Figur ohne Raum? / Image & Context Bd.7 (PDF)
Nikolaus Dietrich legt ein neues Modell zum Verständnis der Räumlichkeit griechischer Bilder vor, das er anhand der Analyse von Landschaftselementen in der attischen Vasenmalerei des 6. und 5. Jh. v.Chr. entwickelt. In nahsichtigen...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenloser tolino webreader
Nikolaus Dietrich legt ein neues Modell zum Verständnis der Räumlichkeit griechischer Bilder vor, das er anhand der Analyse von Landschaftselementen in der attischen Vasenmalerei des 6. und 5. Jh. v.Chr. entwickelt. In nahsichtigen Untersuchungen werden Motive wie Bäume, Felsen und Geländelinien in ihrer konkreten medialen Bedeutung erschlossen. Dabei erweist sich unser neuzeitliches Verständnis von Landschaftsraum als gänzlich ungeeignet für das Verständnis: Die Landschaftselemente bilden keine Räume ab, sondern sind integrierender Bestandteil der Figurendarstellung auf der Vase. Der Raum der griechischen Bilder stellt insofern keine Vorstufe, sondern eine grundsätzliche Alternative zu dem Bildraum dar, der uns seit der Renaissance geläufig ist. Damit wird die kulturelle Bedingtheit unseres Sehens deutlich.
Felsige Felsen
Im Folgenden soll es um rotfigurige Felsdarstellungen des frühen 5. Jh. gehen, an denen gegenüber früheren rotfigurigen und (z.T. auch gleichzeitigen) schwarzfigurigen Felsen das Bestreben der Maler auffällt, das spezifisch ‚Felsige‘ an ihnen hervortreten zu lassen. Dieses Bestreben richtet sich auf die Unregelmäßigkeit der Form der Felsen mit ihren schroffen Kanten und Zacken, auf den aleatorischen Charakter ihrer Form, die durch den Nutzer des Felsens nicht frei wählbar ist, auf deren raue Oberfläche und auf deren Eigenschaft, schwer und unhandlich zu sein. Versuche der Maler, Felsen wahrhaft felsig erscheinen zu lassen, sind in diesem Zeitraum nicht neu: Beispiele für eine Gestaltung von Felsen, die mittels Binnenritzungen und mittels des Auftrags von Deckfarbe deren materielle Eigenschaften zum Vorschein bringen sollen, sind bereits in schwarzfiguren Bildern der zweiten Hälfte des 6. Jh. nachzuweisen.
Gegenüber diesen früheren Beispielen für ‚felsige‘ Felsen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, stellen die im Folgenden vorgestellten rotfigurigen Felsen des früheren 5. Jh. einerseits eine quantitative Steigerung ihrer Zahl dar. Wie es im folgenden gezeigt werden soll, bekommt die Ästhetisierung der rotfigurigen Felsen in diesem Zeitraum jedoch auch eine neue Qualität, insofern sie eine Eigendynamik entwickelt, durch die die im vorhergehenden Kapitel geschilderten Grundzüge der ikonographischen Verwendung von Felsen aus den Fugen gerät. Zur besseren Verdeutlichung dieses Phänomens sei es erlaubt, die schwarzfigurigen Techniken zur felsigen Charakterisierung von Felsen zeitweilig auszublenden.
Zwischen den Felsen, von denen Skiron von Theseus einmal auf dem Skyphos des Theseus-Malers um 500–490
Ausgehend von diesen frühen rotfigurigen Skironfelsen, die keineswegs felsiger wirken als die etwa gleichzeitigen Felsen des Theseus-Malers, setzen sich die späteren Skironfelsen des Onesimos, des Kleophrades-Malers oder des Douris durch die Entwicklung einer spezifischen Ästhetik des Felsens ab, wenn auch nicht immer gleich deutlich und auf dieselbe Weise. Auf dem Theseuszyklus des Kleophrades-Malers um 490–480 in Bologna fehlen dem Skironfelsen zwar Binnenzeichnungen, die ihm Volumen verleihen würden (Abb. 10). Dafür erlangt er durch das spektakuläre Motiv des sich von hinten an den Felsen klammernden Skiron, durch das der Felsen dessen Oberkörper verdeckt und somit selbst umso mehr hervortritt, ein starkes Eigengewicht. Die Zyklusschale des Onesimos um 490–480 im Louvre zeigt zu der markanten hochaufragenden Form des Skironfelsens auch Binnenzeichnungen, die Volumen und eine unregelmäßige Form andeuten (Abb. 48).
Nikolaus Dietrich, Humboldt-Universität zu Berlin.
- Autor: Nikolaus Dietrich
- 2010, 1. Auflage, 727 Seiten, Deutsch
- Verlag: De Gruyter
- ISBN-10: 3110220733
- ISBN-13: 9783110220735
- Erscheinungsdatum: 31.08.2010
Abhängig von Bildschirmgröße und eingestellter Schriftgröße kann die Seitenzahl auf Ihrem Lesegerät variieren.
- Dateiformat: PDF
- Mit Kopierschutz
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Figur ohne Raum? / Image & Context Bd.7".
Kommentar verfassen