"Cottage mit Aussicht", "Eine kostbare Affäre" und "Eine ungewöhnliche Begegnung"
- Cottage mit Aussicht: Eine erfrischende Liebesgeschichte voller überraschender Wendungen. Anna hat das große Los gezogen: Gerade ist sie stolze Besitzerin eines wunderschönen denkmalgeschützten Häuschens...
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- Cottage mit Aussicht: Eine erfrischende Liebesgeschichte voller überraschender Wendungen. Anna hat das große Los gezogen: Gerade ist sie stolze Besitzerin eines wunderschönen denkmalgeschützten Häuschens geworden. Endlich kann sie ihre Ideen verwirklichen, voller Elan begibt sie sich an die Renovierung. Leider ist der Vorsitzende der Baubehörde, der raubeinige Rob, ebenfalls sehr kreativ, wenn es darum geht, Annes Pläne zu durchkreuzen.
- Eine kostbare Affäre: Eine bezaubernd romantische Komödie, die nichts zu wünschen übrig lässt! Eine überraschende Erbschaft verspricht Floras bisheriges (Großstadt-)Leben komplett auf den Kopf zu stellen: Gemeinsam mit Charles, einem entfernten Cousin, ist sie fortan Eigentümerin eines idyllisch gelegenen Anwesens. Als sie vor Ort auftaucht, lassen Charles und dessen Verlobte Annabel zunächst keinen Zweifel aufkommen, dass sie sich als die wahren Herren des Hauses fühlen. Doch glücklicherweise erhält Flora schon bald von unerwarteter Seite sehr charmante Hilfe.
- Eine ungewöhnliche Begegnung: Nachdem die 30-jährige Hetty ihren Freund gerade auf frischer Tat mit einer anderen ertappt hat und überdies auch noch ihren Job los ist, kommt ihr das Angebot wie gerufen, für eine Weile den leer stehenden Landsitz ihres Großonkels Sam zu hüten. Wie Hetty feststellen muss, hält das wunderschöne Anwesen jedoch so manche Überraschung bereit. Und dann taucht eines Tages auch noch Sams Erbe, der raubeinige Connor, mit einem ungewöhnlichen Ansinnen dort auf.
Sunday Times
"Katie Ffordes romantischste Liebesgeschichte"
The Times
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Cottage mit Aussicht von Katie FfordeKapitel 1
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Als die Kerze neben ihr flackerte, rutschte Anna vorsichtshalber auf der Sprosse der Leiter, auf der sie hockte, zur Seite. Langsam bedauerte sie, dass sie das Telefon so schnell hatte anschließen lassen. Der Handy-Empfang war sehr schlecht, und ohne Festnetz-Anschluss wäre sie fast unerreichbar gewesen. Aber wie die Dinge lagen, wurde ihr Ohr immer heißer und ihre Hand immer kälter, während ihre Schwester fortfuhr, sie zu verhören. Anna machte sich nicht die Mühe, ihr das Wort abzuschneiden - das würde später nur zu einem weiteren Telefongespräch führen. Also schob sie die freie Hand in ihren Ärmel und lauschte höflich. Ihre Latzhose war ziemlich warm, solange sie sich bewegte, doch jetzt begann sie, darin zu frieren.
»Warum bist du denn bloß noch mal dorthin gezogen?«, fragte Laura zum hundertsten Mal, wie es Anna schien. »Du weißt, dass Grundstücke hier oben in Yorkshire viel billiger sind. Wir hätten das Projekt gemeinsam in Angriff nehmen können. Das hätte viel mehr Spaß gemacht.«
Anna begann, von Neuem zu erklären - ziemlich geduldig, wie sie fand. »Ich wollte nicht so weit von London weg sein, und Amberford ist eine viel reizvollere Gegend. Von London aus gerade noch für Pendler erreichbar. Wir haben das alles schon besprochen.«
Laura seufzte. »Mir gefällt es einfach nicht, dass du das ganz allein tust, so weit von uns entfernt. Und ich wünschte wirklich, du hättest das Haus nicht so übereilt gekauft, ohne mir eine Chance zu geben, es mir zuerst anzusehen.«
Anna hatte tatsächlich leichte Gewissensbisse deswegen. »Es tut mir leid, aber ich musste mich sehr schnell entscheiden. Es gab noch jede Menge anderer Interessenten. Es war ein solches Schnäppchen.«
»Du warst eine Bargeldkäuferin«, stellte Laura gereizt fest.
Anna seufzte. »Ich weiß, und das habe ich zum Teil dir zu verdanken. Aber der andere Typ hatte ebenfalls Bargeld. Er hätte den Zuschlag bekommen, wenn ich nicht in der Lage gewesen wäre, sofort den Scheck für eine Anzahlung auszuschreiben.« Sie hielt inne. »Ich bin dir ewig dankbar, Lo. Ohne dieses Darlehen hätte ich es nicht kaufen können.«
»Du weißt, ich habe dir das Geld gern geliehen, und du bezahlst mir mehr Zinsen, als ich sie irgendwo sonst bekommen hätte. Aber ich vertraue einfach deinem Geschäftssinn nicht.«
»Das weiß ich«, sagte Anna, während sie sanft über ihre Frustration nachdachte. »Doch es wird Zeit, dass du damit anfängst. Du bist meine ältere Schwester, aber ich bin jetzt erwachsen, weißt du?«
»Siebenundzwanzig heißt nicht ...«
»Doch, das heißt es.«
»Das meinte ich nicht, natürlich bist du erwachsen, doch das ist dein gesamtes Kapital und ein Teil von meinem. Es ist dein Erbe.« »Ich weiß, dass das Geld nicht von der Zahnfee ist.«
Anna wünschte, sie hätte Bleistift und Papier und einen Platz zum Zeichnen - sie hätte einiges an Arbeit erledigen können, während dieses Gespräch sich in die Länge zog. Nicht dass das bei diesem Licht möglich gewesen wäre. Doch es war ihr einfach grässlich, Zeit zu verschwenden.
»Was ich sagen will, ist Folgendes«, fuhr Laura fort. »Du wirst dieses Geld nicht noch einmal von Granny bekommen. Und du könntest alles verlieren.«
Anna rutschte unbehaglich auf der Sprosse hin und her. »Ich sehe dieselben Fernsehsendungen wie du. Und ich bin mir genau wie du darüber im Klaren, dass es mit dem Grundstücksmarkt genauso bergab wie bergauf geht und all das. Ich habe die letzten fünf Jahre nicht mit einem Sack überm Kopf gelebt.«
Laura seufzte abermals. »Ich bin wahrscheinlich einfach eifersüchtig. Es hat so viel Spaß gemacht, die Wohnung in Spitalfields zusammen herzurichten.«
»Das stimmt«, gab Anna ihr recht, »doch ich bin jetzt ein großes Mädchen. Ich bin eine voll ausgebildete Innenarchitektin. Es wird Zeit für mich, etwas allein in die Hand zu nehmen.«
Schweigen folgte. Laura war offensichtlich immer noch nicht überzeugt. »Also, wie viel Geld hast du noch zum Leben übrig?«, versuchte sie es mit einer neuen Strategie. »Du wirst nicht alles selbst herrichten können, ganz gleich, wie geschickt du mit deiner Black & Decker und deinem Workmate bist - und ich gebe zu, du bist ziemlich geschickt. Und du musst immer noch die Hypothek abzahlen.«
»Ich habe eine etwas größere Hypothek aufgenommen, damit ich einen Teil davon benutzen kann, um sie abzuzahlen ... «
»Das klingt nicht besonders vernünftig.«
»Aber ich hatte ohnehin vor, mir einen Teilzeitjob zu suchen«, sagte Anna besänftigend, bevor Laura weitersprechen konnte, »nur um Leute kennenzulernen.«
»Ah! Du sorgst dich also bereits, dass du einsam sein könntest, und dabei hast du noch nicht einmal eine einzige Nacht in dem Haus verbracht! Verkauf es schnell, und dann versuchst du es mal hier oben, wo ich ein Auge auf dich haben kann. Vielleicht machst du ja sogar ein wenig Gewinn. Du könntest dich mit dem anderen Mann in Verbindung setzen, der Interesse hatte ... «
»Nein, Laura! Ich liebe dieses Haus! Ich werde es nicht verkaufen.«
Laura stürzte sich auf sie wie eine Katze auf eine in Tagträumen versunkene Maus. »Ah! Ich wusste es! Du hast dich in ein Investitionsprojekt verliebt. Ein fataler Fehler.«
Wie hatte ihr dieses Wort nur entschlüpfen können! Anna verfluchte sich für dieses Zeichen von Schwäche. »Ich habe nicht ›verliebt‹ gesagt«, erwiderte sie, wohl wissend, dass sie ziemlich jämmerlich klang. »›Verliebt sein‹ ist etwas ganz anderes, als etwas zu lieben.« Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie abwartete, ob ihre Schwester dieses ziemlich fragwürdige Argument schlucken würde.
»In Ordnung.« Laura schien sich endlich damit abzufinden. »Versprich mir nur, dass du es verkaufen wirst, wenn es fertig ist. Sich zu verlieben, ist immer ein Fehler.«
»Ich weiß.«
»Ob in Männer oder in Immobilien«, fügte ihre Schwester ominös hinzu.
»Ich bitte dich, Laura! Du und Will, ihr seid über alle Maßen glücklich. Ihr beide und die Jungen könntet die perfekte Familie sein!«
Laura lachte, verstrickt in ihr eigenes Argument. »Ich weiß, aber ...«
»Ihr habt alle gute Zähne und leuchtendes Haar. Ihr ernährt euch vernünftig ... «
»Bei diesem Gespräch geht es nicht um Will und die Jungen«, erklärte Laura entschieden.
»Ich weiß«, gab Anna zu, »doch ich hatte gehofft, ich könnte das Gespräch in diese Richtung lenken. Wie geht es denn mit Edwards Rechtschreibung voran?«
»Anna!«
»In Ordnung, aber ich möchte wirklich wissen, ob Jacob dieses abscheuliche Lesebuch endlich losgeworden ist.«
»O ja.« Einen Moment lang war ihre Schwester von ihrem Vorhaben, Annas Leben zu organisieren, abgelenkt. »Endlich. Aber zurück zu dir und der Tatsache, dass du dich verliebt hast ... «
Anna akzeptierte das Unvermeidliche. »Du vertraust nicht darauf, dass ich mich so vernünftig verlieben könnte, wie du es getan hast?«
Will war der perfekte Ehemann: Er war nicht nur liebevoll, gut aussehend und ein zuverlässiger Versorger der Familie, er besaß obendrein beträchtliche Qualitäten als Heimwerker.
Laura schwieg einen Moment lang, wahrscheinlich, weil ihr klar wurde, dass es ein großes Glück war, wenn man sich in den richtigen Menschen verliebte. Anna genoss die Ruhepause.
»So wie du das ausdrückst, klinge ich furchtbar herrisch.« Am anderen Ende der Leitung nickte Anna zustimmend. »Aber ich passe lediglich auf dich auf«, beharrte Laura. »Mum ist
in letzter Zeit ein wenig zu beschäftigt mit Peter und achtet nicht
darauf, was du so treibst.«
»Mum hat jedes Recht, von ihrem Ehemann besessen zu sein. Ich bin erwachsen.« Obwohl Anna sich langsam fragte, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach, schien ihre Schwester außerstande zu sein, diese Tatsache zu akzeptieren.
»Und natürlich bist du genauso gut wie ich imstande, dich in den richtigen Mann zu verlieben. Solange ich ihn mir vorher gründlich angesehen habe.« Zumindest schwang jetzt ein Lächeln in Lauras Stimme mit.
»Schön. Ich verspreche, ich werde niemanden heiraten, ohne mich mit dir zu beraten. Oh, ich kann die Jungen hören. Du wirst gebraucht, Laura.« Niemals hatte das Kreischen ihrer Neffen so liebenswert geklungen.
»O ja, ich mache besser Schluss. Wir reden bald wieder miteinander!«
»Geht klar.« Anna nahm die gekreuzten Finger auseinander, dann legte sie den Hörer auf und schob den Apparat in die kleine Nische in der Wand. Es war nur eine Notlüge, sagte sie sich, während sie in den Flur trat. Und man musste sich ein klein wenig in ein Projekt verlieben, um wirklich mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein. Was das andere betraf- dass sie sich in den richtigen Mann verlieben sollte -, dieses Schiff war ebenfalls in See gestochen. Anna hatte sich vor etlichen Jahren in den Falschen verliebt, und nicht einmal das Wissen, dass er der Falsche war, hatte einen Einfluss auf ihre Gefühle gehabt.
Einer der Gründe, warum sie sich das Haus überhaupt angesehen hatte, war Max gewesen und seine Bemerkung, dass seine Mutter hier in der Nähe lebe. Es war ihr als ein gutes Omen erschienen.
Anna blies die Kerze aus und ging dann vorsichtig rückwärts die Leiter hinunter, die ihr gegenwärtig als Treppe diente. Manchmal gestattete sie sich Tagträume, in denen sie seiner Mutter begegnete oder Max selbst, während er bei ihr zu Besuch war. Wenn sie diesem Traum nachhing, musste sie immer ein wenig kichern, auch wenn sie das eigentlich nicht wollte. Falls er ihr über den Weg lief, würde sie höchstwahrscheinlich Latzhosen und Sicherheitsstiefel tragen. Sie war zwar schon immer der Typ für Jeans und Pulli gewesen, doch jetzt trug sie praktische Sachen, die nur noch zweckmäßig waren und sonst gar nichts. Sie schwärmte schon sehr lange für ihn - seit Max als Gastdozent am College gewesen war -, und zwar immer noch mit gleicher Inbrunst.
Er war der heiße junge Architekt gewesen, der in seinem Unterricht auf sie eingegangen war und mit ihnen geredet hatte, und sie, Anna, war nur eine von vielen Studentinnen gewesen, die fleißig mitgeschrieben hatten. Sie wäre jede Wette eingegangen, dass sie nicht die Einzige war, die sich in ihn verliebt hatte. Er war so dynamisch gewesen und so vital. Nicht wirklich gut aussehend, aber mit einer so starken Persönlichkeit gesegnet, dass sein Aussehen keine Rolle spielte. Allerdings hatte sie niemals mit irgendjemandem über ihn gesprochen, ihre Schwester eingeschlossen, Gott sei Dank. Sie hatte nicht herausfinden wollen, dass er sich durch den halben Kursus geschlafen, sie selbst aber übergangen hatte.
Dann, bei ihrem Abschlussball, hatte er sie ausgewählt und mit ihr getanzt. Es war ganz am Schluss des Balls gewesen, und Anna hatte aufbrechen müssen, weil sie sich mit einer Gruppe von Kommilitonen ein Minitaxi für den Heimweg hatte teilen wollen. Max hatte gerade genug Zeit, seine Telefonnummer auf ein Zigarettenpäckchen zu schreiben. »Rufen Sie mich an«, sagte er mit einem heiseren Flüstern.
Anna hatte die feste Absicht, sich bei ihm zu melden, obwohl der Gedanke erschreckender war, als die Abschlussprüfungen es gewesen waren, aber dann zog irgendein grässlicher Bazillus sie für Tage aus dem Verkehr. Am ersten Tag, an dem sie wieder gesund genug war, um das Bett zu verlassen, war sie eben auf dem Weg zur Apotheke, als sie ihn sah - mit einer Frau. Anna lief nach Hause und zerriss und verbrannte das Stück von dem Zigarettenpäckchen. Erst zwei Tage später, als die letzten Reste des Bazillus sich verzogen hatten und sie sich wieder etwas sicherer auf den Beinen fühlte, wurde ihr klar, welche unglaubliche Dummheit sie begangen hatte. Die Frau konnte nur eine Freundin gewesen sein: seine Schwester, eine Kollegin, irgendjemand. Seither bedauerte sie ihre Torheit.
Anna ging in den einzigen Raum des Hauses, in dem sich der Elektrokessel und der Toaster hatten anschließen lassen. Außerdem hing dort ein kleines Handwaschbecken, sodass das Ganze als Küche durchgehen konnte. Um die Forderungen der Bank, einer ehemaligen Bausparkasse, zu erfüllen, hatte Anna den leicht angerosteten Herd und die rissige Spüle behalten, bis sie eine Hypothek bekommen hatte. Zu ihrem Glück hatte sich der Schätzer der Bank das Haus wegen dessen Lage und der relativ geringen Höhe der von ihr benötigten Summe nicht mit eigenen Augen ansehen müssen. Sich das Geld zu sichern, war gewissermaßen ein Spaziergang für sie gewesen.
Natürlich erschien ihr die Hypothek keineswegs klein, sondern riesengroß, aber vom Standpunkt der Bausparkasse aus betrachtet, handelte es sich um eine ziemlich unbedeutende Summe.
Während sie sich eine Tasse Tee kochte und die letzte Milch verbrauchte, zwang sie sich, nicht länger an den Mann zu denken, den sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, und rechnete sich aus, wie lange es dauern würde, bis Laura nicht mehr an sich halten konnte und mit ihrem handwerklich begabten Ehemann im Schlepptau über sie herfallen würde, um »ihr auf die Sprünge zu helfen«.
Anna liebte ihre Schwester sehr, und während ihres Zusammenlebens waren sie wunderbar zurechtgekommen. Aber seit Laura nicht länger da war, um ihre Dates zu überwachen, ihre Garderobe zu korrigieren und sie ganz allgemein zu bemuttern, wurde das Wort »tyrannisch« immer zutreffender. Wenn sie gewusst hätte, wo Anna ihre erste Nacht in ihrem ersten eigenen Zuhause - ihrem Investitionsprojekt, korrigierte sie sich hastig - zu verbringen vorhatte, hätte sie einen Tobsuchtsanfall erlitten. Laura würde einen Schlafsack und eine Campingmatte gewiss nicht als passende Ruhestätte ansehen, selbst wenn Anna dazu noch auf einige Decken zurückgreifen konnte. Aber tyrannisch hin oder her - ohne Lauras zusätzliches Kapital wäre die Hypothek viel größer gewesen.
Und Laura konnte Anna doch gewiss nicht zum Vorwurf machen, dass sie sich in das Cottage verliebt hatte, zumindest ein klein wenig. Es war himmlisch ... oder wäre es vielmehr gewesen, wenn es darin Böden, eine Treppe, eine richtige Küche und ein Badezimmer gegeben hätte. Die Vorbesitzer hatten all diese Dinge herausgerissen, und dann war ihnen entweder das Geld oder das Interesse ausgegangen. Der Makler war ziemlich verschlossen gewesen, was das betraf.
Während Anna auf den Bericht des Bauinspektors gewartet hatte, hatte sie eine Woche lang schlaflose Nächte verbracht. Sie war davon überzeugt, dass er irgendein schwerwiegendes Problem entdecken würde. Den Grund dafür, warum die früheren Besitzer etwas mit einem »derart großartigen Vermietungspotenzial«, wie der Makler es ausdrückte, einfach aufgegeben hatten.
Als aber der Bericht keine solchen Gründe offenbarte, entwickelte Anna ihre eigene Theorie: Wahrscheinlich war einfach zu wenig Substanz übrig geblieben, in der man Holzwurm oder Trockenfäule entdecken konnte. Aus dem Erdgeschoss war fast alles ausgeräumt worden, einschließlich der Dielenbretter. Wie gesagt, eine Treppe gab es nicht, daher war eine Leiter die einzige Möglichkeit, in den ersten Stock vorzudringen. Hier gab es zumindest einen Boden, auf dem man gehen konnte, aber kein Badezimmer. Und das oberste Geschoss, der Dachboden - Anna sah ihn vor ihrem inneren Auge bereits als wunderbare kleine Suite mit Schlafzimmer, Badezimmer und Ankleidezimmer -, schaute noch ziemlich genauso aus, wie er wohl schon vor Hunderten von Jahren ausgesehen hatte. Anna beabsichtigte, dort oben zu schlafen, sobald unten alles einigermaßen hergerichtet war - aber für den Augenblick hatte sie das Gefühl, dass es besser sei, sich nicht allzu weit vom eigentlichen Ort des Geschehens zu entfernen. Wenn sie auf dem Dachboden schlief, konnte der Rest des Hauses in Flammen aufgehen, und sie würde es erst bemerken, wenn es zu spät war. Sie hatte einen Rauchmelder gekauft und eingebaut, und das sogar ohne schwesterliche Ermahnungen.
Aufgrund des Mangels an Annehmlichkeiten war das Haus sehr günstig gewesen, wenn man seine Lage berücksichtigte - auf dem Land im Allgemeinen und in Amberford im Besonderen.
Es gehörte zu einer Reihe von Cottages, die im rechten Winkel von der Straße abzweigten. Ein Weg mit Blick auf das Dorf führte zwischen den Häusern und deren Gärten hindurch. Früher hatten die Gärten wahrscheinlich dem Gemüseanbau gedient und nicht Freizeitzwecken. Selbst heute wurde kein Platz für hohe Hecken oder Zäune zur Abgrenzung vergeudet, sodass das Gelände weitläufig und offen wirkte - was Anna gefiel. Laura würde sagen, dass die offene Anlage des Gartens den Wert minderte, aber direkt hinterm Haus gab es einen kleineren, abgeschlossenen Garten, und Kinder (wie Lauras zwei Söhne), die viel Platz zum Spielen brauchten, konnten dazu eine nicht allzu weit entfernte, ausgezeichnete öffentliche Fläche benutzen. Eine Kirche, eine Schule, ein Pub und der leicht erreichbare Bahnhof an einer Haupteisenbahnstrecke vervollständigten die Infrastruktur einer sehr erstrebenswerten Wohnlage. Es gab sogar einen Laden und ein Postamt und, nicht allzu weit entfernt, ein chinesisches Restaurant mit Straßenverkauf.
Allerdings hatte das Cottage nur zwei Schlafzimmer, und das, so würde Laura argumentieren, engte Annas Zielmarkt beträchtlich ein. Anna würde darauf vorbereitet sein. »So ist es als Wochenendhaus ideal«, würde sie entgegnen, obwohl ihr der Gedanke nicht gefiel, dass dergleichen aus blühenden Dörfern während der Woche recht gottverlassene Orte machte.
Sie hatte ihre Nachbarn noch nicht kennengelernt, und weil es bereits dunkel wurde und es Zeit war, in den Wohnungen Licht zu machen, würde ein Spaziergang entlang der Häuserreihe ihr verraten, welche Cottages dauerhaft bewohnt waren und welche nicht. Außerdem brauchte sie ohnehin einige Dinge aus dem Laden.
Es war eigenartig, so nahe an den Fenstern Fremder vorbeizugehen, und obwohl sie es sich nicht ganz verkneifen konnte, in die Häuser zu schauen, gestattete sie sich doch nur flüchtige Blicke. Glücklicherweise lag ihr Cottage am Ende der Reihe (sie würde ihrer Schwester erklären, dass ein »Endhaus« einem Mittelhaus stets vorgezogen würde), sodass niemand die Baustelle, die sie gegenwärtig ihr Zuhause nannte, allzu genauer Betrachtung unterziehen konnte.
Ihr unmittelbarer Nachbar lebte eindeutig dauerhaft im Dorf. Anna konnte Kinder hören, und es brannten überall Lampen. Im Vorbeigehen zeigte ihr ein Seitenblick durch das Küchenfenster ein tröstliches Maß an Unordnung. Annas Schwester war furchtbar penibel - der Punkt, der ihnen am häufigsten Streit beschert hatte. Anna wollte nicht Tür an Tür mit einem anderen Ordnungsfanatiker wohnen.
...
Übersetzung: Michaela Link
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Als die Kerze neben ihr flackerte, rutschte Anna vorsichtshalber auf der Sprosse der Leiter, auf der sie hockte, zur Seite. Langsam bedauerte sie, dass sie das Telefon so schnell hatte anschließen lassen. Der Handy-Empfang war sehr schlecht, und ohne Festnetz-Anschluss wäre sie fast unerreichbar gewesen. Aber wie die Dinge lagen, wurde ihr Ohr immer heißer und ihre Hand immer kälter, während ihre Schwester fortfuhr, sie zu verhören. Anna machte sich nicht die Mühe, ihr das Wort abzuschneiden - das würde später nur zu einem weiteren Telefongespräch führen. Also schob sie die freie Hand in ihren Ärmel und lauschte höflich. Ihre Latzhose war ziemlich warm, solange sie sich bewegte, doch jetzt begann sie, darin zu frieren.
»Warum bist du denn bloß noch mal dorthin gezogen?«, fragte Laura zum hundertsten Mal, wie es Anna schien. »Du weißt, dass Grundstücke hier oben in Yorkshire viel billiger sind. Wir hätten das Projekt gemeinsam in Angriff nehmen können. Das hätte viel mehr Spaß gemacht.«
Anna begann, von Neuem zu erklären - ziemlich geduldig, wie sie fand. »Ich wollte nicht so weit von London weg sein, und Amberford ist eine viel reizvollere Gegend. Von London aus gerade noch für Pendler erreichbar. Wir haben das alles schon besprochen.«
Laura seufzte. »Mir gefällt es einfach nicht, dass du das ganz allein tust, so weit von uns entfernt. Und ich wünschte wirklich, du hättest das Haus nicht so übereilt gekauft, ohne mir eine Chance zu geben, es mir zuerst anzusehen.«
Anna hatte tatsächlich leichte Gewissensbisse deswegen. »Es tut mir leid, aber ich musste mich sehr schnell entscheiden. Es gab noch jede Menge anderer Interessenten. Es war ein solches Schnäppchen.«
»Du warst eine Bargeldkäuferin«, stellte Laura gereizt fest.
Anna seufzte. »Ich weiß, und das habe ich zum Teil dir zu verdanken. Aber der andere Typ hatte ebenfalls Bargeld. Er hätte den Zuschlag bekommen, wenn ich nicht in der Lage gewesen wäre, sofort den Scheck für eine Anzahlung auszuschreiben.« Sie hielt inne. »Ich bin dir ewig dankbar, Lo. Ohne dieses Darlehen hätte ich es nicht kaufen können.«
»Du weißt, ich habe dir das Geld gern geliehen, und du bezahlst mir mehr Zinsen, als ich sie irgendwo sonst bekommen hätte. Aber ich vertraue einfach deinem Geschäftssinn nicht.«
»Das weiß ich«, sagte Anna, während sie sanft über ihre Frustration nachdachte. »Doch es wird Zeit, dass du damit anfängst. Du bist meine ältere Schwester, aber ich bin jetzt erwachsen, weißt du?«
»Siebenundzwanzig heißt nicht ...«
»Doch, das heißt es.«
»Das meinte ich nicht, natürlich bist du erwachsen, doch das ist dein gesamtes Kapital und ein Teil von meinem. Es ist dein Erbe.« »Ich weiß, dass das Geld nicht von der Zahnfee ist.«
Anna wünschte, sie hätte Bleistift und Papier und einen Platz zum Zeichnen - sie hätte einiges an Arbeit erledigen können, während dieses Gespräch sich in die Länge zog. Nicht dass das bei diesem Licht möglich gewesen wäre. Doch es war ihr einfach grässlich, Zeit zu verschwenden.
»Was ich sagen will, ist Folgendes«, fuhr Laura fort. »Du wirst dieses Geld nicht noch einmal von Granny bekommen. Und du könntest alles verlieren.«
Anna rutschte unbehaglich auf der Sprosse hin und her. »Ich sehe dieselben Fernsehsendungen wie du. Und ich bin mir genau wie du darüber im Klaren, dass es mit dem Grundstücksmarkt genauso bergab wie bergauf geht und all das. Ich habe die letzten fünf Jahre nicht mit einem Sack überm Kopf gelebt.«
Laura seufzte abermals. »Ich bin wahrscheinlich einfach eifersüchtig. Es hat so viel Spaß gemacht, die Wohnung in Spitalfields zusammen herzurichten.«
»Das stimmt«, gab Anna ihr recht, »doch ich bin jetzt ein großes Mädchen. Ich bin eine voll ausgebildete Innenarchitektin. Es wird Zeit für mich, etwas allein in die Hand zu nehmen.«
Schweigen folgte. Laura war offensichtlich immer noch nicht überzeugt. »Also, wie viel Geld hast du noch zum Leben übrig?«, versuchte sie es mit einer neuen Strategie. »Du wirst nicht alles selbst herrichten können, ganz gleich, wie geschickt du mit deiner Black & Decker und deinem Workmate bist - und ich gebe zu, du bist ziemlich geschickt. Und du musst immer noch die Hypothek abzahlen.«
»Ich habe eine etwas größere Hypothek aufgenommen, damit ich einen Teil davon benutzen kann, um sie abzuzahlen ... «
»Das klingt nicht besonders vernünftig.«
»Aber ich hatte ohnehin vor, mir einen Teilzeitjob zu suchen«, sagte Anna besänftigend, bevor Laura weitersprechen konnte, »nur um Leute kennenzulernen.«
»Ah! Du sorgst dich also bereits, dass du einsam sein könntest, und dabei hast du noch nicht einmal eine einzige Nacht in dem Haus verbracht! Verkauf es schnell, und dann versuchst du es mal hier oben, wo ich ein Auge auf dich haben kann. Vielleicht machst du ja sogar ein wenig Gewinn. Du könntest dich mit dem anderen Mann in Verbindung setzen, der Interesse hatte ... «
»Nein, Laura! Ich liebe dieses Haus! Ich werde es nicht verkaufen.«
Laura stürzte sich auf sie wie eine Katze auf eine in Tagträumen versunkene Maus. »Ah! Ich wusste es! Du hast dich in ein Investitionsprojekt verliebt. Ein fataler Fehler.«
Wie hatte ihr dieses Wort nur entschlüpfen können! Anna verfluchte sich für dieses Zeichen von Schwäche. »Ich habe nicht ›verliebt‹ gesagt«, erwiderte sie, wohl wissend, dass sie ziemlich jämmerlich klang. »›Verliebt sein‹ ist etwas ganz anderes, als etwas zu lieben.« Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie abwartete, ob ihre Schwester dieses ziemlich fragwürdige Argument schlucken würde.
»In Ordnung.« Laura schien sich endlich damit abzufinden. »Versprich mir nur, dass du es verkaufen wirst, wenn es fertig ist. Sich zu verlieben, ist immer ein Fehler.«
»Ich weiß.«
»Ob in Männer oder in Immobilien«, fügte ihre Schwester ominös hinzu.
»Ich bitte dich, Laura! Du und Will, ihr seid über alle Maßen glücklich. Ihr beide und die Jungen könntet die perfekte Familie sein!«
Laura lachte, verstrickt in ihr eigenes Argument. »Ich weiß, aber ...«
»Ihr habt alle gute Zähne und leuchtendes Haar. Ihr ernährt euch vernünftig ... «
»Bei diesem Gespräch geht es nicht um Will und die Jungen«, erklärte Laura entschieden.
»Ich weiß«, gab Anna zu, »doch ich hatte gehofft, ich könnte das Gespräch in diese Richtung lenken. Wie geht es denn mit Edwards Rechtschreibung voran?«
»Anna!«
»In Ordnung, aber ich möchte wirklich wissen, ob Jacob dieses abscheuliche Lesebuch endlich losgeworden ist.«
»O ja.« Einen Moment lang war ihre Schwester von ihrem Vorhaben, Annas Leben zu organisieren, abgelenkt. »Endlich. Aber zurück zu dir und der Tatsache, dass du dich verliebt hast ... «
Anna akzeptierte das Unvermeidliche. »Du vertraust nicht darauf, dass ich mich so vernünftig verlieben könnte, wie du es getan hast?«
Will war der perfekte Ehemann: Er war nicht nur liebevoll, gut aussehend und ein zuverlässiger Versorger der Familie, er besaß obendrein beträchtliche Qualitäten als Heimwerker.
Laura schwieg einen Moment lang, wahrscheinlich, weil ihr klar wurde, dass es ein großes Glück war, wenn man sich in den richtigen Menschen verliebte. Anna genoss die Ruhepause.
»So wie du das ausdrückst, klinge ich furchtbar herrisch.« Am anderen Ende der Leitung nickte Anna zustimmend. »Aber ich passe lediglich auf dich auf«, beharrte Laura. »Mum ist
in letzter Zeit ein wenig zu beschäftigt mit Peter und achtet nicht
darauf, was du so treibst.«
»Mum hat jedes Recht, von ihrem Ehemann besessen zu sein. Ich bin erwachsen.« Obwohl Anna sich langsam fragte, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach, schien ihre Schwester außerstande zu sein, diese Tatsache zu akzeptieren.
»Und natürlich bist du genauso gut wie ich imstande, dich in den richtigen Mann zu verlieben. Solange ich ihn mir vorher gründlich angesehen habe.« Zumindest schwang jetzt ein Lächeln in Lauras Stimme mit.
»Schön. Ich verspreche, ich werde niemanden heiraten, ohne mich mit dir zu beraten. Oh, ich kann die Jungen hören. Du wirst gebraucht, Laura.« Niemals hatte das Kreischen ihrer Neffen so liebenswert geklungen.
»O ja, ich mache besser Schluss. Wir reden bald wieder miteinander!«
»Geht klar.« Anna nahm die gekreuzten Finger auseinander, dann legte sie den Hörer auf und schob den Apparat in die kleine Nische in der Wand. Es war nur eine Notlüge, sagte sie sich, während sie in den Flur trat. Und man musste sich ein klein wenig in ein Projekt verlieben, um wirklich mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein. Was das andere betraf- dass sie sich in den richtigen Mann verlieben sollte -, dieses Schiff war ebenfalls in See gestochen. Anna hatte sich vor etlichen Jahren in den Falschen verliebt, und nicht einmal das Wissen, dass er der Falsche war, hatte einen Einfluss auf ihre Gefühle gehabt.
Einer der Gründe, warum sie sich das Haus überhaupt angesehen hatte, war Max gewesen und seine Bemerkung, dass seine Mutter hier in der Nähe lebe. Es war ihr als ein gutes Omen erschienen.
Anna blies die Kerze aus und ging dann vorsichtig rückwärts die Leiter hinunter, die ihr gegenwärtig als Treppe diente. Manchmal gestattete sie sich Tagträume, in denen sie seiner Mutter begegnete oder Max selbst, während er bei ihr zu Besuch war. Wenn sie diesem Traum nachhing, musste sie immer ein wenig kichern, auch wenn sie das eigentlich nicht wollte. Falls er ihr über den Weg lief, würde sie höchstwahrscheinlich Latzhosen und Sicherheitsstiefel tragen. Sie war zwar schon immer der Typ für Jeans und Pulli gewesen, doch jetzt trug sie praktische Sachen, die nur noch zweckmäßig waren und sonst gar nichts. Sie schwärmte schon sehr lange für ihn - seit Max als Gastdozent am College gewesen war -, und zwar immer noch mit gleicher Inbrunst.
Er war der heiße junge Architekt gewesen, der in seinem Unterricht auf sie eingegangen war und mit ihnen geredet hatte, und sie, Anna, war nur eine von vielen Studentinnen gewesen, die fleißig mitgeschrieben hatten. Sie wäre jede Wette eingegangen, dass sie nicht die Einzige war, die sich in ihn verliebt hatte. Er war so dynamisch gewesen und so vital. Nicht wirklich gut aussehend, aber mit einer so starken Persönlichkeit gesegnet, dass sein Aussehen keine Rolle spielte. Allerdings hatte sie niemals mit irgendjemandem über ihn gesprochen, ihre Schwester eingeschlossen, Gott sei Dank. Sie hatte nicht herausfinden wollen, dass er sich durch den halben Kursus geschlafen, sie selbst aber übergangen hatte.
Dann, bei ihrem Abschlussball, hatte er sie ausgewählt und mit ihr getanzt. Es war ganz am Schluss des Balls gewesen, und Anna hatte aufbrechen müssen, weil sie sich mit einer Gruppe von Kommilitonen ein Minitaxi für den Heimweg hatte teilen wollen. Max hatte gerade genug Zeit, seine Telefonnummer auf ein Zigarettenpäckchen zu schreiben. »Rufen Sie mich an«, sagte er mit einem heiseren Flüstern.
Anna hatte die feste Absicht, sich bei ihm zu melden, obwohl der Gedanke erschreckender war, als die Abschlussprüfungen es gewesen waren, aber dann zog irgendein grässlicher Bazillus sie für Tage aus dem Verkehr. Am ersten Tag, an dem sie wieder gesund genug war, um das Bett zu verlassen, war sie eben auf dem Weg zur Apotheke, als sie ihn sah - mit einer Frau. Anna lief nach Hause und zerriss und verbrannte das Stück von dem Zigarettenpäckchen. Erst zwei Tage später, als die letzten Reste des Bazillus sich verzogen hatten und sie sich wieder etwas sicherer auf den Beinen fühlte, wurde ihr klar, welche unglaubliche Dummheit sie begangen hatte. Die Frau konnte nur eine Freundin gewesen sein: seine Schwester, eine Kollegin, irgendjemand. Seither bedauerte sie ihre Torheit.
Anna ging in den einzigen Raum des Hauses, in dem sich der Elektrokessel und der Toaster hatten anschließen lassen. Außerdem hing dort ein kleines Handwaschbecken, sodass das Ganze als Küche durchgehen konnte. Um die Forderungen der Bank, einer ehemaligen Bausparkasse, zu erfüllen, hatte Anna den leicht angerosteten Herd und die rissige Spüle behalten, bis sie eine Hypothek bekommen hatte. Zu ihrem Glück hatte sich der Schätzer der Bank das Haus wegen dessen Lage und der relativ geringen Höhe der von ihr benötigten Summe nicht mit eigenen Augen ansehen müssen. Sich das Geld zu sichern, war gewissermaßen ein Spaziergang für sie gewesen.
Natürlich erschien ihr die Hypothek keineswegs klein, sondern riesengroß, aber vom Standpunkt der Bausparkasse aus betrachtet, handelte es sich um eine ziemlich unbedeutende Summe.
Während sie sich eine Tasse Tee kochte und die letzte Milch verbrauchte, zwang sie sich, nicht länger an den Mann zu denken, den sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, und rechnete sich aus, wie lange es dauern würde, bis Laura nicht mehr an sich halten konnte und mit ihrem handwerklich begabten Ehemann im Schlepptau über sie herfallen würde, um »ihr auf die Sprünge zu helfen«.
Anna liebte ihre Schwester sehr, und während ihres Zusammenlebens waren sie wunderbar zurechtgekommen. Aber seit Laura nicht länger da war, um ihre Dates zu überwachen, ihre Garderobe zu korrigieren und sie ganz allgemein zu bemuttern, wurde das Wort »tyrannisch« immer zutreffender. Wenn sie gewusst hätte, wo Anna ihre erste Nacht in ihrem ersten eigenen Zuhause - ihrem Investitionsprojekt, korrigierte sie sich hastig - zu verbringen vorhatte, hätte sie einen Tobsuchtsanfall erlitten. Laura würde einen Schlafsack und eine Campingmatte gewiss nicht als passende Ruhestätte ansehen, selbst wenn Anna dazu noch auf einige Decken zurückgreifen konnte. Aber tyrannisch hin oder her - ohne Lauras zusätzliches Kapital wäre die Hypothek viel größer gewesen.
Und Laura konnte Anna doch gewiss nicht zum Vorwurf machen, dass sie sich in das Cottage verliebt hatte, zumindest ein klein wenig. Es war himmlisch ... oder wäre es vielmehr gewesen, wenn es darin Böden, eine Treppe, eine richtige Küche und ein Badezimmer gegeben hätte. Die Vorbesitzer hatten all diese Dinge herausgerissen, und dann war ihnen entweder das Geld oder das Interesse ausgegangen. Der Makler war ziemlich verschlossen gewesen, was das betraf.
Während Anna auf den Bericht des Bauinspektors gewartet hatte, hatte sie eine Woche lang schlaflose Nächte verbracht. Sie war davon überzeugt, dass er irgendein schwerwiegendes Problem entdecken würde. Den Grund dafür, warum die früheren Besitzer etwas mit einem »derart großartigen Vermietungspotenzial«, wie der Makler es ausdrückte, einfach aufgegeben hatten.
Als aber der Bericht keine solchen Gründe offenbarte, entwickelte Anna ihre eigene Theorie: Wahrscheinlich war einfach zu wenig Substanz übrig geblieben, in der man Holzwurm oder Trockenfäule entdecken konnte. Aus dem Erdgeschoss war fast alles ausgeräumt worden, einschließlich der Dielenbretter. Wie gesagt, eine Treppe gab es nicht, daher war eine Leiter die einzige Möglichkeit, in den ersten Stock vorzudringen. Hier gab es zumindest einen Boden, auf dem man gehen konnte, aber kein Badezimmer. Und das oberste Geschoss, der Dachboden - Anna sah ihn vor ihrem inneren Auge bereits als wunderbare kleine Suite mit Schlafzimmer, Badezimmer und Ankleidezimmer -, schaute noch ziemlich genauso aus, wie er wohl schon vor Hunderten von Jahren ausgesehen hatte. Anna beabsichtigte, dort oben zu schlafen, sobald unten alles einigermaßen hergerichtet war - aber für den Augenblick hatte sie das Gefühl, dass es besser sei, sich nicht allzu weit vom eigentlichen Ort des Geschehens zu entfernen. Wenn sie auf dem Dachboden schlief, konnte der Rest des Hauses in Flammen aufgehen, und sie würde es erst bemerken, wenn es zu spät war. Sie hatte einen Rauchmelder gekauft und eingebaut, und das sogar ohne schwesterliche Ermahnungen.
Aufgrund des Mangels an Annehmlichkeiten war das Haus sehr günstig gewesen, wenn man seine Lage berücksichtigte - auf dem Land im Allgemeinen und in Amberford im Besonderen.
Es gehörte zu einer Reihe von Cottages, die im rechten Winkel von der Straße abzweigten. Ein Weg mit Blick auf das Dorf führte zwischen den Häusern und deren Gärten hindurch. Früher hatten die Gärten wahrscheinlich dem Gemüseanbau gedient und nicht Freizeitzwecken. Selbst heute wurde kein Platz für hohe Hecken oder Zäune zur Abgrenzung vergeudet, sodass das Gelände weitläufig und offen wirkte - was Anna gefiel. Laura würde sagen, dass die offene Anlage des Gartens den Wert minderte, aber direkt hinterm Haus gab es einen kleineren, abgeschlossenen Garten, und Kinder (wie Lauras zwei Söhne), die viel Platz zum Spielen brauchten, konnten dazu eine nicht allzu weit entfernte, ausgezeichnete öffentliche Fläche benutzen. Eine Kirche, eine Schule, ein Pub und der leicht erreichbare Bahnhof an einer Haupteisenbahnstrecke vervollständigten die Infrastruktur einer sehr erstrebenswerten Wohnlage. Es gab sogar einen Laden und ein Postamt und, nicht allzu weit entfernt, ein chinesisches Restaurant mit Straßenverkauf.
Allerdings hatte das Cottage nur zwei Schlafzimmer, und das, so würde Laura argumentieren, engte Annas Zielmarkt beträchtlich ein. Anna würde darauf vorbereitet sein. »So ist es als Wochenendhaus ideal«, würde sie entgegnen, obwohl ihr der Gedanke nicht gefiel, dass dergleichen aus blühenden Dörfern während der Woche recht gottverlassene Orte machte.
Sie hatte ihre Nachbarn noch nicht kennengelernt, und weil es bereits dunkel wurde und es Zeit war, in den Wohnungen Licht zu machen, würde ein Spaziergang entlang der Häuserreihe ihr verraten, welche Cottages dauerhaft bewohnt waren und welche nicht. Außerdem brauchte sie ohnehin einige Dinge aus dem Laden.
Es war eigenartig, so nahe an den Fenstern Fremder vorbeizugehen, und obwohl sie es sich nicht ganz verkneifen konnte, in die Häuser zu schauen, gestattete sie sich doch nur flüchtige Blicke. Glücklicherweise lag ihr Cottage am Ende der Reihe (sie würde ihrer Schwester erklären, dass ein »Endhaus« einem Mittelhaus stets vorgezogen würde), sodass niemand die Baustelle, die sie gegenwärtig ihr Zuhause nannte, allzu genauer Betrachtung unterziehen konnte.
Ihr unmittelbarer Nachbar lebte eindeutig dauerhaft im Dorf. Anna konnte Kinder hören, und es brannten überall Lampen. Im Vorbeigehen zeigte ihr ein Seitenblick durch das Küchenfenster ein tröstliches Maß an Unordnung. Annas Schwester war furchtbar penibel - der Punkt, der ihnen am häufigsten Streit beschert hatte. Anna wollte nicht Tür an Tür mit einem anderen Ordnungsfanatiker wohnen.
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Übersetzung: Michaela Link
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Katie Fforde
Katie Fforde lebt mit ihrer Familie in Gloucestershire und hat bislang 15 Romane veröffentlicht, die in England allesamt Bestseller waren. Wenn sie gerade mal nicht schreibt, hält sie sich mit Gesang, Flamencotanz und Huskyrennen fit.
Bibliographische Angaben
- Autor: Katie Fforde
- 1312 Seiten, Maße: 13,3 x 19,1 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 386365109X
- ISBN-13: 9783863651091
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