Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1
Eine unsterbliche Liebe
Schon bevor Ethan Lena zum ersten Mal sieht, hat sie ihn in seinen Träumen verfolgt. Doch Lena umgibt ein Fluch: Sie entstammt einer Familie von Hexen. An ihrem 16. Geburtstag fällt die Entscheidung: Wird Lena eine helle oder eine dunkle Hexe werden?
Leider schon ausverkauft
Buch (Gebunden)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1 “
Schon bevor Ethan Lena zum ersten Mal sieht, hat sie ihn in seinen Träumen verfolgt. Doch Lena umgibt ein Fluch: Sie entstammt einer Familie von Hexen. An ihrem 16. Geburtstag fällt die Entscheidung: Wird Lena eine helle oder eine dunkle Hexe werden?
Klappentext zu „Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1 “
Liebe noch vor dem ersten Blick Schon bevor Ethan sie zum ersten Mal gesehen hat, hat sie ihn in seinen Träumen verfolgt: Lena, die Neue an Ethans Schule. Lena, das Mädchen mit dem schwarzen Haar und den grünen Augen. Lena, die in Ravenwood wohnt, der verrufenen alten Plantage, von der sich alle in Gatlin fernhalten alle außer Ethan. Lena, in die Ethan sich unsterblich verliebt. Doch Lena umgibt ein Fluch, den sie mit aller Kraft geheim zu halten versucht: Sie ist eine Caster, sie entstammt einer Familie von Hexen, und an ihrem sechzehnten Geburtstag soll sie berufen werden. Dann wird sich entscheiden, ob Lena eine helle oder eine dunkle Hexe wird Ethan aber weiß: Auch ihm bleibt keine Wahl ihm ist vorherbestimmt, Lena für immer zu lieben. Aber wird er bei ihr bleiben können, gleich, welcher Seite sie künftig angehört?
Liebe noch vor dem ersten Blick ...
Schon bevor Ethan sie zum ersten Mal gesehen hat, hat sie ihn in seinen Träumen verfolgt: Lena, die Neue an Ethans Schule. Lena, das Mädchen mit dem schwarzen Haar und den grünen Augen. Lena, die in Ravenwood wohnt, der verrufenen alten Plantage, von der sich alle in Gatlin fernhalten - alle außer Ethan. Lena, in die Ethan sich unsterblich verliebt. Doch Lena umgibt ein Fluch, den sie mit aller Kraft geheim zu halten versucht: Sie ist eine Caster, sie entstammt einer Familie von Hexen, und an ihrem sechzehnten Geburtstag soll sie berufen werden. Dann wird sich entscheiden, ob Lena eine helle oder eine dunkle Hexe wird ...Ethan aber weiß: Auch ihm bleibt keine Wahl - ihm ist vorherbestimmt, Lena für immer zu lieben. Aber wird er bei ihr bleiben können, gleich, welcher Seite sie künftig angehört?
Schon bevor Ethan sie zum ersten Mal gesehen hat, hat sie ihn in seinen Träumen verfolgt: Lena, die Neue an Ethans Schule. Lena, das Mädchen mit dem schwarzen Haar und den grünen Augen. Lena, die in Ravenwood wohnt, der verrufenen alten Plantage, von der sich alle in Gatlin fernhalten - alle außer Ethan. Lena, in die Ethan sich unsterblich verliebt. Doch Lena umgibt ein Fluch, den sie mit aller Kraft geheim zu halten versucht: Sie ist eine Caster, sie entstammt einer Familie von Hexen, und an ihrem sechzehnten Geburtstag soll sie berufen werden. Dann wird sich entscheiden, ob Lena eine helle oder eine dunkle Hexe wird ...Ethan aber weiß: Auch ihm bleibt keine Wahl - ihm ist vorherbestimmt, Lena für immer zu lieben. Aber wird er bei ihr bleiben können, gleich, welcher Seite sie künftig angehört?
Lese-Probe zu „Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1 “
Sixteen Moons von Kami Garcia und Margaret StohlAm Ende der Welt
Davor
... mehr
In unserer Stadt gab es nur zwei Arten von Leuten.
»Die Dummen und die Dagebliebenen«, pflegte mein Vater unsere Nachbarn mit liebevollem Spott einzuteilen. »Diejenigen, die dazu bestimmt sind, für alle Zeit hier festzusitzen, und diejenigen, die zu dämlich sind, sich aus dem Staub zu machen. Alle anderen finden einen Weg hier raus.« Es bestand keinerlei Zweifel, zu welcher Gruppe er gehörte, aber ihn nach den Gründen zu fragen, dazu fehlte mir der Mut. Mein Vater war Schriftsteller, und wir lebten in Gatlin, South Carolina, und zwar weil die Wates seit Menschengedenken hier wohnten, genauer gesagt, seit mein Ururururgroßvater Ellis Wate im Bürgerkrieg auf der anderen Seite des Santee River gekämpft hatte und in der Schlacht gefallen war.
Allerdings benutzten die Einheimischen niemals das Wort Bürgerkrieg. Alle unter sechzig nannten ihn den »Krieg zwischen den Staaten«, alle anderen sprachen vom »Angriffskrieg der Nordstaaten«, so als hätte der Norden den Süden in den Kampf gelockt um ein paar Ballen Baumwolle. Genauer gesagt, alle außer uns. Wir nannten ihn schlicht und einfach Bürgerkrieg.
Was ein weiterer Grund war, wieso ich es kaum erwarten konnte, endlich von hier wegzukommen.
Gatlin war nicht wie diese Kleinstädte, die man immer in den Filmen sieht, es sei denn, der Film spielt vor fünfzig Jahren. Wir waren zu weit von Charleston entfernt, deshalb gab es bei uns weder Starbucks noch McDonalds, sondern nur ein Dar-ee Keen, weil einige Leute hier zu geizig waren, um komplett neue Buchstaben zu bezahlen, als sie das Dairy King übernahmen. Die Bücherei arbeitete immer noch mit vorsintflutlichen Karteikärtchen, an der Highschool schrieb man immer noch mit Kreide an Wandtafeln und unser örtliches Schwimmbad war der Lake Moultrie mit seiner warmen bräunlichen Brühe. Das Cineplex brachte Filme, die es andernorts bereits auf DVD gab, aber um die zu sehen, musste man erst mal irgendwie nach Summerville ins Community College kommen. Die Geschäfte befanden sich allesamt in der Main Street, die guten Häuser reihten sich alle entlang River Street, und der traurige Rest der Bevölkerung wohnte südlich von der Route 9, wo der Straßenbelag zu Asphaltschutt zerbröckelte. Grässlich uneben, aber bestens geeignet, um mit Steinbrocken auf wütende Opossums zu werfen, die heimtückischsten Tiere, die man sich nur vorstellen kann. In Filmen zeigten sie so was natürlich nie.
Gatlin war kein komplizierter Ort. Gatlin war einfach Gatlin. Die Nachbarn saßen in der Gluthitze schwitzend auf ihrer Veranda und beobachteten ungeniert, was um sie herum vor sich ging. Was ziemlich sinnlos war, denn es tat sich nie etwas. In Gatlin blieb alles beim Alten. Morgen war der erste Schultag, mein zweites Jahr an der Stone wall Jackson High, und ich wusste schon jetzt haarklein, was passieren würde - wo ich sitzen würde, mit wem ich reden würde, wer welche Witze reißen würde, wie die Mädchen sein würden, wer wo parken würde.
In Gatlin Country gab es keine Überraschungen. Wir waren so ziemlich das Epizentrum vom Ende der Welt.
Zumindest glaubte ich das, als ich mein zerfleddertes Exemplar von Schlachthof 5 zuklappte, meinen iPod ausschaltete und das Licht löschte, an jenem letzten Sommerabend vor Schulbeginn.
Ein Irrtum, wie sich sehr bald herausstellte.
Denn da war dieser Fluch.
Und da war dieses Mädchen.
Und am Ende war da ein Grab.
Und ich hatte absolut keinen blassen Schimmer.
Träum weiter
2.9.
Ich fiel.
Ich fiel ins Bodenlose, wirbelte hilflos durch die Luft.
»Ethan!«
Sie rief nach mir und allein beim Klang ihrer Stimme raste mein Herz wie verrückt.
»Hilf mir!«
Auch sie war im freien Fall. Ich hob den Arm und versuchte, sie zu packen. Ich streckte mich, bekam aber nur Luft zu fassen. Unter meinen Füßen war nichts. Meine Hände tasteten feuchte Erde. Unsere Fingerspitzen berührten sich kurz und in der Finsternis sprühten plötzlich grüne Funken.
Doch dann entglitt sie mir endgültig und ich verspürte nur noch diesen entsetzlichen Verlust.
Zitronen und Rosmarin. Ich atmete ihren Duft ein. Sogar dann noch.
Ich konnte sie nicht festhalten.
Aber ohne sie leben, das konnte ich noch viel weniger.
Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett auf und schnappte nach Luft.
»Ethan Wate! Wach auf! Ich werde nicht zulassen, dass du schon am ersten Schultag zu spät kommst«, hörte ich Amma von unten heraufrufen.
Mein Blick verharrte auf einem schwach erleuchteten Punkt in der Dunkelheit. Ich hörte, wie etwas dumpf gegen unsere alten Türläden prasselte. Offenbar regnete es. Offenbar war es früh am Morgen. Offenbar befand ich mich in meinem Zimmer.
Der Raum war heiß und dampfig vom Regen. Aber wieso stand mein Fenster offen?
In meinem Kopf pochte es. Ich ließ mich zurück aufs Kissen sinken und wie immer löste sich der Traum in Nichts auf. Ich lag sicher und wohlbehalten in meinem Zimmer, in unserem uralten Haus, in demselben ächzenden Mahagonibett, in dem vor mir bereits sechs Generationen unserer Familie geschlafen hatten und wo man nicht durch schwarze Schlammlöcher fiel und auch sonst nichts Ungewöhnliches geschah.
Ich starrte hinauf zur Stuckdecke, die himmelblau gestrichen war, um die Holzbienen davon abzuhalten, ihre Nester zu bauen. Was um alles in der Welt war nur los mit mir?
Seit Monaten hatte ich nun schon diesen Traum. Zwar konnte ich mich nicht an alle Einzelheiten erinnern, aber etwas blieb immer gleich. Das Mädchen stürzte in die Tiefe, ich stürzte in die Tiefe. Verzweifelt versuchte ich, sie festzuhalten. Denn sobald ich sie losließ, würde ihr etwas Schreckliches zustoßen. Genau darum ging es. Ich durfte sie nicht loslassen. Ich durfte sie nicht verlieren. Ich schien sie leidenschaftlich zu lieben, obwohl ich sie doch gar nicht kannte. Es war sozusagen Liebe vor dem ersten Blick.
Was ja wohl ziemlich verrückt war angesichts der Tatsache, dass es nur ein Mädchen in einem Traum war. Ich wusste ja nicht einmal, wie sie aussah. Seit Monaten quälte mich dieser Traum und noch nie hatte ich ihr Gesicht gesehen. Falls doch, erinnerte ich mich nicht daran. Lediglich dieses grauenhafte Gefühl kehrte immer wieder zurück; dieses Gefühl, sie für alle Zeit verloren zu haben. Sie entglitt meinen Händen - und dann stülpte sich mein Magen um, etwa so, wie wenn man auf der Achterbahn steil nach unten saust.
Schmetterlinge im Bauch. Was für eine bescheuerte Metapher. Tat sächlich waren es eher Killerbienen.
Vielleicht war ich gerade dabei überzuschnappen, vielleicht brauchte ich auch nur dringend eine Dusche. Ich hatte die Ohr stöpsel noch um den Hals hängen, und als ich auf meinen iPod starrte, entdeckte ich einen Song, den ich nicht kannte.
Sixteen Moons.
Was war das? Ich klickte den Song an. Die Melodie war betörend und geheimnisvoll. Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, auch wenn es mir so vorkam, als hätte ich sie schon einmal gehört.
Sixteen moons, sixteen years
Sixteen of your deepest fears
Sixteen times you dreamed my tears
Falling, falling through the years ...
Es war melancholisch, unheimlich, irgendwie hypnotisch.
»Ethan Lawson Wate!«, übertönte Ammas laute Stimme die Musik.
Ich schaltete den iPod aus und schlug die Decke zurück. Das Laken fühlte sich sandig an, aber das kannte ich schon.
Es war nicht Sand, sondern Erde. Und unter meinen Fingernägeln waren schwarze Ränder vom Dreck, genau wie beim letzten Mal, als ich aus dem Traum erwachte.
Ich zerknüllte das Laken und stopfte es in den Wäschekorb unter die verschwitzten Sportsachen vom Vortag. Dann stieg ich in die Dusche und versuchte, nicht länger zu grübeln, während ich mir wie wild die Hände schrubbte und die letzten schwarzen Reste im Abfluss verschwanden. Wenn ich keinen Gedanken mehr an den Traum verschwendete, würde sich das Problem in Luft auflösen. So war ich in den vergangenen Monaten mit den meisten Dingen fertig geworden.
Aber nicht, wenn es um sie ging. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach immerzu an sie denken. Immer wieder kreiste alles um diesen Traum, keine Ahnung, warum. Das also war mein ganzes Geheimnis: Ich war sechzehn Jahre alt, hatte mich in ein Mädchen verliebt, das nicht existierte, und ich verlor langsam den Verstand.
Ganz egal wie fest ich auch schrubbte, mein Herz wollte einfach nicht ruhiger werden. Und trotz der duftenden Efeuseife und des Stop & Shop-Shampoos roch ich es immer noch. Zart wie ein Hauch war dieser Duft und trotzdem war er da.
Der Duft von Zitronen und Rosmarin.
Ich ging nach unten und traf dort auf tröstliche Alltäglichkeit. Am Frühstückstisch stellte Amma denselben alten blau-weißen Porzellanteller - Drachengeschirr hatte meine Mutter es immer genannt - mit gebratenen Eiern, Schinken, gebuttertem Toast und Maisgrütze vor mich hin. Amma war unsere Haushälterin, aber eigentlich war sie mehr eine Großmutter, wenn auch sehr viel schlauer und starrsinniger als meine echte Großmutter. Amma hatte mich großgezogen und mich aufwachsen sehen, und obwohl ich einsfünfundachtzig bin, erachtete sie es als ihre ureigene Aufgabe, noch mindestens zwanzig Zentimeter dranzuhängen. An diesem Morgen hatte ich seltsamerweise einen Riesenhunger, so als hätte ich schon seit Tagen nichts mehr gegessen. Ich schaufelte die Eier und zwei Stück Schinken in mich hinein und gleich ging es mir wieder etwas besser. Mit vollem Mund grinste ich sie an.
»Nörgel nicht an mir herum, Amma. Du weißt doch, heute ist der erste Schultag.«
Amma knallte mir ein riesengroßes Glas O-Saft und ein noch größeres mit Milch hin - natürlich Vollmilch, etwas anderes wurde hierzulande nicht getrunken.
»Haben wir keine Schokomilch mehr?« Ich war süchtig nach Schokomilch wie andere Leute nach Cola oder Kaffee. Schon zum Frühstück brauchte ich meine erste Zuckerration.
»A.K.K.L.I.M.A.T.I.S.I.E.R.E.N.« Amma hatte einen Kreuzworträtsel-Begriff für jede Gelegenheit parat, je länger, desto besser, und liebte es, sie anzuwenden. »Sprich: Gewöhn dich dran. Und komm ja nicht auf die Idee, auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen, ehe du diese Milch ausgetrunken hast.«
»Ja, Ma'am.«
»Wie ich sehe, hast du dich fein gemacht«, sagte sie daraufhin. Was nicht stimmte. Ich trug Jeans und ein ausgeblichenes T-Shirt wie fast jeden Tag. Nur die Aufschriften wechselten. Heute war es Harley Davidson. Und die schwarzen Chuck Taylors an meinen Füßen waren bestimmt schon drei Jahre alt.
»Ich dachte, du wolltest dir die Haare schneiden lassen.« Sie sagte es in vorwurfsvollem Ton, aber ich hörte etwas ganz anderes heraus: ihre unerschütterliche Zuneigung.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weißt du denn nicht, dass die Augen die Fenster zur Seele sind?« »Vielleicht will ich aber gar nicht, dass jemand durch dieses Fenster schauen kann.«
Amma bestrafte mich mit einem weiteren Teller Schinken. Sie war knapp einssechzig groß und wahrscheinlich älter als das Drachengeschirr, obwohl sie seit Jahren steif und fest behauptete, dreiundfünfzig zu werden. Allerdings war Amma alles andere als eine liebenswürdige alte Dame. In unserem Haus war sie die ungekrönte Königin.
»Du willst doch nicht etwa bei diesem Wetter mit nassen Haaren nach draußen gehen? Mir gefällt dieser Sturm nicht. An so einem Tag weht das Böse und lässt sich von nichts aufhalten. Dieser Wind hat seinen eigenen Willen.«
Ich verdrehte die Augen. Nicht der Wind, sondern vor allem Amma hatte ihre eigenen Vorstellungen. Und wenn sie in dieser Stimmung war, die meine Mutter immer »ins Dunkle reisen« genannt hatte, dann vermischten sich Religion und Aberglaube miteinander, wie es das nur im Süden gibt. Wenn Amma ins Dunkle reiste, dann ging man ihr besser aus dem Weg, so wie es auch besser war, ihre Amulette auf dem Fensterbrett liegen zu lassen und ihre handgemachten Püppchen nicht aus den Schubladen zu nehmen.
Ich schaufelte eine weitere Portion Ei auf die Gabel und beendete das Frühstück für Helden mit einem Spezialgericht - Eier, eisgekühlte Rhabarbermarmelade und Schinken zwischen zwei Scheiben Toast. Während ich einen Riesenbissen davon nahm, schweifte mein Blick wie gewohnt den Flur hinunter. Die Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters war bereits geschlossen. Mein Vater schrieb die Nacht hindurch und schlief tagsüber auf dem alten Sofa in seinem Arbeitszimmer. Das machte er, seit meine Mutter im April gestorben war. Man könnte meinen, er sei ein Vampir, hatte Tante Caroline gesagt, als sie im Frühjahr bei uns wohnte. Wie es aussah, hatte ich die Chance, ihn zu sehen, für heute verpasst. War die Tür erst einmal zu, war die Gelegenheit vorbei.
Von draußen kam ein lautes Hupen. Link. Ich schnappte mir den abgewetzten schwarzen Rucksack und rannte in den Regen hinaus. Es hätte genauso gut sieben Uhr abends sein können, so dunkel war es. Seit Tagen spielte das Wetter verrückt.
Links Schrottkiste hielt auf der Straße mit stotterndem Motor und dröhnender Musik. Seit dem Kindergarten fuhren Link und ich täglich gemeinsam zur Schule. Seit dem Tag, als er mir im Bus die Hälfte seines Twinkies geschenkt hatte und wir beste Freunde geworden waren. Erst später kam ich dahinter, dass es vorher auf den Boden gefallen war. Obwohl wir beide seit diesem Sommer unsere Fahrerlaubnis hatten, besaß nur Link ein Auto, falls man seine Rostlaube überhaupt so nennen konnte.
Immerhin, der Motor röhrte so laut, dass er sogar den Sturm über tönte.
Amma stand mit missbilligend verschränkten Armen auf der Veranda. »Mach hier nicht so einen Krach, Wesley Jefferson Lincoln. Andernfalls müsste ich womöglich zu deiner Mama gehen und ihr verraten, was du den Sommer über so alles im Keller getrieben hast, als du neun Jahre alt warst.«
Link zuckte zusammen. Kaum einer außer seiner Mutter und Amma nannte ihn je bei seinem vollen Namen. »Ja, Ma'am.«
Die Verandatür fiel ins Schloss. Link lachte und ließ beim Losfahren die Räder auf dem nassen Asphalt durchdrehen, als wären wir auf der Flucht. Wozu auch sein üblicher Fahrstil passte. Nur dass wir leider nie von hier wegkamen.
»Was hast du in unserem Keller gemacht, als wir neun Jahre alt waren?«
»Frag lieber, was ich nicht in eurem Keller gemacht habe, als wir neun Jahre alt waren.« Link drehte die Musik leiser, zum Glück, denn sie war schrecklich, und er würde mich bestimmt gleich fragen, wie sie mir gefiel, so wie jeden Tag. Die Tragödie seiner Band Who shot Lincoln bestand darin, dass keines der Bandmitglieder richtig singen oder ein Instrument spielen konnte. Was Link nicht daran hinderte, ständig darüber zu reden, dass er Schlagzeug spielte und nach dem Schulabschluss nach New York gehen würde, um dort Aufnahmen im Tonstudio zu machen. Was wahrscheinlich nie im Leben passieren würde. Eher würde er sturzbesoffen und mit verbundenen Augen vom Parkplatz aus einen Three-Pointer im Korb versenken.
Link würde wohl nie aufs College gehen, trotzdem hatte er mir etwas voraus. Er wusste genau, was er später machen wollte, auch wenn es wenig Aussicht auf Erfolg hatte. Ich dagegen hatte nur eine Schuhschachtel voller College-Broschüren, die ich meinem Vater nicht zeigen konnte. Es war mir egal, was für ein College es später einmal sein würde, solange es nur tausend Meilen weg von Gatlin war.
Ich wollte nicht so enden wie mein Dad, der immer noch in demselben Haus, derselben Stadt lebte, in der er aufgewachsen war, und mit denselben Leuten, die nicht einmal in ihren Träumen von hier wegkamen.
Übersetzung: Petra Koob-Pawis
© 2010 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
In unserer Stadt gab es nur zwei Arten von Leuten.
»Die Dummen und die Dagebliebenen«, pflegte mein Vater unsere Nachbarn mit liebevollem Spott einzuteilen. »Diejenigen, die dazu bestimmt sind, für alle Zeit hier festzusitzen, und diejenigen, die zu dämlich sind, sich aus dem Staub zu machen. Alle anderen finden einen Weg hier raus.« Es bestand keinerlei Zweifel, zu welcher Gruppe er gehörte, aber ihn nach den Gründen zu fragen, dazu fehlte mir der Mut. Mein Vater war Schriftsteller, und wir lebten in Gatlin, South Carolina, und zwar weil die Wates seit Menschengedenken hier wohnten, genauer gesagt, seit mein Ururururgroßvater Ellis Wate im Bürgerkrieg auf der anderen Seite des Santee River gekämpft hatte und in der Schlacht gefallen war.
Allerdings benutzten die Einheimischen niemals das Wort Bürgerkrieg. Alle unter sechzig nannten ihn den »Krieg zwischen den Staaten«, alle anderen sprachen vom »Angriffskrieg der Nordstaaten«, so als hätte der Norden den Süden in den Kampf gelockt um ein paar Ballen Baumwolle. Genauer gesagt, alle außer uns. Wir nannten ihn schlicht und einfach Bürgerkrieg.
Was ein weiterer Grund war, wieso ich es kaum erwarten konnte, endlich von hier wegzukommen.
Gatlin war nicht wie diese Kleinstädte, die man immer in den Filmen sieht, es sei denn, der Film spielt vor fünfzig Jahren. Wir waren zu weit von Charleston entfernt, deshalb gab es bei uns weder Starbucks noch McDonalds, sondern nur ein Dar-ee Keen, weil einige Leute hier zu geizig waren, um komplett neue Buchstaben zu bezahlen, als sie das Dairy King übernahmen. Die Bücherei arbeitete immer noch mit vorsintflutlichen Karteikärtchen, an der Highschool schrieb man immer noch mit Kreide an Wandtafeln und unser örtliches Schwimmbad war der Lake Moultrie mit seiner warmen bräunlichen Brühe. Das Cineplex brachte Filme, die es andernorts bereits auf DVD gab, aber um die zu sehen, musste man erst mal irgendwie nach Summerville ins Community College kommen. Die Geschäfte befanden sich allesamt in der Main Street, die guten Häuser reihten sich alle entlang River Street, und der traurige Rest der Bevölkerung wohnte südlich von der Route 9, wo der Straßenbelag zu Asphaltschutt zerbröckelte. Grässlich uneben, aber bestens geeignet, um mit Steinbrocken auf wütende Opossums zu werfen, die heimtückischsten Tiere, die man sich nur vorstellen kann. In Filmen zeigten sie so was natürlich nie.
Gatlin war kein komplizierter Ort. Gatlin war einfach Gatlin. Die Nachbarn saßen in der Gluthitze schwitzend auf ihrer Veranda und beobachteten ungeniert, was um sie herum vor sich ging. Was ziemlich sinnlos war, denn es tat sich nie etwas. In Gatlin blieb alles beim Alten. Morgen war der erste Schultag, mein zweites Jahr an der Stone wall Jackson High, und ich wusste schon jetzt haarklein, was passieren würde - wo ich sitzen würde, mit wem ich reden würde, wer welche Witze reißen würde, wie die Mädchen sein würden, wer wo parken würde.
In Gatlin Country gab es keine Überraschungen. Wir waren so ziemlich das Epizentrum vom Ende der Welt.
Zumindest glaubte ich das, als ich mein zerfleddertes Exemplar von Schlachthof 5 zuklappte, meinen iPod ausschaltete und das Licht löschte, an jenem letzten Sommerabend vor Schulbeginn.
Ein Irrtum, wie sich sehr bald herausstellte.
Denn da war dieser Fluch.
Und da war dieses Mädchen.
Und am Ende war da ein Grab.
Und ich hatte absolut keinen blassen Schimmer.
Träum weiter
2.9.
Ich fiel.
Ich fiel ins Bodenlose, wirbelte hilflos durch die Luft.
»Ethan!«
Sie rief nach mir und allein beim Klang ihrer Stimme raste mein Herz wie verrückt.
»Hilf mir!«
Auch sie war im freien Fall. Ich hob den Arm und versuchte, sie zu packen. Ich streckte mich, bekam aber nur Luft zu fassen. Unter meinen Füßen war nichts. Meine Hände tasteten feuchte Erde. Unsere Fingerspitzen berührten sich kurz und in der Finsternis sprühten plötzlich grüne Funken.
Doch dann entglitt sie mir endgültig und ich verspürte nur noch diesen entsetzlichen Verlust.
Zitronen und Rosmarin. Ich atmete ihren Duft ein. Sogar dann noch.
Ich konnte sie nicht festhalten.
Aber ohne sie leben, das konnte ich noch viel weniger.
Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett auf und schnappte nach Luft.
»Ethan Wate! Wach auf! Ich werde nicht zulassen, dass du schon am ersten Schultag zu spät kommst«, hörte ich Amma von unten heraufrufen.
Mein Blick verharrte auf einem schwach erleuchteten Punkt in der Dunkelheit. Ich hörte, wie etwas dumpf gegen unsere alten Türläden prasselte. Offenbar regnete es. Offenbar war es früh am Morgen. Offenbar befand ich mich in meinem Zimmer.
Der Raum war heiß und dampfig vom Regen. Aber wieso stand mein Fenster offen?
In meinem Kopf pochte es. Ich ließ mich zurück aufs Kissen sinken und wie immer löste sich der Traum in Nichts auf. Ich lag sicher und wohlbehalten in meinem Zimmer, in unserem uralten Haus, in demselben ächzenden Mahagonibett, in dem vor mir bereits sechs Generationen unserer Familie geschlafen hatten und wo man nicht durch schwarze Schlammlöcher fiel und auch sonst nichts Ungewöhnliches geschah.
Ich starrte hinauf zur Stuckdecke, die himmelblau gestrichen war, um die Holzbienen davon abzuhalten, ihre Nester zu bauen. Was um alles in der Welt war nur los mit mir?
Seit Monaten hatte ich nun schon diesen Traum. Zwar konnte ich mich nicht an alle Einzelheiten erinnern, aber etwas blieb immer gleich. Das Mädchen stürzte in die Tiefe, ich stürzte in die Tiefe. Verzweifelt versuchte ich, sie festzuhalten. Denn sobald ich sie losließ, würde ihr etwas Schreckliches zustoßen. Genau darum ging es. Ich durfte sie nicht loslassen. Ich durfte sie nicht verlieren. Ich schien sie leidenschaftlich zu lieben, obwohl ich sie doch gar nicht kannte. Es war sozusagen Liebe vor dem ersten Blick.
Was ja wohl ziemlich verrückt war angesichts der Tatsache, dass es nur ein Mädchen in einem Traum war. Ich wusste ja nicht einmal, wie sie aussah. Seit Monaten quälte mich dieser Traum und noch nie hatte ich ihr Gesicht gesehen. Falls doch, erinnerte ich mich nicht daran. Lediglich dieses grauenhafte Gefühl kehrte immer wieder zurück; dieses Gefühl, sie für alle Zeit verloren zu haben. Sie entglitt meinen Händen - und dann stülpte sich mein Magen um, etwa so, wie wenn man auf der Achterbahn steil nach unten saust.
Schmetterlinge im Bauch. Was für eine bescheuerte Metapher. Tat sächlich waren es eher Killerbienen.
Vielleicht war ich gerade dabei überzuschnappen, vielleicht brauchte ich auch nur dringend eine Dusche. Ich hatte die Ohr stöpsel noch um den Hals hängen, und als ich auf meinen iPod starrte, entdeckte ich einen Song, den ich nicht kannte.
Sixteen Moons.
Was war das? Ich klickte den Song an. Die Melodie war betörend und geheimnisvoll. Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, auch wenn es mir so vorkam, als hätte ich sie schon einmal gehört.
Sixteen moons, sixteen years
Sixteen of your deepest fears
Sixteen times you dreamed my tears
Falling, falling through the years ...
Es war melancholisch, unheimlich, irgendwie hypnotisch.
»Ethan Lawson Wate!«, übertönte Ammas laute Stimme die Musik.
Ich schaltete den iPod aus und schlug die Decke zurück. Das Laken fühlte sich sandig an, aber das kannte ich schon.
Es war nicht Sand, sondern Erde. Und unter meinen Fingernägeln waren schwarze Ränder vom Dreck, genau wie beim letzten Mal, als ich aus dem Traum erwachte.
Ich zerknüllte das Laken und stopfte es in den Wäschekorb unter die verschwitzten Sportsachen vom Vortag. Dann stieg ich in die Dusche und versuchte, nicht länger zu grübeln, während ich mir wie wild die Hände schrubbte und die letzten schwarzen Reste im Abfluss verschwanden. Wenn ich keinen Gedanken mehr an den Traum verschwendete, würde sich das Problem in Luft auflösen. So war ich in den vergangenen Monaten mit den meisten Dingen fertig geworden.
Aber nicht, wenn es um sie ging. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach immerzu an sie denken. Immer wieder kreiste alles um diesen Traum, keine Ahnung, warum. Das also war mein ganzes Geheimnis: Ich war sechzehn Jahre alt, hatte mich in ein Mädchen verliebt, das nicht existierte, und ich verlor langsam den Verstand.
Ganz egal wie fest ich auch schrubbte, mein Herz wollte einfach nicht ruhiger werden. Und trotz der duftenden Efeuseife und des Stop & Shop-Shampoos roch ich es immer noch. Zart wie ein Hauch war dieser Duft und trotzdem war er da.
Der Duft von Zitronen und Rosmarin.
Ich ging nach unten und traf dort auf tröstliche Alltäglichkeit. Am Frühstückstisch stellte Amma denselben alten blau-weißen Porzellanteller - Drachengeschirr hatte meine Mutter es immer genannt - mit gebratenen Eiern, Schinken, gebuttertem Toast und Maisgrütze vor mich hin. Amma war unsere Haushälterin, aber eigentlich war sie mehr eine Großmutter, wenn auch sehr viel schlauer und starrsinniger als meine echte Großmutter. Amma hatte mich großgezogen und mich aufwachsen sehen, und obwohl ich einsfünfundachtzig bin, erachtete sie es als ihre ureigene Aufgabe, noch mindestens zwanzig Zentimeter dranzuhängen. An diesem Morgen hatte ich seltsamerweise einen Riesenhunger, so als hätte ich schon seit Tagen nichts mehr gegessen. Ich schaufelte die Eier und zwei Stück Schinken in mich hinein und gleich ging es mir wieder etwas besser. Mit vollem Mund grinste ich sie an.
»Nörgel nicht an mir herum, Amma. Du weißt doch, heute ist der erste Schultag.«
Amma knallte mir ein riesengroßes Glas O-Saft und ein noch größeres mit Milch hin - natürlich Vollmilch, etwas anderes wurde hierzulande nicht getrunken.
»Haben wir keine Schokomilch mehr?« Ich war süchtig nach Schokomilch wie andere Leute nach Cola oder Kaffee. Schon zum Frühstück brauchte ich meine erste Zuckerration.
»A.K.K.L.I.M.A.T.I.S.I.E.R.E.N.« Amma hatte einen Kreuzworträtsel-Begriff für jede Gelegenheit parat, je länger, desto besser, und liebte es, sie anzuwenden. »Sprich: Gewöhn dich dran. Und komm ja nicht auf die Idee, auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen, ehe du diese Milch ausgetrunken hast.«
»Ja, Ma'am.«
»Wie ich sehe, hast du dich fein gemacht«, sagte sie daraufhin. Was nicht stimmte. Ich trug Jeans und ein ausgeblichenes T-Shirt wie fast jeden Tag. Nur die Aufschriften wechselten. Heute war es Harley Davidson. Und die schwarzen Chuck Taylors an meinen Füßen waren bestimmt schon drei Jahre alt.
»Ich dachte, du wolltest dir die Haare schneiden lassen.« Sie sagte es in vorwurfsvollem Ton, aber ich hörte etwas ganz anderes heraus: ihre unerschütterliche Zuneigung.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weißt du denn nicht, dass die Augen die Fenster zur Seele sind?« »Vielleicht will ich aber gar nicht, dass jemand durch dieses Fenster schauen kann.«
Amma bestrafte mich mit einem weiteren Teller Schinken. Sie war knapp einssechzig groß und wahrscheinlich älter als das Drachengeschirr, obwohl sie seit Jahren steif und fest behauptete, dreiundfünfzig zu werden. Allerdings war Amma alles andere als eine liebenswürdige alte Dame. In unserem Haus war sie die ungekrönte Königin.
»Du willst doch nicht etwa bei diesem Wetter mit nassen Haaren nach draußen gehen? Mir gefällt dieser Sturm nicht. An so einem Tag weht das Böse und lässt sich von nichts aufhalten. Dieser Wind hat seinen eigenen Willen.«
Ich verdrehte die Augen. Nicht der Wind, sondern vor allem Amma hatte ihre eigenen Vorstellungen. Und wenn sie in dieser Stimmung war, die meine Mutter immer »ins Dunkle reisen« genannt hatte, dann vermischten sich Religion und Aberglaube miteinander, wie es das nur im Süden gibt. Wenn Amma ins Dunkle reiste, dann ging man ihr besser aus dem Weg, so wie es auch besser war, ihre Amulette auf dem Fensterbrett liegen zu lassen und ihre handgemachten Püppchen nicht aus den Schubladen zu nehmen.
Ich schaufelte eine weitere Portion Ei auf die Gabel und beendete das Frühstück für Helden mit einem Spezialgericht - Eier, eisgekühlte Rhabarbermarmelade und Schinken zwischen zwei Scheiben Toast. Während ich einen Riesenbissen davon nahm, schweifte mein Blick wie gewohnt den Flur hinunter. Die Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters war bereits geschlossen. Mein Vater schrieb die Nacht hindurch und schlief tagsüber auf dem alten Sofa in seinem Arbeitszimmer. Das machte er, seit meine Mutter im April gestorben war. Man könnte meinen, er sei ein Vampir, hatte Tante Caroline gesagt, als sie im Frühjahr bei uns wohnte. Wie es aussah, hatte ich die Chance, ihn zu sehen, für heute verpasst. War die Tür erst einmal zu, war die Gelegenheit vorbei.
Von draußen kam ein lautes Hupen. Link. Ich schnappte mir den abgewetzten schwarzen Rucksack und rannte in den Regen hinaus. Es hätte genauso gut sieben Uhr abends sein können, so dunkel war es. Seit Tagen spielte das Wetter verrückt.
Links Schrottkiste hielt auf der Straße mit stotterndem Motor und dröhnender Musik. Seit dem Kindergarten fuhren Link und ich täglich gemeinsam zur Schule. Seit dem Tag, als er mir im Bus die Hälfte seines Twinkies geschenkt hatte und wir beste Freunde geworden waren. Erst später kam ich dahinter, dass es vorher auf den Boden gefallen war. Obwohl wir beide seit diesem Sommer unsere Fahrerlaubnis hatten, besaß nur Link ein Auto, falls man seine Rostlaube überhaupt so nennen konnte.
Immerhin, der Motor röhrte so laut, dass er sogar den Sturm über tönte.
Amma stand mit missbilligend verschränkten Armen auf der Veranda. »Mach hier nicht so einen Krach, Wesley Jefferson Lincoln. Andernfalls müsste ich womöglich zu deiner Mama gehen und ihr verraten, was du den Sommer über so alles im Keller getrieben hast, als du neun Jahre alt warst.«
Link zuckte zusammen. Kaum einer außer seiner Mutter und Amma nannte ihn je bei seinem vollen Namen. »Ja, Ma'am.«
Die Verandatür fiel ins Schloss. Link lachte und ließ beim Losfahren die Räder auf dem nassen Asphalt durchdrehen, als wären wir auf der Flucht. Wozu auch sein üblicher Fahrstil passte. Nur dass wir leider nie von hier wegkamen.
»Was hast du in unserem Keller gemacht, als wir neun Jahre alt waren?«
»Frag lieber, was ich nicht in eurem Keller gemacht habe, als wir neun Jahre alt waren.« Link drehte die Musik leiser, zum Glück, denn sie war schrecklich, und er würde mich bestimmt gleich fragen, wie sie mir gefiel, so wie jeden Tag. Die Tragödie seiner Band Who shot Lincoln bestand darin, dass keines der Bandmitglieder richtig singen oder ein Instrument spielen konnte. Was Link nicht daran hinderte, ständig darüber zu reden, dass er Schlagzeug spielte und nach dem Schulabschluss nach New York gehen würde, um dort Aufnahmen im Tonstudio zu machen. Was wahrscheinlich nie im Leben passieren würde. Eher würde er sturzbesoffen und mit verbundenen Augen vom Parkplatz aus einen Three-Pointer im Korb versenken.
Link würde wohl nie aufs College gehen, trotzdem hatte er mir etwas voraus. Er wusste genau, was er später machen wollte, auch wenn es wenig Aussicht auf Erfolg hatte. Ich dagegen hatte nur eine Schuhschachtel voller College-Broschüren, die ich meinem Vater nicht zeigen konnte. Es war mir egal, was für ein College es später einmal sein würde, solange es nur tausend Meilen weg von Gatlin war.
Ich wollte nicht so enden wie mein Dad, der immer noch in demselben Haus, derselben Stadt lebte, in der er aufgewachsen war, und mit denselben Leuten, die nicht einmal in ihren Träumen von hier wegkamen.
Übersetzung: Petra Koob-Pawis
© 2010 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
... weniger
Autoren-Porträt von Kami Garcia, Margaret Stohl
Kami Garcia lebt mit ihrer Familien im kalifornischen Los Angeles.Margaret Stohl lebt mit ihrer Familien im kalifornischen Los Angeles.Petra Koob-Pawis wurde 1961 geboren. Sie studierte an der Universität Würzburg Anglistik und Germanistik, ging anschließend einer wissenschasftlichen Tätigkeit an der Universität Würzburg nach. Seit 1987 arbeitet Frau Koob-Pawis freiberuflich für verschiedene Verlage als Lektorin und Übersetzerin. Frau Koob-Pawis lebt in der Nähe von München.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Kami Garcia , Margaret Stohl
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2010, 2. Aufl., 541 Seiten, Maße: 15,9 x 23,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Koob-Pawis, Petra
- Übersetzer: Petra Koob-Pawis
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570138283
- ISBN-13: 9783570138281
Rezension zu „Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1 “
"Wer gerade etwas Wichtiges lernen oder erledigen muss, sollte das erst zu Ende bringen, bevor er dieses Buch in die Hand nimmt, denn "Sixteen Moons" fesselt einen von der ersten Seite an!"
Kommentare zu "Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1"
0 Gebrauchte Artikel zu „Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 13Schreiben Sie einen Kommentar zu "Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe / Caster Chronicles Bd.1".
Kommentar verfassen