Herz der Finsternis
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Der Klassiker von Joseph Conrad über Kapitän Marlow und seine Fahrt ins Innere eines damals unbekannten Kontinents. Es wird eine Entdeckungsreise ins Ungewisse der eigenen Existenz, in die Untiefen des Halb- und Unterbewusstseins, ins finstere Labyrinth von Lüge und Schuld.
Vorlage für Francis Ford Coppolas berühmten Film ''Apocalypse Now''.
In seinem berühmten Roman 'Herz der Finsternis' verarbeitet Joseph Conrad seine abenteuerliche letzte Reise nach Afrika, die er nur mit viel Glück überlebte und die ihm für den Rest seines Lebens eine zerrüttete Gesundheit und alptraumhafte Erinnerungen bescherte.
Kapitän Marlow berichtet von seiner Fahrt ins Innere eines unbekannten Kontinents. Die Reise in den Dschungel öffnet ihm nicht nur die Augen über die dunklen Abwege europäischer Eroberungen; sie wird zur Entdeckungsreise: ins Ungewisse der eigenen Existenz, in die Untiefen des Halb- und Unterbewusstseins, ins finstere Labyrinth von Lüge und Schuld.
'Herz der Finsternis' hat von Anfang an Leser und Interpreten fasziniert und hat bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Die Neuübersetzung des berühmten Kongo-Thrillers diente als Vorlage für Francis Ford Coppolas 'Apocalypse now'.
Herz der Finsternis von Joseph Conrad
LESEPROBE
Die Nellie,eine seetüchtige Segeljacht, schwoite ohne das leiseste Flattern der Segel vorihrem Anker und ruhte aus. Die Flut hatte eingesetzt, es war nahezu windstill,und da wir stromabwärts sollten, war weiter nichts zu tun, als sich zu geduldenund den Gezeitenwechsel abzuwarten. Die Themsemündung dehnte sich vor uns wieder Anfang einer endlosen Wasserstraße. Draußen verschmolzen nahtlos Himmel undMeer, und in dem lichterfüllten Raum schienen die gelohten Segel der Leichter,die mit der Flut herauftrieben, stillzustehen, in Massen straff ausgespannter roterLeinwand, in denen die lackierten Spriete aufblinkten. Ein leichter Dunst lagüber den Ufern, die sich flach ins Meer verloren. Über Gravesend war die Luftdunkel, und hinter uns schien sie noch immer zu einer trüben Düsternis geballt,die reglos über der größten und großartigsten Stadt der Welt brütete.
DerDirektor von Handelsgesellschaften war unser Kapitän und Gastgeber. Wir vieranderen beobachteten liebevoll seinen Rücken, während er dort im Bug stand und aufsMeer hinausblickte. Weit und breit gab es nichts auf dem Fluß, was nur halb soseemännisch ausgesehen hätte. Er glich einem Lotsen, der für einen Seemann diepersonifizierte Vertrauenswürdigkeit ist. Man konnte sich nur schwervorstellen, daß sein Beruf nicht dort draußen in der lichterfüllten Flußmündunglag, sondern hinter ihm in der brütenden Düsternis. Zwischen uns bestand dasBand der See, wie ich schon an anderer Stelle bemerkt habe. Abgesehen davon,daß es über lange Zeiten der Trennung unsere Herzen zusammenhielt, 6 stimmte es uns auch nachsichtiggegen eines jeden Garn - ja sogar gegen eines jeden Überzeugungen. DerRechtsanwalt - der feinste alte Knabe, den man sich denken kann - hatte wegenseiner hohen Jahre und hohen Tugenden das einzige Kissen an Bord unter seinemKopf und lag auf der einzigen Decke. Der Bücherrevisor hatte schon einenDominokasten hervorgeholt und baute spielerisch die Steine auf. Marlow saß mitgekreuzten Beinen achtern und lehnte sich an den Besanmast. Er hatte hohleWangen, eine gelbe Hautfarbe, einen geraden Rücken, ein asketisches Aussehenund erinnerte mit seinen herabhängenden Armen, den nach außen gekehrtenHandflächen, an ein Idol. Der Direktor kam, nachdem er sich vergewissert hatte,daß der Anker gut hielt, nach achtern und setzte sich zu uns. Wir wechseltenträge ein paar Worte. Dann trat Stille ein an Bord der Jacht. Aus dem einenoder anderen Grund begannen wir nicht mit dem Dominospiel. Wir waren inbesinnlicher Stimmung und zu nichts anderem fähig als zu friedlichemVor-uns-Hinschauen. Der Tag ging in einer Klarheit stillen und köstlichen Strahlenglanzeszu Ende. Das Wasser schimmerte friedlich; der Himmel, ohne ein Wölkchen, wareine wohltuende Unermeßlichkeit reinen Lichts; sogar der Dunst der Essex- Marschenwar wie ein duftiges und glänzendes Gewebe, das von den waldigen Höhen desBinnenlandes herabhing und die flache Küste in durchsichtige Falten hüllte. Nurdie Düsternis des Westens, die über dem oberen Flußlauf brütete, wurde vonMinute zu Minute dunkler, gleichsam als sei sie erzürnt über das Näherkommen derSonne. Und schließlich sank die Sonne auf ihrer gebogenen und unwahrnehmbarenFallinie hinab und wechselte von gleißendem Weiß zu einem trüben Rot ohne Glanzund ohne Hitze über, als sei sie im Begriff zu erlöschen, todwund durch dieBerührung mit jener über einer Menschenmasse lastenden Düsternis. Allsogleichkam eine Veränderung über das Wasser, und die heitere Klarheit wurde wenigerleuchtend, dafür aber tiefer.
Der alteFluß in seiner breiten Mündungsstrecke blieb ungerührt vom Erlöschen des Tages,nach all den Jahrhunderten guter Dienste, die er den Menschen an seinen Uferngeleistet hatte, und breitete sich aus in der stillen Würde einer Wasserstraße,die zu den entferntesten Enden der Welt führt. So sahen auch wir denehrwürdigen Strom nicht im zuckenden Flackerschein eines kurzen Tages, derheraufzieht und dann für alle Zeiten entschwindet, sondern im erhabenen Lichtbleibender Erinnerungen. Und freilich ist einem Mann, der, wie es wohl heißt,Seemann war mit Leib und Seele, nichts leichter, als auf dem Unterlauf derThemse den großen Geist der Vergangenheit zu beschwören. Der Gezeitenstromwechselt hin und her in unaufhörlicher Dienstbarkeit, beladen mit Erinnerungen anMenschen und Schiffe, die er zur Ruhe in die Heimat oder zum Getümmel derSeeschlachten hinausgetragen hat. Alle Männer, auf die die Nation stolz ist,hat er gekannt, und allen gedient, von Sir Francis Drake bis zu Sir JohnFranklin - Rittern allesamt, betitelten und unbetitelten - den großen fahrendenRittern des Meeres. All die Schiffe hat er getragen, deren Namen wie Juwelenaufleuchten in der Nacht der Zeiten, von der Golden Hind, diezurückkehrte - die bauchigen Schiffswände voller Schätze -, um von IhrerMajestät der Königin besucht zu werden und auf diese Weise eine grandioseGeschichte abzuschließen, bis zur Erebos und Terror, die zuanderen Eroberungen auszogen - und die nie zurückkehrten. Er hat die Schiffeund die Männer gekannt. Sie waren von Deptford, von Greenwich, von Erith aus inSee gegangen - die Abenteurer und Siedler; königliche Schiffe und Schiffe der Handelsleute;Kapitäne, Admirale, die finsteren Schleichhändler des Ostens und diebestallten Generäle der Flotten der East India Company. Goldsucher odersolche, die dem Ruhm nachjagten, sie alle waren auf diesem Strom hinausgefahren,das Schwert in der Hand und oft die Fackel, Boten der Stärke dieses Landes,Bringer eines Funkens vom heiligen Feuer. Welche Größe trieb nicht mit der Ebbejenes Flusses in das Rätsel einer unbekannten Welt hinaus! Die Träume derMenschen, der Same von Nationen, der Keim zu Weltreichen.
Lizenzausgabe der Süddeutsche Zeitung GmbH, München für die SüddeutscheZeitung Bibliothek 2004
© 2004 Diogenes Verlag AG Zürich
Übersetzung: Urs Widmer
- Autor: Joseph Conrad
- 2009, 12. Aufl., 144 Seiten, Maße: 12,1 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Sophie Zeitz
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423133384
- ISBN-13: 9783423133388
- Erscheinungsdatum: 24.05.2005
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