Das Spiel der Könige / Waringham Saga Bd.3
Historischer Roman
England 1455: Der achtzehnjährige Julian of Waringham ist der Schandfleck der Familie, weil er lieber den Duke of York auf dem Thron sähe als den jämmerlichen König Henry aus dem Hause Lancaster. Erst als der Kampf um Englands Krone...
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Produktinformationen zu „Das Spiel der Könige / Waringham Saga Bd.3 “
England 1455: Der achtzehnjährige Julian of Waringham ist der Schandfleck der Familie, weil er lieber den Duke of York auf dem Thron sähe als den jämmerlichen König Henry aus dem Hause Lancaster. Erst als der Kampf um Englands Krone offen ausbricht und Julian unverhofft Earl of Warinham wird, erkennt er, auf welche Seite in diesem bitteren Konflikt zwischen Lancaster und York er gehört.
Auch Julians Zwillingsschwester Blanche ist ein schwarzes Schaf: Auf der Flucht vor dem englischen Gesetz verschlägt es sie nach Wales, wo sie ausgerechnet mit Jasper Tudor, König Henrys Halbbruder, eine Liaison eingeht. In England wie in Wales führen die Lancastrianer einen verzweifelten Kampf, bis schließlich mit Edward IV. der erste König aus dem Hause York die Krone erringt. Für Julian und Blanche brechen schwere Zeiten an, und mit dem Widerstand gegen das neue Regime riskieren sie nicht nur ihr eigenes Leben. Denn in den Klauen der Yorkisten wächst in Wales ein Junge heran, der Englands letzte Hoffnung sein könnte.
Auch Julians Zwillingsschwester Blanche ist ein schwarzes Schaf: Auf der Flucht vor dem englischen Gesetz verschlägt es sie nach Wales, wo sie ausgerechnet mit Jasper Tudor, König Henrys Halbbruder, eine Liaison eingeht. In England wie in Wales führen die Lancastrianer einen verzweifelten Kampf, bis schließlich mit Edward IV. der erste König aus dem Hause York die Krone erringt. Für Julian und Blanche brechen schwere Zeiten an, und mit dem Widerstand gegen das neue Regime riskieren sie nicht nur ihr eigenes Leben. Denn in den Klauen der Yorkisten wächst in Wales ein Junge heran, der Englands letzte Hoffnung sein könnte.
Klappentext zu „Das Spiel der Könige / Waringham Saga Bd.3 “
England 1455: Der Bruderkrieg zwischen Lancaster und York um den englischen Thron macht den achtzehnjährigen Julian unverhofft zum Earl of Waringham. Als mit Edward IV. der erste König des Hauses York die Krone erringt, brechen für Julian schwere Zeiten an. Obwohl er ahnt, dass Edward seinem Land ein guter König sein könnte, schließt er sich dem lancastrianischen Widerstand unter der entthronten Königin Marguerite an, denn sie hat ihre ganz eigenen Methoden, sich seiner Vasallentreue zu versichern. Und die Tatsache, dass seine Zwillingsschwester eine gesuchte Verbrecherin ist, macht Julian verwundbar ...
England 1455: Der achtzehnjährige Julian of Waringham ist der Schandfleck der Familie, weil er lieber den Duke of York auf dem Thron sähe als den jämmerlichen König Henry aus dem Hause Lancaster. Erst als der Kampf um Englands Krone offen ausbricht und Julian unverhofft Earl of Warinham wird, erkennt er, auf welche Seite in diesem bitteren Konflikt zwischen Lancaster und York er gehört. Auch Julians Zwillingsschwester Blanche ist ein schwarzes Schaf: Auf der Flucht vor dem englischen Gesetz verschlägt es sie nach Wales, wo sie ausgerechnet mit Jasper Tudor, König Henrys Halbbruder, eine Liaison eingeht. In England wie in Wales führen die Lancastrianer einen verzweifelten Kampf, bis schließlich mit Edward IV. der erste König aus dem Hause York die Krone erringt. Für Julian und Blanche brechen schwere Zeiten an, und mit dem Widerstand gegen das neue Regime riskieren sie nicht nur ihr eigenes Leben. Denn in den Klauen der Yorkisten wächst in Wales ein Junge heran, der Englands letzte Hoffnung sein könnte ...
Lese-Probe zu „Das Spiel der Könige / Waringham Saga Bd.3 “
Das Spiel der Könige von Rebecca Gablé St. Albans, Mai »Edmund, das ist Wahnsinn!«, rief John of Waringham über das Waffenklirren hinweg. »Wir müssen den König in Sicherheit bringen!«Edmund Beaufort, der Duke of Somerset, hob kurz die Linke, um anzuzeigen, dass er ihn gehört hatte. Ein wenig ratlos sah er sich auf dem Marktplatz des verschlafenen Städtchens um, der so gänzlich unerwartet zum Schlachtfeld geworden war. Es herrschte ein unüberschaubares Gedränge: Wohin das Auge blickte, waren Ritter und Soldaten in erbitterte Zweikämpfe verwickelt und stolperten über die reglosen Leiber der ersten
Gefallenen. Es war kurz vor Mittag, und seit einer halben Stunde währte die Schlacht. Die Männer der Leibgarde hatten einen schützenden Ring um ihren König gebildet, doch allmählich bekam dieser Schutzwall Lücken. Vier Pfeile, die fast gleichzeitig aus dem Nichts auf sie zugeschossen kamen, fanden ein Ziel: Drei Männer sanken tödlich getroffen zu Boden, das vierte Geschoss verfehlte John
so knapp, dass er die Beederung über sein Ohr streicheln fühlte, und streifte den König dann am Hals. Henry schrie auf. John fuhr herum. »Sire! Oh, süßer Jesus …« Er machte einen Schritt auf ihn zu, die Schlacht vergessen. König Henry hatte die rechte Hand oberhalb des linken Schlüsselbeins an den Hals gepresst, und Blut quoll zwischen den Fingern hervor. Aber er schüttelte den Kopf. »Es ist nichts,
... mehr
John.« »Mein König, warum …« habt Ihr Eure Klinge nicht gezogen?, wollte John fragen, als er einen eigentümlichen Schlag im Rücken spürte. Ein sengender Schmerz durchzuckte seinen Leib, und dann sah er fassungslos eine blutige Schwertspitze aus seinem Brustpanzer stoßen. Keine Handbreit unterhalb des Herzens. »Sire … Eure Waffen. Ihr müsst …« Er brach ab, als der Schmerz zurückkehrte und die Schwertspitze verschwand. Helles Blut sprudelte aus dem Schlitz in seiner Rüstung, und ganz plötzlich gaben seine Knie nach. Im Sturz hörte John den König seinen Namen rufen. Es klang angstvoll, beinah verzweifelt, aber die Stimme entfernte sich schon. John war auf der rechten Seite gelandet und hatte sein eigenes Schwert unter sich begraben. Mühsam hob er den Kopf und stellte erleichtert fest, dass seine Männer jetzt einen engeren Ring um den König geschlossen hatten und ihn aus dem Kampfgetümmel in eins der bescheidenen Holzhäuser am Marktplatz brachten. Langsam ließ sich John auf den Rücken fallen. Er starrte in den wolkenlosen Maihimmel. Was für ein Wetter, um zu sterben, dachte er, und dann: Ich wünschte, ich hätte dich noch ein einziges Mal sehen können, Juliana. Aber irgendwie haben wir beide gewusst, dass dies hier passieren würde, nicht wahr? Unter Anstrengung hob er den Kopf und erwartete, das Gesicht des Mannes zu sehen, der ihn verwundet hatte. Stattdessen fiel sein Blick auf seinen ältesten Freund, der neben ihm im Staub kniete und ihm sprachlos die Hand auf die Schulter legte. »Owen.« Es war nur ein Flüstern. Rote Bläschen bildeten sich in Johns Mundwinkeln. Er bekam kaum noch Luft. »Ich schaff dich hier weg«, sagte Owen Tudor. »Spar dir die Mühe.« Aber wie so oft in der Vergangenheit hörte Tudor auch dieses Mal nicht auf ihn. Er zog ihn unsanft an den Armen hoch und warf ihn sich über die Schulter. John hätte geschrien, wenn er nur hätte atmen können. Tudor schenkte der Schlacht um sie herum nicht mehr Beachtung als Bäumen am Wegesrand. Ohne große Mühe bahnte er sich einen Weg, trug seinen Freund aus dem Getümmel und in den Klostergarten, wo er ihn im Schatten einer Buche ins Gras gleiten ließ. Das Gesicht des Verwundeten war bläulich. Schweiß rann von der Stirn über die Schläfen und versickerte in den immer noch schwarzen Locken. »War’s Arthur Scrope?«, fragte John. »Wer sonst würde den Captain der königlichen Leibwache feige von hinten niedermachen«, antwortete sein walisischer Freund. »Ich hab mir einmal geschworen, ihm niemals den Rücken zuzukehren … Daran hätte ich mich halten sollen.« »Ich werd ihn kriegen, John«, versprach Tudor. »Er war schneller verschwunden, als das Auge folgen konnte. Aber ich hol ihn mir.«
John keuchte. »Owen … Oh, süßer Jesus.« Er kniff die Augen zu. Seine Mundwinkel zuckten, und sein Atem wurde flacher. »Owen, würdest du …« »Ja. Ich reite nach Waringham zu deiner Frau. Willst du einen Priester?« John schüttelte den Kopf. Er wollte in der Tat einen Priester, aber er wusste, ehe Tudor mit geistlichem Beistand zurückkäme, wäre er längst tot, und er hatte noch zwei wichtige Dinge
zu sagen. »Geh zu Julian«, bat er flüsternd. Tudor nickte »Sag ihm, es tut mir leid. Das … tut es wirklich. Sag ihm, ich bitte ihn um Vergebung und sende ihm meinen Segen. Wirst du das für mich tun?« Owen Tudor nahm die zitternde, kalte Hand, die rastlos durchs Gras strich, und hielt sie mit seinen beiden. »Natürlich.« Er blinzelte und legte den Kopf einen Moment in den Nacken. »Und er soll für mich beten«, fuhr John kaum noch hörbar fort. »Ihr alle werdet für meine Seele beten müssen, denn ich fürchte, ich muss noch eine schreckliche Sünde begehen … ehe ich diese Welt verlasse.«
Tudor wusste, es wäre seine Christenpicht gewesen, den Freund von dieser Sünde abzuhalten, aber er brachte es nicht fertig. Außerdem konnte er seiner Stimme nicht trauen. »Richard of York.« Johns Stimme klang wie ein Seufzen – liebevoll, hätte man meinen können. »Alles Unglück, das über
uns gekommen ist, hast du verschuldet. Du hast Somerset in den Freitod getrieben. Du trägst die Schuld an meinem Zerwürfnis mit meinem geliebten Sohn. Du hast den Seelenfrieden meines Königs zerstört, der … der auch dein König ist und der dich liebt. Aber du rebellierst gegen ihn und willst seine
Krone. Darum … verfluche ich dich mit meinem letzten Atemzug: Möge dieser gottlose Bruderkrieg, den du angezettelt hast, dich das Leben kosten. Mögen … deine Söhne und die Söhne deiner Söhne ihm zum Opfer fallen, verraten und ermordet, so wie du deinen König verraten und mich ermordet hast, und möge … dein Geschlecht verlöschen.« Noch einmal verstärkte sich der Druck seiner Hand in der seines Freundes, dann wurde der Griff schlaff, und das mühsame Atmen verstummte. Tudor schaute noch ein letztes Mal in die blauen Augen, schloss mit der Linken behutsam die Lider, beugte sich vor, um dem Toten die Stirn zu küssen, und faltete ihm die Hände auf der Brust. »Mögest du aber Frieden finden, John of Waringham. Gott weiß, du hast ihn verdient.« Eine Weile kniete er mit gesenktem Kopf an Johns Seite, aber er wusste, er durfte sich nicht viel Zeit gönnen, um den toten
Freund zu betrauern. Darum erhob er sich bald und schaute sich rasch im Klostergarten um. An einem der Rosenbüsche entdeckte er eine erste rote Knospe. Er schnitt sie mit seinem Jagdmesser ab, schob dem Toten die Blume unter die gefalteten Hände und machte sich dann auf die Suche nach seinem Stiefsohn, dem König.
Waringham, Mai 1455
Der Hundezwinger war in einer Holzbaracke am Fuß der Burgmauer untergebracht, auf der Südseite des Innenhofs. Schon auf etliche Schritte Entfernung hörte man frenetisches Gebell. Adam, der junge Gehilfe des Hundeführers, runzelte verwundert die Stirn und sah zur Sonne. »Früh dran mit dem Füttern«, murmelte er, verfrachtete den Strohballen unter den linken Arm und stieß mit der Rechten
die Tür auf. Schlagartig wurde das Gebell ohrenbetäubend, und der Gestank von nassem Fell und Hundekot schlug ihm entgegen. Adam nahm ihn kaum wahr, denn er war an den Geruch gewöhnt. Eher ungewöhnlich war hingegen der hohe Besuch im Hundezwinger. »Mylord«, grüßte der junge Mann verblüfft. Robert of Waringham hörte ihn nicht, denn das Getöse der Hunde übertönte alles. Gemeinsam mit Walter, seinem Hundeführer, stand der Earl über die Wand zum Verschlag der Jagdhunde gebeugt, warf ihnen blutige Fleischbatzen zu und beobachtete gebannt, wie sie darum rauften. »Morgen«, versprach er den Tieren. »Morgen bekommt ihr Auslauf und frische Beute.« Er lachte, und Adam sah die blauen Augen vor freudiger Erwartung leuchten. Dir ist jedes blutige Spektakel recht, was?, fuhr es dem Knecht durch den Kopf. Er trug sein Stroh auf die andere Seite
des dämmrigen Schuppens, wo in einem kleineren Verschlag eine Hündin mit ihrem Wurf untergebracht war. Er stieg über die niedrige Trennwand. »Jetzt mach ich euch ein schönes frisches
Bettchen, was sagst du dazu, Diana.« Die Hündin hatte den Kopf gehoben und folgte jeder seiner
Bewegungen mit ihren klugen, braunen Augen, aber sie knurrte nicht. Adam war ihr vertraut. Sie ließ gar zu, dass er die vier Welpen, die nicht größer als sein Handteller waren, aufhob und in eine strohgepolsterte Kiste legte. »Da, ihr Helden. Damit ich euch nicht versehentlich mit dem dreckigen Stroh zusammenkehre.« Sie gaben kleine, herzerweichende Fieplaute von sich. Behutsam strich er ihnen mit dem Zeigenger über die Köpfe. Dann stellte er die Kiste beiseite und machte sich an die Arbeit. Diana beschloss, ihm das Leben heute ausnahmsweise einmal leicht zu machen, und stand freiwillig auf. Ihre schweren Zitzen schaukelten sacht. Rasch hatte Adam das verschmutzte Stroh zusammengekehrt und neues ausgebreitet. Gerade wollte er die Welpen wieder zu ihrer Mutter legen, als er unsanft am Ohr gepackt und herumgerissen wurde. »Mit dir hab ich ein Wörtchen zu reden«, verkündete Robert of Waringham. »Mylord?« Adam bemühte sich, aufrecht zu stehen, aber der Earl verdrehte ihm das Ohr so schmerzhaft, dass er den Kopf unfreiwillig senkte und zur Seite bog. Diana knurrte. Es war ein leiser, kehliger Laut, eine höfliche Warnung. »Was fällt dir ein, du ungehobelter Lump, hier hereinzukommen, ohne zu grüßen?«, schnauzte Waringham. Wider besseres Wissen gab Adam zurück: »Das hab ich. Ihr habt mich nur nicht gehört.« Das bescherte ihm eine schallende Ohrfeige. Adam war weder besonders beeindruckt noch überrascht. Er hielt den Blick auf den Boden gerichtet und schärfte sich ein, seine lose Zunge im Zaum zu halten, damit es nicht schlimmer wurde.
»Versuch’s noch mal«, riet Waringham. »Ich bitte um Vergebung, Mylord.« Der Earl schlug ihn wieder. »Du findest das wohl komisch, he?« Dianas Knurren wurde drohender, und sie bellte einmal kurz. Waringham packte den Knecht bei den Haaren, riss seinen Kopf hoch und sah ihm in die Augen, die den seinen verblüffend ähnlich waren. »Und wie komisch findest du dies: Walter sagt, dass hier ständig Futter verschwindet. Er glaubt, du lässt das Fleisch mitgehen und verhökerst es im Dorf.«
Adam wechselte einen Blick mit dem Hundeführer, der die Augen verdrehte und bedauernd den Kopf schüttelte. Natürlich hatte er nichts dergleichen behauptet. Er kannte seinen Gehilfen und hatte keinerlei Anlass, an dessen Ehrlichkeit zu zweifeln. Waringham wollte einfach einen Vorwand. Irgendwie machte es ihm mehr Spaß, wenn er einen hatte. Als Adam aufging, dass er fällig war, ließ er die Maske der Unterwürfigkeit fallen. »So wie Ihr die Bauern auspresst, wär’s kein Wunder, wenn sie Hundefutter fräßen. Besser als nichts.« Robert of Waringham lächelte. Es war kein Lächeln, das
anzusehen ein normaler Mensch gut aushalten konnte: Sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze der Heiterkeit, und etwas Irres trat in seinen Blick. Diana bellte wieder und erhob sich. »Was immer Ihr vorhabt, Mylord, tut’s nicht hier drin«, riet Adam. »Sonst macht sie aus uns beiden Hundefutter.«
Robert packte ihn am Kittel, stieg rückwärts über die Trennwand und zog den Jungen mit sich. Mit der Linken schlug er ihn zu Boden, mit der Rechten riss er Walter die Hundepeitsche aus der Hand, und dann machte er sich ans Werk. »Zum letzten Mal, Blanche, wo ist das Fohlen?« »Zum letzten Mal?«, wiederholte das junge Mädchen halb amüsiert, halb entrüstet. »Ist das so etwas wie eine Drohung?«
»Schon möglich«, erwiderte Geoffrey und machte einen Schritt auf sie zu, um zu unterstreichen, wie ernst es ihm war. Die Stalltür stand weit offen und ließ das helle Frühlingslicht herein, aber trotzdem war Blanche der Fluchtweg abgeschnitten, denn Geoffrey hatte sie in die Ecke zwischen Stirn- und
Seitenwand gedrängt. Blanche schien indes nicht beunruhigt. »Dann lass dir sagen, dass du mir keine Angst machen kannst. Du wirst schwerlich die Hand gegen mich erheben, nicht wahr, Cousin?« »Bist du dir dessen so sicher?«, entgegnete er, obwohl er genau wusste, dass es das war, was sie hören wollte. Blanche spielte gern mit dem Feuer. Mit einem siegesgewissen Lächeln strich sie sich die schwarzen Locken hinters Ohr. »Das Fohlen ist an einem sicheren Ort, und du wirst nie aus mir rausholen, wo.« Er schloss die Lücke zwischen ihnen mit einem plötzlichen Schritt, packte ihre Hände, zwang sie auf den Rücken und hielt sie dort mühelos mit einer der seinen. »Wenn du dich da nur
nicht irrst. Das Fohlen gehört mir, Blanche. Und was du tust, ist Quälerei. Das ist kein Spaß, verstehst du? Also wirst du mir jetzt sagen, wo du es versteckt hast, und ich werde hingehen und …« »Nein! Du willst ihr die Kehle durchschneiden, ich weiß es. Dabei könnte sie hier ein so schönes Leben haben, und wir könnten sie in die Zucht nehmen und …« »Sie kann nicht einmal stehen. Das heißt, sie kann nicht trinken.« »Ich hab ihr verdünnte Kuhmilch gegeben, und sie hat sie getrunken.« »Aber vermutlich wird sie sie nicht vertragen. Und sie wird auf diesem verkümmerten Bein niemals laufen. Ein Pferd, das sich nicht bewegt, wird krank.« »Jack der Tischler könnte ihr doch ein Holzbein machen
und …« »Oh, das ist wirklich das Albernste, was ich je gehört habe! Selbst wenn wir sie durchbekämen, sie könnte niemals eine Zuchtstute werden, denn auf drei Beinen hätte sie nicht genug Gleichgewicht, damit ein Hengst sie …« Er brach abrupt ab. »Ja?«, fragte Blanche mit großen Unschuldsaugen, und als sie sah, wie seine Wangen sich verfärbten, lachte sie.
Copyright © by Rebecca Gablé
Deutsche Erstausgabe in der
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG,
Bergisch Gladbach
John keuchte. »Owen … Oh, süßer Jesus.« Er kniff die Augen zu. Seine Mundwinkel zuckten, und sein Atem wurde flacher. »Owen, würdest du …« »Ja. Ich reite nach Waringham zu deiner Frau. Willst du einen Priester?« John schüttelte den Kopf. Er wollte in der Tat einen Priester, aber er wusste, ehe Tudor mit geistlichem Beistand zurückkäme, wäre er längst tot, und er hatte noch zwei wichtige Dinge
zu sagen. »Geh zu Julian«, bat er flüsternd. Tudor nickte »Sag ihm, es tut mir leid. Das … tut es wirklich. Sag ihm, ich bitte ihn um Vergebung und sende ihm meinen Segen. Wirst du das für mich tun?« Owen Tudor nahm die zitternde, kalte Hand, die rastlos durchs Gras strich, und hielt sie mit seinen beiden. »Natürlich.« Er blinzelte und legte den Kopf einen Moment in den Nacken. »Und er soll für mich beten«, fuhr John kaum noch hörbar fort. »Ihr alle werdet für meine Seele beten müssen, denn ich fürchte, ich muss noch eine schreckliche Sünde begehen … ehe ich diese Welt verlasse.«
Tudor wusste, es wäre seine Christenpicht gewesen, den Freund von dieser Sünde abzuhalten, aber er brachte es nicht fertig. Außerdem konnte er seiner Stimme nicht trauen. »Richard of York.« Johns Stimme klang wie ein Seufzen – liebevoll, hätte man meinen können. »Alles Unglück, das über
uns gekommen ist, hast du verschuldet. Du hast Somerset in den Freitod getrieben. Du trägst die Schuld an meinem Zerwürfnis mit meinem geliebten Sohn. Du hast den Seelenfrieden meines Königs zerstört, der … der auch dein König ist und der dich liebt. Aber du rebellierst gegen ihn und willst seine
Krone. Darum … verfluche ich dich mit meinem letzten Atemzug: Möge dieser gottlose Bruderkrieg, den du angezettelt hast, dich das Leben kosten. Mögen … deine Söhne und die Söhne deiner Söhne ihm zum Opfer fallen, verraten und ermordet, so wie du deinen König verraten und mich ermordet hast, und möge … dein Geschlecht verlöschen.« Noch einmal verstärkte sich der Druck seiner Hand in der seines Freundes, dann wurde der Griff schlaff, und das mühsame Atmen verstummte. Tudor schaute noch ein letztes Mal in die blauen Augen, schloss mit der Linken behutsam die Lider, beugte sich vor, um dem Toten die Stirn zu küssen, und faltete ihm die Hände auf der Brust. »Mögest du aber Frieden finden, John of Waringham. Gott weiß, du hast ihn verdient.« Eine Weile kniete er mit gesenktem Kopf an Johns Seite, aber er wusste, er durfte sich nicht viel Zeit gönnen, um den toten
Freund zu betrauern. Darum erhob er sich bald und schaute sich rasch im Klostergarten um. An einem der Rosenbüsche entdeckte er eine erste rote Knospe. Er schnitt sie mit seinem Jagdmesser ab, schob dem Toten die Blume unter die gefalteten Hände und machte sich dann auf die Suche nach seinem Stiefsohn, dem König.
Waringham, Mai 1455
Der Hundezwinger war in einer Holzbaracke am Fuß der Burgmauer untergebracht, auf der Südseite des Innenhofs. Schon auf etliche Schritte Entfernung hörte man frenetisches Gebell. Adam, der junge Gehilfe des Hundeführers, runzelte verwundert die Stirn und sah zur Sonne. »Früh dran mit dem Füttern«, murmelte er, verfrachtete den Strohballen unter den linken Arm und stieß mit der Rechten
die Tür auf. Schlagartig wurde das Gebell ohrenbetäubend, und der Gestank von nassem Fell und Hundekot schlug ihm entgegen. Adam nahm ihn kaum wahr, denn er war an den Geruch gewöhnt. Eher ungewöhnlich war hingegen der hohe Besuch im Hundezwinger. »Mylord«, grüßte der junge Mann verblüfft. Robert of Waringham hörte ihn nicht, denn das Getöse der Hunde übertönte alles. Gemeinsam mit Walter, seinem Hundeführer, stand der Earl über die Wand zum Verschlag der Jagdhunde gebeugt, warf ihnen blutige Fleischbatzen zu und beobachtete gebannt, wie sie darum rauften. »Morgen«, versprach er den Tieren. »Morgen bekommt ihr Auslauf und frische Beute.« Er lachte, und Adam sah die blauen Augen vor freudiger Erwartung leuchten. Dir ist jedes blutige Spektakel recht, was?, fuhr es dem Knecht durch den Kopf. Er trug sein Stroh auf die andere Seite
des dämmrigen Schuppens, wo in einem kleineren Verschlag eine Hündin mit ihrem Wurf untergebracht war. Er stieg über die niedrige Trennwand. »Jetzt mach ich euch ein schönes frisches
Bettchen, was sagst du dazu, Diana.« Die Hündin hatte den Kopf gehoben und folgte jeder seiner
Bewegungen mit ihren klugen, braunen Augen, aber sie knurrte nicht. Adam war ihr vertraut. Sie ließ gar zu, dass er die vier Welpen, die nicht größer als sein Handteller waren, aufhob und in eine strohgepolsterte Kiste legte. »Da, ihr Helden. Damit ich euch nicht versehentlich mit dem dreckigen Stroh zusammenkehre.« Sie gaben kleine, herzerweichende Fieplaute von sich. Behutsam strich er ihnen mit dem Zeigenger über die Köpfe. Dann stellte er die Kiste beiseite und machte sich an die Arbeit. Diana beschloss, ihm das Leben heute ausnahmsweise einmal leicht zu machen, und stand freiwillig auf. Ihre schweren Zitzen schaukelten sacht. Rasch hatte Adam das verschmutzte Stroh zusammengekehrt und neues ausgebreitet. Gerade wollte er die Welpen wieder zu ihrer Mutter legen, als er unsanft am Ohr gepackt und herumgerissen wurde. »Mit dir hab ich ein Wörtchen zu reden«, verkündete Robert of Waringham. »Mylord?« Adam bemühte sich, aufrecht zu stehen, aber der Earl verdrehte ihm das Ohr so schmerzhaft, dass er den Kopf unfreiwillig senkte und zur Seite bog. Diana knurrte. Es war ein leiser, kehliger Laut, eine höfliche Warnung. »Was fällt dir ein, du ungehobelter Lump, hier hereinzukommen, ohne zu grüßen?«, schnauzte Waringham. Wider besseres Wissen gab Adam zurück: »Das hab ich. Ihr habt mich nur nicht gehört.« Das bescherte ihm eine schallende Ohrfeige. Adam war weder besonders beeindruckt noch überrascht. Er hielt den Blick auf den Boden gerichtet und schärfte sich ein, seine lose Zunge im Zaum zu halten, damit es nicht schlimmer wurde.
»Versuch’s noch mal«, riet Waringham. »Ich bitte um Vergebung, Mylord.« Der Earl schlug ihn wieder. »Du findest das wohl komisch, he?« Dianas Knurren wurde drohender, und sie bellte einmal kurz. Waringham packte den Knecht bei den Haaren, riss seinen Kopf hoch und sah ihm in die Augen, die den seinen verblüffend ähnlich waren. »Und wie komisch findest du dies: Walter sagt, dass hier ständig Futter verschwindet. Er glaubt, du lässt das Fleisch mitgehen und verhökerst es im Dorf.«
Adam wechselte einen Blick mit dem Hundeführer, der die Augen verdrehte und bedauernd den Kopf schüttelte. Natürlich hatte er nichts dergleichen behauptet. Er kannte seinen Gehilfen und hatte keinerlei Anlass, an dessen Ehrlichkeit zu zweifeln. Waringham wollte einfach einen Vorwand. Irgendwie machte es ihm mehr Spaß, wenn er einen hatte. Als Adam aufging, dass er fällig war, ließ er die Maske der Unterwürfigkeit fallen. »So wie Ihr die Bauern auspresst, wär’s kein Wunder, wenn sie Hundefutter fräßen. Besser als nichts.« Robert of Waringham lächelte. Es war kein Lächeln, das
anzusehen ein normaler Mensch gut aushalten konnte: Sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze der Heiterkeit, und etwas Irres trat in seinen Blick. Diana bellte wieder und erhob sich. »Was immer Ihr vorhabt, Mylord, tut’s nicht hier drin«, riet Adam. »Sonst macht sie aus uns beiden Hundefutter.«
Robert packte ihn am Kittel, stieg rückwärts über die Trennwand und zog den Jungen mit sich. Mit der Linken schlug er ihn zu Boden, mit der Rechten riss er Walter die Hundepeitsche aus der Hand, und dann machte er sich ans Werk. »Zum letzten Mal, Blanche, wo ist das Fohlen?« »Zum letzten Mal?«, wiederholte das junge Mädchen halb amüsiert, halb entrüstet. »Ist das so etwas wie eine Drohung?«
»Schon möglich«, erwiderte Geoffrey und machte einen Schritt auf sie zu, um zu unterstreichen, wie ernst es ihm war. Die Stalltür stand weit offen und ließ das helle Frühlingslicht herein, aber trotzdem war Blanche der Fluchtweg abgeschnitten, denn Geoffrey hatte sie in die Ecke zwischen Stirn- und
Seitenwand gedrängt. Blanche schien indes nicht beunruhigt. »Dann lass dir sagen, dass du mir keine Angst machen kannst. Du wirst schwerlich die Hand gegen mich erheben, nicht wahr, Cousin?« »Bist du dir dessen so sicher?«, entgegnete er, obwohl er genau wusste, dass es das war, was sie hören wollte. Blanche spielte gern mit dem Feuer. Mit einem siegesgewissen Lächeln strich sie sich die schwarzen Locken hinters Ohr. »Das Fohlen ist an einem sicheren Ort, und du wirst nie aus mir rausholen, wo.« Er schloss die Lücke zwischen ihnen mit einem plötzlichen Schritt, packte ihre Hände, zwang sie auf den Rücken und hielt sie dort mühelos mit einer der seinen. »Wenn du dich da nur
nicht irrst. Das Fohlen gehört mir, Blanche. Und was du tust, ist Quälerei. Das ist kein Spaß, verstehst du? Also wirst du mir jetzt sagen, wo du es versteckt hast, und ich werde hingehen und …« »Nein! Du willst ihr die Kehle durchschneiden, ich weiß es. Dabei könnte sie hier ein so schönes Leben haben, und wir könnten sie in die Zucht nehmen und …« »Sie kann nicht einmal stehen. Das heißt, sie kann nicht trinken.« »Ich hab ihr verdünnte Kuhmilch gegeben, und sie hat sie getrunken.« »Aber vermutlich wird sie sie nicht vertragen. Und sie wird auf diesem verkümmerten Bein niemals laufen. Ein Pferd, das sich nicht bewegt, wird krank.« »Jack der Tischler könnte ihr doch ein Holzbein machen
und …« »Oh, das ist wirklich das Albernste, was ich je gehört habe! Selbst wenn wir sie durchbekämen, sie könnte niemals eine Zuchtstute werden, denn auf drei Beinen hätte sie nicht genug Gleichgewicht, damit ein Hengst sie …« Er brach abrupt ab. »Ja?«, fragte Blanche mit großen Unschuldsaugen, und als sie sah, wie seine Wangen sich verfärbten, lachte sie.
Copyright © by Rebecca Gablé
Deutsche Erstausgabe in der
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG,
Bergisch Gladbach
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Autoren-Porträt von Rebecca Gablé
Die 1964 geborene Rebecca Gable war nach dem Studium der Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte und Mediävistik als Dozentin für mittelalterliche englische Literatur tätig. Heute arbeitet sie als freie Autorin und Literaturübersetzerin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Rebecca Gablé
- 2015, 12. Aufl., 1196 Seiten, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404163079
- ISBN-13: 9783404163076
- Erscheinungsdatum: 06.08.2009
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