Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5
Kriminalroman
Von Borkum nach New York.
Ann Kathrin Klaasens fünfter Fall führt sie über den großen Teich nach New York
Wie kommt Markus Poppinga ins Restaurant Ben Ash in Manhattan? Eine Klassenkameradin will ihn dort gesehen haben, dabei ist Markus vor drei Jahren...
Ann Kathrin Klaasens fünfter Fall führt sie über den großen Teich nach New York
Wie kommt Markus Poppinga ins Restaurant Ben Ash in Manhattan? Eine Klassenkameradin will ihn dort gesehen haben, dabei ist Markus vor drei Jahren...
Leider schon ausverkauft
Buch
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5 “
Klappentext zu „Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5 “
Von Borkum nach New York. Ann Kathrin Klaasens fünfter Fall führt sie über den großen Teich nach New York
Wie kommt Markus Poppinga ins Restaurant Ben Ash in Manhattan? Eine Klassenkameradin will ihn dort gesehen haben, dabei ist Markus vor drei Jahren tot in seiner Wohnung auf Borkum gefunden worden. Seine Eltern haben ihn eindeutig identifiziert. Die trauernde Mutter trägt die Überreste ihres Sohnes, zu einem bläulich schimmernden Diamanten gepresst und in Herzchenform geschliffen, an einer Kette um den Hals. Doch wer ist der Mann, den die Zeugin für Markus hält?
»...eine Reise voller Überraschungen. Spannend und mit leichtem Humor geschrieben.« Margarete von Schwarzkopf,NDR1
Lese-Probe zu „Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5 “
Ostfriesenfalle von Klaus-Peter Wolf Die Polizeiinspektion Aurich, das Restaurant Smutje in Norden, die Europaschule in Westerstede, den Kartoffelkäfer auf Borkum, die Landschaft, Fähren und Häuser gibt es in Ostfriesland wirklich. Und selbst im Restaurant Ben Ash in New York habe ich mehrfach gegessen.
Doch auch, wenn dieser Roman ganz in einer realen Kulisse angesiedelt ist, sind die Handlung und die Personen frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und Organisationen wären rein zufällig und nicht beabsichtigt.
»Die Zehn Gebote sind deswegen so unmissverständlich und klar, weil an ihnen keine Expertenkommission mitgearbeitet hat.«
Ubbo Heide, Kripochef Aurich
»Der liebe Gott weiß alles, aber Ann Kathrin Klaasen weiß natürlich alles besser.«
Rupert, Kommissar, Kripo Aurich
»Ich liebe sie!«
Frank Weller, Kommissar, Kripo Aurich
Der Atlantik hatte die Farbe der Nordsee. Das Geräusch der Wellen klang zum Verwechseln ähnlich. Die Möwen waren auch nicht frecher als auf Norderney, aber es roch anders. Da war ein künstlicher Geschmack in der Luft, ein bisschen wie altes Frittieröl.
Was sind wir nur für komische Menschen, dachte Ann Kathrin Klaasen. Da fliegen wir fast neun Stunden, um ein paar Tage in New York zu verbringen, aber kaum angekommen, halten wir es nicht mehr aus und fahren eine Stunde U-Bahn, um von Manhattan nach Coney Island ans Meer zu kommen.
Alle paar Meter saß ein Rettungsschwimmer auf seinem Hochstand.
»Die Jungs kenne ich aus Baywatch«, lachte Weller.
Ann Kathrin kommentierte das nicht, schmunzelte aber.
»Was ist?«, fragte Weller verunsichert.
... mehr
»Die Jungs von Baywatch sehen doch immer aus wie diese jungen Männer in der Werbung, die angeblich so gerne Müllermilch trinken. Aber die hier sehen eher nach täglich zwei Sixpack Bier aus.«
Unwillkürlich zog Weller den Bauch ein. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinanderher, die Füße im nassen Sand. Ann Kathrin genoss es, wenn die Ausläufer der Wellen ihre Knöchel umspülten. Weller hielt Abstand, als hätte er Angst, die Wellen könnten beißen.
Im Hintergrund drehte sich das Riesenrad des Vergnügungsparks, und auf der Achterbahn kreischte eine Schulklasse aus Denver.
»Die Sandstrände auf den ostfriesischen Inseln gefallen mir besser«, sagte Ann Kathrin. »Das hier ist lange nicht so schön wie die Weiße Düne auf Norderney oder der Sandstrand auf Spiekeroog oder Borkum.«
Weller wich einer Welle aus und zeigte auf die Hochhäuser hinter sich. »Verglichen damit sind die Bausünden da auch erträglich.«
Wir gehören so sehr an die Küste, dachte Ann Kathrin. Wir tragen die Nordsee in uns.
Weller versuchte, an den Essensständen und Imbissbuden ein Matjesbrötchen zu bekommen oder wenigstens einen Bismarckhering. Aber nicht mal ein Krabbenbrötchen ließ sich auftreiben. Aus lauter Not bestellte Weller sich dann Fish and Chips. Das fettige Zeug kriegte er aber beim besten Willen nicht runter. Während Ann Kathrin genüsslich, das Gesicht der Sonne zugewandt, in ihren Cheeseburger biss, warf Weller ein bisschen verschämt, als würde er etwas Ungesetzliches tun, sein Essen in den Mülleimer.
Sie waren vor zwei Tagen in Newark gelandet und mit dem Taxi, an dem großen Gefängnis zwischen Flughafen und Holiday Inn vorbei, nach Manhattan gefahren. Dieser Anblick hatte Ann Kathrin nicht in Ruhe gelassen.
Jetzt, angesichts der Möwen, die einen Mülleimer umgekippt hatten und sich um die Beute stritten, sagte Ann Kathrin: »Ich glaube, ich weiß, warum sie das Gefängnis zwischen Flughafen und Hotel gebaut haben. Das war eine sehr bewusste Entscheidung. So will man die Sehnsucht der Gefangenen wachhalten.«
Weller machte eine schnelle Handbewegung, um die Möwen zu verjagen, aber die ließen sich dadurch nicht beeindrucken. Sie zerfetzten, mit den Flügeln schlagend, eine Plastiktüte, aus der Hamburgerreste fielen.
Dies hier war kein Urlaub, aber auch keine offizielle Dienstreise. Sie hatten hier keinerlei polizeiliche Befugnisse. Scheinbar durfte hier jeder eine Waffe tragen, nur die beiden nicht.
Aus der Ferne verschoben sich die Perspektiven. Von Amerika aus war Aurich eine kleine Küstenstadt in Europa, nah bei Hamburg und Hannover. Von Aurich aus waren Hamburg und Hannover vier Stunden weit weg, und wenn man Pech hatte, musste man dreimal umsteigen, um mit Bus und Zug hinzukommen, dachte Weller.
Sie waren gekommen, um eine Person zu überprüfen. Eine junge Frau behauptete, ihren alten Klassenkameraden Markus Poppinga im Restaurant Ben Ash in Manhattan gesehen zu haben. Das Problem war nur, Markus Poppinga war vor drei Jahren auf Borkum tot in seiner Ferienwohnung gefunden worden.
Seine Eltern hatten die Leiche eindeutig identifiziert, und die trauernde Mutter trug inzwischen die Überreste ihres Sohnes zu einem bläulich schimmernden Diamanten gepresst, in Herzchenform geschliffen, an einer Kette um den Hals.
Nun hätte die Aussage einer hysterischen jungen Frau in diesem Fall sicherlich keine weiteren Ermittlungen ausgelöst, wäre es nicht Insa, die Tochter des Leiters der Polizeiinspektion Aurich / Wittmund, Ubbo Heide, gewesen.
Weller und Ann Kathrin wohnten gegenüber vom Ben Ash im Wellington-Hotel an der 7th Avenue, also mittendrin im Gewühl. Die Alarmsirenen der NYPD heulten noch viel öfter als in den Kinofilmen, aus denen die beiden dieses unverwechselbare Geräusch kannten.
Es war schon ein besonderes Erlebnis für Weller, mit Ann Kathrin Zeit in Manhattan zu verbringen. Er hatte sich vorgestellt, die Ermittlungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren, gerade genug, um Ubbo Heide beruhigen zu können, denn eigentlich ging es nur darum, dass er vor seiner Tochter nicht als untätiger Idiot dastehen wollte, fand Weller. Aber das sagte er natürlich nicht.
Ann Kathrin hatte neben dem schnarchenden Weller die ersten zwei Nächte kaum ein Auge zutun können. Egal, ob sie das Fenster geöffnet oder geschlossen hielt, von draußen drang ein nervtötender Lärm herein. Die Alarmsirenen der New Yorker Polizei wurden von Hupkonzerten abgelöst. Jeder Autofahrer schien direkt vor dem Wellington-Hotel demonstrieren zu müssen, dass seine Hupe noch funktionierte.
Die dünne Gardine half überhaupt nicht gegen die grellen Lichter, und das heißfeuchte Klima New Yorks tat Ann Kathrin gar nicht gut. Sie hatte ständig eine Schweißschicht auf der Haut und wünschte sich zurück an den Deich nach Ostfriesland.
Ann Kathrin hatte Karten für ein Broadwaymusical ergattert. Weller traute sich nicht, ihr zu sagen, dass er eigentlich keine Lust hatte. Er hatte im Flieger einen Fußballkrimi von Ulli Schubert um einen homosexuellen Profispieler begonnen, und der Roman war jetzt so spannend, dass er die letzten Seiten von »Gefoult« unbedingt lesen wollte. Eigentlich interessierte Weller sich nicht für Fußball und für Schwule schon gar nicht, aber er wusste kurz vor Schluss immer noch nicht, wer der Täter war, und das ärgerte ihn als Kommissar sehr.
Der Anfang des Buches hatte ihm gut gefallen. Wenn mein bisheriges Leben ein Buch oder ein Film wäre, in dem ich selbst die Hauptrolle spielte, dann würde ich den Autor zwingen, den Anfang komplett neu zu schreiben. Damit konnte Weller sich identifizieren. In den Zeilen fand er sich wieder, deshalb hatte er das Buch spontan in der Flughalle am Kiosk gekauft.
Er sah jetzt schon Ann Kathrins Gesicht vor sich, wie sie ihm spöttisch klarmachte, dass der Krimi schließlich nicht weglaufen würde, das Broadwaymusical aber schon. Außerdem wollte sie ihn einladen, und da konnte er doch schlecht nein sagen.
Beim Lesen war Weller in seine Kindheit als Schüler zurückkatapultiert worden. Er musste an seinen alten Deutschlehrer, Hans-Helmut Brinkmann, denken, der bei einer Schülerdisco Drafi Deutschers »Marmor, Stein und Eisen bricht« mit überheblichem Lächeln kritisiert hatte. So mies seien deutsche Schlager, dass die sogenannten Songwriter nicht mal richtig Deutsch könnten.
»Das ist kein Schlager«, hatte Weller Drafi damals verteidigt, »das ist Deutschrock! Und was für Fehler sollen denn da drin sein?«
Brinkmann hatte nur auf das Stichwort gewartet.
Er verzog den Mund, hob sein Kinn und sprach, als würde er höhere Töchter an einer Schweizer Privatschule unterrichten: »Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht. Fällt Ihnen dabei nichts auf, Herr Weller?«
So spitz, wie er das »Herr« betonte, musste an dem Satz irgendetwas falsch sein. Aber Frank kam nicht drauf. Im Ansehen seines Deutschlehrers sank er dadurch auf das Niveau von Insekten, und seine Deutschzensur sollte sich von dieser Niederlage nie wieder erholen.
»Es muss heißen: Marmor, Stein und Eisen brechen. Plural, Herr Weller. Plural. Der Schlagerfuzzi singt aber Singular.«
Verwirrt hatte Weller geantwortet: »Marmor, Stein und Eisen brechen, aber unsere Liebe nicht, reimt sich doch nicht.«
Das war dem Deutschlehrer nicht mal eine Antwort wert.
Jahre später, Weller war schon bei der Kriminalpolizei, sah er Hans-Helmut Brinkmann wieder, und zwar im Fernsehen. Er stand in einer brüllenden Menge und feierte ein gewonnenes WM-Spiel. Er grölte mit den anderen ein Lied, das nur aus einer einzigen Zeile zu bestehen schien: »Es gibt nur ein Rudi Völler! Ein Rudi Vööööller!«
Das hatte Weller gutgetan.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
»Die Jungs von Baywatch sehen doch immer aus wie diese jungen Männer in der Werbung, die angeblich so gerne Müllermilch trinken. Aber die hier sehen eher nach täglich zwei Sixpack Bier aus.«
Unwillkürlich zog Weller den Bauch ein. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinanderher, die Füße im nassen Sand. Ann Kathrin genoss es, wenn die Ausläufer der Wellen ihre Knöchel umspülten. Weller hielt Abstand, als hätte er Angst, die Wellen könnten beißen.
Im Hintergrund drehte sich das Riesenrad des Vergnügungsparks, und auf der Achterbahn kreischte eine Schulklasse aus Denver.
»Die Sandstrände auf den ostfriesischen Inseln gefallen mir besser«, sagte Ann Kathrin. »Das hier ist lange nicht so schön wie die Weiße Düne auf Norderney oder der Sandstrand auf Spiekeroog oder Borkum.«
Weller wich einer Welle aus und zeigte auf die Hochhäuser hinter sich. »Verglichen damit sind die Bausünden da auch erträglich.«
Wir gehören so sehr an die Küste, dachte Ann Kathrin. Wir tragen die Nordsee in uns.
Weller versuchte, an den Essensständen und Imbissbuden ein Matjesbrötchen zu bekommen oder wenigstens einen Bismarckhering. Aber nicht mal ein Krabbenbrötchen ließ sich auftreiben. Aus lauter Not bestellte Weller sich dann Fish and Chips. Das fettige Zeug kriegte er aber beim besten Willen nicht runter. Während Ann Kathrin genüsslich, das Gesicht der Sonne zugewandt, in ihren Cheeseburger biss, warf Weller ein bisschen verschämt, als würde er etwas Ungesetzliches tun, sein Essen in den Mülleimer.
Sie waren vor zwei Tagen in Newark gelandet und mit dem Taxi, an dem großen Gefängnis zwischen Flughafen und Holiday Inn vorbei, nach Manhattan gefahren. Dieser Anblick hatte Ann Kathrin nicht in Ruhe gelassen.
Jetzt, angesichts der Möwen, die einen Mülleimer umgekippt hatten und sich um die Beute stritten, sagte Ann Kathrin: »Ich glaube, ich weiß, warum sie das Gefängnis zwischen Flughafen und Hotel gebaut haben. Das war eine sehr bewusste Entscheidung. So will man die Sehnsucht der Gefangenen wachhalten.«
Weller machte eine schnelle Handbewegung, um die Möwen zu verjagen, aber die ließen sich dadurch nicht beeindrucken. Sie zerfetzten, mit den Flügeln schlagend, eine Plastiktüte, aus der Hamburgerreste fielen.
Dies hier war kein Urlaub, aber auch keine offizielle Dienstreise. Sie hatten hier keinerlei polizeiliche Befugnisse. Scheinbar durfte hier jeder eine Waffe tragen, nur die beiden nicht.
Aus der Ferne verschoben sich die Perspektiven. Von Amerika aus war Aurich eine kleine Küstenstadt in Europa, nah bei Hamburg und Hannover. Von Aurich aus waren Hamburg und Hannover vier Stunden weit weg, und wenn man Pech hatte, musste man dreimal umsteigen, um mit Bus und Zug hinzukommen, dachte Weller.
Sie waren gekommen, um eine Person zu überprüfen. Eine junge Frau behauptete, ihren alten Klassenkameraden Markus Poppinga im Restaurant Ben Ash in Manhattan gesehen zu haben. Das Problem war nur, Markus Poppinga war vor drei Jahren auf Borkum tot in seiner Ferienwohnung gefunden worden.
Seine Eltern hatten die Leiche eindeutig identifiziert, und die trauernde Mutter trug inzwischen die Überreste ihres Sohnes zu einem bläulich schimmernden Diamanten gepresst, in Herzchenform geschliffen, an einer Kette um den Hals.
Nun hätte die Aussage einer hysterischen jungen Frau in diesem Fall sicherlich keine weiteren Ermittlungen ausgelöst, wäre es nicht Insa, die Tochter des Leiters der Polizeiinspektion Aurich / Wittmund, Ubbo Heide, gewesen.
Weller und Ann Kathrin wohnten gegenüber vom Ben Ash im Wellington-Hotel an der 7th Avenue, also mittendrin im Gewühl. Die Alarmsirenen der NYPD heulten noch viel öfter als in den Kinofilmen, aus denen die beiden dieses unverwechselbare Geräusch kannten.
Es war schon ein besonderes Erlebnis für Weller, mit Ann Kathrin Zeit in Manhattan zu verbringen. Er hatte sich vorgestellt, die Ermittlungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren, gerade genug, um Ubbo Heide beruhigen zu können, denn eigentlich ging es nur darum, dass er vor seiner Tochter nicht als untätiger Idiot dastehen wollte, fand Weller. Aber das sagte er natürlich nicht.
Ann Kathrin hatte neben dem schnarchenden Weller die ersten zwei Nächte kaum ein Auge zutun können. Egal, ob sie das Fenster geöffnet oder geschlossen hielt, von draußen drang ein nervtötender Lärm herein. Die Alarmsirenen der New Yorker Polizei wurden von Hupkonzerten abgelöst. Jeder Autofahrer schien direkt vor dem Wellington-Hotel demonstrieren zu müssen, dass seine Hupe noch funktionierte.
Die dünne Gardine half überhaupt nicht gegen die grellen Lichter, und das heißfeuchte Klima New Yorks tat Ann Kathrin gar nicht gut. Sie hatte ständig eine Schweißschicht auf der Haut und wünschte sich zurück an den Deich nach Ostfriesland.
Ann Kathrin hatte Karten für ein Broadwaymusical ergattert. Weller traute sich nicht, ihr zu sagen, dass er eigentlich keine Lust hatte. Er hatte im Flieger einen Fußballkrimi von Ulli Schubert um einen homosexuellen Profispieler begonnen, und der Roman war jetzt so spannend, dass er die letzten Seiten von »Gefoult« unbedingt lesen wollte. Eigentlich interessierte Weller sich nicht für Fußball und für Schwule schon gar nicht, aber er wusste kurz vor Schluss immer noch nicht, wer der Täter war, und das ärgerte ihn als Kommissar sehr.
Der Anfang des Buches hatte ihm gut gefallen. Wenn mein bisheriges Leben ein Buch oder ein Film wäre, in dem ich selbst die Hauptrolle spielte, dann würde ich den Autor zwingen, den Anfang komplett neu zu schreiben. Damit konnte Weller sich identifizieren. In den Zeilen fand er sich wieder, deshalb hatte er das Buch spontan in der Flughalle am Kiosk gekauft.
Er sah jetzt schon Ann Kathrins Gesicht vor sich, wie sie ihm spöttisch klarmachte, dass der Krimi schließlich nicht weglaufen würde, das Broadwaymusical aber schon. Außerdem wollte sie ihn einladen, und da konnte er doch schlecht nein sagen.
Beim Lesen war Weller in seine Kindheit als Schüler zurückkatapultiert worden. Er musste an seinen alten Deutschlehrer, Hans-Helmut Brinkmann, denken, der bei einer Schülerdisco Drafi Deutschers »Marmor, Stein und Eisen bricht« mit überheblichem Lächeln kritisiert hatte. So mies seien deutsche Schlager, dass die sogenannten Songwriter nicht mal richtig Deutsch könnten.
»Das ist kein Schlager«, hatte Weller Drafi damals verteidigt, »das ist Deutschrock! Und was für Fehler sollen denn da drin sein?«
Brinkmann hatte nur auf das Stichwort gewartet.
Er verzog den Mund, hob sein Kinn und sprach, als würde er höhere Töchter an einer Schweizer Privatschule unterrichten: »Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht. Fällt Ihnen dabei nichts auf, Herr Weller?«
So spitz, wie er das »Herr« betonte, musste an dem Satz irgendetwas falsch sein. Aber Frank kam nicht drauf. Im Ansehen seines Deutschlehrers sank er dadurch auf das Niveau von Insekten, und seine Deutschzensur sollte sich von dieser Niederlage nie wieder erholen.
»Es muss heißen: Marmor, Stein und Eisen brechen. Plural, Herr Weller. Plural. Der Schlagerfuzzi singt aber Singular.«
Verwirrt hatte Weller geantwortet: »Marmor, Stein und Eisen brechen, aber unsere Liebe nicht, reimt sich doch nicht.«
Das war dem Deutschlehrer nicht mal eine Antwort wert.
Jahre später, Weller war schon bei der Kriminalpolizei, sah er Hans-Helmut Brinkmann wieder, und zwar im Fernsehen. Er stand in einer brüllenden Menge und feierte ein gewonnenes WM-Spiel. Er grölte mit den anderen ein Lied, das nur aus einer einzigen Zeile zu bestehen schien: »Es gibt nur ein Rudi Völler! Ein Rudi Vööööller!«
Das hatte Weller gutgetan.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
... weniger
Autoren-Porträt von Klaus-Peter Wolf
Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im gleichen Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln, an die Küste gezogen und Wahlostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anne-Frank-Preis, dem Erich-Kästner-Preis, dem Rocky Award (Kanada) und dem Magnolia Award (Schanghai).
Bislang sind seine Bücher in 24 Sprachen übersetzt und über acht Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für „Tatort" und „Polizeiruf 110".
Sein Roman „Ostfriesensünde" wurde von den Lesern der „Krimi-Couch" zum »Besten Kriminalroman des Jahres 2010« gewählt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Klaus-Peter Wolf
- 2013, Maße: 9 x 14,2 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596513049
- ISBN-13: 9783596513048
- Erscheinungsdatum: 25.07.2013
Kommentare zu "Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5"
0 Gebrauchte Artikel zu „Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
2.5 von 5 Sternen
5 Sterne 0Schreiben Sie einen Kommentar zu "Ostfriesenfalle / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.5".
Kommentar verfassen