Der Regenmacher
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Rudy Baylor, ein Jurastudent im letzten Semester, gewinnt seine ersten "Mandanten", ein Ehepaar, dessen Sohn an Leukämie erkrankt ist. Die Krankenversicherung weigert sich, für die wahrscheinlich lebensrettende Therapie zu zahlen. Rudy erkennt bald, daß er es mit einem riesigen Versicherungsskandal zu tun hat. Er nimmt den Kampf gegen eines der mächtigsten, korruptesten und skrupellosesten Unternehmen Amerikas auf...
Der Regenmacher von John Grisham
LESEPROBE
Mein Entschluß, Anwalt zu werden, stand unwiderruflich fest,nachdem
mir klargeworden war, daß mein Vater alle Juristen haßte. Ich war
in den ersten Jahren der Teenagerzeit, tolpatschig, verlegen wegen
meiner Ungeschicklichkeit, vom Leben frustriert, mit einerHeidenangst
vor der Pubertät, nahe daran, von meinem Vater wegenInsubordination
in eine Militärschule verfrachtet zu werden. Er war ein ehemaliger
Marineinfanterist, der glaubte, daß Jungen mit der Peitscheaufwachsen
sollten. Ich hatte mir ein flinkes Mundwerk zugelegt und eineAversion
gegen Disziplin, und er reagierte darauf, indem er mich einfachfortschicken
wollte. Es dauerte Jahre, bis ich ihm verzieh.
Er war außerdem Ingenieurund arbeitete siebzig Stunden pro Woche
für eine Firma, die neben vielen anderen Dingen Leiternherstellte.
Da Leitern von Natur aus gefährliche Instrumente sind, wurde seine
Firma häufig verklagt. Und weil mein Vater für die Konstruktionzuständig
war, wurde er in den meisten Fällen dazu ausersehen, beiBeweisaufnahmen
und Prozessen für die Firma zu sprechen. Ich kann ihm im Grundekeinen
Vorwurf daraus machen, daß er Anwälte haßte, aber im Laufe derZeit
bewunderte ich sie immer mehr, weil sie ihm das Leben soschwermachten.
Er verbrachte täglich acht Stunden damit, sich mit ihnenherumzuschlagen;
danach stürzte er sich auf die Martinis, sobald er das Hausbetreten
hatte. Kein Hallo. Keine Umarmung. Kein Essen. Nur ein oder zweiStunden
ununterbrochenes Wüten, während er vier Martinis hinunterkippte,um
dann in seinem ramponierten Lehnsessel einzuschlafen. Ein Prozeßdauerte
drei Wochen, und als er mit einem happigen Urteil gegen die Firma
geendet hatte, rief meine Mutter einen Arzt, und sie verstecktenihn
für einen Monat in einem Krankenhaus.
Die Firma machte späterPleite, und natürlich wurde alle Schuld daran
den Anwälten gegeben. Ich hörte kein einziges Wort darüber, daßvielleicht
eine Spur von falschem Management zu diesem Konkurs beigetragenhaben
könnte.
Alkohol wurde sein Leben,und er verfiel in Depressionen. Jahrelang
hatte er keinen festen Job, und das machte mich erst richtigwütend,
weil ich gezwungen war, zu kellnern und Pizzas auszutragen, um mir
meinen Weg durchs College zu erkämpfen. Ich glaube, in den vierJahren
meines Collegestudiums habe ich zweimal mit ihm gesprochen. AmTag,
nachdem ich erfahren hatte, daß ich an der Juristischen Fakultätder
Universität angenommen worden war, kam ich mit dieser großartigen
Nachricht stolz nach Hause. Mutter hat mir später erzählt, daß er
eine Woche lang im Bett geblieben ist.
Zwei Wochen nach meinemtriumphierenden Besuch wechselte er im Badezimmer
eine Glühbirne aus, wobei (ich schwöre, das ist die Wahrheit)seine
Leiter zusammenbrach und er auf den Kopf fiel. Er verbrachte einJahr
im Koma in einem Pflegeheim, bis jemand gnädigerweise den Stecker
herauszog.
Ein paar Tage nach derBeerdigung erwähnte ich die Möglichkeit einer
Klage, aber meiner Mutter war nicht danach zumute. Außerdem habeich
immer geargwöhnt, daß er nicht ganz nüchtern war, als er stürzte.
Und er hatte kein Einkommen, unserem Entschädigungssystementsprechend
besaß sein Leben also nur einen sehr geringen ökonomischen Wert.
Meine Mutter erhielt diegroßartige Summe von fünfzigtausend Dollar
aus einer Lebensversicherung und ging eine schlechte zweite Eheein.
Mein Stiefvater ist ein simpler Bursche, ein pensionierterPostbeamter
aus Toledo, und sie verbringen den größten Teil ihrer Zeit mitSquare
Dance und dem Herumreisen in einem Winnebago. Ich halte Abstand.Mutter
hat mir keinen roten Heller von dem Geld angeboten; sie erklärte,
es wäre alles, was sie hätte, um der Zukunft ins Auge zu sehen,und
da ich mich im Leben ohne nennenswerte Einkünfte als relativgeschickt
erwiesen hatte, meinte sie, ich brauchte nichts. Vor mir lag eine
glänzende Zukunft mit viel Geld; vor ihr nicht, argumentierte sie.
Ich bin sicher, daß Hank, ihr neuer Ehemann, sie mit finanziellen
Ratschlägen überschüttete. Eines Tages werden unsere Pfade, meine
und Hanks, sich wieder kreuzen.
In einem Monat, im Mai,werde ich mit dem Jurastudium fertig sein;
dann werde ich für das Anwaltsexamen im Juli büffeln. Ich werde nicht
mit Auszeichnung abschließen, aber ich rangiere immerhin in deroberen
Hälfte meines Jahrgangs. Das einzig Schlaue, was ich in den dreiJahren
meines Studiums getan habe, war, daß ich die schwierigen und diePflichtvorlesungen
schon früh absolviert habe, damit ich es in meinem letztenSemester
geruhsam angehen lassen konnte. Meine Vorlesungen in diesemFrühjahr
sind ein Witz - Sportrecht, Urheberrecht, Ausgewählte Texte ausdem
Code Napoleon und, mein Lieblingsseminar, Juristische Problemeälterer
Leute.
Um dieses letzten Facheswillen sitze ich jetzt hier auf einem wackligen
Stuhl hinter einem schäbigen Klapptisch in einem heißen, feuchten
Metallgebäude in Gesellschaft einer bunt gemischten Ansammlung von
Senioren, wie sie sich gern nennen lassen. Ein handgemaltes Schild
über der Tür bezeichnet den Laden großspurig als das CypressGardens
Senior Citizens Building, aber von seinem Namen abgesehen findetsich
nirgends auch nur der leiseste Hinweis auf Blumen oder etwasGrünes.
Die Wände sind schmutzfarben und kahl bis auf ein verblichenesFoto
von Ronald Reagan in einer Ecke zwischen zwei traurigen Fähnchen -
den Stars and Stripes und der Staatsflagge von Tennessee. DasGebäude
ist klein, düster und öde, offensichtlich in letzter Minute mitein
paar überschüssigen Dollars aus irgendwelchen unvermutetenBundesmitteln
erbaut. Ich kritzle auf einem Notizblock herum, weil ich michdavor
fürchte, die Leute ansehen zu müssen, die mit ihren Klappstühlenanrücken.
Es müssen an die fünfzigsein da vorne, etwa gleich viele Schwarze
und Weiße, Durchschnittsalter mindestens fünfundsiebzig, einigeblind,
ungefähr ein Dutzend in Rollstühlen, viele mit Hörgeräten. Man hat
uns gesagt, daß sie jeden Mittag hierherkommen - für eine warmeMahlzeit,
ein paar Lieder, den gelegentlichen Besuch eines verzweifeltenpolitischen
Kandidaten. Nach zwei Stunden Geselligkeit kehren sie nach Hausezurück
und zählen die Stunden, bis sie wieder herkommen können. UnserProfessor
hat gesagt, dies wäre der Höhepunkt ihrer Tage. (...)
© Heyne Verlag
Übersetzung: Christe Wiemken
Autoren-Porträt von John Grisham
JohnGrisham wird 1955 in Jonesboro, Arkansas, als Sohneines kleinen Bauunternehmers geboren. Er studiert Jura an der Universität vonMississippi und wird Anwalt und Strafverteidiger. 1983 wird er ins Parlamentdes Staates Mississippi gewählt. Aus Spaß beginnt er seinen ersten Roman undschreibt ihn jeden Morgen vor der Arbeit in seiner Kanzlei. 1988 erscheint seinerster Gerichstthriller Die Jury mit einer Auflage von 5000 Exemplaren. Mit seinem zweitenRoman Die Firma wird Grishamendgültig zum Bestsellerautor und hängt im Frühjahr 1991 seinen Beruf alsAnwalt und seine politischen Ämter an den Nagel, um nur noch als Schriftstellerzu arbeiten. Ihm gelingt, was noch keinem Autor bisher geglückt ist: er ist mitvier Titeln gleichzeitig in den Bestseller-Listen der New York Times Book Review vertreten, wobei ersowohl die Hardcover- als auch die Paperback-Liste anführte.
Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt der strenggläubige Baptist inOxford, einer Kleinstadt in Tennessee (wo schon William Faulkner lebte).
- Autor: John Grisham
- 1997, 624 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christel Wiemken
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453127013
- ISBN-13: 9783453127012
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