Zur Sünde verführt
Neue romantische Unterhaltung von Sandra Brown! Eine Nacht, eine Liebe und die ewige Versuchung des Herzens
Als Laney in New York in einem Aufzug stecken bleibt, gerät sie in Panik. Zum Glück ist der attraktive Deke Sargent...
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Produktinformationen zu „Zur Sünde verführt “
Neue romantische Unterhaltung von Sandra Brown! Eine Nacht, eine Liebe und die ewige Versuchung des Herzens
Als Laney in New York in einem Aufzug stecken bleibt, gerät sie in Panik. Zum Glück ist der attraktive Deke Sargent bei ihr. Zwischen den beiden knistert es und nach ihrer Befreiung verbringen sie eine leidenschaftliche Nacht miteinander - nicht ohne Folgen.
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Zur Sünde verführt von Sandra Brown1
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Der Fahrstuhl befand sich gerade zwischen zwei Etagen, als er plötzlich ruckartig stehen blieb und das Licht ausging. Es hatte keine Vorwarnung gegeben, kein Knirschen der Seile, kein Flackern der Birnen, nichts. Im einen Augenblick hatte sich der Kasten noch lautlos nach unten bewegt, und bereits im nächsten wurden die beiden darin befindlichen Personen in Stockfinsternis und Totenstille eingehüllt.
»Uh-oh«, meinte der Mann. Er war New Yorker und die Streiche, die die Stadt ihren Bürgern regelmäßig spielte, offenbar gewohnt. »Schon wieder ein Stromausfall.«
Laney McLeod blieb stumm. Dabei schien der Mann auf eine Reaktion zu warten, denn sie konnte spüren, dass er sich umdrehte und durch die Dunkelheit in ihre Richtung sah. Doch sie konnte weder sprechen noch sich von der Stelle rühren, da sie vor lauter Panik wie gelähmt war. Sie versuchte sich zu sagen, dass allein ihre Klaustrophobie diese Situation so furchtbar machte, dass sie überleben würde und dass ihr Entsetzen lächerlich und kindisch war. Trotzdem nützte es nichts.
»Sind Sie okay?«, fragte der Mann.
Oh nein, ich bin ganz sicher nicht okay, hätte sie ihn am liebsten angeschrien, aber ihre Stimmbänder versagten ihren Dienst. Acht sorgfältig gefeilte Nägel gruben sich in zwei verschwitzte Handballen, und plötzlich merkte sie, wie sie die Augen zukniff. Obwohl sie sich zwang, sie wieder zu öffnen, änderte das nichts. Noch immer gab es kein Licht in der erstickenden Enge dieses Lifts.
Sie atmete krächzend ein und aus.
»Keine Angst. Es wird bestimmt nicht lange dauern.«
Seine Ruhe weckte ihren Zorn. Warum brach er nicht ebenfalls in Panik aus? Am liebsten hätte sie den Kerl gefragt, ob er ihr garantieren könnte, dass alles gleich wieder funktionierte. Diese Stromausfälle konnten schließlich Tage dauern, oder etwa nicht?
»Ich denke, Sie würden sich besser fühlen, wenn Sie etwas sagen würden«, meinte er. »Es geht Ihnen doch wohl gut?«
Sie spürte, dass eine Hand durch das Dunkel tastete, und einen Moment später stießen fremde Finger gegen ihren Arm.
Als sie zusammenfuhr, riss er die Hand sofort wieder zurück.
»Schon gut. Leiden Sie etwa unter Klaustrophobie?«
Sie nickte verzweifelt mit dem Kopf, in der Hoffnung, er könne diese Bewegung sehen. Doch auch wenn das völlig ausgeschlossen war, hatte er sie offenbar gespürt, denn er meinte in begütigendem Ton: »Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben. Wenn der Strom länger als ein paar Minuten wegbleibt, sucht die Feuerwehr automatisch nach stecken gebliebenen Leuten wie uns.«
Sie spürte einen leichten Luftzug und hörte das Rascheln von Stoff. »Ich ziehe erst mal meine Jacke aus und schlage Ihnen vor, das auch zu tun.«
Als er in den Lift gestiegen war, hatte sie das graue Haar, die schlanke, hochgewachsene Gestalt und die gerade aufgrund von ihrer Lässigkeit sicher sündhaft teure Kleidung nur mit einem kurzen Blick gestreift. Statt dem Fremden ins Gesicht zu sehen, hatte sie schweigend auf die erleuchteten Zahlen über der Fahrstuhltür gestarrt, während der Lift in Richtung Erdgeschoss geglitten war.
Sie hatte gemerkt, dass er sie nach dem Einsteigen gemustert hatte, doch auch er hatte kein Wort gesagt, denn sie hatten beide ein leichtes Unbehagen dabei empfunden, sich mit einem Fremden einen Fahrstuhl zu teilen. Schließlich hatte er, genau wie sie, den Blick auf die Zahlen über der Tür gelenkt und in Gedanken die Etagen bis nach unten mitgezählt.
Jetzt hörte sie, wie seine Jacke auf den dicken Teppich fiel.
»Brauchen Sie vielleicht Hilfe?«, fragte er gezwungen fröhlich, als sie sich noch immer nicht bewegte. Dann folgte er dem lauten Keuchen, das aus ihrer Kehle drang, und streckte beide Hände nach ihr aus. Eilig wich sie vor ihm zurück und stieß krachend gegen die holzverkleidete Wand, aber er berührte ihren vor Schreck starren Körper und tastete sich zögernd einen Weg daran herauf, bis er ihre Schultern fand.
»He.« Seine Stimme hatte einen seidig weichen Klang. »Es wird alles gut.« Er drückte ihr aufmunternd die Schultern und bewegte sich erneut.
Laney hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt noch sprechen konnte, stieß dann aber heiser aus: »Was tun Sie da?«
»Ich helfen Ihnen, Ihre Jacke auszuziehen. Je heißer Ihnen wird, umso schlechter bekommen Sie Luft, und umso eher fangen Sie an zu hyperventilieren«, antwortete er. »Ich heiße übrigens Deke.« Die Kostümjacke, die sie erst einen Tag zuvor bei Saks erstanden hatte, glitt von ihren Schultern und fiel auf den Boden. »Und wie heißen Sie? Ist das hier ein Tuch?«
»Laney.« Sie hob ihre bleischweren Arme und schob seine Finger fort. »Ja. Warten Sie, gleich ist er auf.« Sie löste den Knoten an der Seite ihres Halses und reichte ihm das Tuch.
»Laney. Ein ungewöhnlicher Name. Vielleicht machen Sie auch noch die Bluse etwas auf, damit ein bisschen Luft an Ihren Körper kommt. Seide, richtig?«
»Ja.«
»Und ausnehmend hübsch. Blau, wenn ich mich recht entsinne.«
»Ja.«
»Sie sind keine New Yorkerin«, stellte er beiläufig fest, machte die Perlmutt-Manschettenknöpfe ihrer Bluse auf und rollte dann die Ärmel hoch.
»Nein. Ich war nur eine Woche zu Besuch hier. Morgen fahre ich wieder ab.«
»Und hier im Haus haben Sie jemanden besucht?«
»Ja. Meine Zimmergenossin vom College und ihren Mann.«
»Verstehe. Na, ist das nicht viel bequemer?« Vorsichtig klappte er ihren offenen Blusenkragen auf. »Möchten Sie sich vielleicht setzen?« Er berührte sie mit beiden Händen leicht an der Taille.
»Nein!«
Verdammt.
Deke Sargent verfluchte sich dafür, dass er zu schnell gewesen war. Man durfte einen Menschen nicht noch mehr erschrecken, wenn er bereits panisch war. Die Frau klebte nach wie vor an der Wand, als stünde sie einem Erschießungskommando gegenüber, und holte derart pfeifend Luft, als hätte jemand ihr die Kehle zugeschnürt. »In Ordnung, Laney. Sie ...«
Die Lichter flackerten, es wurde wieder hell, der Fahrstuhl setzte sich mit einem leichten Rucken wieder in Bewegung ...
... und zwei völlig Fremde starrten einander aus nächster Nähe mit weit aufgerissenen Augen an.
Ihr Gesicht war kreidebleich, und er bedachte sie mit einem sorgenvollen Blick.
Dann setzte er ein schiefes Lächeln auf, während er seine Hände abermals auf ihre Schultern sinken ließ.
Ihre Nerven waren ganz eindeutig zum Zerreißen angespannt, und deshalb meinte er: »Sehen Sie? Habe ich es doch gesagt. Jetzt ist alles wieder gut.«
Statt sein Lächeln zu erwidern, ihm mit höflich distanzierter Stimme für seine Bemühungen zu danken und sich wieder anzuziehen, sackte sie am ganzen Körper zitternd gegen seine Brust, vergrub die schweißnassen Fäuste im Kragen seines Hemds und brach in unglückliches Schluchzen aus.
Sie hatte sich gezwungen, möglichst lange Haltung zu bewahren, aber nun, da die Gefahr vorüber war, gingen ihr bei dem Gedanken an die dunkle Enge, der sie gerade erst entronnen war, die Nerven durch.
Sanft schwebte der Fahrstuhl bis ins Erdgeschoss, und die Tür glitt zischend auf. Durch die Fenster des Foyers konnte Deke das Gedränge der Passanten draußen auf dem Gehweg sehen. Da sämtliche Ampeln ausgefallen waren, herrschte vollkommenes Chaos auf der Straße, und egal, wohin man sah, staute sich der Verkehr.
»Mr Sargent ...« Der uniformierte Portier lief eilig auf ihn zu.
»Alles in Ordnung, Joe«, fiel ihm Deke knapp ins Wort. Das Letzte, was die Frau jetzt brauchte, war, dass sie in ihrem Zustand ganz allein da draußen auf der Straße landete, doch das ging den Portier nichts an. »Ich fahre noch mal rauf.«
»Waren Sie eben im Fahrstuhl, als ...«
»Ja, aber es geht mir gut.«
Er hielt Laney fest, lehnte sich zurück, drückte auf den Knopf für die zweiundzwanzigste Etage, die Tür ging wieder zu, und lautlos fuhren sie wieder hinauf.
Die Fremde schien es gar nicht zu bemerken, denn sie lehnte noch immer völlig erschlafft an seiner Brust und stieß abgehackte, leise Schluchzer aus.
»Keine Angst. Sie sind in Sicherheit. Jetzt ist alles wieder gut«, murmelte Deke sanft, während er sie in den Armen hielt. Sie verströmte einen wunderbaren Duft, und ihr Haar lag weich an seinem Hals und seinem Kinn.
In dem Stock, in dem er wohnte, ging die Tür des Fahrstuhls wieder auf. Er drückte die Frau mit einer Hand gegen die Wand, damit sie nicht vornüberfiel, hob seine und ihre Jacke sowie Laneys Handtasche und ihr Tuch vom Boden auf, nahm sie auf den Arm, trug sie durch den Flur bis zu seinem Eckapartment und stellte sie vorsichtig auf ihren eigenen Füßen ab.
»Gleich haben wir's geschafft«, flüsterte er zärtlich, zog seinen Schlüssel aus der Hosentasche und schob ihn ins Schloss. Die Tür schwang auf, und er trug die Frau ins Wohnzimmer und setzte sie auf einem Sofa ab, in dessen dicken Kissen sie praktisch versank.
Er wandte sich zum Gehen, woraufhin sie flehentlich die Arme nach ihm ausstreckte.
»Ich bin sofort wieder da.« Ohne nachzudenken, hauchte er noch einen Kuss auf ihre Stirn, lief zurück zur Tür, schaltete die automatische Alarmanlage aus, hob die Sachen, die er einfach hatte auf den Boden fallen lassen, auf, sperrte die Tür von innen ab, machte Licht und dimmte es, bis ein blassgoldener Schimmer auf sämtlichen Möbelstücken lag.
Mit drei großen Schritten durchquerte er erneut den Raum, kniete sich vor die Couch und ergriff eine Hand der Frau. »Laney?« Als sie ihren Namen hörte, machte sie die Augen auf. »Wie geht es Ihnen?«
Sie starrte ihn verwundert an, dann aber rollten zwei dicke Tränen über ihre Wangen, sie warf sich die Hände vors Gesicht und brach erneut in lautes Schluchzen aus. »Ich hatte solche Angst. Das ist total kindisch und dumm, ich weiß. Aber ich leide nun mal an Klaustrophobie ...«
»Pst.« Er stand wieder auf, setzte sich neben sie, nahm sie in die Arme, drückte ihr Gesicht an seinen Hals und strich ihr sanft über das Haar. »Es ist vorbei. Vorbei. Jetzt sind Sie in Sicherheit.« Er küsste ihre Schläfe. Küsste ihre Stirn. Strich mit einer seiner Hände über ihren Rücken, und sie schmiegte sich noch enger an ihn an.
Dann machte er sich plötzlich wieder los und räusperte sich heiser. »Was Sie brauchen, ist ein Brandy«, meinte er und stand entschlossen wieder auf.
Da vor allem er selber einen brauchte, trat er vor die kleine Bar, schenkte ihnen beiden ein und sah seinen Gast verstohlen aus den Augenwinkeln an. Es war, als hätten ihre Tränen nicht nur ihre Panik, sondern auch sämtliche Energie, die sie besessen hatte, fortgespült. Vollkommen ermattet hatte sie sich umgedreht, die Füße angezogen und das Gesicht gegen die Rücklehne der Couch gedrückt.
Wie zum Teufel hatte so etwas passieren können?, ging es ihm mit einem müden Lächeln durch den Kopf. Kein Mensch würde ihm jemals glauben, dass er eine Frau aus einem Lift gerettet hatte. Eine absolut phänomenale Frau, die er mit zu sich in die Wohnung genommen hatte, wo sie ihm vollkommen hilflos ausgeliefert war. Kopfschüttelnd ging er zurück zur Couch.
Aber was hätte er stattdessen machen sollen?
Er hätte sie wohl kaum direkt nach einem Stromausfall mitten in Manhattan auf die Straße setzen können. Doch was sollte er jetzt mit ihr anfangen?
Er kam weder auf den Gedanken zu versuchen, die Freunde, die sie hier im Haus besucht hatte, ausfindig zu machen, noch hinterfragte er, weshalb er sich überhaupt für diese Frau verantwortlich fühlte. Vielleicht lag es an der Art, wie sie mit leichtem Hüftschwung auf dem Sofa lag, oder daran, wie ihr honigblondes Haar fächerförmig auf dem samtenen orangefarbenen Kissen ausgebreitet war.
»Hier, Laney, trinken Sie.« Er setzte sich wieder neben sie, legte eine Hand hinter ihren Kopf und hob den zerbrechlichen Schwenker an ihren noch zerbrechlicheren Mund. Flatternd gingen ihre Lider auf, und sie starrte ihn einen Moment aus nicht mehr gequälten, aber desorientierten blauen Augen an, bevor sie einen Schluck des exquisiten Brandys nahm.
Ihre Miene allerdings sprach nicht gerade für die Qualität des ihr angebotenen Getränks: Sie zog eine seltsame Grimasse und brach dann in lautes Husten aus.
Deke lachte leise auf Ihr gut geschnittenes, rohseidenes Kostüm zeugte von einem erlesenen Geschmack, eine Frau von Welt war sie allerdings eindeutig nicht.
»Noch ein Schlückchen?«, fragte er.
Zu seiner Überraschung griff sie nach der Hand, in der er ihren Schwenker hielt, führte sie zurück an ihren Mund, nippte mehrmals, bis nur noch ein Tropfen
Brandy übrig war, ließ den Kopf dann wieder gegen die Kissen sinken und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. Es war eine völlig unschuldige Geste, doch die Schwellung ihrer Brüste unter ihrer engen Bluse rief in Deke alles andere als unschuldige Wünsche wach.
Entschlossen stellte er ihr Glas auf dem lackierten Couchtisch ab, bevor er einen möglichst großen Schluck von seinem eigenen Brandy trank. In ihrem Zustand war es sicherlich nicht fair, sie derart anzustarren, aber schließlich war er nur ein Mensch, und so unterzog er den zurückgeworfenen Kopf, den verletzlichen gebogenen Hals, die halb geschlossenen Augen und die von dem teuren Brandy feuchten Lippen seines Gasts einer eingehenden Musterung. Ihr Gesicht war ein wenig zu kantig, um als wirklich schön zu gelten, ihre Nase war etwas zu kurz, ihr Mund hingegen ...
Am besten dächte er gar nicht darüber nach.
Ihr Hals war lang und schlank, ihre Schlüsselbeine zart, und in dem dazwischen befindlichen Dreieck schlug ein etwas schneller, aber gleichmäßiger Puls. Unter ihrer Seidenbluse war ein hauchzarter spitzenbesetzter BH mit Satinträgern zu sehen, doch er ließ erahnen, dass ihre Brüste weich sein mussten. Ihre Taille, ihre Hüfte und die Schenkel waren schlank, die Waden in der transparenten Strumpfhose waren wohlgeformt, und an den Füßen trug sie beigefarbene Wildlederpumps mit einem mit Glitzerfaden auf dem Oberleder aufgestickten Schmetterling.
Plötzlich streifte sie die Schuhe ab, sie fielen fast geräuschlos auf den dicken Teppich, und er lenkte seinen Blick von ihrem schlanken Fuß zurück auf ihr Gesicht. Ihr Blick jedoch drückte nicht die geringste Neugier in Bezug auf ihn oder seine Wohnung aus.
»Ich konnte einfach nicht mehr atmen.« Eine Reihe kerzengerader, strahlend weißer Zähne grub sich in die fein geschwungene Unterlippe, die noch immer zitterte.
Er berührte sanft ihr Haar und glitt mit seinen Fingern über ihre Wange bis zu ihrem Kinn. »Das war bestimmt ein schreckliches Gefühl, doch jetzt ist es vorbei.«
»Es war so furchtbar dunkel.« Beim letzten Wort brach ihre Stimme, und sie kniff die Augen wieder zu.
Deke zog sie abermals tröstend an seine Brust. »Sie hatten Angst. Das tut mir leid.«
Sofort schmiegte sich ihr biegsamer Leib an seinen harten Körper an, und er stöhnte innerlich. Denn plötzlich war sie nicht mehr einfach eine Frau, die Trost und Verständnis brauchte, sondern auch ein zartes weibliches Geschöpf, das sich besser anfühlte als jedes andere zarte weibliche Geschöpf, mit dem er in der letzten Zeit in Kontakt gekommen war.
Er sprach sie laut mit ihrem Namen an, und sie hob den Kopf.
Ihre Augen hatten die Farbe des Nebels, der über dem Ozean hängt, und sahen ihn flehentlich an. »Bitte halten Sie mich fest.«
»Das mache ich«, schwor er ihr voller Leidenschaft, und sie presste ihr Gesicht erneut an seinen Hals. Als ihre Lippen seine Haut berührten, spürte er diesen Kontakt bis hinab in seinen Unterleib. »Das mache ich.«
Er küsste unbewusst ihr Haar und ihre Wange, und es kam ihm vollkommen natürlich vor, einen Finger vorsichtig unter ihr Kinn zu legen, ihren Kopf ein wenig anzuheben und den eigenen Kopf zu neigen, bis sein Mund auf ihren Lippen lag. Sie schmeckten noch immer nach Brandy, und nur ein Eunuch hätte sich in diesem Augenblick möglicherweise beherrschen können - ein potenter Mann wie Deke allerdings ganz sicher nicht.
Er spürte, wie sie kurzfristig erstarrte, dann aber entspannte sie sich wieder an seiner Brust, er schob ihren Mund mit seiner Zunge auf und wagte sich hinein. Anfangs erforschte er sie zögerlich, doch als sie ihre Zunge flackern ließ, war es endgültig um ihn geschehen. Er stieß ein leises Knurren aus, eroberte die süße Höhle ihres Mundes, glitt mit seiner Zungenspitze über ihren Gaumen ...
... und mit einem sanften Schnurren ballte sie die Fäuste in dem teuren Stoff von seinem Hemd und streckte wohlig ihre Beine aus.
Himmel! War dies vielleicht alles nur ein wunderbarer Traum?
Eine seiner Hände glitt an ihr herab, um sie noch ein wenig fester in den Arm zu nehmen, aber ihre Brust war einfach zu verführerisch, und so legte er dort eine kurze Pause ein und streichelte sie sanft, ehe er die Finger, wenn auch voller Bedauern, weiterwandern ließ.
»Bitte mach das noch einmal. Es hat sich herrlich angefühlt.«
Er riss den Kopf zurück und starrte sie ungläubig an. Die weltgewandten Frauen, die er für gewöhnlich hier empfing, spielten stets dasselbe Spiel, bei dem jeder eine ganz bestimmte Rolle innehatte und bei dem sogar der Text genauestens vorgegeben war. Nie zuvor in seinem Leben hatte Deke eine derart ehrliche, direkte Forderung gehört. Allerdings verlangte Laney ganz eindeutig nicht, dass er einen bestimmten Akt einzig zu ihrem Vergnügen wiederholte, sondern gratulierte ihm mit seidig weicher Stimme zu der herrlichen Liebkosung, die er ihr geboten hatte, und bat ohne jede Scheu um eine Fortsetzung der Streicheleien.
Er sah ihr ins Gesicht, schob seine Hand zurück auf ihre Brust, umfasste sie vorsichtig und rieb sanft daran herum. Sie machte die Augen wieder zu, stieß einen langgezogenen Seufzer aus, und ein leichtes Lächeln huschte über ihren unglaublichen Mund. Also packte er verwegen ihren Nippel, und selbst durch den Stoff der Bluse und ihres BHs hindurch spürte er eine Reaktion.
»Meine Güte, Laney«, flüsterte er rau, versiegelte ihren Mund erneut mit seinen Lippen und verstärkte die Liebkosung ihrer Brust. Dann erforschte seine Hand die faszinierenden Vertiefungen und Rundungen ihres perfekt geformten Körpers, und durch das Rascheln ihrer Kleider kam ihm die Berührung irgendwie verboten und deshalb in höchstem Maß erregend vor.
Gleichzeitig war es frustrierend, dass sie auf dem Sofa lagen, wo er sich nicht frei bewegen konnte, und so stand er auf und zog sie neben sich.
Schwankend lehnte sie sich an ihn an, und dadurch kam er wieder zur Vernunft. Hätte er nicht vor Verlangen lichterloh gebrannt, hätte er wahrscheinlich über sich und die Situation gelacht.
Sie wusste nicht mehr, was sie tat. Und zwar nicht, weil sie spontan dieselbe Leidenschaft für ihn empfand wie er für sie, sondern weil sie von dem einen Brandy vollkommen betrunken war.
Das wegen des Stromausfalls erlittene Trauma konnte unmöglich der Grund für ihre Verwirrung sein.
Er stieß einen Seufzer aus und atmete tief durch. Was war er für ein Narr gewesen, schalt er sich. »Kommen Sie, Laney, ich bringe Sie ins Bett.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern, stieß sich von ihr ab, sah ihr fragend ins Gesicht, und sie nickte feierlich. Dann nahm er ihre Hand, ging los, und folgsam wie ein kleines Kind lief sie ihm hinterher.
Als er das Schlafzimmer betrat, machte er erst mal Licht. »Warten Sie hier, dann mache ich das Bett für Sie zurecht.« Er lehnte sie gegen die Wand, trat vor das breite Bett, schlug die Tagesdecke aus blauem Wildleder zurück, warf einen Armvoll Zierkissen in einen tiefen Sessel, schüttelte das Kopfkissen ein wenig aus und strich das makellose dunkelbraune Laken glatt. »So, jetzt ...«
Weiter kam er nicht.
Noch immer stand sie neben der Tür, hatte jedoch ihren Rock und ihre Bluse abgelegt und streifte gerade die transparente Strumpfhose von ihren mehr als wohlgeformten Beinen ab. Dann drehte sie sich - mit nicht mehr als einem winzigen BH und einem derart knappen Höschen, dass der Kaufpreis sicher nicht im Material begründet war - langsam wieder zu ihm um.
Sie war gertenschlank, wies aber an genau den richtigen Stellen phänomenale Rundungen auf.
Und Deke Sargent, der so schlagfertig wie kaum einer seiner Kollegen war, fiel die Kinnlade herab wie einem pickeligen Jüngling, der zum ersten Mal im Leben ein weibliches Wesen ohne Kleider sah. Er musste mühsam schlucken. Dabei hatte er in seinem Leben schon so viele nackte Frauen gesehen, dass er irgendwann aufgehört hatte zu zählen. Und die meisten dieser Frauen hatte er höchstpersönlich ausgezogen, denn er war darin derart geschickt, dass die meisten bereits hüllenlos vor ihm gestanden hatten, ehe ihnen aufgegangen war, wie ihnen geschah. Diese Frau jedoch hatte ihn derart überrascht, dass er einen Augenblick nur dastehen und sie betrachten konnte. Dabei wollte sie ihn offenkundig gar nicht ködern, sondern hatte schlicht und einfach ihre Kleider abgelegt, um ins Bett zu gehen.
Mit einem scheuen Lächeln lief sie durch den Raum, legte sich ins Bett und drückte vertrauensselig ihre Wange an das Kissen.
»Kein Mensch wird mir jemals glauben, dass ich eine solche Chance nicht genutzt habe.« Deke trat neben das Bett und sah lächelnd auf seinen unbekannten Gast. »Gute Nacht, Laney, wer du auch immer bist. Schlaf gut.« Er küsste sie zärtlich auf die Wange, richtete sich wieder auf und schaltete automatisch die Nachttischlampe aus.
»Nein!« Sie richtete sich kerzengerade auf, atmete keuchend ein und aus und ruderte panisch mit den Armen durch die Luft.
»Tut mir leid.« Er verfluchte sich für seine Dummheit, setzte sich aufs Bett, nahm sie in den Arm, spürte ihren fast nackten Körper, und sofort waren seine männlichen Instinkte abermals geweckt.
»Bleiben Sie hier. Sie haben versprochen, mich nicht allein zu lassen«, schluchzte sie, schlang ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich hilfesuchend an ihn. Sofort stieg vor seinem geistigen Auge das Bild ihrer vollen Brüste mit den rauchig dunklen Zentren auf. »Sie haben gesagt, Sie würden mich festhalten.«
»Laney«, stieß er stöhnend aus, während sein Körper mit seinem Gewissen rang. »Du weißt ja nicht ...«
»Bitte. «
Also legte er sich neben sie. Nur für einen Augenblick. Nur bis sie eingeschlafen wäre, sagte er sich streng.
Doch sie zog ihn eng an ihren Bauch, ihr sanftes Flehen übertönte den Protest seines Gewissens, und so strich er sanft mit seinen Fingerspitzen über ihre warme Haut und presste seine Lippen erneut auf ihren heißen, feuchten Mund.
Oh Gott.
Das war total verkehrt. Er hatte keine Ahnung, wer sie war. Vielleicht war sie verheiratet? Er hatte allerdings bereits nachgesehen, ob sie einen Ring am Finger trug. Es heißt nichts, dass sie keinen trägt, sagte er sich streng.
Dies könnte ihn in große Schwierigkeiten bringen. Schließlich brächte es ihm jede Menge negativer Werbung ein, tauchte irgendwann während der nächsten Stunden ein erboster Ehemann zusammen mit der Polizei und einer Horde Fotografen hier in seiner Wohnung auf.
Ungezählte Warnungen schossen ihm durch den Kopf, aber ihr süßer Mund und das Gefühl von ihrem Körper, der in seinen Armen lag, überwanden jegliche Vernunft.
Er hatte kein Problem damit, schmutzige Tricks und Kniffe anzuwenden, wenn sich nur auf diesem Weg ein Ziel erreichen ließ. Doch nie zuvor in seinem Leben hatte er jemanden derart schamlos ausgenutzt. Diese junge Frau war sturzbetrunken, und sie wusste nicht mehr, was sie tat.
Er hingegen wusste es genau. Und es fühlte sich fantastisch an.
Sie schien erheblich jünger als er selbst zu sein. Fünfzehn Jahre mindestens.
Deshalb würde er wahrscheinlich in der Hölle schmoren, als Strafe für die Dinge, die er tat. Aber das war ihm egal. Da er nämlich auch schon so lichterloh in Flammen stand.
Langsam wurde Laney wach, machte vorsichtig die Augen auf, gähnte, öffnete die Augen etwas weiter ...
... und riss sie erschrocken auf. Weil hier neben ihr im Bett ein völlig Fremder lag.
Er erwachte ebenfalls und flüsterte ihr sanft über das weiche Leinen hinweg »Guten Morgen« zu.
Sie schrie gellend auf und versuchte auf Distanz zu diesem Kerl zu gehen. Doch seine Hand lag schwer auf ihrer Brust, ihre Beine steckten zwischen seinen Beinen, und ihr Knie - oh Gott ... Sie schlug wie eine Wilde um sich, bis es ihr gelang, sich von ihm wegzurollen.
Er starrte sie an, als ob sie den Verstand verloren hätte, und trotz ihrer Hysterie fielen ihr seine leuchtend grünen Augen auf.
Eilig kroch sie an den Rand des Betts, kauerte sich dort zusammen und stieß, als sie merkte, dass sie beide völlig unbekleidet waren, ein Geräusch aus wie ein kleines Tier, das in der Falle saß. Gleichzeitig umklammerte sie eine Ecke der schokobraunen Decke und zog sie sich bis zum Kinn.
»Wer sind Sie, und wo bin ich?«, fragte sie den Fremden atemlos. »Wenn Sie mir nicht sofort eine Erklärung für das alles geben, rufe ich die Polizei.«
Ihr war klar, dass diese Drohung einfach lachhaft war. Denn sie hatte keine Ahnung, wo sie war, und käme deshalb schließlich gar nicht an ein Telefon heran.
»Beruhige dich erst einmal«, bat er in ruhigem Ton und streckte eine Hand in ihre Richtung aus. Sie zuckte zusammen, zog sich noch weiter zurück, und fluchend fragte er: »Weißt du nicht mehr, wie du hierhergekommen bist?«
»Nein«, erwiderte sie knapp. »Aber ich bin ganz eindeutig nicht freiwillig hier. Wer sind Sie überhaupt?«
Wieder fluchte er, massierte sich mit einer Hand die breite, dicht behaarte Brust und starrte sie verwundert an. »Ich hatte schon befürchtet, dass du dich nicht mehr erinnern kannst. Weil du nach dem Brandy vollkommen hinüber warst.«
»Brandy? Sie haben mir Brandy eingeflößt? Und was sonst noch? Vielleicht irgendwelche Drogen?«
Ihre Stimme wurde immer schriller, und er merkte, dass sie nur noch mühsam um Beherrschung rang. »Lass mich dir alles in Ruhe erklären.«
»Jetzt! Erklären Sie es jetzt! Und wo sind meine Kleider?«
Er warf die Bettdecke zurück, stand auf, und beim Anblick seiner Männlichkeit erbleichte sie.
Eilig machte er zwei Schritte Richtung Schrank, bevor ihr ein erneuter Schrei entfuhr. Sie warf sich die Hand vor den Mund, starrte auf die rötlich braunen Flecken auf dem Laken, wandte sich ihm wieder zu, und zum ersten Mal sah er verlegen aus.
»Ich wusste nicht, dass du noch Jungfrau warst.« Ohne sich darum zu kümmern, dass er völlig unbekleidet war, breitete er flehentlich beide Arme aus. »Woher hätte ich das wissen sollen, bevor es zu spät war, Laney?«
Zitternd löste sie die Hand von ihrem Mund, und er sah, dass selbst aus ihren Lippen alles Blut gewichen war. »Wo-woher kennen Sie meinen Namen?«
Er schüttelte verständnislos und vielleicht etwas un-
glücklich den Kopf, zog einen weißen Frotteebademantel aus dem Schrank, kam zurück zum Bett und hielt ihr den Morgenmantel hin. Als sie ihn nicht nahm, legte er ihn neben sie und wandte ihr den Rücken zu. »Du hast ihn mir im Lift gesagt. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, dass du mit mir zusammen Lift gefahren bist?«
Sie hüllte sich so fest es ging in den Morgenmantel ein, und er wühlte in einer Schublade, bis er eine Pyjamahose fand. Im Grunde aber schien er nicht der Typ für einen Schlafanzug zu sein.
Schließlich drehte er sich wieder zu ihr um und sah sie fragend an. »Kannst du dich denn wenigstens daran erinnern, dass du in den Fahrstuhl eingestiegen bist?«
Sie hob eine Hand an ihre Schläfe und massierte sie. Konnte sie sich überhaupt an irgendwas erinnern? Ja, an ein paar Dinge schon. Daran, dass sie gestern Abend bei Sally und Jeff gewesen war. Daran, dass sie viel gelacht hatten. Daran, dass der Ausblick aus der Wohnung ihrer Freunde atemberaubend gewesen war. Daran, dass sie eine wunderbare Mahlzeit vorgesetzt bekommen hatte, deren krönender Abschluss ein phänomenaler Cocktail namens Velvet Hammer gewesen war. Oder vielleicht zwei? Und dann ...? Oh ja, genau. Sie hatte sich von ihnen an der Wohnungstür verabschiedet, beide noch umarmt und dann ... nichts mehr.
»Du hast gesagt, du hättest irgendwelche Leute hier im Haus besucht«, rief der Mann ihr leise in Erinnerung. »Ich bin zu dir in den Lift gestiegen, und dann gab es einen Stromausfall. Wir saßen ein paar Minuten fest. Nur ein paar Minuten, länger nicht. Doch du warst völlig fertig, und ich konnte dich in deinem Zustand nicht so einfach auf die Straße lassen, deshalb habe ich dich mit zu mir genommen und dir erst mal einen Brandy eingeflößt. Du hast fürchterlich geweint, und ich habe dich im Arm gehalten, bis ...«
»Aber das erklärt noch nicht, warum ich in Ihrem Bett wach geworden bin oder warum Sie mich vergewaltigt haben!«
»Vergewaltigt?«, wiederholte er erzürnt.
»Was wohl sonst? Freiwillig wäre ich ganz sicher nicht mit Ihnen ins Bett gegangen.«
Ihm war deutlich anzusehen, dass er um Beherrschung rang. Seine Miene verriet Zorn und Frustration, als er sich mit einer Hand durch die wunderschönen, grauen Haare, die erstaunlich gut zu seinem dunkelbraunen Teint und seinen leuchtend grünen Augen passten, fuhr.
»Dass du unter Klaustrophobie leidest, ist dir bekannt?«
Sie nickte angespannt.
»Ich dachte mir bereits, dass du dich vielleicht nicht mehr an alles erinnern kannst, weil du gestern Abend völlig fertig warst.« Seine Miene wurde sanft, was aus ihrer Sicht jedoch nicht weniger gefährlich war.
»Und was die andere Sache angeht«, fügte er mit einem vielsagenden Blick auf die verräterischen Flecken auf dem Bettlaken hinzu, »kann ich dir versichern, dass ich nichts getan habe, was du nicht wolltest.«
Laney stieß ein leises Wimmern aus.
»Ich würde gern mit dir darüber reden. In aller Ruhe, bei einer Tasse Kaffee.« Er öffnete die Tür zu einem an das Schlafzimmer angrenzenden Raum. »Hier ist das Bad. Vielleicht möchtest du ja erst mal duschen. Ich gebe dir gerne deine Kleider mit, aber du kannst auch im Bademantel bleiben, wenn du dich noch nicht anziehen willst. Ich koche uns erst mal Kaffee, und dann setzen wir zusammen die fehlenden Puzzlestücke ein, bis alles einen Sinn für dich ergibt. Okay?«
Es war ganz sicher nicht okay. Trotzdem nickte sie, und er hob ihre zerknitterten Kleider, ihre Schuhe und die Handtasche vom Boden auf, legte sie ihr hin und verließ den Raum.
Sofort sprang Laney auf, rannte ins Bad und drehte die Dusche auf. Doch er sollte nur denken, dass sie eine Dusche nahm, während sie sich schnell am Becken wusch.
Grundgütiger! Was hatte sie getan? Eine Woche in New York, und sie hatte sich mit einem tödlichen Gebräu namens Velvet Hammer hoffnungslos betrunken, bevor sie im Bett - im Bett! - eines wildfremden Kerls gelandet war. Oh Gott, oh Gott, oh Gott.
Um Zeit zu sparen, stopfte sie abgesehen von ihrem Slip sämtliche Dessous in ihre Handtasche und zog sich mit zitternden Händen an.
Wer war der Mann? Aber im Grunde wollte sie es gar nicht wissen. Und er würde es bestimmt auch nie erfahren.
Sie öffnete vorsichtig die Tür und spähte in den Flur. Im Radio wurde gerade das Wetter für den Tag vorhergesagt. Ein idealer Tag, um wieder aus der Großstadt zu verschwinden, dachte sie und schlich zur Wohnungstür.
Der Fremde hatte ihr den Rücken zugewandt und kochte den versprochenen Kaffee. Dabei wirkte er nicht im Geringsten angespannt, sondern hatte den gut gelaunten Schwung von einem Mann, für den es offenbar normal war, dass eine ihm völlig unbekannte Frau erst in seinem Bett und danach in seinem Badezimmer war.
Leben Sie wohl, Herr Wer-auch-immer, hauchte sie ihm tonlos zu, öffnete die Wohnungstür, glitt lautlos in den Flur, rannte leise Richtung Fahrstuhl und drückte den grünen Knopf.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Fahrstuhl in der zweiundzwanzigsten Etage war, und dann sogar noch länger, bis sie endlich in der Eingangshalle stand. Hatte er inzwischen wohl bemerkt, dass sie verschwunden war? Hatte er vielleicht bereits den Pförtner angerufen und ihn gebeten, sie so lange aufzuhalten, bis er selber unten war?
Eilig lief sie an dem Türsteher vorbei, der ihr fröhlich einen guten Morgen wünschte, und erst zwei Blocks weiter blieb sie stehen und hielt ein Taxi an. Wenn sie sich beeilte, schaffte sie es vielleicht, ins Hotel zurückzufahren, ihre Sachen einzupacken und noch rechtzeitig für ihren Flug am Flughafen zu sein.
Sie lehnte ihren Kopf gegen den steifen Plastik-Sitzbezug. Sie war vollkommen erschöpft und ihr Körper an Stellen wund, deren Existenz ihr bisher kaum bewusst gewesen waren.
Wie hatte so etwas passieren können, ohne dass sie etwas davon mitbekommen hatte? Laney kniff die Augen zu, kämpfte allerdings vergeblich gegen ihre Neugier an. Er musste sanft gewesen sein, da sie sich nicht an Schmerzen erinnern konnte. Aber wie in aller Welt hatte dieser Fremde sie, Laney McLeod, dazu gebracht, mit ihm ins Bett zu gehen?
»Oh Gott!« Sie warf sich die Hände vors Gesicht. Was bedauerte sie mehr? Dass sie sich an nichts erinnern konnte oder dass ihr Treiben vielleicht schlimme Konsequenzen haben würde?
Was zum Teufel war das für ein Mann? War er vielleicht verheiratet? Hatte er möglicherweise eine ansteckende Krankheit, oder war er unter Umständen pervers?
Sie stieß ein unglückliches Lachen aus. Aus der Sicht der meisten Frauen hatte sie wahrscheinlich Riesenglück, denn zumindest bliebe ihr die größte Angst erspart. Bisher war sie genau aus diesem Grund nie eine Beziehung eingegangen, jetzt war sie hingegen fast froh, dass der Zwischenfall von letzter Nacht eine ganz bestimmte Konsequenz nicht haben könnte. Schließlich war sie unfruchtbar.
...
Übersetzung: Ute Hege
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Der Fahrstuhl befand sich gerade zwischen zwei Etagen, als er plötzlich ruckartig stehen blieb und das Licht ausging. Es hatte keine Vorwarnung gegeben, kein Knirschen der Seile, kein Flackern der Birnen, nichts. Im einen Augenblick hatte sich der Kasten noch lautlos nach unten bewegt, und bereits im nächsten wurden die beiden darin befindlichen Personen in Stockfinsternis und Totenstille eingehüllt.
»Uh-oh«, meinte der Mann. Er war New Yorker und die Streiche, die die Stadt ihren Bürgern regelmäßig spielte, offenbar gewohnt. »Schon wieder ein Stromausfall.«
Laney McLeod blieb stumm. Dabei schien der Mann auf eine Reaktion zu warten, denn sie konnte spüren, dass er sich umdrehte und durch die Dunkelheit in ihre Richtung sah. Doch sie konnte weder sprechen noch sich von der Stelle rühren, da sie vor lauter Panik wie gelähmt war. Sie versuchte sich zu sagen, dass allein ihre Klaustrophobie diese Situation so furchtbar machte, dass sie überleben würde und dass ihr Entsetzen lächerlich und kindisch war. Trotzdem nützte es nichts.
»Sind Sie okay?«, fragte der Mann.
Oh nein, ich bin ganz sicher nicht okay, hätte sie ihn am liebsten angeschrien, aber ihre Stimmbänder versagten ihren Dienst. Acht sorgfältig gefeilte Nägel gruben sich in zwei verschwitzte Handballen, und plötzlich merkte sie, wie sie die Augen zukniff. Obwohl sie sich zwang, sie wieder zu öffnen, änderte das nichts. Noch immer gab es kein Licht in der erstickenden Enge dieses Lifts.
Sie atmete krächzend ein und aus.
»Keine Angst. Es wird bestimmt nicht lange dauern.«
Seine Ruhe weckte ihren Zorn. Warum brach er nicht ebenfalls in Panik aus? Am liebsten hätte sie den Kerl gefragt, ob er ihr garantieren könnte, dass alles gleich wieder funktionierte. Diese Stromausfälle konnten schließlich Tage dauern, oder etwa nicht?
»Ich denke, Sie würden sich besser fühlen, wenn Sie etwas sagen würden«, meinte er. »Es geht Ihnen doch wohl gut?«
Sie spürte, dass eine Hand durch das Dunkel tastete, und einen Moment später stießen fremde Finger gegen ihren Arm.
Als sie zusammenfuhr, riss er die Hand sofort wieder zurück.
»Schon gut. Leiden Sie etwa unter Klaustrophobie?«
Sie nickte verzweifelt mit dem Kopf, in der Hoffnung, er könne diese Bewegung sehen. Doch auch wenn das völlig ausgeschlossen war, hatte er sie offenbar gespürt, denn er meinte in begütigendem Ton: »Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben. Wenn der Strom länger als ein paar Minuten wegbleibt, sucht die Feuerwehr automatisch nach stecken gebliebenen Leuten wie uns.«
Sie spürte einen leichten Luftzug und hörte das Rascheln von Stoff. »Ich ziehe erst mal meine Jacke aus und schlage Ihnen vor, das auch zu tun.«
Als er in den Lift gestiegen war, hatte sie das graue Haar, die schlanke, hochgewachsene Gestalt und die gerade aufgrund von ihrer Lässigkeit sicher sündhaft teure Kleidung nur mit einem kurzen Blick gestreift. Statt dem Fremden ins Gesicht zu sehen, hatte sie schweigend auf die erleuchteten Zahlen über der Fahrstuhltür gestarrt, während der Lift in Richtung Erdgeschoss geglitten war.
Sie hatte gemerkt, dass er sie nach dem Einsteigen gemustert hatte, doch auch er hatte kein Wort gesagt, denn sie hatten beide ein leichtes Unbehagen dabei empfunden, sich mit einem Fremden einen Fahrstuhl zu teilen. Schließlich hatte er, genau wie sie, den Blick auf die Zahlen über der Tür gelenkt und in Gedanken die Etagen bis nach unten mitgezählt.
Jetzt hörte sie, wie seine Jacke auf den dicken Teppich fiel.
»Brauchen Sie vielleicht Hilfe?«, fragte er gezwungen fröhlich, als sie sich noch immer nicht bewegte. Dann folgte er dem lauten Keuchen, das aus ihrer Kehle drang, und streckte beide Hände nach ihr aus. Eilig wich sie vor ihm zurück und stieß krachend gegen die holzverkleidete Wand, aber er berührte ihren vor Schreck starren Körper und tastete sich zögernd einen Weg daran herauf, bis er ihre Schultern fand.
»He.« Seine Stimme hatte einen seidig weichen Klang. »Es wird alles gut.« Er drückte ihr aufmunternd die Schultern und bewegte sich erneut.
Laney hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt noch sprechen konnte, stieß dann aber heiser aus: »Was tun Sie da?«
»Ich helfen Ihnen, Ihre Jacke auszuziehen. Je heißer Ihnen wird, umso schlechter bekommen Sie Luft, und umso eher fangen Sie an zu hyperventilieren«, antwortete er. »Ich heiße übrigens Deke.« Die Kostümjacke, die sie erst einen Tag zuvor bei Saks erstanden hatte, glitt von ihren Schultern und fiel auf den Boden. »Und wie heißen Sie? Ist das hier ein Tuch?«
»Laney.« Sie hob ihre bleischweren Arme und schob seine Finger fort. »Ja. Warten Sie, gleich ist er auf.« Sie löste den Knoten an der Seite ihres Halses und reichte ihm das Tuch.
»Laney. Ein ungewöhnlicher Name. Vielleicht machen Sie auch noch die Bluse etwas auf, damit ein bisschen Luft an Ihren Körper kommt. Seide, richtig?«
»Ja.«
»Und ausnehmend hübsch. Blau, wenn ich mich recht entsinne.«
»Ja.«
»Sie sind keine New Yorkerin«, stellte er beiläufig fest, machte die Perlmutt-Manschettenknöpfe ihrer Bluse auf und rollte dann die Ärmel hoch.
»Nein. Ich war nur eine Woche zu Besuch hier. Morgen fahre ich wieder ab.«
»Und hier im Haus haben Sie jemanden besucht?«
»Ja. Meine Zimmergenossin vom College und ihren Mann.«
»Verstehe. Na, ist das nicht viel bequemer?« Vorsichtig klappte er ihren offenen Blusenkragen auf. »Möchten Sie sich vielleicht setzen?« Er berührte sie mit beiden Händen leicht an der Taille.
»Nein!«
Verdammt.
Deke Sargent verfluchte sich dafür, dass er zu schnell gewesen war. Man durfte einen Menschen nicht noch mehr erschrecken, wenn er bereits panisch war. Die Frau klebte nach wie vor an der Wand, als stünde sie einem Erschießungskommando gegenüber, und holte derart pfeifend Luft, als hätte jemand ihr die Kehle zugeschnürt. »In Ordnung, Laney. Sie ...«
Die Lichter flackerten, es wurde wieder hell, der Fahrstuhl setzte sich mit einem leichten Rucken wieder in Bewegung ...
... und zwei völlig Fremde starrten einander aus nächster Nähe mit weit aufgerissenen Augen an.
Ihr Gesicht war kreidebleich, und er bedachte sie mit einem sorgenvollen Blick.
Dann setzte er ein schiefes Lächeln auf, während er seine Hände abermals auf ihre Schultern sinken ließ.
Ihre Nerven waren ganz eindeutig zum Zerreißen angespannt, und deshalb meinte er: »Sehen Sie? Habe ich es doch gesagt. Jetzt ist alles wieder gut.«
Statt sein Lächeln zu erwidern, ihm mit höflich distanzierter Stimme für seine Bemühungen zu danken und sich wieder anzuziehen, sackte sie am ganzen Körper zitternd gegen seine Brust, vergrub die schweißnassen Fäuste im Kragen seines Hemds und brach in unglückliches Schluchzen aus.
Sie hatte sich gezwungen, möglichst lange Haltung zu bewahren, aber nun, da die Gefahr vorüber war, gingen ihr bei dem Gedanken an die dunkle Enge, der sie gerade erst entronnen war, die Nerven durch.
Sanft schwebte der Fahrstuhl bis ins Erdgeschoss, und die Tür glitt zischend auf. Durch die Fenster des Foyers konnte Deke das Gedränge der Passanten draußen auf dem Gehweg sehen. Da sämtliche Ampeln ausgefallen waren, herrschte vollkommenes Chaos auf der Straße, und egal, wohin man sah, staute sich der Verkehr.
»Mr Sargent ...« Der uniformierte Portier lief eilig auf ihn zu.
»Alles in Ordnung, Joe«, fiel ihm Deke knapp ins Wort. Das Letzte, was die Frau jetzt brauchte, war, dass sie in ihrem Zustand ganz allein da draußen auf der Straße landete, doch das ging den Portier nichts an. »Ich fahre noch mal rauf.«
»Waren Sie eben im Fahrstuhl, als ...«
»Ja, aber es geht mir gut.«
Er hielt Laney fest, lehnte sich zurück, drückte auf den Knopf für die zweiundzwanzigste Etage, die Tür ging wieder zu, und lautlos fuhren sie wieder hinauf.
Die Fremde schien es gar nicht zu bemerken, denn sie lehnte noch immer völlig erschlafft an seiner Brust und stieß abgehackte, leise Schluchzer aus.
»Keine Angst. Sie sind in Sicherheit. Jetzt ist alles wieder gut«, murmelte Deke sanft, während er sie in den Armen hielt. Sie verströmte einen wunderbaren Duft, und ihr Haar lag weich an seinem Hals und seinem Kinn.
In dem Stock, in dem er wohnte, ging die Tür des Fahrstuhls wieder auf. Er drückte die Frau mit einer Hand gegen die Wand, damit sie nicht vornüberfiel, hob seine und ihre Jacke sowie Laneys Handtasche und ihr Tuch vom Boden auf, nahm sie auf den Arm, trug sie durch den Flur bis zu seinem Eckapartment und stellte sie vorsichtig auf ihren eigenen Füßen ab.
»Gleich haben wir's geschafft«, flüsterte er zärtlich, zog seinen Schlüssel aus der Hosentasche und schob ihn ins Schloss. Die Tür schwang auf, und er trug die Frau ins Wohnzimmer und setzte sie auf einem Sofa ab, in dessen dicken Kissen sie praktisch versank.
Er wandte sich zum Gehen, woraufhin sie flehentlich die Arme nach ihm ausstreckte.
»Ich bin sofort wieder da.« Ohne nachzudenken, hauchte er noch einen Kuss auf ihre Stirn, lief zurück zur Tür, schaltete die automatische Alarmanlage aus, hob die Sachen, die er einfach hatte auf den Boden fallen lassen, auf, sperrte die Tür von innen ab, machte Licht und dimmte es, bis ein blassgoldener Schimmer auf sämtlichen Möbelstücken lag.
Mit drei großen Schritten durchquerte er erneut den Raum, kniete sich vor die Couch und ergriff eine Hand der Frau. »Laney?« Als sie ihren Namen hörte, machte sie die Augen auf. »Wie geht es Ihnen?«
Sie starrte ihn verwundert an, dann aber rollten zwei dicke Tränen über ihre Wangen, sie warf sich die Hände vors Gesicht und brach erneut in lautes Schluchzen aus. »Ich hatte solche Angst. Das ist total kindisch und dumm, ich weiß. Aber ich leide nun mal an Klaustrophobie ...«
»Pst.« Er stand wieder auf, setzte sich neben sie, nahm sie in die Arme, drückte ihr Gesicht an seinen Hals und strich ihr sanft über das Haar. »Es ist vorbei. Vorbei. Jetzt sind Sie in Sicherheit.« Er küsste ihre Schläfe. Küsste ihre Stirn. Strich mit einer seiner Hände über ihren Rücken, und sie schmiegte sich noch enger an ihn an.
Dann machte er sich plötzlich wieder los und räusperte sich heiser. »Was Sie brauchen, ist ein Brandy«, meinte er und stand entschlossen wieder auf.
Da vor allem er selber einen brauchte, trat er vor die kleine Bar, schenkte ihnen beiden ein und sah seinen Gast verstohlen aus den Augenwinkeln an. Es war, als hätten ihre Tränen nicht nur ihre Panik, sondern auch sämtliche Energie, die sie besessen hatte, fortgespült. Vollkommen ermattet hatte sie sich umgedreht, die Füße angezogen und das Gesicht gegen die Rücklehne der Couch gedrückt.
Wie zum Teufel hatte so etwas passieren können?, ging es ihm mit einem müden Lächeln durch den Kopf. Kein Mensch würde ihm jemals glauben, dass er eine Frau aus einem Lift gerettet hatte. Eine absolut phänomenale Frau, die er mit zu sich in die Wohnung genommen hatte, wo sie ihm vollkommen hilflos ausgeliefert war. Kopfschüttelnd ging er zurück zur Couch.
Aber was hätte er stattdessen machen sollen?
Er hätte sie wohl kaum direkt nach einem Stromausfall mitten in Manhattan auf die Straße setzen können. Doch was sollte er jetzt mit ihr anfangen?
Er kam weder auf den Gedanken zu versuchen, die Freunde, die sie hier im Haus besucht hatte, ausfindig zu machen, noch hinterfragte er, weshalb er sich überhaupt für diese Frau verantwortlich fühlte. Vielleicht lag es an der Art, wie sie mit leichtem Hüftschwung auf dem Sofa lag, oder daran, wie ihr honigblondes Haar fächerförmig auf dem samtenen orangefarbenen Kissen ausgebreitet war.
»Hier, Laney, trinken Sie.« Er setzte sich wieder neben sie, legte eine Hand hinter ihren Kopf und hob den zerbrechlichen Schwenker an ihren noch zerbrechlicheren Mund. Flatternd gingen ihre Lider auf, und sie starrte ihn einen Moment aus nicht mehr gequälten, aber desorientierten blauen Augen an, bevor sie einen Schluck des exquisiten Brandys nahm.
Ihre Miene allerdings sprach nicht gerade für die Qualität des ihr angebotenen Getränks: Sie zog eine seltsame Grimasse und brach dann in lautes Husten aus.
Deke lachte leise auf Ihr gut geschnittenes, rohseidenes Kostüm zeugte von einem erlesenen Geschmack, eine Frau von Welt war sie allerdings eindeutig nicht.
»Noch ein Schlückchen?«, fragte er.
Zu seiner Überraschung griff sie nach der Hand, in der er ihren Schwenker hielt, führte sie zurück an ihren Mund, nippte mehrmals, bis nur noch ein Tropfen
Brandy übrig war, ließ den Kopf dann wieder gegen die Kissen sinken und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. Es war eine völlig unschuldige Geste, doch die Schwellung ihrer Brüste unter ihrer engen Bluse rief in Deke alles andere als unschuldige Wünsche wach.
Entschlossen stellte er ihr Glas auf dem lackierten Couchtisch ab, bevor er einen möglichst großen Schluck von seinem eigenen Brandy trank. In ihrem Zustand war es sicherlich nicht fair, sie derart anzustarren, aber schließlich war er nur ein Mensch, und so unterzog er den zurückgeworfenen Kopf, den verletzlichen gebogenen Hals, die halb geschlossenen Augen und die von dem teuren Brandy feuchten Lippen seines Gasts einer eingehenden Musterung. Ihr Gesicht war ein wenig zu kantig, um als wirklich schön zu gelten, ihre Nase war etwas zu kurz, ihr Mund hingegen ...
Am besten dächte er gar nicht darüber nach.
Ihr Hals war lang und schlank, ihre Schlüsselbeine zart, und in dem dazwischen befindlichen Dreieck schlug ein etwas schneller, aber gleichmäßiger Puls. Unter ihrer Seidenbluse war ein hauchzarter spitzenbesetzter BH mit Satinträgern zu sehen, doch er ließ erahnen, dass ihre Brüste weich sein mussten. Ihre Taille, ihre Hüfte und die Schenkel waren schlank, die Waden in der transparenten Strumpfhose waren wohlgeformt, und an den Füßen trug sie beigefarbene Wildlederpumps mit einem mit Glitzerfaden auf dem Oberleder aufgestickten Schmetterling.
Plötzlich streifte sie die Schuhe ab, sie fielen fast geräuschlos auf den dicken Teppich, und er lenkte seinen Blick von ihrem schlanken Fuß zurück auf ihr Gesicht. Ihr Blick jedoch drückte nicht die geringste Neugier in Bezug auf ihn oder seine Wohnung aus.
»Ich konnte einfach nicht mehr atmen.« Eine Reihe kerzengerader, strahlend weißer Zähne grub sich in die fein geschwungene Unterlippe, die noch immer zitterte.
Er berührte sanft ihr Haar und glitt mit seinen Fingern über ihre Wange bis zu ihrem Kinn. »Das war bestimmt ein schreckliches Gefühl, doch jetzt ist es vorbei.«
»Es war so furchtbar dunkel.« Beim letzten Wort brach ihre Stimme, und sie kniff die Augen wieder zu.
Deke zog sie abermals tröstend an seine Brust. »Sie hatten Angst. Das tut mir leid.«
Sofort schmiegte sich ihr biegsamer Leib an seinen harten Körper an, und er stöhnte innerlich. Denn plötzlich war sie nicht mehr einfach eine Frau, die Trost und Verständnis brauchte, sondern auch ein zartes weibliches Geschöpf, das sich besser anfühlte als jedes andere zarte weibliche Geschöpf, mit dem er in der letzten Zeit in Kontakt gekommen war.
Er sprach sie laut mit ihrem Namen an, und sie hob den Kopf.
Ihre Augen hatten die Farbe des Nebels, der über dem Ozean hängt, und sahen ihn flehentlich an. »Bitte halten Sie mich fest.«
»Das mache ich«, schwor er ihr voller Leidenschaft, und sie presste ihr Gesicht erneut an seinen Hals. Als ihre Lippen seine Haut berührten, spürte er diesen Kontakt bis hinab in seinen Unterleib. »Das mache ich.«
Er küsste unbewusst ihr Haar und ihre Wange, und es kam ihm vollkommen natürlich vor, einen Finger vorsichtig unter ihr Kinn zu legen, ihren Kopf ein wenig anzuheben und den eigenen Kopf zu neigen, bis sein Mund auf ihren Lippen lag. Sie schmeckten noch immer nach Brandy, und nur ein Eunuch hätte sich in diesem Augenblick möglicherweise beherrschen können - ein potenter Mann wie Deke allerdings ganz sicher nicht.
Er spürte, wie sie kurzfristig erstarrte, dann aber entspannte sie sich wieder an seiner Brust, er schob ihren Mund mit seiner Zunge auf und wagte sich hinein. Anfangs erforschte er sie zögerlich, doch als sie ihre Zunge flackern ließ, war es endgültig um ihn geschehen. Er stieß ein leises Knurren aus, eroberte die süße Höhle ihres Mundes, glitt mit seiner Zungenspitze über ihren Gaumen ...
... und mit einem sanften Schnurren ballte sie die Fäuste in dem teuren Stoff von seinem Hemd und streckte wohlig ihre Beine aus.
Himmel! War dies vielleicht alles nur ein wunderbarer Traum?
Eine seiner Hände glitt an ihr herab, um sie noch ein wenig fester in den Arm zu nehmen, aber ihre Brust war einfach zu verführerisch, und so legte er dort eine kurze Pause ein und streichelte sie sanft, ehe er die Finger, wenn auch voller Bedauern, weiterwandern ließ.
»Bitte mach das noch einmal. Es hat sich herrlich angefühlt.«
Er riss den Kopf zurück und starrte sie ungläubig an. Die weltgewandten Frauen, die er für gewöhnlich hier empfing, spielten stets dasselbe Spiel, bei dem jeder eine ganz bestimmte Rolle innehatte und bei dem sogar der Text genauestens vorgegeben war. Nie zuvor in seinem Leben hatte Deke eine derart ehrliche, direkte Forderung gehört. Allerdings verlangte Laney ganz eindeutig nicht, dass er einen bestimmten Akt einzig zu ihrem Vergnügen wiederholte, sondern gratulierte ihm mit seidig weicher Stimme zu der herrlichen Liebkosung, die er ihr geboten hatte, und bat ohne jede Scheu um eine Fortsetzung der Streicheleien.
Er sah ihr ins Gesicht, schob seine Hand zurück auf ihre Brust, umfasste sie vorsichtig und rieb sanft daran herum. Sie machte die Augen wieder zu, stieß einen langgezogenen Seufzer aus, und ein leichtes Lächeln huschte über ihren unglaublichen Mund. Also packte er verwegen ihren Nippel, und selbst durch den Stoff der Bluse und ihres BHs hindurch spürte er eine Reaktion.
»Meine Güte, Laney«, flüsterte er rau, versiegelte ihren Mund erneut mit seinen Lippen und verstärkte die Liebkosung ihrer Brust. Dann erforschte seine Hand die faszinierenden Vertiefungen und Rundungen ihres perfekt geformten Körpers, und durch das Rascheln ihrer Kleider kam ihm die Berührung irgendwie verboten und deshalb in höchstem Maß erregend vor.
Gleichzeitig war es frustrierend, dass sie auf dem Sofa lagen, wo er sich nicht frei bewegen konnte, und so stand er auf und zog sie neben sich.
Schwankend lehnte sie sich an ihn an, und dadurch kam er wieder zur Vernunft. Hätte er nicht vor Verlangen lichterloh gebrannt, hätte er wahrscheinlich über sich und die Situation gelacht.
Sie wusste nicht mehr, was sie tat. Und zwar nicht, weil sie spontan dieselbe Leidenschaft für ihn empfand wie er für sie, sondern weil sie von dem einen Brandy vollkommen betrunken war.
Das wegen des Stromausfalls erlittene Trauma konnte unmöglich der Grund für ihre Verwirrung sein.
Er stieß einen Seufzer aus und atmete tief durch. Was war er für ein Narr gewesen, schalt er sich. »Kommen Sie, Laney, ich bringe Sie ins Bett.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern, stieß sich von ihr ab, sah ihr fragend ins Gesicht, und sie nickte feierlich. Dann nahm er ihre Hand, ging los, und folgsam wie ein kleines Kind lief sie ihm hinterher.
Als er das Schlafzimmer betrat, machte er erst mal Licht. »Warten Sie hier, dann mache ich das Bett für Sie zurecht.« Er lehnte sie gegen die Wand, trat vor das breite Bett, schlug die Tagesdecke aus blauem Wildleder zurück, warf einen Armvoll Zierkissen in einen tiefen Sessel, schüttelte das Kopfkissen ein wenig aus und strich das makellose dunkelbraune Laken glatt. »So, jetzt ...«
Weiter kam er nicht.
Noch immer stand sie neben der Tür, hatte jedoch ihren Rock und ihre Bluse abgelegt und streifte gerade die transparente Strumpfhose von ihren mehr als wohlgeformten Beinen ab. Dann drehte sie sich - mit nicht mehr als einem winzigen BH und einem derart knappen Höschen, dass der Kaufpreis sicher nicht im Material begründet war - langsam wieder zu ihm um.
Sie war gertenschlank, wies aber an genau den richtigen Stellen phänomenale Rundungen auf.
Und Deke Sargent, der so schlagfertig wie kaum einer seiner Kollegen war, fiel die Kinnlade herab wie einem pickeligen Jüngling, der zum ersten Mal im Leben ein weibliches Wesen ohne Kleider sah. Er musste mühsam schlucken. Dabei hatte er in seinem Leben schon so viele nackte Frauen gesehen, dass er irgendwann aufgehört hatte zu zählen. Und die meisten dieser Frauen hatte er höchstpersönlich ausgezogen, denn er war darin derart geschickt, dass die meisten bereits hüllenlos vor ihm gestanden hatten, ehe ihnen aufgegangen war, wie ihnen geschah. Diese Frau jedoch hatte ihn derart überrascht, dass er einen Augenblick nur dastehen und sie betrachten konnte. Dabei wollte sie ihn offenkundig gar nicht ködern, sondern hatte schlicht und einfach ihre Kleider abgelegt, um ins Bett zu gehen.
Mit einem scheuen Lächeln lief sie durch den Raum, legte sich ins Bett und drückte vertrauensselig ihre Wange an das Kissen.
»Kein Mensch wird mir jemals glauben, dass ich eine solche Chance nicht genutzt habe.« Deke trat neben das Bett und sah lächelnd auf seinen unbekannten Gast. »Gute Nacht, Laney, wer du auch immer bist. Schlaf gut.« Er küsste sie zärtlich auf die Wange, richtete sich wieder auf und schaltete automatisch die Nachttischlampe aus.
»Nein!« Sie richtete sich kerzengerade auf, atmete keuchend ein und aus und ruderte panisch mit den Armen durch die Luft.
»Tut mir leid.« Er verfluchte sich für seine Dummheit, setzte sich aufs Bett, nahm sie in den Arm, spürte ihren fast nackten Körper, und sofort waren seine männlichen Instinkte abermals geweckt.
»Bleiben Sie hier. Sie haben versprochen, mich nicht allein zu lassen«, schluchzte sie, schlang ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich hilfesuchend an ihn. Sofort stieg vor seinem geistigen Auge das Bild ihrer vollen Brüste mit den rauchig dunklen Zentren auf. »Sie haben gesagt, Sie würden mich festhalten.«
»Laney«, stieß er stöhnend aus, während sein Körper mit seinem Gewissen rang. »Du weißt ja nicht ...«
»Bitte. «
Also legte er sich neben sie. Nur für einen Augenblick. Nur bis sie eingeschlafen wäre, sagte er sich streng.
Doch sie zog ihn eng an ihren Bauch, ihr sanftes Flehen übertönte den Protest seines Gewissens, und so strich er sanft mit seinen Fingerspitzen über ihre warme Haut und presste seine Lippen erneut auf ihren heißen, feuchten Mund.
Oh Gott.
Das war total verkehrt. Er hatte keine Ahnung, wer sie war. Vielleicht war sie verheiratet? Er hatte allerdings bereits nachgesehen, ob sie einen Ring am Finger trug. Es heißt nichts, dass sie keinen trägt, sagte er sich streng.
Dies könnte ihn in große Schwierigkeiten bringen. Schließlich brächte es ihm jede Menge negativer Werbung ein, tauchte irgendwann während der nächsten Stunden ein erboster Ehemann zusammen mit der Polizei und einer Horde Fotografen hier in seiner Wohnung auf.
Ungezählte Warnungen schossen ihm durch den Kopf, aber ihr süßer Mund und das Gefühl von ihrem Körper, der in seinen Armen lag, überwanden jegliche Vernunft.
Er hatte kein Problem damit, schmutzige Tricks und Kniffe anzuwenden, wenn sich nur auf diesem Weg ein Ziel erreichen ließ. Doch nie zuvor in seinem Leben hatte er jemanden derart schamlos ausgenutzt. Diese junge Frau war sturzbetrunken, und sie wusste nicht mehr, was sie tat.
Er hingegen wusste es genau. Und es fühlte sich fantastisch an.
Sie schien erheblich jünger als er selbst zu sein. Fünfzehn Jahre mindestens.
Deshalb würde er wahrscheinlich in der Hölle schmoren, als Strafe für die Dinge, die er tat. Aber das war ihm egal. Da er nämlich auch schon so lichterloh in Flammen stand.
Langsam wurde Laney wach, machte vorsichtig die Augen auf, gähnte, öffnete die Augen etwas weiter ...
... und riss sie erschrocken auf. Weil hier neben ihr im Bett ein völlig Fremder lag.
Er erwachte ebenfalls und flüsterte ihr sanft über das weiche Leinen hinweg »Guten Morgen« zu.
Sie schrie gellend auf und versuchte auf Distanz zu diesem Kerl zu gehen. Doch seine Hand lag schwer auf ihrer Brust, ihre Beine steckten zwischen seinen Beinen, und ihr Knie - oh Gott ... Sie schlug wie eine Wilde um sich, bis es ihr gelang, sich von ihm wegzurollen.
Er starrte sie an, als ob sie den Verstand verloren hätte, und trotz ihrer Hysterie fielen ihr seine leuchtend grünen Augen auf.
Eilig kroch sie an den Rand des Betts, kauerte sich dort zusammen und stieß, als sie merkte, dass sie beide völlig unbekleidet waren, ein Geräusch aus wie ein kleines Tier, das in der Falle saß. Gleichzeitig umklammerte sie eine Ecke der schokobraunen Decke und zog sie sich bis zum Kinn.
»Wer sind Sie, und wo bin ich?«, fragte sie den Fremden atemlos. »Wenn Sie mir nicht sofort eine Erklärung für das alles geben, rufe ich die Polizei.«
Ihr war klar, dass diese Drohung einfach lachhaft war. Denn sie hatte keine Ahnung, wo sie war, und käme deshalb schließlich gar nicht an ein Telefon heran.
»Beruhige dich erst einmal«, bat er in ruhigem Ton und streckte eine Hand in ihre Richtung aus. Sie zuckte zusammen, zog sich noch weiter zurück, und fluchend fragte er: »Weißt du nicht mehr, wie du hierhergekommen bist?«
»Nein«, erwiderte sie knapp. »Aber ich bin ganz eindeutig nicht freiwillig hier. Wer sind Sie überhaupt?«
Wieder fluchte er, massierte sich mit einer Hand die breite, dicht behaarte Brust und starrte sie verwundert an. »Ich hatte schon befürchtet, dass du dich nicht mehr erinnern kannst. Weil du nach dem Brandy vollkommen hinüber warst.«
»Brandy? Sie haben mir Brandy eingeflößt? Und was sonst noch? Vielleicht irgendwelche Drogen?«
Ihre Stimme wurde immer schriller, und er merkte, dass sie nur noch mühsam um Beherrschung rang. »Lass mich dir alles in Ruhe erklären.«
»Jetzt! Erklären Sie es jetzt! Und wo sind meine Kleider?«
Er warf die Bettdecke zurück, stand auf, und beim Anblick seiner Männlichkeit erbleichte sie.
Eilig machte er zwei Schritte Richtung Schrank, bevor ihr ein erneuter Schrei entfuhr. Sie warf sich die Hand vor den Mund, starrte auf die rötlich braunen Flecken auf dem Laken, wandte sich ihm wieder zu, und zum ersten Mal sah er verlegen aus.
»Ich wusste nicht, dass du noch Jungfrau warst.« Ohne sich darum zu kümmern, dass er völlig unbekleidet war, breitete er flehentlich beide Arme aus. »Woher hätte ich das wissen sollen, bevor es zu spät war, Laney?«
Zitternd löste sie die Hand von ihrem Mund, und er sah, dass selbst aus ihren Lippen alles Blut gewichen war. »Wo-woher kennen Sie meinen Namen?«
Er schüttelte verständnislos und vielleicht etwas un-
glücklich den Kopf, zog einen weißen Frotteebademantel aus dem Schrank, kam zurück zum Bett und hielt ihr den Morgenmantel hin. Als sie ihn nicht nahm, legte er ihn neben sie und wandte ihr den Rücken zu. »Du hast ihn mir im Lift gesagt. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, dass du mit mir zusammen Lift gefahren bist?«
Sie hüllte sich so fest es ging in den Morgenmantel ein, und er wühlte in einer Schublade, bis er eine Pyjamahose fand. Im Grunde aber schien er nicht der Typ für einen Schlafanzug zu sein.
Schließlich drehte er sich wieder zu ihr um und sah sie fragend an. »Kannst du dich denn wenigstens daran erinnern, dass du in den Fahrstuhl eingestiegen bist?«
Sie hob eine Hand an ihre Schläfe und massierte sie. Konnte sie sich überhaupt an irgendwas erinnern? Ja, an ein paar Dinge schon. Daran, dass sie gestern Abend bei Sally und Jeff gewesen war. Daran, dass sie viel gelacht hatten. Daran, dass der Ausblick aus der Wohnung ihrer Freunde atemberaubend gewesen war. Daran, dass sie eine wunderbare Mahlzeit vorgesetzt bekommen hatte, deren krönender Abschluss ein phänomenaler Cocktail namens Velvet Hammer gewesen war. Oder vielleicht zwei? Und dann ...? Oh ja, genau. Sie hatte sich von ihnen an der Wohnungstür verabschiedet, beide noch umarmt und dann ... nichts mehr.
»Du hast gesagt, du hättest irgendwelche Leute hier im Haus besucht«, rief der Mann ihr leise in Erinnerung. »Ich bin zu dir in den Lift gestiegen, und dann gab es einen Stromausfall. Wir saßen ein paar Minuten fest. Nur ein paar Minuten, länger nicht. Doch du warst völlig fertig, und ich konnte dich in deinem Zustand nicht so einfach auf die Straße lassen, deshalb habe ich dich mit zu mir genommen und dir erst mal einen Brandy eingeflößt. Du hast fürchterlich geweint, und ich habe dich im Arm gehalten, bis ...«
»Aber das erklärt noch nicht, warum ich in Ihrem Bett wach geworden bin oder warum Sie mich vergewaltigt haben!«
»Vergewaltigt?«, wiederholte er erzürnt.
»Was wohl sonst? Freiwillig wäre ich ganz sicher nicht mit Ihnen ins Bett gegangen.«
Ihm war deutlich anzusehen, dass er um Beherrschung rang. Seine Miene verriet Zorn und Frustration, als er sich mit einer Hand durch die wunderschönen, grauen Haare, die erstaunlich gut zu seinem dunkelbraunen Teint und seinen leuchtend grünen Augen passten, fuhr.
»Dass du unter Klaustrophobie leidest, ist dir bekannt?«
Sie nickte angespannt.
»Ich dachte mir bereits, dass du dich vielleicht nicht mehr an alles erinnern kannst, weil du gestern Abend völlig fertig warst.« Seine Miene wurde sanft, was aus ihrer Sicht jedoch nicht weniger gefährlich war.
»Und was die andere Sache angeht«, fügte er mit einem vielsagenden Blick auf die verräterischen Flecken auf dem Bettlaken hinzu, »kann ich dir versichern, dass ich nichts getan habe, was du nicht wolltest.«
Laney stieß ein leises Wimmern aus.
»Ich würde gern mit dir darüber reden. In aller Ruhe, bei einer Tasse Kaffee.« Er öffnete die Tür zu einem an das Schlafzimmer angrenzenden Raum. »Hier ist das Bad. Vielleicht möchtest du ja erst mal duschen. Ich gebe dir gerne deine Kleider mit, aber du kannst auch im Bademantel bleiben, wenn du dich noch nicht anziehen willst. Ich koche uns erst mal Kaffee, und dann setzen wir zusammen die fehlenden Puzzlestücke ein, bis alles einen Sinn für dich ergibt. Okay?«
Es war ganz sicher nicht okay. Trotzdem nickte sie, und er hob ihre zerknitterten Kleider, ihre Schuhe und die Handtasche vom Boden auf, legte sie ihr hin und verließ den Raum.
Sofort sprang Laney auf, rannte ins Bad und drehte die Dusche auf. Doch er sollte nur denken, dass sie eine Dusche nahm, während sie sich schnell am Becken wusch.
Grundgütiger! Was hatte sie getan? Eine Woche in New York, und sie hatte sich mit einem tödlichen Gebräu namens Velvet Hammer hoffnungslos betrunken, bevor sie im Bett - im Bett! - eines wildfremden Kerls gelandet war. Oh Gott, oh Gott, oh Gott.
Um Zeit zu sparen, stopfte sie abgesehen von ihrem Slip sämtliche Dessous in ihre Handtasche und zog sich mit zitternden Händen an.
Wer war der Mann? Aber im Grunde wollte sie es gar nicht wissen. Und er würde es bestimmt auch nie erfahren.
Sie öffnete vorsichtig die Tür und spähte in den Flur. Im Radio wurde gerade das Wetter für den Tag vorhergesagt. Ein idealer Tag, um wieder aus der Großstadt zu verschwinden, dachte sie und schlich zur Wohnungstür.
Der Fremde hatte ihr den Rücken zugewandt und kochte den versprochenen Kaffee. Dabei wirkte er nicht im Geringsten angespannt, sondern hatte den gut gelaunten Schwung von einem Mann, für den es offenbar normal war, dass eine ihm völlig unbekannte Frau erst in seinem Bett und danach in seinem Badezimmer war.
Leben Sie wohl, Herr Wer-auch-immer, hauchte sie ihm tonlos zu, öffnete die Wohnungstür, glitt lautlos in den Flur, rannte leise Richtung Fahrstuhl und drückte den grünen Knopf.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Fahrstuhl in der zweiundzwanzigsten Etage war, und dann sogar noch länger, bis sie endlich in der Eingangshalle stand. Hatte er inzwischen wohl bemerkt, dass sie verschwunden war? Hatte er vielleicht bereits den Pförtner angerufen und ihn gebeten, sie so lange aufzuhalten, bis er selber unten war?
Eilig lief sie an dem Türsteher vorbei, der ihr fröhlich einen guten Morgen wünschte, und erst zwei Blocks weiter blieb sie stehen und hielt ein Taxi an. Wenn sie sich beeilte, schaffte sie es vielleicht, ins Hotel zurückzufahren, ihre Sachen einzupacken und noch rechtzeitig für ihren Flug am Flughafen zu sein.
Sie lehnte ihren Kopf gegen den steifen Plastik-Sitzbezug. Sie war vollkommen erschöpft und ihr Körper an Stellen wund, deren Existenz ihr bisher kaum bewusst gewesen waren.
Wie hatte so etwas passieren können, ohne dass sie etwas davon mitbekommen hatte? Laney kniff die Augen zu, kämpfte allerdings vergeblich gegen ihre Neugier an. Er musste sanft gewesen sein, da sie sich nicht an Schmerzen erinnern konnte. Aber wie in aller Welt hatte dieser Fremde sie, Laney McLeod, dazu gebracht, mit ihm ins Bett zu gehen?
»Oh Gott!« Sie warf sich die Hände vors Gesicht. Was bedauerte sie mehr? Dass sie sich an nichts erinnern konnte oder dass ihr Treiben vielleicht schlimme Konsequenzen haben würde?
Was zum Teufel war das für ein Mann? War er vielleicht verheiratet? Hatte er möglicherweise eine ansteckende Krankheit, oder war er unter Umständen pervers?
Sie stieß ein unglückliches Lachen aus. Aus der Sicht der meisten Frauen hatte sie wahrscheinlich Riesenglück, denn zumindest bliebe ihr die größte Angst erspart. Bisher war sie genau aus diesem Grund nie eine Beziehung eingegangen, jetzt war sie hingegen fast froh, dass der Zwischenfall von letzter Nacht eine ganz bestimmte Konsequenz nicht haben könnte. Schließlich war sie unfruchtbar.
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Übersetzung: Ute Hege
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Sandra Brown
Sandra Brown arbeitete mit großem Erfolg als Schauspielerin und TV-Journalistin, bevor sie mit ihrem ersten Romanauf Anhieb einen großen Erfolg landete. Sandra Brown lebt mit ihrer Familie abwechselnd in Texas und South Carolina.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sandra Brown
- 255 Seiten, Maße: 14,3 x 22 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863650654
- ISBN-13: 9783863650650
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