Zeitschrift für Evangelische Ethik, Heft 1/2010 (PDF)
Naturrecht und Dekalog - Ökonomisierung - 20 Jahre Wende in Mittel- und Osteuropa - Operation Atlanta
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Erinnern und versöhnen 20 Jahre nach der Wende (S. 34-35) Erfahrungen und Ansätze aus dem mittel-ost-europäischen Kontext
Von Sándor Fazakas
1. Einleitung
»Es ist Kampf genug, der eigenen Vergangenheit offen sich zu stellen«, sagt der ungarische Dichter Attila József im Jahr 1936 mit einer unaussprechlichen Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung unter den Donauvölkern. Und er fährt fort: »Den Kampf, den unsre Ahnen blutig schlugen, Erinnerung löst ihn, Friede kommt in Sicht [ ]« (übersetzt v. Wilhelm Droste). Natürlich lässt sich die Frage stellen: Was sind die Voraussetzungen dafür, dass die Erinnerung nicht zum erneuten Streit oder zur Kontoverse um miteinander konkurrierende Interpretationsmuster und Geschichtsdeutungen in der Gegenwart führt, sondern wirklich mehr Frieden und Versöhnung stiftet? Selbst unsere Erfahrungen aus dem 20. Jahrhundert und inzwischen auch der letzten zwanzig Jahre bestätigen die Gedanken des deutschen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Günther Grass: Die Erinnerung kann uns auch täuschen, sie neigt dazu, die Dinge zu beschönigen oder zu dramatisieren oder verwickelte Fakten neu zu ordnen. Die Erinnerung »gleicht [ ] einer Zwiebel, die gehäutet sein möchte, damit freigelegt werden kann, was Buchstab nach Buchstab ablesbar scheint: selten eindeutig, oft in Spiegelschrift oder sonst wie verrätselt«. Im historischen Kontext ist die Erinnerung die Pflicht der Lebenden in Hinblick auf die Zukunft. Erinnerung stellt die heutige Generation vor den bleibenden Schatten der Vergangenheit. Die Belastung und die Verluste des Terrors, der Kriege und der unmenschlichen Herrschaftsstrukturen können nicht einfach aufgehoben oder in ein harmloses Ressentiment umgedeutet werden. Gegenüber biologischem Heilungsgeschehen bewahrt die Erinnerung, was nicht aufhört zu schmerzen. Vergangene Schuld und Untat können nicht aus dem Gedächtnis der Opfer weggewischt werden: Es haben so Theodor W.
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Adorno nur die »Opfer ein Recht zum Vergessen «.
Wie eine Erklärung der Regionalgruppe Süd-Ost-Europa der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) feststellt, hat sich die Vergangenheit im kollektiven Gedächtnis europäischer Völker tief eingegraben und kehrt wieder als drängende Frage nach Gerechtigkeit, als Sehnsucht nach einer besseren Welt und als Schmerz über bleibende Verluste. Doch eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur im Hinblick auf diese Vergangenheit gibt es nicht. Entweder ist mit konkurrierenden Erinnerungsmustern, eventuell mit gestörter Erinnerungsarbeit zu rechnen, oder man stößt auf eine massive Interesselosigkeit in Hinblick auf die Aufarbeitung der Vergangenheit besonders in Mittel- und Osteuropa. Selbst die Kirchen des ehemaligen Ostblocks haben unterschiedliche Theorien oder Praktiken entwickelt, um den schwierigen Weg zwischen Anpassung und Verweigerung in der Vergangenheit zu beschreiben. In der Regel wurde versucht, die Anpassung theologisch zu legitimieren und schuldhaftes Versagen der kirchlichen Leitungsgremien zu verschleiern. Dabei blieb der rechtfertigungstheologische Zusammenhang von Schuldwahrnehmung und Vergebung außer Acht. Immerhin wird die Frage gestellt: Wie wird die Rolle der Kirche in der jüngeren Geschichte aufgearbeitet? Die Komplexität und Sensibilität dieser »Vergangenheitsbewältigung« benennt der Theologieprofessor István Török aus Debrecen schon unmittelbar nach der Wende (1989):
»Als hätte sich ein Nebel der Interesselosigkeit über die hinter uns liegenden Jahrzehnte gelegt, obwohl wir alle persönliche Vertreter dieser Theologie von gestern gewesen sind, aktive Vertreter auf bestimmten Stufen der positiven oder der negativen Beziehung zu ihr. [ ] Für eine sachgemäße Beurteilung ist aber eine sorgfältige Analyse des damaligen theologischen Denkens unerlässlich. Es müssen seine Fehler und die guten Absichten untersucht werden. Sonst kann es uns passieren, dass zwischen der gestrigen und der heutigen Theologie nur verbale Unterschiede existieren. Es wird also bloß unter einer anderen Farbe vielleicht auch unter einem anderen Sattel dasselbe weitergehen, was auch vorher lief«.
2. Erinnerungsarbeit zwanzig Jahre danach
Seit der politischen Wende (1989) kam das Thema Aufarbeitung der Vergangenheit wieder verstärkt auf die Tagesordnung, sowohl in der Gesellschaft als auch in den Kirchen Ost- und Mitteleuropas. Der lange Zeit gespaltene Kontinent durfte sich wieder auf seine Einheit besinnen. Dabei wurde immer deutlicher, dass die Einigung Europas nicht allein durch politisches und wirtschaftliches Handeln gelingen kann. Jenseits des ökonomischen Denkens lebte eine andere Dimension von Europa: die Besinnung auf die gemeinsame Vergangenheit und die Sehnsucht nach einer geistigen und kulturellen Einheit. Auf dem Weg der Verwirklichung dieser Einheit wurde schon ziemlich früh die Frage gestellt, worin die Aufgabe und Funktion der Kirchen besteht: in sozial-prophetischer Mahnung, in konkreter gesellschaftlicher und kultureller Diakonie oder ?
Wie eine Erklärung der Regionalgruppe Süd-Ost-Europa der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) feststellt, hat sich die Vergangenheit im kollektiven Gedächtnis europäischer Völker tief eingegraben und kehrt wieder als drängende Frage nach Gerechtigkeit, als Sehnsucht nach einer besseren Welt und als Schmerz über bleibende Verluste. Doch eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur im Hinblick auf diese Vergangenheit gibt es nicht. Entweder ist mit konkurrierenden Erinnerungsmustern, eventuell mit gestörter Erinnerungsarbeit zu rechnen, oder man stößt auf eine massive Interesselosigkeit in Hinblick auf die Aufarbeitung der Vergangenheit besonders in Mittel- und Osteuropa. Selbst die Kirchen des ehemaligen Ostblocks haben unterschiedliche Theorien oder Praktiken entwickelt, um den schwierigen Weg zwischen Anpassung und Verweigerung in der Vergangenheit zu beschreiben. In der Regel wurde versucht, die Anpassung theologisch zu legitimieren und schuldhaftes Versagen der kirchlichen Leitungsgremien zu verschleiern. Dabei blieb der rechtfertigungstheologische Zusammenhang von Schuldwahrnehmung und Vergebung außer Acht. Immerhin wird die Frage gestellt: Wie wird die Rolle der Kirche in der jüngeren Geschichte aufgearbeitet? Die Komplexität und Sensibilität dieser »Vergangenheitsbewältigung« benennt der Theologieprofessor István Török aus Debrecen schon unmittelbar nach der Wende (1989):
»Als hätte sich ein Nebel der Interesselosigkeit über die hinter uns liegenden Jahrzehnte gelegt, obwohl wir alle persönliche Vertreter dieser Theologie von gestern gewesen sind, aktive Vertreter auf bestimmten Stufen der positiven oder der negativen Beziehung zu ihr. [ ] Für eine sachgemäße Beurteilung ist aber eine sorgfältige Analyse des damaligen theologischen Denkens unerlässlich. Es müssen seine Fehler und die guten Absichten untersucht werden. Sonst kann es uns passieren, dass zwischen der gestrigen und der heutigen Theologie nur verbale Unterschiede existieren. Es wird also bloß unter einer anderen Farbe vielleicht auch unter einem anderen Sattel dasselbe weitergehen, was auch vorher lief«.
2. Erinnerungsarbeit zwanzig Jahre danach
Seit der politischen Wende (1989) kam das Thema Aufarbeitung der Vergangenheit wieder verstärkt auf die Tagesordnung, sowohl in der Gesellschaft als auch in den Kirchen Ost- und Mitteleuropas. Der lange Zeit gespaltene Kontinent durfte sich wieder auf seine Einheit besinnen. Dabei wurde immer deutlicher, dass die Einigung Europas nicht allein durch politisches und wirtschaftliches Handeln gelingen kann. Jenseits des ökonomischen Denkens lebte eine andere Dimension von Europa: die Besinnung auf die gemeinsame Vergangenheit und die Sehnsucht nach einer geistigen und kulturellen Einheit. Auf dem Weg der Verwirklichung dieser Einheit wurde schon ziemlich früh die Frage gestellt, worin die Aufgabe und Funktion der Kirchen besteht: in sozial-prophetischer Mahnung, in konkreter gesellschaftlicher und kultureller Diakonie oder ?
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Bibliographische Angaben
- Autoren: Reiner Anselm , Ulrich Körtner
- 2010, Deutsch
- Verlag: GVH Zeitschriften
- ISBN-13: 044267420101
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