14/18
Der Weg nach Versailles
Bevor das Deutsche Reich in den Ersten Weltkrieg eintrat, hatte es den Neid der Völker auf sich gezogen - als wirtschaftlich boomende, kulturell und wissenschaftlich strahlende, sozial fortschrittliche, militärisch brillante Nation. Nach vier Jahren...
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Produktinformationen zu „14/18 “
Klappentext zu „14/18 “
Bevor das Deutsche Reich in den Ersten Weltkrieg eintrat, hatte es den Neid der Völker auf sich gezogen - als wirtschaftlich boomende, kulturell und wissenschaftlich strahlende, sozial fortschrittliche, militärisch brillante Nation. Nach vier Jahren Krieg galt es als aggressiv, reaktionär, rechtsverachtend, schuldbeladen. Wie wurde es vom Musterschüler zum Paria Europas? Jörg Friedrich, bekannt für unorthodoxe Fragen an die Geschichte, wirft einen neuen, unverstellten Blick auf die Weltkriegsjahre 1914 bis 1918. Was unterschied Deutschlands Verhalten im Krieg von dem der Versailler Siegermächte - von den kolonialistischen Briten, den revanchistischen Franzosen oder den rassistischen Amerikanern? Führten sie Krieg, um die Menschheit mit Völkerrecht und Demokratie zu beglücken? Achteten sie die Neutralität ihrer Nachbarn? Prüften sie ernsthaft Deutschlands Kompromissangebote oder setzten sie von Anfang an auf einen Unterwerfungsfrieden? Mit der ihm eigenen erzählerischen Kraft schildert Friedrich einen Zivilisationsbruch, der Europa über Nacht in ein Schlachtfeld verwandelte, auf dem Recht, Humanität, christliche Werte, politisches Augenmaß und wirtschaftliche Vernunft auf allen Seiten mit Füßen getreten wurden.
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14/18 - Der Weg nach Versailles von Jörg FriedrichAUSBRUCH
Die Schwarze Hand
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Das Attentat war fehlgeschlagen. Von sechs Leuten mit Bomben und Pistolen, auf fünfhundert Meter verteilt, hatte einer nur, Cabrinovic, die Zündkapsel des konservenbüchsenähnlichen Utensils an einen Laternenmast geschlagen. Das verursachte einen Knall, den der Flügeladjutant des Erzherzogs wahrnahm, auch der Chauffeur des Wagens, der einen Satz nach vorne tat. Zwischen Zünden und Detonation war eine Verzögerung von zehn Sekunden eingestellt.
Während die Bombe auf das langsam rollende Gefährt des Th ronfolgers zuflog, meinte Cabrinovic dessen kalten, starren Blick auf sich gerichtet. Seltsam, denn er stand inmitten einer »Hoch« rufenden, tücherschwenkenden Menge. Immerhin hatte der Flügeladjutant in dem Jubelgeschrei den trocken-scharfen Knall ausgemacht, und auch Franz Ferdinand spürte das Nahen der dunklen Büchse, die in dem Sitzverschlag landen mußte, um ihn, die weißseiden gekleidete Herzogin an seiner Seite und den auf einem Klappsitz ihm gegenüber hockenden Landeschef der Provinz Bosnien-Herzegowina zu treffen, den General Potiorek. Was heißt Provinz, sie war ebenso groß wie das benachbarte Serbien, und Cabrinovic rief, er sei ein serbischer Held, als man ihn aus dem seichten Wasser der Miljacka zog. Um den Auft rag der Schwarzen Hand zu erfüllen, hätte er sofort nach der Erledigung Zyankali schlucken und seinen Opfern nachfolgen sollen, verschüttete aber das weiße Pulver, landete bei der Polizei und zeigte sich, nicht unfroh darüber, gleich gesprächig.
Auch Franz Ferdinand blieb von der fliegenden Büchse verschont. Er hob instinktiv, als wolle er sie von der Herzogin ablenken, die Arme. Die Bombe traf auf dem zurückgeklappten Wagenverdeck auf, wo ihre Detonation gewiß tödlich gewesen wäre, hätte nicht der Vorwärtsruck des Wagens sie auf die Straße abgleiten lassen, wo sie erst am übernächsten Fahrzeug hochging, mit ihren Splittern den Oberstleutnant Merizzi aus dem Gefolge am Kopf verletzend, jedoch nicht allzu schwer. Da noch fünf weitere Attentäter, die alle auf Geheiß der Schwarzen Hand mit dem Leben abgeschlossen hatten, ausreichend bewaffnet den Besuchskonvoi umgaben, war ihr Unternehmen an sich noch keineswegs geplatzt.
Das Auto des Erzherzogs sucht nicht das Weite, es hält, die Offiziere überlassen sich der allgemeinen Konfusion, für kaltblütige Terroristen, die mit oder ohne ihr Opfer aus der Welt zu scheiden geschworen, eine günstige Situation! Sie sind des Heldenspielens aber bereits überdrüssig und laufen absolut weisungswidrig bald alle, bis auf einen, der Polizei in die Arme. Damit ist das Glück des Hauses Habsburg erschöpft .
Der Verschwörerhand zu begegnen, konnte die gekrönten oder gewählten Häupter der Zeit nicht überraschen. Sie begleitete das politische Leben. Franz Ferdinand hatte im Mai 1906 anläßlich der Hochzeit König Alfons' XIII. von Spanien die neunzehnjährige Braut, Victoria Eugenia von Battenberg, von Kopf bis Fuß blutübergossen gesehen, es war indessen das Blut des rechten Stangenpferds der Kutsche und des begleitenden Lakaien gewesen; die Prinzessin und Alfons blieben unversehrt. Einer jungen Marquesa aber hatte die in einem Blumenstrauß platzierte Höllenmaschine den Kopf abgerissen, der Wurf des nervösen Anarchisten traf damit zu kurz und zu früh. Das Messer wiederum, das 1898 Franzens Tante, Kaiserin Elisabeth, ins Herz stach, zielte exakt und unabwendbar, es gehörte einem wirren Unbekannten, wohingegen der Madrider Täter den dortigen Behörden von Scotland Yard rechtzeitig mit Namen und Adresse angezeigt worden war. Aber es langten zu viele solcher Hinweise an, man mochte nicht allen nachgehen.
Der Anschlag am 28. Juni 1914 in Sarajevo unterschied sich von dem gewöhnlichen Terror, insoweit es sich um ein Komplott handelte. Die Sechsergruppe hatte Auftraggeber, die Auftraggeber hatten Mitwisser, billigende, mißbilligende und abwartende, diese waren Organe eines Nachbarstaats, dessen Angelegenheiten in Gänze von einer Großmacht kontrolliert wurden, dem Rivalen Österreich-Ungarns auf dem Balkan. Was sich als Bubenstück wildgewordener bosnisch-österreichischer Landeskinder tarnte, reichte tief in das Kräftespiel der europäischen Politik. So viel vorweg, denn noch ist nichts passiert.
Es war noch einmal gutgegangen. Daß sich soeben die Schlinge einer Verschwörung um ihn legte, ahnte allein Franz Ferdinand. Der Landpfleger Potiorek und die Heeresentourage - verrückterweise besuchte man zum Abschluß eines imposanten Truppenmanövers die Stadt - konnten an nichts anderes mehr denken als an ihre Blamage. Es würden wohl noch ein paar Kugerln heute fliegen, sagte das Opfer verdrossen. Die anderen riefen erschrocken: »Nein!« Sie hatten schon genug versagt, trotzdem war alles überstanden, der übliche Bombenterror, der dilettantische Terrorist auf frischer Tat gefaßt, das Schlimmste, was sie noch erwartete, war die allerhöchste Ungnade.
Den Thronfolger hatte wenig zu diesen Manövern hingezogen. Außer ihrer militärischen Brillanz hatte nichts bei der Organisation geklappt. Der bequeme Sonderzug der Gäste war an den Achsen entzweigegangen, der Termin war vorher hin- und hergeschoben worden, bis er, mit Rücksicht auf die sommerlichen Einnahmen in der Reisesaison, auf die Vorsommerzeit fi el. Das Manöverende ging zufällig in den Vidovdan über, irgendein serbischer Nationalfeiertag, der an eine verlorene Schlacht vor 525 Jahren erinnerte. Das zog aber niemand in Betracht, zumal Bosnien nicht Serbien war, nie dazugehört hatte, die Mehrzahl der Einwohner waren kaisertreue Kroaten, Muslime und Juden.
Zu diesem Vidovdan, an dem auch einer unsterblichen Heldentat gedacht ward, dem Abstechen des siegreichen Sultans in seinem Zelt durch den unterlegenen Ritter Obilic, wollte der Erzherzog schon gar nicht nach Sarajevo. Wozu? Er hatte dort zwei Tage zuvor huldvoll Einkäufe getätigt, der ganze Basar war aus dem Häuschen geraten, das Paar wollte nun nach Hause zu den Kindern. Diese Abkürzung des Plans, gab die Entourage zu bedenken, würde den ehrgeizigen Potiorek kränken, der den Sonntags- besuch so ausgiebig vorbereitet habe. Nun saß man zerzaust im Rathaus, fuhr den loyalen Bürgermeister an, daß Bomben einen netten Empfang darstellten, wollte sich andererseits nicht feige aus dem Staub machen, zumal der verwundete Oberstleutnant im Garnisonsspital lag mit den Splittern im Schädel, die seinem obersten Herrn gegolten hatten. Die strenggehütete Offizierskameradschaft im österreichisch-ungarischen Heer, das, neben dem seit 1848 regierenden Kaiser, die Monarchie zusammenkittete, erheischte einen Akt der Noblesse. Er wolle den Merizzi besuchen, beschied Franz Ferdinand. Könne man dies riskieren? Die Gefahr war vorüber, die Bombe danebengegangen, was sollte noch geschehen? Das Spital lag nicht so weit.
Das verlorene Paar, das dreißig Minuten noch zu leben hatte, sah die Dinge nüchterner. Sie wolle ihn nicht allein davonfahren lassen, bat die Erzherzogin, sie bleibe an seiner Seite. Von dem Manöver her waren Soldaten zu Hauf verfügbar. Die Straßen hätten mühelos geräumt werden können, doch will man dem hohen Besuch einen solch eisigen Anblick bieten? Es kam der Gedanke auf, den Weg mit Soldatenketten zu säumen, die lassen keine Kugeln durch. Leider führten die Manövertruppen aber die Spalier- stehuniformen nicht bei sich, sondern nur das verschmutzte Geländezeug. Also war diese Vorkehrung nicht machbar, aber eine andere, einfachere! Vom Rathaus her war seit Tagen die Fahrtroute durch die Innenstadt annonciert. Von diesem, im übrigen umständlicheren Kurs konnte man abweichen und stattdessen stracks zum Spital fahren, was niemand vorher wissen konnte. Der Gedanke gefiel, nur vergaß Potiorek in seiner Bekümmernis, ihn den Chauff euren mitzuteilen.
So bog die Fahrzeugkolonne so wie ursprünglich geplant in die Franz-Josephstraße ein, anstatt sich geradeaus auf dem Appelquai zu halten. Die Hoheiten saßen mit Potiorek im Wagen drei; Wagen eins und zwei kurvten nach rechts, was Potiorek gar nicht auffiel. Erst als der eigene Wagen ebenfalls einschwenkte, schrie er zum Fahrer hinüber, daß er auf dem verkehrten Weg sei! Er müsse wenden. Dies gestaltete sich kompliziert. Die Monarchie hatte Linksverkehr, folglich lenkte das Fahrzeug nach rechts ein, manövrierte umständlich, um in den anderen Gang zu schalten, bis es, in zwei Metern Entfernung zu Princip, für einen Moment zu stehen kam. Der hatte gleichfalls ungehorsam auf den Fehlschlag reagiert, das Zyankali nicht geschluckt und verstört die Stadt durchirrt, bis ihm des Erzherzogs Wagen vor die Füße fuhr.
Um das hohe Paar nötigenfalls mit seinem Leib zu schützen, hatte sich Graf Harrach, Besitzer des Wagens, auf das linke Trittbrett gestellt. So deckte er das Ziel gegen die kürzeste Distanz, den linken Gehweg. Indem der Wagen rechts wendete, waren seine Insassen schutzlos. Auf der inneren, dem Schützen zugewandten Seite saß nun Sophie; sie tat ihm leid, die schwere, mütterliche Gestalt mit Hut und Sonnenschirm. Er wollte nicht mit ansehen, wie die Kugel sich in ihren Leib bohrte; er schloß die Augen, sie fand ihren Weg.
Princip feuerte blind zweimal und traf zweimal, zuerst Sophie im Unterleib, die langsam vom Sitz glitt. Der Thronfolger, dem ein dünner Blutstrahl aus dem Mund wich, beugte sich zu ihr hinab und bat sie zu leben, um der Kinder willen! Als ob er sein Ende nicht bemerkte oder es ihm unabänderlich schien, sagte er mehrmals: »Es ist nichts.« Ein anderer, der sechundzwanzigjährige Jüngling Karl, würde binnen kurzem dem dahinschwindenden Kaiser auf den Thron folgen und als Gemahl einer politisierenden bourbonischen Prinzessin das Reich in ganz andere, minder abschüssige Bahnen lenken.
Österreich-Ungarn trug schwer an dem Fluch des »Völkerkerkers«. Die Eingekerkerten, genauer eine schmale, aber beredte Bildungsschicht, vertraten den heiligen Glauben an das ethnische, seinerzeit auch rassisch genannte Blutband der Völker. Jede Zeit hat ihre Heilslehre. Wer sich für einen Rheinländer hielt, lernte binnen zweier Generationen als Deutscher zu gelten, ein Böhme sich tschechisch zu fühlen. Unglücklicherweise siedelten die Menschen - anders als die Lehre verlangte - gemischt. Rheinländer unter Niederländern, Siebenbürger unter Magyaren, Mazedonen unter Serben, Griechen unter Türken.
Die alten Staaten bekümmerten sich nicht sonderlich um die völkische Beschaffenheit ihrer Untertanen. Als sein Volk erachtete das Herrscherhaus die Bevölkerung innerhalb durch Erbschaft oder Schlacht, Heirat oder Schacher zustandegekommener Grenzen. Die Dynastien legitimierten sich durch Herkunft , aber keine nationale. Weder stammten die Sachsen-Coburg-Gothas aus England noch die Romanows aus Rußland, beides waren deutsche Häuser, die untereinander Englisch sprachen, notfalls Französisch. Das Blut rann quer durch die Adelskaste, kreuzte sich in ihr, nicht mit dem Boden. Die Union von Boden, Blut und Staat, ein romantischer Einfall, bewegte Sänger und Professoren, war aber selbst mit Gewalt nicht herzustellen. Das wollte allerdings erst ausprobiert sein. Das multinationale Haus Habsburg, worin einst die Sonne nicht unterging, ragte als sklerotisches Raubrittergeschlecht in die treulose Neuzeit, lebensmüde wie sein Kaiser, der jeden Krieg verlor und dennoch nicht seine Gefangenen freigab. Boshaft überwachte seine Bürokratie die schäumende Erhebung der Jungnationalen und wartete auf Gelegenheit, sie mit gichtiger Faust zu erdrosseln. So in etwa verstanden es Princip und seine Genossen.
Mit dem Balkan hatten die Habsburger nur insoweit zu tun, als die Türken diesen Weg nach Wien hinauf genommen hatten und zweihundert Jahre damit vergingen, sie durch Ungarn und Kroatien wieder hinabzutreiben. Bei den Rumänen und Bulgaren, Serben, Mazedonen und Griechen krallten sie sich fest, gleichfalls ein Fossil, das nicht verenden wollte, doch allmählich zurück nach Anatolien kroch. Nicht von allein, erst unter Schlägen. Die nächsten sollten den Habsburgern gelten, dann wären die Balkan-Völker von ihren Unterdrückern befreit. Die Südslawen würden die Fesseln abwerfen und sich vereinigen, so wie die Deutschen es fertiggebracht hatten und die Italiener, die beide deswegen Franz Joseph geschickt in einen Krieg verwickelt und triumphal geschlagen hatten.
Das Habsburgerhaus verband nichts mit der rauhen Gegend, es wurzelte, wenn überhaupt irgendwo, im Westen des Kontinents, in Spanien, in Italien, Lothringen, den Niederlanden, Deutschland; erst als der aufkommende Nationalgedanke dort das Geflecht der Verwandtschaften und Besitzrechte zertrennte, dehnte sich sein Herrschaftsraum um die Kerne Wien-Prag-Budapest- Krakau-Lemberg nach Ost-Südost. Sein Schicksal würde es auch dort einholen! Längst hatte dies nun als Donaumonarchie firmierende Gebilde sich der Wehmut des Verfalls überlassen, beglänzt durch ein schier unvergängliches Abendlicht der Wissenschaft und Künste. Kronprinz Rudolf, des Kaisers einziger Sohn aus unglücklicher Ehe, schied überdrüssig vom Leben. Der nächste Anwärter wiederum empfand ein Leben jenseits des schwankenden Thrones als weit reizvoller und verzichtete; so nominierte uraltes Hausgesetz Franz Ferdinand aus dem italienischen Zweig der Este.
Keiner mochte ihn in der Familie. Vierschrötig von Gestalt, schroffen, jähzornigen Charakters, wohnten in ihm Tatkraft und feste Absichten. Er war nicht zum Konkursverwalter geschaffen. Seine Anwartschaft währte achtzehn Jahre, Zeit genug, sich alle möglichen Gedanken zu machen. Sie kreisten um zwei Themen. Die Monarchie regierte polnische, ukrainische und italienische, deutsche, ungarische, tschechische, slowakische, slawonische, kroatische und serbische Ethnien; als Personen nahmen alle an ihr teil: polnische Ministerpräsidenten, italienische und slowenische Generäle, böhmische Gesandte, ungarische Minister. Als Gruppen aber bildeten allein die Deutschen in Wien und die Magyaren in Budapest Verfassungskörperschaft en, selbstverwaltet in ihren inneren, verbunden in den äußeren, zumal den militärischen Angelegenheiten. Der Kaiser von Österreich war zugleich König von Ungarn. In Ungarn stellten die Magyaren die Minderheit und führten gegen die Majorität der Kroaten, Rumänen, Serben und Deutschen ein hartes Regiment.
Die nationale Querulanz ging vorwiegend aus den serbischen Reihen hervor, in denen manch einer die Slowenen, Slowaken und Tschechen als Volksbrüder anredete, vom Stamm der Slawen, der allerdings bis zum Ural reichte. Dort herrschte der Julianische Kalender, das Orthodoxe Patriarchat, das Dritte Rom, die Schutzmacht allen Slawentums, eigentlich ein Vielvölkerstaat wie Habsburg und das Osmanenreich, doch mit slawischer Dominanz. Um die königlich-kaiserlichen Slawen nicht mit den Mythologien aus Serbien und Rußland alleinzulassen, erwog Franz Ferdinand, sie mit der Monarchie auszusöhnen. Ihnen sollte neben Deutschen und Magyaren ein dritter Reichsteil zuerkannt sein. Andererseits durften die Reichsteile nicht mehr die bisherige Autonomie genießen, die die Gemeinschaftsbelange lähmte. Der Thronfolger hingegen war Autokrat und Zentralist; er würde den Slawen mehr, den Ungarn weniger Freiheiten gewähren. Ob diese Dreieckskonstruktion dem Sog des Nationalismus lange widerstanden hätte, ist fraglich, und der Erzherzog war den Magyaren so hochverhaßt wie den Belgradserben. Beide frohlockten laut, als er tot war und nicht länger ihren Interessen im Wege stand.
Im serbischen Interesse lag zugestandenermaßen der baldige Zusammenbruch des Reiches, erforderlichenfalls durch Krieg. Italien und Deutschland hatten sich durch Krieg von Wien gelöst, Amerika von England, Mexiko von Spanien, warum nicht das Slawentum von Habsburg? Die Iren versuchten gerade das gleiche mit England, die Polen vor Zeiten mit Rußland, Griechen und Bulgaren mit der Türkei, was kennt die Geschichte Edleres als den Befreiungskrieg!
Copyright © Propyläen Verlag
Das Attentat war fehlgeschlagen. Von sechs Leuten mit Bomben und Pistolen, auf fünfhundert Meter verteilt, hatte einer nur, Cabrinovic, die Zündkapsel des konservenbüchsenähnlichen Utensils an einen Laternenmast geschlagen. Das verursachte einen Knall, den der Flügeladjutant des Erzherzogs wahrnahm, auch der Chauffeur des Wagens, der einen Satz nach vorne tat. Zwischen Zünden und Detonation war eine Verzögerung von zehn Sekunden eingestellt.
Während die Bombe auf das langsam rollende Gefährt des Th ronfolgers zuflog, meinte Cabrinovic dessen kalten, starren Blick auf sich gerichtet. Seltsam, denn er stand inmitten einer »Hoch« rufenden, tücherschwenkenden Menge. Immerhin hatte der Flügeladjutant in dem Jubelgeschrei den trocken-scharfen Knall ausgemacht, und auch Franz Ferdinand spürte das Nahen der dunklen Büchse, die in dem Sitzverschlag landen mußte, um ihn, die weißseiden gekleidete Herzogin an seiner Seite und den auf einem Klappsitz ihm gegenüber hockenden Landeschef der Provinz Bosnien-Herzegowina zu treffen, den General Potiorek. Was heißt Provinz, sie war ebenso groß wie das benachbarte Serbien, und Cabrinovic rief, er sei ein serbischer Held, als man ihn aus dem seichten Wasser der Miljacka zog. Um den Auft rag der Schwarzen Hand zu erfüllen, hätte er sofort nach der Erledigung Zyankali schlucken und seinen Opfern nachfolgen sollen, verschüttete aber das weiße Pulver, landete bei der Polizei und zeigte sich, nicht unfroh darüber, gleich gesprächig.
Auch Franz Ferdinand blieb von der fliegenden Büchse verschont. Er hob instinktiv, als wolle er sie von der Herzogin ablenken, die Arme. Die Bombe traf auf dem zurückgeklappten Wagenverdeck auf, wo ihre Detonation gewiß tödlich gewesen wäre, hätte nicht der Vorwärtsruck des Wagens sie auf die Straße abgleiten lassen, wo sie erst am übernächsten Fahrzeug hochging, mit ihren Splittern den Oberstleutnant Merizzi aus dem Gefolge am Kopf verletzend, jedoch nicht allzu schwer. Da noch fünf weitere Attentäter, die alle auf Geheiß der Schwarzen Hand mit dem Leben abgeschlossen hatten, ausreichend bewaffnet den Besuchskonvoi umgaben, war ihr Unternehmen an sich noch keineswegs geplatzt.
Das Auto des Erzherzogs sucht nicht das Weite, es hält, die Offiziere überlassen sich der allgemeinen Konfusion, für kaltblütige Terroristen, die mit oder ohne ihr Opfer aus der Welt zu scheiden geschworen, eine günstige Situation! Sie sind des Heldenspielens aber bereits überdrüssig und laufen absolut weisungswidrig bald alle, bis auf einen, der Polizei in die Arme. Damit ist das Glück des Hauses Habsburg erschöpft .
Der Verschwörerhand zu begegnen, konnte die gekrönten oder gewählten Häupter der Zeit nicht überraschen. Sie begleitete das politische Leben. Franz Ferdinand hatte im Mai 1906 anläßlich der Hochzeit König Alfons' XIII. von Spanien die neunzehnjährige Braut, Victoria Eugenia von Battenberg, von Kopf bis Fuß blutübergossen gesehen, es war indessen das Blut des rechten Stangenpferds der Kutsche und des begleitenden Lakaien gewesen; die Prinzessin und Alfons blieben unversehrt. Einer jungen Marquesa aber hatte die in einem Blumenstrauß platzierte Höllenmaschine den Kopf abgerissen, der Wurf des nervösen Anarchisten traf damit zu kurz und zu früh. Das Messer wiederum, das 1898 Franzens Tante, Kaiserin Elisabeth, ins Herz stach, zielte exakt und unabwendbar, es gehörte einem wirren Unbekannten, wohingegen der Madrider Täter den dortigen Behörden von Scotland Yard rechtzeitig mit Namen und Adresse angezeigt worden war. Aber es langten zu viele solcher Hinweise an, man mochte nicht allen nachgehen.
Der Anschlag am 28. Juni 1914 in Sarajevo unterschied sich von dem gewöhnlichen Terror, insoweit es sich um ein Komplott handelte. Die Sechsergruppe hatte Auftraggeber, die Auftraggeber hatten Mitwisser, billigende, mißbilligende und abwartende, diese waren Organe eines Nachbarstaats, dessen Angelegenheiten in Gänze von einer Großmacht kontrolliert wurden, dem Rivalen Österreich-Ungarns auf dem Balkan. Was sich als Bubenstück wildgewordener bosnisch-österreichischer Landeskinder tarnte, reichte tief in das Kräftespiel der europäischen Politik. So viel vorweg, denn noch ist nichts passiert.
Es war noch einmal gutgegangen. Daß sich soeben die Schlinge einer Verschwörung um ihn legte, ahnte allein Franz Ferdinand. Der Landpfleger Potiorek und die Heeresentourage - verrückterweise besuchte man zum Abschluß eines imposanten Truppenmanövers die Stadt - konnten an nichts anderes mehr denken als an ihre Blamage. Es würden wohl noch ein paar Kugerln heute fliegen, sagte das Opfer verdrossen. Die anderen riefen erschrocken: »Nein!« Sie hatten schon genug versagt, trotzdem war alles überstanden, der übliche Bombenterror, der dilettantische Terrorist auf frischer Tat gefaßt, das Schlimmste, was sie noch erwartete, war die allerhöchste Ungnade.
Den Thronfolger hatte wenig zu diesen Manövern hingezogen. Außer ihrer militärischen Brillanz hatte nichts bei der Organisation geklappt. Der bequeme Sonderzug der Gäste war an den Achsen entzweigegangen, der Termin war vorher hin- und hergeschoben worden, bis er, mit Rücksicht auf die sommerlichen Einnahmen in der Reisesaison, auf die Vorsommerzeit fi el. Das Manöverende ging zufällig in den Vidovdan über, irgendein serbischer Nationalfeiertag, der an eine verlorene Schlacht vor 525 Jahren erinnerte. Das zog aber niemand in Betracht, zumal Bosnien nicht Serbien war, nie dazugehört hatte, die Mehrzahl der Einwohner waren kaisertreue Kroaten, Muslime und Juden.
Zu diesem Vidovdan, an dem auch einer unsterblichen Heldentat gedacht ward, dem Abstechen des siegreichen Sultans in seinem Zelt durch den unterlegenen Ritter Obilic, wollte der Erzherzog schon gar nicht nach Sarajevo. Wozu? Er hatte dort zwei Tage zuvor huldvoll Einkäufe getätigt, der ganze Basar war aus dem Häuschen geraten, das Paar wollte nun nach Hause zu den Kindern. Diese Abkürzung des Plans, gab die Entourage zu bedenken, würde den ehrgeizigen Potiorek kränken, der den Sonntags- besuch so ausgiebig vorbereitet habe. Nun saß man zerzaust im Rathaus, fuhr den loyalen Bürgermeister an, daß Bomben einen netten Empfang darstellten, wollte sich andererseits nicht feige aus dem Staub machen, zumal der verwundete Oberstleutnant im Garnisonsspital lag mit den Splittern im Schädel, die seinem obersten Herrn gegolten hatten. Die strenggehütete Offizierskameradschaft im österreichisch-ungarischen Heer, das, neben dem seit 1848 regierenden Kaiser, die Monarchie zusammenkittete, erheischte einen Akt der Noblesse. Er wolle den Merizzi besuchen, beschied Franz Ferdinand. Könne man dies riskieren? Die Gefahr war vorüber, die Bombe danebengegangen, was sollte noch geschehen? Das Spital lag nicht so weit.
Das verlorene Paar, das dreißig Minuten noch zu leben hatte, sah die Dinge nüchterner. Sie wolle ihn nicht allein davonfahren lassen, bat die Erzherzogin, sie bleibe an seiner Seite. Von dem Manöver her waren Soldaten zu Hauf verfügbar. Die Straßen hätten mühelos geräumt werden können, doch will man dem hohen Besuch einen solch eisigen Anblick bieten? Es kam der Gedanke auf, den Weg mit Soldatenketten zu säumen, die lassen keine Kugeln durch. Leider führten die Manövertruppen aber die Spalier- stehuniformen nicht bei sich, sondern nur das verschmutzte Geländezeug. Also war diese Vorkehrung nicht machbar, aber eine andere, einfachere! Vom Rathaus her war seit Tagen die Fahrtroute durch die Innenstadt annonciert. Von diesem, im übrigen umständlicheren Kurs konnte man abweichen und stattdessen stracks zum Spital fahren, was niemand vorher wissen konnte. Der Gedanke gefiel, nur vergaß Potiorek in seiner Bekümmernis, ihn den Chauff euren mitzuteilen.
So bog die Fahrzeugkolonne so wie ursprünglich geplant in die Franz-Josephstraße ein, anstatt sich geradeaus auf dem Appelquai zu halten. Die Hoheiten saßen mit Potiorek im Wagen drei; Wagen eins und zwei kurvten nach rechts, was Potiorek gar nicht auffiel. Erst als der eigene Wagen ebenfalls einschwenkte, schrie er zum Fahrer hinüber, daß er auf dem verkehrten Weg sei! Er müsse wenden. Dies gestaltete sich kompliziert. Die Monarchie hatte Linksverkehr, folglich lenkte das Fahrzeug nach rechts ein, manövrierte umständlich, um in den anderen Gang zu schalten, bis es, in zwei Metern Entfernung zu Princip, für einen Moment zu stehen kam. Der hatte gleichfalls ungehorsam auf den Fehlschlag reagiert, das Zyankali nicht geschluckt und verstört die Stadt durchirrt, bis ihm des Erzherzogs Wagen vor die Füße fuhr.
Um das hohe Paar nötigenfalls mit seinem Leib zu schützen, hatte sich Graf Harrach, Besitzer des Wagens, auf das linke Trittbrett gestellt. So deckte er das Ziel gegen die kürzeste Distanz, den linken Gehweg. Indem der Wagen rechts wendete, waren seine Insassen schutzlos. Auf der inneren, dem Schützen zugewandten Seite saß nun Sophie; sie tat ihm leid, die schwere, mütterliche Gestalt mit Hut und Sonnenschirm. Er wollte nicht mit ansehen, wie die Kugel sich in ihren Leib bohrte; er schloß die Augen, sie fand ihren Weg.
Princip feuerte blind zweimal und traf zweimal, zuerst Sophie im Unterleib, die langsam vom Sitz glitt. Der Thronfolger, dem ein dünner Blutstrahl aus dem Mund wich, beugte sich zu ihr hinab und bat sie zu leben, um der Kinder willen! Als ob er sein Ende nicht bemerkte oder es ihm unabänderlich schien, sagte er mehrmals: »Es ist nichts.« Ein anderer, der sechundzwanzigjährige Jüngling Karl, würde binnen kurzem dem dahinschwindenden Kaiser auf den Thron folgen und als Gemahl einer politisierenden bourbonischen Prinzessin das Reich in ganz andere, minder abschüssige Bahnen lenken.
Österreich-Ungarn trug schwer an dem Fluch des »Völkerkerkers«. Die Eingekerkerten, genauer eine schmale, aber beredte Bildungsschicht, vertraten den heiligen Glauben an das ethnische, seinerzeit auch rassisch genannte Blutband der Völker. Jede Zeit hat ihre Heilslehre. Wer sich für einen Rheinländer hielt, lernte binnen zweier Generationen als Deutscher zu gelten, ein Böhme sich tschechisch zu fühlen. Unglücklicherweise siedelten die Menschen - anders als die Lehre verlangte - gemischt. Rheinländer unter Niederländern, Siebenbürger unter Magyaren, Mazedonen unter Serben, Griechen unter Türken.
Die alten Staaten bekümmerten sich nicht sonderlich um die völkische Beschaffenheit ihrer Untertanen. Als sein Volk erachtete das Herrscherhaus die Bevölkerung innerhalb durch Erbschaft oder Schlacht, Heirat oder Schacher zustandegekommener Grenzen. Die Dynastien legitimierten sich durch Herkunft , aber keine nationale. Weder stammten die Sachsen-Coburg-Gothas aus England noch die Romanows aus Rußland, beides waren deutsche Häuser, die untereinander Englisch sprachen, notfalls Französisch. Das Blut rann quer durch die Adelskaste, kreuzte sich in ihr, nicht mit dem Boden. Die Union von Boden, Blut und Staat, ein romantischer Einfall, bewegte Sänger und Professoren, war aber selbst mit Gewalt nicht herzustellen. Das wollte allerdings erst ausprobiert sein. Das multinationale Haus Habsburg, worin einst die Sonne nicht unterging, ragte als sklerotisches Raubrittergeschlecht in die treulose Neuzeit, lebensmüde wie sein Kaiser, der jeden Krieg verlor und dennoch nicht seine Gefangenen freigab. Boshaft überwachte seine Bürokratie die schäumende Erhebung der Jungnationalen und wartete auf Gelegenheit, sie mit gichtiger Faust zu erdrosseln. So in etwa verstanden es Princip und seine Genossen.
Mit dem Balkan hatten die Habsburger nur insoweit zu tun, als die Türken diesen Weg nach Wien hinauf genommen hatten und zweihundert Jahre damit vergingen, sie durch Ungarn und Kroatien wieder hinabzutreiben. Bei den Rumänen und Bulgaren, Serben, Mazedonen und Griechen krallten sie sich fest, gleichfalls ein Fossil, das nicht verenden wollte, doch allmählich zurück nach Anatolien kroch. Nicht von allein, erst unter Schlägen. Die nächsten sollten den Habsburgern gelten, dann wären die Balkan-Völker von ihren Unterdrückern befreit. Die Südslawen würden die Fesseln abwerfen und sich vereinigen, so wie die Deutschen es fertiggebracht hatten und die Italiener, die beide deswegen Franz Joseph geschickt in einen Krieg verwickelt und triumphal geschlagen hatten.
Das Habsburgerhaus verband nichts mit der rauhen Gegend, es wurzelte, wenn überhaupt irgendwo, im Westen des Kontinents, in Spanien, in Italien, Lothringen, den Niederlanden, Deutschland; erst als der aufkommende Nationalgedanke dort das Geflecht der Verwandtschaften und Besitzrechte zertrennte, dehnte sich sein Herrschaftsraum um die Kerne Wien-Prag-Budapest- Krakau-Lemberg nach Ost-Südost. Sein Schicksal würde es auch dort einholen! Längst hatte dies nun als Donaumonarchie firmierende Gebilde sich der Wehmut des Verfalls überlassen, beglänzt durch ein schier unvergängliches Abendlicht der Wissenschaft und Künste. Kronprinz Rudolf, des Kaisers einziger Sohn aus unglücklicher Ehe, schied überdrüssig vom Leben. Der nächste Anwärter wiederum empfand ein Leben jenseits des schwankenden Thrones als weit reizvoller und verzichtete; so nominierte uraltes Hausgesetz Franz Ferdinand aus dem italienischen Zweig der Este.
Keiner mochte ihn in der Familie. Vierschrötig von Gestalt, schroffen, jähzornigen Charakters, wohnten in ihm Tatkraft und feste Absichten. Er war nicht zum Konkursverwalter geschaffen. Seine Anwartschaft währte achtzehn Jahre, Zeit genug, sich alle möglichen Gedanken zu machen. Sie kreisten um zwei Themen. Die Monarchie regierte polnische, ukrainische und italienische, deutsche, ungarische, tschechische, slowakische, slawonische, kroatische und serbische Ethnien; als Personen nahmen alle an ihr teil: polnische Ministerpräsidenten, italienische und slowenische Generäle, böhmische Gesandte, ungarische Minister. Als Gruppen aber bildeten allein die Deutschen in Wien und die Magyaren in Budapest Verfassungskörperschaft en, selbstverwaltet in ihren inneren, verbunden in den äußeren, zumal den militärischen Angelegenheiten. Der Kaiser von Österreich war zugleich König von Ungarn. In Ungarn stellten die Magyaren die Minderheit und führten gegen die Majorität der Kroaten, Rumänen, Serben und Deutschen ein hartes Regiment.
Die nationale Querulanz ging vorwiegend aus den serbischen Reihen hervor, in denen manch einer die Slowenen, Slowaken und Tschechen als Volksbrüder anredete, vom Stamm der Slawen, der allerdings bis zum Ural reichte. Dort herrschte der Julianische Kalender, das Orthodoxe Patriarchat, das Dritte Rom, die Schutzmacht allen Slawentums, eigentlich ein Vielvölkerstaat wie Habsburg und das Osmanenreich, doch mit slawischer Dominanz. Um die königlich-kaiserlichen Slawen nicht mit den Mythologien aus Serbien und Rußland alleinzulassen, erwog Franz Ferdinand, sie mit der Monarchie auszusöhnen. Ihnen sollte neben Deutschen und Magyaren ein dritter Reichsteil zuerkannt sein. Andererseits durften die Reichsteile nicht mehr die bisherige Autonomie genießen, die die Gemeinschaftsbelange lähmte. Der Thronfolger hingegen war Autokrat und Zentralist; er würde den Slawen mehr, den Ungarn weniger Freiheiten gewähren. Ob diese Dreieckskonstruktion dem Sog des Nationalismus lange widerstanden hätte, ist fraglich, und der Erzherzog war den Magyaren so hochverhaßt wie den Belgradserben. Beide frohlockten laut, als er tot war und nicht länger ihren Interessen im Wege stand.
Im serbischen Interesse lag zugestandenermaßen der baldige Zusammenbruch des Reiches, erforderlichenfalls durch Krieg. Italien und Deutschland hatten sich durch Krieg von Wien gelöst, Amerika von England, Mexiko von Spanien, warum nicht das Slawentum von Habsburg? Die Iren versuchten gerade das gleiche mit England, die Polen vor Zeiten mit Rußland, Griechen und Bulgaren mit der Türkei, was kennt die Geschichte Edleres als den Befreiungskrieg!
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Autoren-Porträt von Jörg Friedrich
Jörg Friedrich, geboren 1944, erzielte mit seinem Buch über den Bombenkrieg gegen Deutschlands Städte einen Welterfolg: Der Brand liegt in zwölf Sprachen vor. Auch der Folgeband Brandstätten wurde zum Bestseller. Friedrichs umfangreiches Werk enthält Standardtitel zur NS-Zeit, die ihm internationale Auszeichnungen eintrugen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jörg Friedrich
- 2014, 3. Aufl., 1072 Seiten, Maße: 15 x 23 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Propyläen
- ISBN-10: 3549073178
- ISBN-13: 9783549073179
- Erscheinungsdatum: 07.05.2014
Rezension zu „14/18 “
"Friedrich hat die Gabe leiblicher Vergegenwärtigung, er kann Situationen mit Mitteln, die er klassischer Thriller-Literatur abgeschaut hat, fühlbar machen." Gustav Seibt Süddeutsche Zeitung 20140908
Pressezitat
"Friedrich hat die Gabe leiblicher Vergegenwärtigung, er kann Situationen mit Mitteln, die er klassischer Thriller-Literatur abgeschaut hat, fühlbar machen." Gustav Seibt Süddeutsche Zeitung 20140908
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