Saturns Pattern (Deluxe Box) (Vinyl)
Es gibt, wenn man ehrlich ist, einige wenige große britische Künstler, die ihren Status einer lebenden Legende ausfüllen, ohne dafür heute noch allzu viel zu tun. Sie lieferten ihre großartige Arbeit oft bereits vor Jahrzehnten ab und entlehnen das aufgestaute Interesse an ihrer Person von Jahr zu Jahr mehr der alten Hingabe an ihr Werk. Nun, gut für sie. Paul Weller hingegen ist von einem anderen Schlag. Er hat nie aufgehört, herausragende Alben zu veröffentlichen oder neue künstlerische Felder zu betreten. Was würde ich wohl machen, wenn ich jetzt einfach aufhörte? , fragt er rein rhetorisch mit einem Grinsen, als ob es so ziemlich das Dümmste wäre, was er je gehört hat. Und warum sollte ich aufhören, wo Musik doch die eine Sache ist, die ich immer machenwollte?
Nein, Paul Weller ruht sich nicht aus auf seinen enormen Lorbeeren. Er ist nicht deshalb auf der Welt, um den endlosen Beifall einzuheimsen, den er für seine vier Jahrzehnte konstanter, herausfordernder musikalischer Entwicklungsarbeit bekommt. Seine Lebensmission, immer neue Musik zu kreieren, wurde nie belastet durch den gewaltigen Zuspruch der Kritiker. Ob für seine sechs Alben mit The Jam, die eine ganze Ära definierten die Zeit der großen britischen Musik gleich nach der Etablierung des Punk und deren Ende mit der Band-Auflösung im Jahr 1982 zusammenfiel. Oder fürdie fünf Alben, die er im Anschluss aufnahm mit dieser The Jam fast diametral gegenüber stehenden Soul-Jazz-Funk-alles-nur-kein-Rock-Band The Style Council, für die er bis heute von der Kritik über alle Maßen geschätzt wird. Und auch nicht für die elf Solo-Alben, die der vielfach ausgezeichnete Solokünstler Paul Weller seit 1990 veröffentlichte. Weller könnte problemlos jedes Jahr innerhalb der kommenden zwei Jahrzehnte das finale Golden Goal der Nostalgie schießen, indem er einfach eines dieser Alben performt. Im vergangenen Jahr, 2014, kehrte er wieder zurück in sein gewohntes
Aufnahme-Umfeld, das Black Barn Studio im ländlichen Surrey, um die Arbeit an Saturns Pattern zu beginnen, dem Nachfolger zu dieser 2012er Tour-de-Force Sonik Kicks mit seinem collagierten Pop-Punk-Kraut und den abstrakten Eskapaden. An derSeite seines gewohnten Mischpult-Kollaborateurs Jan 'Stan' Kybert, der in diesem Fall auch erstmals den Platz des Produzenten einnahm, sowie mit seinem vertrauenswürdigen Engineer Charles Rees an seiner Seite, wollte er diesmal ein sehr anderes Album machen. Es sollte etwas werden, das Swing und viel Raum in sich trägt. Und so begann die Arbeit an Saturns Pattern . Es ist nicht wirklich eine Tanzplatte, aber ich war schon auf der Suche nach etwas miteinem starken rhythmischen Drive. Das Soul-Element darin geht zurück auf eine bewusste Entscheidung. Es gibt viel Bewegung in dieser Platte, da existiert ein starkes physisches Element , sagt er. Aber es verfügt eben auch über Songs, die diesen Ansatz befeuern. Es ist nicht so, dass ich das jemals geplant hätte, aber irgendwie reagiere ich stets mit einem neuen Album ein wenig auf das, was ich davor zuletzt gemacht habe. Ich möchte mich einfach nicht wiederholen. Dazu gibt es keinen Anlass. Wie üblich bei Musik von Paul Weller, so fällt es auch hier schwer, den Stil des Albums zu definieren. Natürlich gibt es dieses stets durchscheinende Soul-Gefühl, gerade bei Songs wie dem geschäftigen, Piano-getriebenen Going My Way oder der wunderbar Südstaaten-trockenen Orgel-Präzision von Pick It Up . Andererseits würde kein normales Soul-Album eine solch turmhohe Blues-Explosion wie White Sky enthalten oder
solche Slide-Guitar-Verrücktheiten wie In The Car... , den Weller selber als seinen M25 Blues beschreibt. Obendrein gibt es Songs wie Phoenix mit seinem psychedelisch-jazzigen 'Age of Aquarius'-Feeling oder auch eine sich magisch
ausdehnende Sommerbrise wie in dem finalen Song These City Streets . Alles zusammen ergibt ein seelenvolles Kaleidoskop von einem Album, das ebenso weit außerhalb des Gewohnten steht, wie es seiner Zeit voraus zu sein scheint.
Paul Weller ist keiner, der sich für gewöhnlich in großer Nabelschau ergeht. Doch selbst er dürfte, in einem stillen Moment, reflektieren, dass mit dem eklektischen 2008er-Doppel-Album 22 Dreams ein neues, wichtiges Kapitel seiner Arbeit geöffnet wurde. Welches diesen narrativen musikalischen Bogen beflügelte, der sich sodann in dem 2010er-Werk Wake Up the Nation und schließlich dem 2012er-Album Sonik Kicks fortsetzte. Saturns Pattern , das auf Wellers neuem Label Parlophone erscheint, scheint nun aus einem anderen Holz geschnitzt und macht sich auf zu neuen Ufern. Es klingt nachhaltig nach einem neuen Kapitel. Paul Weller, mittlerweile 56, hat es damit geschafft, uns wieder einmal den Teppich unter den Füßen wegzuziehen.
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- Paul Weller
- LP
- EAN: 825646135950
- Erscheinungsdatum: 15.05.2015
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