrei aber ist nur die klare, runde und tadellose Null.«

Perfekt ist nicht gut genug

Makellose Menschen sind uninteressant. Das haben übrigens auch die Werbeleute gemerkt. Achten Sie einmal darauf, in wie vielen Spots mittlerweile Models auftauchen,
die alles andere als perfekte Schönheiten sind. Da gibt es Männer mit Bauchansatz, Frauen, die sich vom Schlankheitsideal verabschiedet haben, Models mit Sommersprossen, blasser Haut, markanter Nase oder etwas abstehenden Ohren. Auch die Modemacher schicken nicht mehr nur Models auf den Laufsteg, die so perfekt aussehen, als hätte sie jemand mit einem Computerprogramm gestylt. Im Gegenteil: Interessante Persönlichkeiten sind gefragt, solche, die uns neugierig machen, die etwas Eigenes ausdrücken.
Sogar bei Schönheitswettbewerben gibt es einen neuen Trend. Es gewinnen nicht mehr nur die, welche mit perfekter Figur, sonnenbrauner Haut, langen Haaren und strahlendem Lächeln antreten. Auch die vom herrschenden Schönheitsideal mehr oder weniger stark abweichen und eine ganz persönliche Art von Schönheit zum Ausdruck bringen, haben große Chancen. Früher wäre das undenkbar gewesen, aber bei den Wahlen zur Miss Amerika belegte eine Frau den zweiten Platz, die behindert war. Sie hatte keine Arme. Stellen Sie sich mal vor: Eine Frau ohne Arme ist eine der schönsten Frauen der USA! Sie wurde nicht etwa gewählt, um sie für ihren Mut zu belohnen, überhaupt anzutreten, sondern weil sie eine unvergleichliche Ausstrahlung besaß.
So weit zur Welt der Werbung und des schönen Scheins. Doch kommen wir zu unserem eigentlichen Thema zurück, dem Zwang, perfekt sein zu müssen. Dieser Zwang legt uns buchstäblich lahm. Er macht uns zu Nervenbündeln, denen gar nichts mehr gelingt. Wir müssen uns von ihm verabschieden. Denn wenn uns das Leben gelingen soll, dann geht es nicht darum, perfekt zu werden. Perfekt sein heißt so viel wie fertig, erledigt, abgeschlossen. Etwas unfreundlich formuliert: eine lebende Leiche.
Lassen Sie sich also von überzogenen Ansprüchen nicht einschüchtern, schon gar nicht, wenn sie von anderen an Sie herangetragen werden. Aber auch bei Ansprüchen, die Sie an sich selbst stellen, sollten Sie mal überlegen: Woher kommt der Wunsch, so und so zu sein, dieses und jenes leisten zu müssen? Kommt das wirklich von Ihnen? Oder haben Sie da nicht etwas verinnerlicht, von dem Sie annehmen, dass »man« das so macht?
Verabschieden Sie sich von diesen Vorstellungen. Denn was »man« so macht, das hat nichts mit Ihnen zu tun. Mehr noch: Dieses »man«, das gibt es gar nicht. Worauf es vielmehr ankommt, das sind Sie, mit Ihren Eigenarten, Ihrer unverwechselbaren Persönlichkeit und Ihren kleinen unersetzbaren und daher so wichtigen Unvollkommenheiten. Genau da, wo Sie vom geraden Weg abweichen, wo Sie sozusagen Ihrer Nase nach querfeldein gehen, da warten die interessantesten Entdeckungen auf Sie.
In diesem Buch geht es nicht nur darum, Ihrer Nase zu folgen, um an Persönlichkeit zu gewinnen, sondern Sie lernen auch wie selbstverständlich dafür zu kämpfen, dass Sie in Zukunft mehr Sie selbst sein können. Sie müssen nur den Mut aufbringen, Ihrem eigenen Weg nachzuspüren. Auch wenn das Ihren Mitmenschen komisch vorkommt. Oder unvernünftig. Oder wenn sie es mit Protest quittieren. Es ist jedoch allemal besser, als zu brav zu sein.

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