"Die perfekte Braut" und "Im Bann der Herzen"
- Im Bann des Herzen: Chastity Duncan, Inhaberin eines Eheanbahnungs-Instituts, ärgert sich maßlos über ihren Kunden Dr. Farrell und will dem gefühllosen Mann eine Lektion erteilen. Doch dann entdeckt sie...
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Produktinformationen zu „"Die perfekte Braut" und "Im Bann der Herzen" “
- Im Bann des Herzen: Chastity Duncan, Inhaberin eines Eheanbahnungs-Instituts, ärgert sich maßlos über ihren Kunden Dr. Farrell und will dem gefühllosen Mann eine Lektion erteilen. Doch dann entdeckt sie überraschend das große Geheimnis des gutaussehenden Arztes.
- Die perfekte Braut: Prudence lässt sich auf einen gewagten Deal mit einem Staranwalt ein.
Lese-Probe zu „"Die perfekte Braut" und "Im Bann der Herzen" “
Die perfekte Braut von Jane Feather 1 »Hier, Miss Prue.« Mrs. Beedle nahm einen Stapel Briefe von einem der oberen Küchenborde. »Es sind recht viele heute. Der da sieht mir sehr dringend aus.« Sie zog einen länglichen, dicken Pergamentumschlag heraus und warf ganz unbefangen einen Blick auf die gedruckte Adresse des Absenders.
Prudence trank ihren Tee und versuchte gar nicht erst, ihre Gastgeberin zur Eile anzutreiben. Mrs. Beedle hatte ihr eigenes Tempo und ihre ganz persönliche Art, an die Dinge heranzugehen, fast so wie Jenkins, ihr Bruder, der im Haus am Manchester Square die Pflichten eines Butlers mit denen eines Vertrauten, Helfers und manchmal auch Komplizen der drei Duncan-Schwestern zu verbinden verstand.
»Gibt's was Neues von Miss Con?«, erkundigte sich Mrs. Beedle, legte schließlich die Umschläge auf den blank geschrubbten Küchentisch und griff nach der Teekanne.
»Ach, gestern ist ein Telegramm gekommen. Momentan sind sie in Ägypten.« Prudence schob ihr die Tasse zum Nachgießen hin. »Unterwegs haben sie auch Rom und Paris einen Besuch abgestattet. Eine herrliche Reise.«
... mehr
Das klang ein wenig wehmütig, denn die sechswöchigen Flitterwochen ihrer älteren Schwester verstrichen für die in London zurückgebliebene Prudence und ihre jüngere Schwester Chastity mit quälender Langsamkeit. Zu zweit kostete es viel mehr Mühe, mit spärlichen Mitteln den Haushalt zu führen und dafür zu sorgen, dass die eigensinnige Ahnungslosigkeit, die ihr Vater bezüglich der finanziellen Situation der Familie an den Tag legte, davon nicht berührt wurde. Wie oft waren Prudence und Chastity in Versuchung geraten, ihren Vater mit der Realität zu konfrontieren, mit den Umständen, die er durch eine mehr als gewagte Investition nach dem Tod seiner Gattin selbst verschuldet hatte. Eingedenk ihrer Mutter hatten sie weiterhin geschwiegen. Lady Duncan hätte den Seelenfrieden ihres Mannes um keinen Preis stören mögen, und ihre Töchter fühlten sich verpflichtet, ihrem Beispiel zu folgen.
Da zu diesem tagtäglichen Kampf noch die Mühsal hinzukam, die Zeitung The Mayfair Lady ohne Constances Erfahrung als Verlegerin alle vierzehn Tage herauszubringen und zudem den Kontaktservice zur Eheanbahnung erfolgreich zu betreiben, war es kein Wunder, dass sie und Chastity die Nächte traumlos durchschliefen - so ging es Prudence jedenfalls durch den Kopf.
Die Türglocke des Ladens an der Vorderfront des Hauses klingelte, als jemand eintrat. Mrs. Beedle eilte, ihre makellose Schürze glatt streichend, geschäftig hinaus, um die Kundschaft zu bedienen. Prudence trank einen tiefen Schluck aus ihrer nachgefüllten Tasse und nahm sich ein zweites Stück Ingwerbrot. In der Küche hinter dem Laden war es warm und ruhig. Sie konnte Mrs. Beedles geschwätzig-muntere Stimme hören, außerdem die Stimme einer anderen Frau, die schrill und hoch über die erbärmliche Qualität der Lammkoteletts des Metzgers Klage führte.
Prudence streckte die Beine in Richtung Herd aus und seufzte, dankbar für die kurze Erholung von den Sorgen des Arbeitstages, während sie müßig die Umschläge durchsah, die an The Mayfair Lady adressiert und postlagernd an Mrs. Beedles Eckladen in Kensington geschickt worden waren; die Herausgeberinnen mussten nämlich ihre Anonymität um jeden Preis wahren.
Der dicke Pergamentumschlag fühlte sich unverkennbar offiziell an. Der gedruckte Absender in der oberen linken Ecke lautete FALSTAFF, HARLEY & GREENWOLD. Eine böse Vorahnung beschlich Prudence: Das sah nach einer Anwaltskanzlei aus. Sie griff nach dem Buttermesser, um den Umschlag aufzuschlitzen, legte es jedoch mit einem raschen, unbewussten Kopfschütteln wieder weg. Korrespondenz, die ihre geschäftlichen Belange betraf, öffneten die Schwestern einem unausgesprochenen Übereinkommen folgend immer gemeinsam. Und falls dieser Brief schlechte Nachrichten enthielt - und Prudence bildete sich ein, dem Umschlag entströme ein übler Hauch -, wollte sie ihn auf keinen Fall alleine aufmachen.
Sie packte alle Briefe in ihre geräumige Handtasche und trank ihren Tee aus. Mrs. Beedle war noch immer mit ihrer Kundin beschäftigt, als Prudence durch den Laden ging und sich die Handschuhe anzog.
»Danke für den Tee, Mrs. Beedle.«
»Ach, ich freue mich immer, Sie zu sehen, Miss Prue.« Die Ladenbesitzerin strahlte sie an. »Und Miss Chas natürlich ebenso. Bringen Sie sie doch nächste Woche mit. Ich mache den Schmalzkuchen, den sie so gern mag.«
»Es wird ihr sehr Leid tun, dass sie den Ingwerkuchen verpasst hat, aber sie musste heute eine alte Freundin besuchen«, sagte Prudence lächelnd und nickte der Kundin höflich zu, die sie neugierig betrachtete. Eine Dame mit Mayfair-Akzent in einem eleganten Nachmittagskleid war in einem Eckladen in Kensington ungewöhnlich, zumal wenn diese Dame aus den rückwärtigen Räumlichkeiten auftauchte.
Prudence nahm ein Exemplar von The Mayfair Lady vom Zeitungsständer hinten im Laden. »Falls Sie Lesestoff suchen, Madam, wird Ihnen vielleicht diese Zeitung zusagen.« Sie reichte das Blatt der Frau, die in ihrer Überraschung danach griff.
»Tja, ich weiß nicht recht«, sagte sie. »Mayfair Lady... das klingt ein wenig hochgestochen für jemand wie mich.«
»Aber nein, keineswegs«, klärte Prudence sie freundlich auf. »Ich weiß, dass auch Mrs. Beedle zu den Leserinnen zählt.«
»Ja, hin und wieder«, bestätige Mrs. Beedle. »Schnuppern Sie doch einfach mal hinein, Mrs. Warner. Genau richtig für einen kalten Nachmittag, wenn man mit dem Strickzeug am Kamin sitzt.«
»Na, mir gibt das Lesen nicht so viel ab«, meinte Mrs. Warner noch immer zweifelnd. »Wie viel kostet die Zeitung denn?« Sie drehte und wendete das Blatt hin und her, als wüsste sie nicht recht, was sie damit anfangen sollte.
»Nur zwei Pence«, sage Prudence. »Sie würden staunen, wie viel Interessantes da drinsteht.«
»Tja, ich weiß nicht... aber ich könnte ja...« Die Kundin verstummte, als sie aus ihrer Börse zwei Pence heraussuchte und sie auf den Ladentisch legte. »Ich will's mal probieren.«
»Tun Sie das«, ermunterte sie Mrs. Beedle. »Sollte das Blatt Ihnen nicht zusagen, bringen Sie es einfach zurück. Sie bekommen Ihr Geld wieder.«
Mrs. Warners Miene hellte sich sichtlich auf. »Das nenne ich ein faires Angebot, Mrs. Beedle.«
Prudence zog insgeheim eine Braue hoch. Wie sollten sie mit der Zeitung denn Geld verdienen, wenn die Leute sie »auf Probe« lasen? Doch das konnte sie Mrs. Beedle nicht sagen, denn sie meinte es ja schließlich gut. Sie trat also mit einem freundlichen Gruß aus dem Laden hinaus in den kühlen Nachmittag, der bereits in den Abend überging, obgleich es kaum halb fünf war. In diesem Jahr scheint sich der Herbst früher einzustellen, dachte sie, aber vielleicht kommt das ja nur durch den
Gegensatz zu dem langen und ungewöhnlich heißen Sommer, der ihm vorangegangen war.
Sie eilte zu einer Omnibushaltestelle, in Gedanken wieder bei Constance und der ägyptischen Wüstenhitze. Mit manchen meint das Leben es gut, dachte sie, als der Omnibus Auspuffwolken ausstoßend stehen blieb. Nachdem sie eingestiegen war, bezahlte sie ihren Penny, setzte sich ans Fenster und sah die Straßen Londons vorüberziehen, während der Bus auf Wunsch der Fahrgäste anhielt und wieder weiterfuhr.
Sie fragte sich, wie Chastitys Nachmittag wohl verlaufen war. Ihre Schwester hatte keine alte Freundin besucht, wie Prudence Mrs. Beedle gegenüber behauptet hatte. Stattdessen hatte Chastity in ihrer Rolle als Tante Mabel Antworten auf drei Problembriefe von Rat suchenden Leserinnen verfasst, die in der nächsten Ausgabe der Zeitung abgedruckt werden sollten. Als Prudence aus dem Haus gegangen war, hatte Chastity am Federhalter kauend über die Tintenkleckse geklagt, die verkantete Federspitzen unweigerlich verursachten, wobei sie über einer diplomatischen Antwort für Verzweifelt in Chelsey brütete; die war der Meinung, ihre alternden Eltern hätten nicht das Recht, ihr Geld für leichtfertige Zwecke hinauszuwerfen, während ihre Tochter auf ihr Erbe wartete.
An der Oxford Street stieg Prudence aus und spazierte die Baker Street entlang in Richtung Portman Square. Sie erreichte den Manchester Square und lief mit geröteten Wangen die Stufen zur Nummer 10 hinauf. Jenkins öffnete, als sie gerade den Schlüssel ins Schloss steckte.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Copyright der Originalausgabe © 2004 By Jane Feather
Copyright der deutschen Ausgabe © 2005 by Verlagsgruppe Random House GmbH
Übersetzung:»Anke Koerten« Im Bann der Herzen von Jane Feather
Der Gentleman, der sich am oberen Ende der zur National Gallery führenden Stufen postiert hatte und eine Ausgabe des Blattes The Mayfair Lady auffällig in der Hand hielt, musterte aufmerksam die angeblichen Kunstliebhaber, die dem großen Portal des Museums hinter ihm zustrebten. Er hielt Ausschau nach jemandem mit dem gleichen Erkennungszeichen.
Auf dem Trafalgar Square flatterte jäh ein Taubenschwarm auf, als eine Gestalt über den Platz eilte und dabei für die Vögel Körner ausstreute. Sie überquerte die Straße direkt vor dem Museumskomplex, hielt an der untersten Stufe inne und zerknüllte die Papiertüte, die die Körner enthalten hatte, in der Hand, während sie zum Portal hinaufblickte. In der freien Hand hielt sie eine zusammengerollte Zeitung. Als der Mann eine zögernde Bewegung mit seiner Zeitung machte, warf die weibliche Gestalt die zerknüllte Tüte in einen Abfallkorb und lief die Stufen hinauf, ihm entgegen.
Die Gestalt war klein und weiblich ... Das war das Einzige, was der Gentleman unterscheiden konnte. Sie war in einen losen Alpaka-Staubmantel jener Art gehüllt, die Damen bei Ausfahrten mit dem Automobil wählten, und trug einen breitkrempigen Filzhut, dessen dichter Chiffonschleier ihr Gesicht völlig verhüllte.
»Bonjour, M'sieur«, begrüßte sie ihn. »Ich glaube, wir haben ein Treffen vereinbart, n`est-ce pas?« Sie schwenkte die Zeitung. »Sie sind doch Dr. Douglas Farrell?«
»Ebender, Madam«, erwiderte er mit einer kleinen Verbeugung. »Und Sie sind ...?«
»Ick bin natürlich die Mayfair Lady«, gab sie zurück, wobei ihr Schleier bei jedem Atemzug erbebte.
Mit einem französischen Akzent, wie er falscher nicht sein kann, dachte Dr. Farrell amüsiert, entschied aber, sie deswegen noch nicht zur Rede zu stellen. »Die Mayfair-Lady persönlich?«, fragte er neugierig.
»Die Repräsentantin der Zeitung, M'sieur«, entgegnete sie mit rügendem Unterton.
»Ach so.« Er nickte. »Und die Vermittlerin?«
»Ein und dieselbe, Sir«, sagte die Dame mit entschiedenem Nicken. »Und wenn ich richtig verstanden habe, Sir, ist es die Vermittlerin, die Ihnen von Nutzen sein könnte.« Dieser verflixte französische Akzent reizt mich ständig zum Lachen, ging es der Ehrenwerten Chastity Duncan durch den Sinn. Ob sie oder eine ihrer Schwestern ihn gebrauchte, alle waren sie sich einig, dass sie wie französische Kammerzofen in einer Feydeau-Komödie klangen. Doch es war ein probates Mittel, um die Stimme zu verstellen.
»Ich hätte mir eigentlich ein Treffen in einem Büro erwartet«, sagte der Arzt mit einem Blick auf ihre Umgebung, die gar nicht öffentlicher hätte sein können. Ein kühler Dezemberwind fegte über den Platz und zauste das Gefieder der Tauben.
»Unsere Büroräume sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, M'sieur«, sagte sie rundheraus. »Ich schlage vor,
wir gehen hinein. Im Museum gibt es viele Plätze, an denen wir sprechen können.« Sie ging auf das Portal zu, und ihr Begleiter beeilte sich, ihr einen Flügel zu öffnen. Die Falten ihres Alpaka-Staubmantels streiften ihn, als sie an ihm vorüber das höhlenartige Atrium des Museums betrat.
»Gehen wir in den Rubens-Saal, M'sieur«, schlug sie vor, mit der Zeitung zur Treppe deutend. »Dort gibt es eine kreisrunde Sitzgelegenheit, wo wir uns unauffällig unterhalten können.« In gebieterischer Haltung schritt sie voraus zur Treppe, die in den Hauptsaal führte. Dr. Farrell folgte ihr bereitwillig. Ihr Auftreten, das ihn ein wenig amüsierte, hatte seine Neugierde geweckt.
Auf halber Höhe bog sie auf einem Treppenabsatz ab und durcheilte eine Flucht von Räumen voller großformatiger Renaissancegemälde, auf denen grausame Märtyrerszenen, Pietàs und Kreuzigungen dargestellt waren. Ohne auch nur einen flüchtigen Blick für diese Kunstschätze blieb sie erst stehen, als sie in einen runden Raum mit einem runden Sofa in der Mitte gelangten.
Diesen Raum schmückten höchst auffallend zwei der Rubens-Gemälde mit der Darstellung des Urteils des Paris. Mit heimlicher Belustigung hatten die Duncan-Schwestern just diesen Ort für Zusammenkünfte mit möglichen Klienten ihres Vermittlungs-Service gewählt. Die drei fülligen Akte von Venus, Juno und Minerva waren ihnen als Hintergrund für die dort getätigten Abmachungen höchst passend erschienen.
»'ier ist es ruhig, und wir sind ungestört«, erklärte sie und setzte sich aufs Sofa, ihre Röcke eng an sich raffend, damit er sich neben sie setzen konnte.
Douglas blickte interessiert um sich. Ganz ungestört war man hier nicht. Es waren andere Besucher da, die von einem Bild zum anderen gingen und sich in gedämpftem Ton unterhielten. Doch das runde Sofa bildete, obwohl in der Mitte stehend, eine kleine Oase, wo zwei Personen eng nebeneinander sitzen und miteinander reden konnten, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er setzte sich neben sie, wobei er ihr Parfüm erschnupperte, einen frischen Blumenduft, der unter ihrem Schleier hervordrang.
Chastity drehte ihm ihren verschleierten Kopf zu. Sie war Dr. Douglas Farrell gegenüber im Vorteil, da sie ihn schon einmal gesehen hatte, als er sich in Mrs. Beedles Eckladen eine Nummer von The Mayfair Lady besorgte und sie diesen Kauf unbemerkt beobachtete. Er war so, wie sie ihn in Erinnerung behalten hatte, ein ungewöhnlich großer Mann, den man nicht so leicht vergaß. Groß und breit, dazu kräftig und muskulös wie ein Sportler. Ein Boxer oder Ringer, dachte sie. Der auffallende, wahrscheinlich auf einen Bruch zurückzuführende kleine Nasenhöcker schien ihre Vermutung zu bestätigen. Seine Züge waren ausdrucksvoll, wenn auch unregelmäßig, sein Mund breit, sein Kinn kantig. Unter dichten schwarzen Brauen, die über dem Nasenrücken zusammenstießen, blickten tiefschwarze Augen hervor. Sein Haar war ebenso schwarz, ein wenig gelockt, der Schnitt aber kurz und praktisch. Alles an ihm deutete darauf hin, dass er auf subtilere Nuancen seiner äußeren Erscheinung wenig Wert legte. Zu seinem unauffälligen, bis zum Hals geknöpften Mantel trug er Schal und Handschuhe. Seinen schlichten weichen Filzhut hielt er auf dem Schoß.
Plötzlich wurde sie gewahr, dass sich das Schweigen, das ihre Einschätzung seiner Person begleitete, in die Länge zog, und sie sagte hastig: »Also, wie könnte die Vermittlung Ihnen 'elfen, M'sieur?«
Wieder ließ er seinen Blick etwas verblüfft durch den Raum wandern. »Das ist also das Büro der Mayfair Lady?«
Wieder hörte sie die leichte schottische Klangfärbung heraus, die ihr schon aufgefallen war, als sie ihn bei Mrs. Beedle beobachtete. »Non, wir empfangen keine Klienten in unserem Büro«, eröffnete sie ihm rundheraus. Dabei verschwieg sie geflissentlich, dass ihnen entweder der Teesalon bei Fortnum and Mason oder der obere Salon im Haus ihres Vaters, das ehemalige Allerheiligste ihrer Mutter, als Büro diente. Keine dieser Örtlichkeiten eignete sich für Besprechungen mit Klienten.
»Und warum?«, fragte er.
»Die Mayfair Lady muss anonym bleiben«, erklärte sie. »Könnten wir in Ihrer Angelegenheit fortfahren, M'sieur?«
»Ja, natürlich. Aber ich muss gestehen, Madam MayfairLady, dass ich neugierig bin. Warum ist Anonymität für Sie so unverzichtbar?«
Chastity seufzte. »'aben Sie die Zeitung gelesen, M'sieur?«
»Ja, natürlich. Andernfalls wäre ich ja nicht auf Ihren Vermittlungsservice gestoßen.«
»Man kann Anzeigen lesen, ohne die Artikel zu beachten«, wandte sie ein und vergaß sekundenlang ihren Akzent.
»Auch die Artikel habe ich gelesen.«
Sie reagierte mit einem typisch gallischen Achselzucken. »Dann ist Ihnen sicher aufgefallen, dass die dort geäußerten Ansichten sehr kontroversieller Natur sind. Die 'erausgeber ziehen es vor, anonym zu bleiben.«
»Ich verstehe.« Er glaubte es jedenfalls. »Natürlich muss diese Geheimniskrämerei den Reiz des Blattes erhöhen.«
»Das ist richtig«, gestand sie.
Er nickte. »Wenn ich mich recht erinnere, gab es vor einigen Monaten einen Verleumdungsprozess. The Mayfair Lady wurde wegen Rufschädigung vom ... «, er furchte die Stirn, dann erhellte sich seine Miene, »... vom Earl of Barclay angeklagt, glaube ich.«
»Die Klage wurde abgewiesen«, sagte Chastity.
»Ja.« Nachdenklich drehte er seinen Hut in den Händen. »Ich kann mich erinnern. Ebenso weiß ich, dass das Blatt von einer anonymen Person im Zeugenstand vertreten wurde.
Habe ich Recht?«»ja.«
»Sehr interessant. Sicher stiegen die Verkaufszahlen daraufhin kräftig.«
»Mag schon sein«, antwortete sie vage. »Aber nicht aus diesem Grund geben wir unsere Identität nicht preis. Also, jetzt zu Ihnen, M'sieur.«
Douglas, dessen Faszination und Neugierde unverändert blieben, fand sich damit ab, dass für den Moment die Fragestunde vorbei war. »Wie ich schon in meinem Brief erklärte, suche ich eine Frau.«
Sie entnahm den betreffenden Brief ihrer Handtasche. »Mehr schreiben Sie freilich nicht. Wir müssten mehr über Ihre persönliche Situation und über den Typ Frau, der Ihnen vorschwebt, erfahren, ehe wir wissen, ob wir Ihnen bei der Suche behilflich sein können.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Copyright der Originalausgabe © 2004 By Jane Feather
Copyright der deutschen Ausgabe © 2005 by Verlagsgruppe Random House GmbH
Übersetzung:»Anke Koerten«
Da zu diesem tagtäglichen Kampf noch die Mühsal hinzukam, die Zeitung The Mayfair Lady ohne Constances Erfahrung als Verlegerin alle vierzehn Tage herauszubringen und zudem den Kontaktservice zur Eheanbahnung erfolgreich zu betreiben, war es kein Wunder, dass sie und Chastity die Nächte traumlos durchschliefen - so ging es Prudence jedenfalls durch den Kopf.
Die Türglocke des Ladens an der Vorderfront des Hauses klingelte, als jemand eintrat. Mrs. Beedle eilte, ihre makellose Schürze glatt streichend, geschäftig hinaus, um die Kundschaft zu bedienen. Prudence trank einen tiefen Schluck aus ihrer nachgefüllten Tasse und nahm sich ein zweites Stück Ingwerbrot. In der Küche hinter dem Laden war es warm und ruhig. Sie konnte Mrs. Beedles geschwätzig-muntere Stimme hören, außerdem die Stimme einer anderen Frau, die schrill und hoch über die erbärmliche Qualität der Lammkoteletts des Metzgers Klage führte.
Prudence streckte die Beine in Richtung Herd aus und seufzte, dankbar für die kurze Erholung von den Sorgen des Arbeitstages, während sie müßig die Umschläge durchsah, die an The Mayfair Lady adressiert und postlagernd an Mrs. Beedles Eckladen in Kensington geschickt worden waren; die Herausgeberinnen mussten nämlich ihre Anonymität um jeden Preis wahren.
Der dicke Pergamentumschlag fühlte sich unverkennbar offiziell an. Der gedruckte Absender in der oberen linken Ecke lautete FALSTAFF, HARLEY & GREENWOLD. Eine böse Vorahnung beschlich Prudence: Das sah nach einer Anwaltskanzlei aus. Sie griff nach dem Buttermesser, um den Umschlag aufzuschlitzen, legte es jedoch mit einem raschen, unbewussten Kopfschütteln wieder weg. Korrespondenz, die ihre geschäftlichen Belange betraf, öffneten die Schwestern einem unausgesprochenen Übereinkommen folgend immer gemeinsam. Und falls dieser Brief schlechte Nachrichten enthielt - und Prudence bildete sich ein, dem Umschlag entströme ein übler Hauch -, wollte sie ihn auf keinen Fall alleine aufmachen.
Sie packte alle Briefe in ihre geräumige Handtasche und trank ihren Tee aus. Mrs. Beedle war noch immer mit ihrer Kundin beschäftigt, als Prudence durch den Laden ging und sich die Handschuhe anzog.
»Danke für den Tee, Mrs. Beedle.«
»Ach, ich freue mich immer, Sie zu sehen, Miss Prue.« Die Ladenbesitzerin strahlte sie an. »Und Miss Chas natürlich ebenso. Bringen Sie sie doch nächste Woche mit. Ich mache den Schmalzkuchen, den sie so gern mag.«
»Es wird ihr sehr Leid tun, dass sie den Ingwerkuchen verpasst hat, aber sie musste heute eine alte Freundin besuchen«, sagte Prudence lächelnd und nickte der Kundin höflich zu, die sie neugierig betrachtete. Eine Dame mit Mayfair-Akzent in einem eleganten Nachmittagskleid war in einem Eckladen in Kensington ungewöhnlich, zumal wenn diese Dame aus den rückwärtigen Räumlichkeiten auftauchte.
Prudence nahm ein Exemplar von The Mayfair Lady vom Zeitungsständer hinten im Laden. »Falls Sie Lesestoff suchen, Madam, wird Ihnen vielleicht diese Zeitung zusagen.« Sie reichte das Blatt der Frau, die in ihrer Überraschung danach griff.
»Tja, ich weiß nicht recht«, sagte sie. »Mayfair Lady... das klingt ein wenig hochgestochen für jemand wie mich.«
»Aber nein, keineswegs«, klärte Prudence sie freundlich auf. »Ich weiß, dass auch Mrs. Beedle zu den Leserinnen zählt.«
»Ja, hin und wieder«, bestätige Mrs. Beedle. »Schnuppern Sie doch einfach mal hinein, Mrs. Warner. Genau richtig für einen kalten Nachmittag, wenn man mit dem Strickzeug am Kamin sitzt.«
»Na, mir gibt das Lesen nicht so viel ab«, meinte Mrs. Warner noch immer zweifelnd. »Wie viel kostet die Zeitung denn?« Sie drehte und wendete das Blatt hin und her, als wüsste sie nicht recht, was sie damit anfangen sollte.
»Nur zwei Pence«, sage Prudence. »Sie würden staunen, wie viel Interessantes da drinsteht.«
»Tja, ich weiß nicht... aber ich könnte ja...« Die Kundin verstummte, als sie aus ihrer Börse zwei Pence heraussuchte und sie auf den Ladentisch legte. »Ich will's mal probieren.«
»Tun Sie das«, ermunterte sie Mrs. Beedle. »Sollte das Blatt Ihnen nicht zusagen, bringen Sie es einfach zurück. Sie bekommen Ihr Geld wieder.«
Mrs. Warners Miene hellte sich sichtlich auf. »Das nenne ich ein faires Angebot, Mrs. Beedle.«
Prudence zog insgeheim eine Braue hoch. Wie sollten sie mit der Zeitung denn Geld verdienen, wenn die Leute sie »auf Probe« lasen? Doch das konnte sie Mrs. Beedle nicht sagen, denn sie meinte es ja schließlich gut. Sie trat also mit einem freundlichen Gruß aus dem Laden hinaus in den kühlen Nachmittag, der bereits in den Abend überging, obgleich es kaum halb fünf war. In diesem Jahr scheint sich der Herbst früher einzustellen, dachte sie, aber vielleicht kommt das ja nur durch den
Gegensatz zu dem langen und ungewöhnlich heißen Sommer, der ihm vorangegangen war.
Sie eilte zu einer Omnibushaltestelle, in Gedanken wieder bei Constance und der ägyptischen Wüstenhitze. Mit manchen meint das Leben es gut, dachte sie, als der Omnibus Auspuffwolken ausstoßend stehen blieb. Nachdem sie eingestiegen war, bezahlte sie ihren Penny, setzte sich ans Fenster und sah die Straßen Londons vorüberziehen, während der Bus auf Wunsch der Fahrgäste anhielt und wieder weiterfuhr.
Sie fragte sich, wie Chastitys Nachmittag wohl verlaufen war. Ihre Schwester hatte keine alte Freundin besucht, wie Prudence Mrs. Beedle gegenüber behauptet hatte. Stattdessen hatte Chastity in ihrer Rolle als Tante Mabel Antworten auf drei Problembriefe von Rat suchenden Leserinnen verfasst, die in der nächsten Ausgabe der Zeitung abgedruckt werden sollten. Als Prudence aus dem Haus gegangen war, hatte Chastity am Federhalter kauend über die Tintenkleckse geklagt, die verkantete Federspitzen unweigerlich verursachten, wobei sie über einer diplomatischen Antwort für Verzweifelt in Chelsey brütete; die war der Meinung, ihre alternden Eltern hätten nicht das Recht, ihr Geld für leichtfertige Zwecke hinauszuwerfen, während ihre Tochter auf ihr Erbe wartete.
An der Oxford Street stieg Prudence aus und spazierte die Baker Street entlang in Richtung Portman Square. Sie erreichte den Manchester Square und lief mit geröteten Wangen die Stufen zur Nummer 10 hinauf. Jenkins öffnete, als sie gerade den Schlüssel ins Schloss steckte.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
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Copyright der deutschen Ausgabe © 2005 by Verlagsgruppe Random House GmbH
Übersetzung:»Anke Koerten« Im Bann der Herzen von Jane Feather
Der Gentleman, der sich am oberen Ende der zur National Gallery führenden Stufen postiert hatte und eine Ausgabe des Blattes The Mayfair Lady auffällig in der Hand hielt, musterte aufmerksam die angeblichen Kunstliebhaber, die dem großen Portal des Museums hinter ihm zustrebten. Er hielt Ausschau nach jemandem mit dem gleichen Erkennungszeichen.
Auf dem Trafalgar Square flatterte jäh ein Taubenschwarm auf, als eine Gestalt über den Platz eilte und dabei für die Vögel Körner ausstreute. Sie überquerte die Straße direkt vor dem Museumskomplex, hielt an der untersten Stufe inne und zerknüllte die Papiertüte, die die Körner enthalten hatte, in der Hand, während sie zum Portal hinaufblickte. In der freien Hand hielt sie eine zusammengerollte Zeitung. Als der Mann eine zögernde Bewegung mit seiner Zeitung machte, warf die weibliche Gestalt die zerknüllte Tüte in einen Abfallkorb und lief die Stufen hinauf, ihm entgegen.
Die Gestalt war klein und weiblich ... Das war das Einzige, was der Gentleman unterscheiden konnte. Sie war in einen losen Alpaka-Staubmantel jener Art gehüllt, die Damen bei Ausfahrten mit dem Automobil wählten, und trug einen breitkrempigen Filzhut, dessen dichter Chiffonschleier ihr Gesicht völlig verhüllte.
»Bonjour, M'sieur«, begrüßte sie ihn. »Ich glaube, wir haben ein Treffen vereinbart, n`est-ce pas?« Sie schwenkte die Zeitung. »Sie sind doch Dr. Douglas Farrell?«
»Ebender, Madam«, erwiderte er mit einer kleinen Verbeugung. »Und Sie sind ...?«
»Ick bin natürlich die Mayfair Lady«, gab sie zurück, wobei ihr Schleier bei jedem Atemzug erbebte.
Mit einem französischen Akzent, wie er falscher nicht sein kann, dachte Dr. Farrell amüsiert, entschied aber, sie deswegen noch nicht zur Rede zu stellen. »Die Mayfair-Lady persönlich?«, fragte er neugierig.
»Die Repräsentantin der Zeitung, M'sieur«, entgegnete sie mit rügendem Unterton.
»Ach so.« Er nickte. »Und die Vermittlerin?«
»Ein und dieselbe, Sir«, sagte die Dame mit entschiedenem Nicken. »Und wenn ich richtig verstanden habe, Sir, ist es die Vermittlerin, die Ihnen von Nutzen sein könnte.« Dieser verflixte französische Akzent reizt mich ständig zum Lachen, ging es der Ehrenwerten Chastity Duncan durch den Sinn. Ob sie oder eine ihrer Schwestern ihn gebrauchte, alle waren sie sich einig, dass sie wie französische Kammerzofen in einer Feydeau-Komödie klangen. Doch es war ein probates Mittel, um die Stimme zu verstellen.
»Ich hätte mir eigentlich ein Treffen in einem Büro erwartet«, sagte der Arzt mit einem Blick auf ihre Umgebung, die gar nicht öffentlicher hätte sein können. Ein kühler Dezemberwind fegte über den Platz und zauste das Gefieder der Tauben.
»Unsere Büroräume sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, M'sieur«, sagte sie rundheraus. »Ich schlage vor,
wir gehen hinein. Im Museum gibt es viele Plätze, an denen wir sprechen können.« Sie ging auf das Portal zu, und ihr Begleiter beeilte sich, ihr einen Flügel zu öffnen. Die Falten ihres Alpaka-Staubmantels streiften ihn, als sie an ihm vorüber das höhlenartige Atrium des Museums betrat.
»Gehen wir in den Rubens-Saal, M'sieur«, schlug sie vor, mit der Zeitung zur Treppe deutend. »Dort gibt es eine kreisrunde Sitzgelegenheit, wo wir uns unauffällig unterhalten können.« In gebieterischer Haltung schritt sie voraus zur Treppe, die in den Hauptsaal führte. Dr. Farrell folgte ihr bereitwillig. Ihr Auftreten, das ihn ein wenig amüsierte, hatte seine Neugierde geweckt.
Auf halber Höhe bog sie auf einem Treppenabsatz ab und durcheilte eine Flucht von Räumen voller großformatiger Renaissancegemälde, auf denen grausame Märtyrerszenen, Pietàs und Kreuzigungen dargestellt waren. Ohne auch nur einen flüchtigen Blick für diese Kunstschätze blieb sie erst stehen, als sie in einen runden Raum mit einem runden Sofa in der Mitte gelangten.
Diesen Raum schmückten höchst auffallend zwei der Rubens-Gemälde mit der Darstellung des Urteils des Paris. Mit heimlicher Belustigung hatten die Duncan-Schwestern just diesen Ort für Zusammenkünfte mit möglichen Klienten ihres Vermittlungs-Service gewählt. Die drei fülligen Akte von Venus, Juno und Minerva waren ihnen als Hintergrund für die dort getätigten Abmachungen höchst passend erschienen.
»'ier ist es ruhig, und wir sind ungestört«, erklärte sie und setzte sich aufs Sofa, ihre Röcke eng an sich raffend, damit er sich neben sie setzen konnte.
Douglas blickte interessiert um sich. Ganz ungestört war man hier nicht. Es waren andere Besucher da, die von einem Bild zum anderen gingen und sich in gedämpftem Ton unterhielten. Doch das runde Sofa bildete, obwohl in der Mitte stehend, eine kleine Oase, wo zwei Personen eng nebeneinander sitzen und miteinander reden konnten, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er setzte sich neben sie, wobei er ihr Parfüm erschnupperte, einen frischen Blumenduft, der unter ihrem Schleier hervordrang.
Chastity drehte ihm ihren verschleierten Kopf zu. Sie war Dr. Douglas Farrell gegenüber im Vorteil, da sie ihn schon einmal gesehen hatte, als er sich in Mrs. Beedles Eckladen eine Nummer von The Mayfair Lady besorgte und sie diesen Kauf unbemerkt beobachtete. Er war so, wie sie ihn in Erinnerung behalten hatte, ein ungewöhnlich großer Mann, den man nicht so leicht vergaß. Groß und breit, dazu kräftig und muskulös wie ein Sportler. Ein Boxer oder Ringer, dachte sie. Der auffallende, wahrscheinlich auf einen Bruch zurückzuführende kleine Nasenhöcker schien ihre Vermutung zu bestätigen. Seine Züge waren ausdrucksvoll, wenn auch unregelmäßig, sein Mund breit, sein Kinn kantig. Unter dichten schwarzen Brauen, die über dem Nasenrücken zusammenstießen, blickten tiefschwarze Augen hervor. Sein Haar war ebenso schwarz, ein wenig gelockt, der Schnitt aber kurz und praktisch. Alles an ihm deutete darauf hin, dass er auf subtilere Nuancen seiner äußeren Erscheinung wenig Wert legte. Zu seinem unauffälligen, bis zum Hals geknöpften Mantel trug er Schal und Handschuhe. Seinen schlichten weichen Filzhut hielt er auf dem Schoß.
Plötzlich wurde sie gewahr, dass sich das Schweigen, das ihre Einschätzung seiner Person begleitete, in die Länge zog, und sie sagte hastig: »Also, wie könnte die Vermittlung Ihnen 'elfen, M'sieur?«
Wieder ließ er seinen Blick etwas verblüfft durch den Raum wandern. »Das ist also das Büro der Mayfair Lady?«
Wieder hörte sie die leichte schottische Klangfärbung heraus, die ihr schon aufgefallen war, als sie ihn bei Mrs. Beedle beobachtete. »Non, wir empfangen keine Klienten in unserem Büro«, eröffnete sie ihm rundheraus. Dabei verschwieg sie geflissentlich, dass ihnen entweder der Teesalon bei Fortnum and Mason oder der obere Salon im Haus ihres Vaters, das ehemalige Allerheiligste ihrer Mutter, als Büro diente. Keine dieser Örtlichkeiten eignete sich für Besprechungen mit Klienten.
»Und warum?«, fragte er.
»Die Mayfair Lady muss anonym bleiben«, erklärte sie. »Könnten wir in Ihrer Angelegenheit fortfahren, M'sieur?«
»Ja, natürlich. Aber ich muss gestehen, Madam MayfairLady, dass ich neugierig bin. Warum ist Anonymität für Sie so unverzichtbar?«
Chastity seufzte. »'aben Sie die Zeitung gelesen, M'sieur?«
»Ja, natürlich. Andernfalls wäre ich ja nicht auf Ihren Vermittlungsservice gestoßen.«
»Man kann Anzeigen lesen, ohne die Artikel zu beachten«, wandte sie ein und vergaß sekundenlang ihren Akzent.
»Auch die Artikel habe ich gelesen.«
Sie reagierte mit einem typisch gallischen Achselzucken. »Dann ist Ihnen sicher aufgefallen, dass die dort geäußerten Ansichten sehr kontroversieller Natur sind. Die 'erausgeber ziehen es vor, anonym zu bleiben.«
»Ich verstehe.« Er glaubte es jedenfalls. »Natürlich muss diese Geheimniskrämerei den Reiz des Blattes erhöhen.«
»Das ist richtig«, gestand sie.
Er nickte. »Wenn ich mich recht erinnere, gab es vor einigen Monaten einen Verleumdungsprozess. The Mayfair Lady wurde wegen Rufschädigung vom ... «, er furchte die Stirn, dann erhellte sich seine Miene, »... vom Earl of Barclay angeklagt, glaube ich.«
»Die Klage wurde abgewiesen«, sagte Chastity.
»Ja.« Nachdenklich drehte er seinen Hut in den Händen. »Ich kann mich erinnern. Ebenso weiß ich, dass das Blatt von einer anonymen Person im Zeugenstand vertreten wurde.
Habe ich Recht?«»ja.«
»Sehr interessant. Sicher stiegen die Verkaufszahlen daraufhin kräftig.«
»Mag schon sein«, antwortete sie vage. »Aber nicht aus diesem Grund geben wir unsere Identität nicht preis. Also, jetzt zu Ihnen, M'sieur.«
Douglas, dessen Faszination und Neugierde unverändert blieben, fand sich damit ab, dass für den Moment die Fragestunde vorbei war. »Wie ich schon in meinem Brief erklärte, suche ich eine Frau.«
Sie entnahm den betreffenden Brief ihrer Handtasche. »Mehr schreiben Sie freilich nicht. Wir müssten mehr über Ihre persönliche Situation und über den Typ Frau, der Ihnen vorschwebt, erfahren, ehe wir wissen, ob wir Ihnen bei der Suche behilflich sein können.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Copyright der Originalausgabe © 2004 By Jane Feather
Copyright der deutschen Ausgabe © 2005 by Verlagsgruppe Random House GmbH
Übersetzung:»Anke Koerten«
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Bibliographische Angaben
- Autor: Jane Feather
- 2009, 1, 763 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868003266
- ISBN-13: 9783868003260
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