Praktische Theologie, Heft 2/2011 (PDF)
Theologie und Politik
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Lese-Probe zu „Praktische Theologie, Heft 2/2011 (PDF)“
Von Baustelle zu Baustelle. Peter Stamm beschreibt die Beziehungsarchitektur der Gegenwart (S. 120-121)Maike Schult
Peter Stamm: Sieben Jahre. Roman, S. Fischer Verlag / Frankfurt am Main 2009, 298 Seiten.
Das ist keine schöne Geschichte (60), die Peter Stamm hier erzählt. Sie beginnt im Sommer 1989, als der Architekturstudent Alexander kurz vor dem Examen die Polin Iwona trifft. Obwohl er Iwona hässlich, plump und peinlich findet, erwächst eine Affäre, die er weder will noch lassen kann und die er auch dann nicht beendet, als er eine feste Beziehung mit seiner Kommilitonin Sonja eingeht und diese schließlich heiratet.
Sonja ist auf den ersten Blick das absolute Gegenteil von Iwona (33): Sie ist schön, gescheit und eloquent, talentiert, charmant und strahlend. Eine gute Tochter aus reichem Hause, die makellose Mitte des Raumes (7), sozial engagiert und hilfsbereit. Sonja glaubt an den Menschen und den Fortschritt (83), will mit ihrer Architektur die Welt verändern (111) und auch Alex’ Leben Kraft und Richtung geben. Die beiden gründen ein Architekturbüro, kommen zu Geld, kaufen ein Haus am Starnberger See und ziehen ein Kind auf. In ihrem Freundeskreis aus Architekten, Ärzten und Künstlerinnen gelten sie als gutes Team (215), und auch sie selber sehen sich als ein schönes Paar in einer schönen Wohnung (131).
Doch es ist eher Arbeit und Freundschaft, was sie verbindet, und irgendwie genügt das nicht (73). Sonja bleibt in ihrer Perfektion unnahbar (32), fast wie eine Skulptur (84), immer ein wenig abwesend, wie ausgestellt (7), kühl, kontrolliert und leidenschaftslos. Ihre Anwesenheit gibt Alex das Gefühl, besser sein zu müssen, als er ist (33), und weil ihm eben dieses nicht gelingt, zieht es ihn immer wieder fort vom Licht in die dumpfe Parallelwelt (170) mit Iwona.
Iwona ist ein eigenartiges Geschöpf. Ein
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Schattengewächs, einfältig, still und genügsam, aber auch verstockt und widerständig. Der feuchte Grund einer dunklen Obsession, für die es keine Argumente gibt. Ein Nichts, für das Alex alles riskiert (144), obwohl er sich selbst nicht erklären kann, was ihn im Banne einer Frau hält, deren Gegenwart er nur erträgt, solange er erregt ist (118). In ihrem vollgeplüschten Zimmer kann er sich gehenlassen, sich machtvoll und schamlos fühlen und ein lächerliches Bild (39) abgeben, das niemand zu Gesicht bekommt, weil er sich vor seinen Freunden für sie schämt (50).
Iwona lebt illegal in Deutschland. Sie arbeitet als Putzfrau, aber auch aushilfsweise in einer katholischen Buchhandlung, wo sie mit der Selbstzufriedenheit der Heiligen (41) christlichen Kitsch sortiert (114) und Alex’ klar konstruierte Lebenspläne durcheinanderbringt. Der junge Baumeister scheint der einzige Inhalt ihres Lebens zu sein. Sie hat ihn sich auserwählt (41), um ihn zu lieben und als ihren Wohltäter zu betrachten (153), und darum gebetet, dass Gott sie zusammenführe. Tatsächlich ist es nicht sexuelle Gier allein, die ihn zu ihr treibt, sondern auch ein warmes, dunkles Gefühl, eine Art überwältigender Geborgenheit (39), die er bei ihr findet in einer Welt voller Fremdheit und Gefahr (44). In den sieben Textsequenzen der Rahmenhandlung berichtet der Ich-Erzähler Alexander einer Bekannten diese fast zwanzig Jahre währende menage a trois.
In einer Mischung aus Innerem Monolog und Beichte erforscht er seine Beweggründe, seziert seine Gefühle und protokolliert in chronologisch geordneten Rückblenden die Stationen, die ihn von einer Baustelle seines Lebens zur nächsten führen (29). Absolution erhält er nicht. Er selber weiß, was er zu hören bekommt: dass er sich wie ein Schwein verhalten (62), Sonja betrogen und Iwona schlecht behandelt hat, der er zudem das Kind wegnimmt, das er mit ihr gezeugt hat, aber nicht gemeinsam aufziehen will. Er überredet Sonja, deren Kinderwunsch ins Leere lief, zur Adoption, und diese bereitet sich mit der ihr eigenen Effizienz (189) darauf vor: Sophie war das herausforderndste Projekt, das wir je miteinander gehabt hatten (213).
Die Sieben Jahre des Titels verweisen dabei auf das biblische Dreieck aus Jakob, Lea und Rahel (Gen 29), doch werden die Rollen nicht allegorisch festgelegt: Iwona wartet sieben Jahre auf Alex wie Jakob auf Rahel (174), doch hat sie wie Lea die älteren Rechte (127), und weil sie wie diese weniger geliebt wird, öffnet Gott ihren Mutterschoß (174) und lässt sie das Kind zur Welt bringen, das Sonja-Rahel nicht bekommen kann. Diese wiederum wird hartnäckig geliebt von Jakob, einem Veterinärmediziner, der Sonja seine Liebe so vergeblich nachträgt wie Iwona Alexander die ihre. So steht der Titel auch für den Rhythmus aus reichen und mageren Zeiten (Gen 41), dem das Leben unterliegt und dem alle ausgesetzt sind, auch Sonja und Alex, die am Ende zahlungsunfähig werden und erkennen müssen: Die fetten Jahre sind vorbei (283).
In seinem Roman nutzt der Schweizer Schriftsteller Peter Stamm Religion und Architektur, um die Brüchigkeit heutiger Beziehungen transparent zu machen. Er zeichnet Typisches, ohne ins Klischee zu fallen, und zeigt, wie schwer es ist, den eigenen Lebens-Räumen Licht und Weite zu geben. Von innen, nicht von der Fassade auszugehen, nicht zu konstruieren, sondern nach Gefühl zu leben (42), Abgründe auszuhalten (59) und sich der Frage zu stellen: Und was ist mit dem Keller (228)?"
Iwona lebt illegal in Deutschland. Sie arbeitet als Putzfrau, aber auch aushilfsweise in einer katholischen Buchhandlung, wo sie mit der Selbstzufriedenheit der Heiligen (41) christlichen Kitsch sortiert (114) und Alex’ klar konstruierte Lebenspläne durcheinanderbringt. Der junge Baumeister scheint der einzige Inhalt ihres Lebens zu sein. Sie hat ihn sich auserwählt (41), um ihn zu lieben und als ihren Wohltäter zu betrachten (153), und darum gebetet, dass Gott sie zusammenführe. Tatsächlich ist es nicht sexuelle Gier allein, die ihn zu ihr treibt, sondern auch ein warmes, dunkles Gefühl, eine Art überwältigender Geborgenheit (39), die er bei ihr findet in einer Welt voller Fremdheit und Gefahr (44). In den sieben Textsequenzen der Rahmenhandlung berichtet der Ich-Erzähler Alexander einer Bekannten diese fast zwanzig Jahre währende menage a trois.
In einer Mischung aus Innerem Monolog und Beichte erforscht er seine Beweggründe, seziert seine Gefühle und protokolliert in chronologisch geordneten Rückblenden die Stationen, die ihn von einer Baustelle seines Lebens zur nächsten führen (29). Absolution erhält er nicht. Er selber weiß, was er zu hören bekommt: dass er sich wie ein Schwein verhalten (62), Sonja betrogen und Iwona schlecht behandelt hat, der er zudem das Kind wegnimmt, das er mit ihr gezeugt hat, aber nicht gemeinsam aufziehen will. Er überredet Sonja, deren Kinderwunsch ins Leere lief, zur Adoption, und diese bereitet sich mit der ihr eigenen Effizienz (189) darauf vor: Sophie war das herausforderndste Projekt, das wir je miteinander gehabt hatten (213).
Die Sieben Jahre des Titels verweisen dabei auf das biblische Dreieck aus Jakob, Lea und Rahel (Gen 29), doch werden die Rollen nicht allegorisch festgelegt: Iwona wartet sieben Jahre auf Alex wie Jakob auf Rahel (174), doch hat sie wie Lea die älteren Rechte (127), und weil sie wie diese weniger geliebt wird, öffnet Gott ihren Mutterschoß (174) und lässt sie das Kind zur Welt bringen, das Sonja-Rahel nicht bekommen kann. Diese wiederum wird hartnäckig geliebt von Jakob, einem Veterinärmediziner, der Sonja seine Liebe so vergeblich nachträgt wie Iwona Alexander die ihre. So steht der Titel auch für den Rhythmus aus reichen und mageren Zeiten (Gen 41), dem das Leben unterliegt und dem alle ausgesetzt sind, auch Sonja und Alex, die am Ende zahlungsunfähig werden und erkennen müssen: Die fetten Jahre sind vorbei (283).
In seinem Roman nutzt der Schweizer Schriftsteller Peter Stamm Religion und Architektur, um die Brüchigkeit heutiger Beziehungen transparent zu machen. Er zeichnet Typisches, ohne ins Klischee zu fallen, und zeigt, wie schwer es ist, den eigenen Lebens-Räumen Licht und Weite zu geben. Von innen, nicht von der Fassade auszugehen, nicht zu konstruieren, sondern nach Gefühl zu leben (42), Abgründe auszuhalten (59) und sich der Frage zu stellen: Und was ist mit dem Keller (228)?"
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Bibliographische Angaben
- 2011, Deutsch
- Herausgegeben: Kristian Fechtner
- Verlag: GVH Zeitschriften
- ISBN-13: 938532020112
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