12%¹ Rabatt im Shop oder sogar 15% Rabatt in der App!

 
 
%
Merken
%
Merken
 
 
sofort als Download lieferbar

Bestellnummer: 151628096

Printausgabe 22.00 €
eBook (ePub) -18% 17.99
Download bestellen
Verschenken
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 5 Sterne

    bookloving, 16.05.2024

    Als Buch bewertet

    *Tiefgründiger und bewegender Roman*
    In ihrem neuen bewegenden Roman «Leuchtfeuer» erzählt die US-amerikanischen Autorin Dani Shapiro sehr eindringlich über die vielfältigen verhängnisvollen Auswirkungen eines tragischen Unfalls auf eine Familie. Anschaulich führt sie uns vor Augen, wie ein einziger Fehler, das Geheimhalten und Schweigen über jenes fatale Ereignis die Geschicke eines jeden der beteiligten Familienmitglieder lebenslang beeinflusst.
    Seinen Ausgang nimmt die Geschichte mit dem tragischen Autounfall im Jahre 1985. Angelegt ist die auf verschiedenen Zeitebenen spielende Handlung jedoch über einen Zeitraum von über 30 Jahren, so dass wir in den unterschiedlichen Episoden in die Jahre 2010, 1999, 2020, 2014 und als Ausklang ins Jahr 1970 blicken. In den nicht-chronologisch erzählten Kapiteln erhalten wir aus wechselnden Perspektiven nicht nur Einblicke in das Leben der verschiedenen Mitglieder der Familie Wilf und wie das unausgesprochene Familiengeheimnis ihr Leben nachhaltig verändert hat, sondern haben auch Anteil an dem Schicksal der Nachbarsfamilie Shenkman mit ihren kleinen Sohn Waldo, das auf schicksalhafte Weise mit der Familie Wilf verbunden zu sein scheint.
    Mit außerordentlich gutem psychologischem Feingespür beleuchtet die Autorin in ihrem ergreifenden Roman komplexe Themenfelder wie Schuldgefühle, Trauer, Verlust und Folgen unverarbeiteter Trauma, Einsamkeit, Altern, menschliche Abgründe aber auch Liebe, Verbundenheit und labile Familiendynamiken im Laufe des Lebens.
    Durch die unterschiedlichen Sichtweisen erhalten wir tiefgründige Einblicke in das Innenleben der Charaktere, ihre inneren Dämonen, ihre Sorgen und Nöte zu verschiedenen Zeitpunkten in ihrem Leben und haben Anteil an ihrer persönlichen Entwicklung, die durch das fatale Familiengeheimnis und das kaum zu durchbrechende Schweigen negativ beeinflusst wurde. Ob nun der introvertierte Meisterkoch Theo, die erfolgreiche alkoholabhängige Sarah, ihr empathischer Vater Ben oder der hochbegabte Waldo mit seiner Begeisterung für den Sternenhimmel – sie alle sind facettenreiche, sehr glaubwürdig ausgearbeitete Charaktere, die mich mit ihren nuancierten Persönlichkeiten und Hintergrundgeschichten tief berühren und sehr nachdenklich stimmen konnten.
    Der permanente Wechsel zwischen den verschiedenen Zeitabschnitten und Perspektiven sowie geschickt eingestreute Andeutungen über zukünftige Entwicklungen und Geschehnisse sorgen für spannungsvolle Dramatik und ziehen einen beim Lesen unweigerlich in den Bann. Nach und nach ergibt sich aus den vielen Puzzlesteinchen ein nachdenklich stimmendes Gesamtbild und dennoch wird uns auch durch die zarte Freundschaft und Verbundenheit zwischen Ben und Waldo ein wundervolles Gefühl der Hoffnung und Zuversicht vermittelt.
    FAZIT
    Ein tiefgründiger, eindringlich erzählter Roman über fatale Entscheidungen und ein verhängnisvolles Familiengeheimnis! Großartig geschrieben, fesselnd und bewegend!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Buchreisender, 07.04.2024

    Als Buch bewertet

    Ich will gar nicht erst drum reden, aber Krummes Holz von Julja Linhof ein so bewegendes und intensive Buch mit sprachlich herausragender Faszination. Ja, dies haben schon so viele andere Leser*innen über dieses Buch mit seinem sowohl unaufdringlichen als auch einprägsamen Cover gesagt. Rein vom Klappentext hätte jetzt nicht diese Art der Umsetzung in ein Feuerwerk der Worte und dieser Präsenz der Protagonisten zu hoffen gewagt.
    Es ist erstaunlich nebenbei auch noch auf eine Autorin zu treffen, die nur mehr wie einen großen Steinwurf von mir ihre Wurzeln hat. Vielleicht liegt es daran, dass ich vieles an der Umgebungsbeschreibung mit anderen Augen gesehen habe und zum Teil Erinnerungen an meine eigene Kindheit auf einem Hof erweckt wurden.
    Bevor ich nun aber abschweife und mich in Träume der Vergangenheit verliere, kehre ich wohl besser zum Buch zurück.



    Darum geht es
    Im ländlichen Südwestfalen liegt die Gegend Krummes Holz. Genau an diesen Ort, um genau zu seinen Eltern auf den Hof mit dem gleichen Namen ‚Krummes Holz‘, kehrt Jirka nach 5 Jahren zurück. Es scheint als wenn ihn niemand aus der Familie hier haben will. Der Vater ist verschwunden, seine ältere Schwester Malene ist nicht freundlich gesinnt und die demente Großmutter scheint ihn nicht wahrzunehmen. Auch der Sohn Sohn des ehemaligen Verwalters Leander ist mehr wie abweisend.

    Zu schwer lastet die Kindheit und das Gefühl von Verlassenheit auf Jirka und Malene, ganz besonders auf Malene. Jirka verbrachte die letzten 5 Jahre auf einem Internat und so musste Malene die Gewaltausbrüche des Vaters länger und härter ertragen. Von der Großmutter aufgrund ihrer Demenz und des Alters hatte sie keinerlei Rückhalt und der Verlust der Mutter in früher Kindheit lastet auf ihr. Aber auch auf Jirka, doch diese Erinnerungen hat er geschickt versteckt und kehren nun an dem Ort seiner Kindheit immer mehr zurück.

    Geschickt, bedrückend ehrlich und psychologisch aufarbeitend lässt die Autorin die Geschehnisse durch Jirka, der eigentlich Georg heißt erzählen. Eine tief ergreifende Geschichte die auf mehr so starke Bücher der Autorin hoffen lässt.
    Eine klare Leseempfehlung.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Island, 07.04.2024

    Als Buch bewertet

    Bei diesem Roman hat das doch eher modern und in freundlichen Farben gestaltete Cover direkt mein Interesse geweckt. Eigentlich passt dieses aber gar nicht so recht zur eher düsteren Atmosphäre des Romans. Der Titel "Krummes Holz" bezieht sich auf eine Gegend in Südwestfalen, die eher ländlich geprägt und dünn besiedelt ist. Dort wachsen die Geschwister Jirka und seine vier Jahre ältere Schwester Malene nach dem frühen Tod der Mutter bei ihrem gewalttätigen Vater und der wenig liebevollen strengen Großmutter auf, bis Jirka in ein Internat kommt und Malene alleine unter den trostlosen Umständen zurückbleiben muss, was sie ihrem Bruder später nicht so recht verzeihen kann, als dieser nach fünf Jahren zurückkommt. Jirka erwarten dann, neben der reservierten Schwester, seine demente Großmutter, ein heruntergewirtschafteter Hof und der Sohn des ehemaligen Verwalters. Der Vater ist verschwunden.

    Die Autorin verknüpft nach Jirkas Rückkehr Ende der 80er Jahre Vergangenheit und Gegenwart, indem bei Jirka immer mehr Erinnerungen aufbrechen und man als Leser:in so mehr und mehr Details über die unschöne Kindheit von Jirka und Malene erfährt. Dabei gelingt es der Autorin sehr gut, mit Hilfe vieler sprachlicher Bilder und poetischer Stilmittel die trostlose Atmosphäre auf dem Hof einzufangen und die Stimmung nachvollziehbar wiederzugeben. Beim Lesen erfordert das ein gewisses Maß an Konzentration, sodass es sich nicht um leichte Kost für nebenbei handelt. Aber auf jeden Fall um einen sehr lesenswerten Roman um eine dysfunktionale Familie.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Lilli-Marleen A., 02.05.2024

    Als Buch bewertet

    So unvorhersehbar, wie das richtige Leben

    "Krummes Holz" von Julia Linhof ist ein Roman über die Geschichte zweier Geschwister.

    "Gibt es die alte Welt überhaupt noch, wenn man in der neuen längst ein anderer geworden ist?"

    Jirika kehrt nach Jahren der Abwesenheit auf den Gutshof seiner Eltern zurück. Hier trifft er auf seine Schwester, die aber nicht gerade froh darüber scheint, dass er sich erst jetzt hier blicken lässt. Von seinem Vater fehlt jede Spur und seine Großmutter hat sich durch ihre Demenz auch total verändert. Einzig Leander scheint etwas zugänglicher gegenüber Jirika zu sein, doch gerade mit dessen Nähe, kann er nicht umgehen.

    Diesen Debütroman habe ich wirklich mit Genuss gelesen, denn er ist sprachlich ein Fest. Der Autorin gelingt es einfach wunderbar, diese aufgeladene Atmosphäre in Worten einzufangen. Ganz zart wird ein Spannungsbogen aufgebaut, der sich in einem wahrhaftigen Gewitter entlädt.

    Beim Lesen weiß man nicht, wo einen die Geschichte eigentlich hinführt. Wird es unheimlich, dramatisch oder eine Liebesgeschichte. Genau wie im richtigen Leben.

    Bei Jirika brechen beim Heimkommen Erinnerungen auf, wie das krumme Holz unter der sengenden Sonne. Auch die anderen Figuren fand ich sehr interessant.

    Ich habe das Buch wirklich sehr gern gelesen und mich in diesen drückenden, schwülen Sommer entführen lassen. Ich empfehle es gerne weiter.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Frederike Z., 28.02.2024

    Als Buch bewertet

    Fünf Jahre ist es her, dass er gegangen ist. Dass er den alten Gutshof hinter sich gelassen hat und mit ihm einen Teil von sich. Das Scheppern des Bestecks, wenn Georg wütend war; den Hall des Schusses, als er den Hund - hör auf, atme. Vor fünf Jahren ist Jirka aufs Internat gegangen, geflüchtet an einen Ort, an dem sein Inneres wieder zusammengewachsen konnte. Papa nannte er Georg damals schon nicht mehr, das Wort hatte für ihn jegliche Emotion verloren. Es tat weh, es auszusprechen; eh war er nie der richtige Sohn gewesen, wie seine Schwester Malene nicht die richtige Tochter war für dieses Erbe.

    Die Hitze liegt schwer über den Feldern, als Jirka sein Elternhaus betritt. Die Stille ist ohrenbetäubend, seine Mutter schon lange tot. Niemand wartet auf ihn, niemand ist da, nur die Erinnerungen an seine Kindheit warten an jeder Ecke: die Gewalt seines Vaters, die Erniedrigungen seiner Schwester, die Bewegungslosigkeit seiner Mutter. Und: der Geruch von Zuhause, auch wenn es das schon lange nicht mehr war. Er war zurückgekommen wegen des Musterungsbescheids, über Wochen und Monate hatte er es aufgeschoben, hatte angerufen, doch das Klingeln ging ins Leere. Leer auch der Blick seiner Schwester, als er sie nach all den Jahren das erste Mal wiedersieht, wirsch und traurig; leer der Blick seiner Großmutter, gefangen in der Demenz. Vom Vater keine Spur, kein Wort. Nur Leander redet mit ihm. Leanders Vater Vilém war der letzte Verwalter des Gutshofs gewesen, da war Jirka noch klein, ein stolzer Mann, jedes seiner Worte warm wie ein Karamellbonbon. Bei ihnen fühlte er sich sicher und geliebt, all das, was er von seiner Familie nicht erfuhr. Aber mit Leander verbindet auch noch andere, intensivere Momente, die er lange verdrängte, aber nun mit jedem neuen Tag immer mehr zutage treten.

    „Weißt du, Jirka, über den Tod sollte man nicht allzu lange weinen. Er ist das Einzige, was uns allen sicher ist, und daran ist nichts Schlimmes. Daran bemisst sich das Leben.“ (S. 67)

    Es liegt eine eigentümliche Schwere auf den ersten Seiten des Debütromans von Julja Linhof, in Erwartung eines warmen Sommergewitters, das über das Krumme Holz hinwegbrechen soll. Und wärmend ist sie allemal, die Atmosphäre, die sie mit poetischen, betäubt-verträumten Bildern, durchbrochen nur von lakonischen Dialogen, erzeugt, und doch ist da eine gewisse Beklemmung, die von den Protagonist:innen ausgeht. Vom Körper erinnerte Angst, Schattenspiele dessen, was einst war: Erinnerungen an seine Kindheit diffundieren in Jirkas Gegenwart, ein Augenschlag, und sie verflüchtigen sich im Knarren des Gebälks. Schon früh bekommt man einen Eindruck davon, unter welchen Bedingungen die Familie auf dem Gutshof wohnte, welche Schmerzen sie einander zufügten, die Narben noch immer da. Alles fühlt sich seltsam nah an, jeder abschätzige Blick trifft auch mich, kühles Holz unter meinen Füßen, die Angst vor Gefühlen, vor dem jugendlichen Körper. Mitreißend beschreibt Linhof, wie sich die Dynamik zwischen den Geschwistern allmählich verändert, sie, um die Gunst der:s jeweils anderen buhlend, auseinanderbrachen, sich aber nun zaghaft anzunähern versuchen, und auch, einander wieder Familie zu sein, und diese Abschnitte haben mir wirklich gut gefallen. Doch ab dem letzten Drittel verlor mich die Geschichte. Vage Ahnungen manifestierten sich allmählich, überdrehten und brachen an der bis dahin so elektrischen Atmosphäre träge ab. Die Handlung verlief sich in eine etwas absurde, unglaubwürdige Richtung, was arg schade ist, waren die ersten zwei Drittel wirklich toll. Dennoch: ein starkes Debüt und große Freude auf mehr von Julja Linhof!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    bookloving, 16.05.2024

    Als Buch bewertet

    *Eindrucksvolles Debüt*
    Mit ihrem Debüt «Krummes Holz» ist der deutschen Autorin Julja Linhof ein tiefgründiger, emotional aufrüttelnder Roman gelungen, der mich mit seiner tragischen Familiengeschichte sehr fesseln und zum Nachdenken anregen konnte. Feinfühlig und sehr eindringlich erzählt die Autorin in ihrem Roman die beklemmenden Folgen von transgenerationaler Traumatisierung.
    Im Mittelpunkt steht der 19-jährige Protagonist Georg, von allen Jirka genannt, der nach vielen Jahren erstmals zurück auf den herunter gewirtschafteten Gutshof seiner Familie kommt und sich dort nicht nur seiner feindseligen älteren Schwester Malene sondern auch unguten, sorgsam verdrängten Erinnerungen stellen muss.
    Die Autorin versteht es mit ihren sehr bildhaften Beschreibungen hervorragend, eine unheilvolle, melancholische Atmosphäre heraufzubeschwören, so dass sich schon bald ein großes Unbehagen beim Lesen aufbaut. Allmählich erhalten wir in Rückblenden kurze Einblicke in Jirkas traumatische Kindheit und sein dysfunktionales familiäres Umfeld mit einem gewalttätigen Vater, seiner depressiven Mutter, die sich viel zu früh aus dem Leben verabschiedete, und einer meist lieblosen Großmutter. Seine eher lückenhaften Erinnerungen an vergangene Geschehnisse lassen unendliche Demütigungen, Ängste und Einsamkeit eines sensiblen Kindes erahnen. Geschickt lässt die Autorin in verstörenden Andeutungen vieles im Vagen und doch lässt sich in den angerissenen Flashbacks ein schreckliches Leben mit allgegenwärtigem Stillschweigen in einer Familie ohne Liebe und Zuneigung erkennen. Der fließende Wechsel zwischen den Zeitebenen, eingestreute Erinnerungsfetzen und implizierte Vorahnungen über ein düsteres Geschehnis erzeugen ein beklemmendes Gefühl und steigern die Spannung ungemein. Äußerst gelungen ist auch der anschauliche, bildgewaltige Schreibstil der Autorin mit vielen faszinierenden Schilderungen der sommerlichen Landschaft und des allgegenwärtigen Verfalls des alten Gutshofs sowie bisweilen recht ungewöhnlichen Sprachbildern, die perfekt die widersprüchliche und aufgewühlte Gefühlswelt des Protagonisten spiegeln.
    Sehr greifbar fängt Linhof die hochemotionalen Schwingungen in all ihren Facetten ein, von denen Jirka bei seiner Heimkehr überwältigt wird – von Wut, Aggressionen, Verzweiflung, Einsamkeit, Unverständnis, Scham, Vorwürfen bis hin zum kindlichen Eskapismus reicht die komplexe Bandbreite. Aus den vielen sich langsam zusammenfügenden Leerstellen, über die Jirka allmählich Gewissheit erlangt, ergibt sich schließlich ein bedrückendes und nachdenklich stimmendes Gesamtbild von seiner Gefühlswelt.
    Geschickt hat sie die komplizierte Dynamik zwischen den zwei Geschwistern und ihrer labilen Beziehung zueinander herausgearbeitet, die trotz herber Enttäuschungen und Verbitterung auf eine versöhnliche Annäherung hoffen lassen.
    Hervorragend gelungen sind der Autorin ihre unterschiedlichen Charaktere, die sie sehr vielschichtig, einfühlsam und mit nuancierten Persönlichkeiten ausgearbeitet hat. Mit außerordentlich gutem Feingespür und großer Eindringlichkeit enthüllt sie menschliche Sehnsüchte und Abgründe, tiefe seelische Verletzungen sowie folgenschwere Fehlurteile.
    FAZIT
    Ein eindringlicher und fesselnder Roman über eine tragische Familiengeschichte und ein anspruchsvolles und intensives Leseerlebnis, auf das man sich erst einlassen muss!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    erul, 22.02.2024

    Als Buch bewertet

    Bedrückende Familiengeschichte – sehr emotional und bewegend

    Das Cover wirkt wie ein stimmungsvolles Gemälde – sehr ansprechend.

    Der Schreibstil von Julja Linhof gefällt mir ausgesprochen gut. Er ist sehr flüssig und fesselnd. Der Erzählstil ist einfühlsam, aber sehr aufwühlend. Es ist aus der Sicht von Georg - von allen nur Jirka genannt - erzählt.

    Hauptperson in der Geschichte ist der 19-jährige Jirka, der nach fünf Jahren aus dem Internat auf den heruntergewirtschafteten elterlichen Hof im Krummen Holz zurückkehrt. Seine ältere Schwester Malene bat ihn mehrmals zurückzukehren und ihr gegen den Vater beizustehen. Der Vater Georg ist nicht aufzufinden, niemand spricht mit Jirka, was los ist. Nur Leander, der Sohn des letzten Verwalters ist bereit mit Jirka über die Vergangenheit und die Geschehnisse zu sprechen.

    Die bedrückende Story hat mich in den Bann gezogen. Es ist ein bewegender Roman voller Emotionen, der die Verletzungen, Demütigungen und die Kaltherzigkeit des Vaters an die Oberfläche bringt.
    Absolute Leseempfehlung!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Sabrina R., 05.02.2024

    Als Buch bewertet

    Mit "Krummes Holz" ist Julja Linhof etwas ganz Großes gelungen! Wie hier mit einer so ruhigen Sprache etwas so Gewaltiges geschaffen wurde, das empfinde ich als besondere Kunst dieses Buchs. Schon das Cover - ebenfalls ein kleines Kunstwerk - gibt Hinweise auf diese Art der Umsetzung, eigentlich einfach und ruhig gehalten, so vermutet man doch im Hintergrund etwas Grummeln und auf den großen Knall Hinzulaufendes. Der große Knall kommt auch in der Geschichte, mehrfach, aber so still und leise, dass er nicht mehr verwunderlich ist und sich einfügt in diese Familienbande, die nicht gut füreinander ist und doch auf vielen Ebenen nicht ohne einander kann.
    Im Buch folgen wir Jirkas Gedanken und Empfindungen, springen durch die Zeiten, was im ersten Moment manchmal verwirrend ist, sich aber sofort wieder auflöst und der Geschichte eine gewisse Anspannung gibt, die aber nicht unangenehm ist. Unangenehm ist lediglich das Verhalten einiger Protagonist*innen und wir erleben die Konsequenzen daraus.
    Absolute Empfehlung!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Mandel61118, 03.02.2024

    Als eBook bewertet

    Aufwühlend
    Das Cover finde ich sehr ansprechend und stimmungsvoll. In dem Buch geht es um die Geschwister Malene und Jirka, die früh ihre depressive Mutter verloren haben und bei ihrem Vater und der Großmutter aufwachsen. Die Kindheit ist unglücklich, voller Entbehrungen.
    Nun, Jahre später, kehrt Jirka, der inzwischen ein Internat besucht, zurück nach Hause. Seine Schwester hat ihn schon vor Monaten darum gebeten, er kam der Bitte jedoch zunächst nicht nach. Als die Geschwister nun aufeinandertreffen, ist die Stimmung ungemütlich und unversöhnlich. Und dann ist da noch Leander, der Sohn des ehemaligen Verwalters ...

    Das Buch ist sehr nachdenklich. Es zieht einen tief in den Sog von Jirkas Gedanken und Erinnerungen hinein. Der Schreibstil ist sehr intensiv und aufwühlend, sodass das Geschriebene noch lange in einem nachhallt. Man kann den Schmerz Jirkas fast körperlich nachempfinden.
    Krummes Holz ist ein stilles Buch, die Sprache ist herausfordernd, ungewöhnlich und schön.
    Ein tolles Leseerlebnis!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Christina P., 17.02.2024

    Als Buch bewertet

    Eine Familie, wie man sie keinem Kind wünscht
    Gleich vorweg: Das Buch hat eine sehr bedrückende Atmosphäre, insbesondere durch die Erinnerungen an die Kindheit der Geschwister Malene und Jirka, welche von Gewalt und Lieblosigkeit geprägt war. Auf diese emotionale Talfahrt war ich so nicht vorbereitet und möchte darauf hinweisen, dass es evtl Menschen, die eine ähnliche Kindheit erfahren haben, triggern könnte.
    Sehr viel Handlung hat das Buch an sich nicht, es lebt vielmehr durch die vielen Rückblenden, welche nach und nach verdeutlichen, wie die Geschwister aufwachsen mussten. Erzählt wird aus der Perspektive des nun 19-jährigen Georg junior alias Jirka, der die letzten fünf Jahre im Internat verbrachte und diesen Sommer, ich vermute irgendwann in den 1970ern verortet, auf den Hof der Familie zurückkehrt. Dort begegnet ihm seine vier Jahre ältere Schwester zunächst ablehnend, was Jirka nicht versteht, nicht verstehen will. Desweiteren lebt u.a. noch Leander auf dem Grundstück, der Sohn des damaligen Verwalters, altersmäßig so mitte zwanzig.
    Nach und nach kommen Erinnerungen an damals zurück, welche auf eine äusserst brutale und lieblose Familie hinweisen, an welcher die eigene Mutter ebenfalls zerbrach. Das Geräusch des Gürtels, welcher durch die Gürtelschlaufen gezogen wird (darf man nicht an sich heranlassen, gibt einen straffen Po), Tischgewohnheiten, bei denen mir jeder Appetit verging, brutale Erziehungsmethoden der Großeltern, die verdeutlichen, dass der Vater nicht allein durch sein Kriegstrauma so grausam handelte. Es sind so viele erschreckende Details, welche beim Lesen auf mich einprasselten. Hinzu kommt, dass Jirka seine Kindheit teils verdrängt, teils romantisch verklärt erinnert, sehr wahrscheinlich als Schutzmechanismus, wobei er den Umstand, dass seine ältere Schwester vieles für ihn abgefangen hat, leider auch vergessen hat. Umso mehr konnte ich ihre Verbitterung nachvollziehen, wie alleingelassen sie sich mit all dem Hass und Leid fühlen musste, als ihr Bruder endlich mal wieder auftauchte. Und umso wütender wurde ich auf Jirka, weil er die Wahrheit weiterhin nicht sehen wollte.
    Ein weiterer Punkt, den ich nicht unbedingt gebraucht hätte, ist Jirkas Verliebtheit seit seiner Kindheit in Leander. Hat letzterer sich damals als schwul geoutet, hat Jirka sein coming out bis heute verdrängt. Hier wurde die damals noch recht homophobe Einstellung der Bevölkerung wiederholt deulich.
    Ein sehr bewegender und aufwühlender Roman, welcher ohne viel Handlung auskommt. Das Ende empfand ich als unlogisch, machte das Ganze leider etwas unrund.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    SofieW, 22.02.2024

    Als Buch bewertet

    Alte Verletzungen, Flucht, Wut und Sprachlosikeit und vielleicht ein Schimmer Hoffnung

    Jirka ist 19 und zurück. Nach fünf Jahren im Internat kommt er wieder auf den Hof, auf dem er aufgewachsen ist. Es ist eine bittere Rückkehr, denn gewollt wird er hier nicht. Seine ältere Schwester Malene schweigt ihn an, da er nicht da war, als sie seine Unterstützung gebraucht hätte, um sich gegen den schon in ihrer beider Kindheit despotischen und gewalttätigen Vater durchzusetzen und ihn dazu zu bewegen, ihr den Hof zu übergeben. Schon seit Jahren rackert sie sich für das Gehöfft ab und sie möchte es gerne gerne weiterführen. Die einstige Herrscherin über die Familie, die Großmutter, ist inzwischen dement und so nicht mehr wirklich präsent. Und der Vater ist gerade nicht auffindbar. Nur der Sohn des letzenVerwalters, Leander gibt Jirka Auskunft über all das, was sich verändert hat und über das Jetzt. Schon auf den ersten Seiten, wenn sich Jirka in der sengenden Hitze, vorbei an der ausgedörrten Landschaft, langsam diesem Zuhause nähert, erfasst einen als Leser dasselbe beklemmende Gefühl wie Jirka selbst. Dessen Kindheit war nicht schön, hat Narben hinterlassen und all die tief in ihm vergrabenen Verletzungen und Ängste, sie kommen nun wieder hervor. Gesprochen wurde darüber nie, damals nicht und jetzt scheint das auch nicht möglich zu sein, um so vielleicht doch wieder zueinander zu finden. Denn Geschwisterliebe ist stark und sie ist noch, tief vergraben, da. Und auch noch andere Gefühle stehen im Raum, sehr nuanciert und leise.
    Nach außen hin passiert hier nicht wirklich viel. Die Kämpfe, das Aufbegehren, das Zweifeln, Hoffen, es erfolgt leise, aber in Jirkas Innerem ist der Tumult gewaltig. Esist so unendlich schmerzhaft, was eine solch durchlebte Kindheit mit diesem jungen Menschen gemacht hat und es jetzt noch tut.
    Zutiefst bedrückend, in einem literarisch herausragenden Stil verfasst, geht diese Geschichte auf uns Leser über. Man kann gar nicht anders als dieses Erleben mitzugehen und mitzuleiden. Am Ende bleibt ein tiefes Durchatmen, nicht aus Erleichterung, sondern um aufzutauchen, zurück in eine hoffentlich schönere Welt. Und dann ist da noch diese Nuance der Hoffnung.
    Ein starkes Werk.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Dajobama, 02.02.2024

    Als Buch bewertet

    Krummes Holz – Julja Linhof
    Jirka kehrt nach 5 Jahren im Internat auf den heimatlichen Hof zurück. Damals war er 14, nun ist er 19 Jahre alt. Immer noch extrem jung. Seine Schwester Malene begegnet ihm äußerst feindselig, fühlt sich von ihm im Stich gelassen. Das Verhältnis zu Leander scheint auf andere Art und Weise angespannt zu sein. Die Oma ist dement und der Vater Georg - der lässt sich nicht blicken. Eine seltsame Situation. Sowohl Haus als auch Bewohner lassen Jirka auflaufen. Der ist verunsichert und verliert sich immer wieder in Erinnerungen an die Kindheit, die keine gute war und auch ein Grund für das Verlassen des heimatlichen Hofes.
    Obwohl sehr lange kaum etwas im Jetzt passiert und dies ein extrem ruhiger, nachdenklicher Roman ist, mochte ich den klaren, aber trotzdem eleganten Schreibstil sehr. Außerdem gefiel mir die Atmosphäre, so düster und melancholisch. Allerdings muss man sich wirklich konzentrieren, denn Jirkas Gedanken schweifen immer mal wieder mehr oder weniger willkürlich in verschiedene Begebenheiten der Vergangenheit ab. Mal ist es die lieblose Kindheit, mal Ereignisse in der frühen Jugend, die ihn beschäftigen. Vieles wird nur angedeutet, statt klar ausgesprochen. Klar ist, da ist noch ganz viel nicht verarbeitet.
    Im letzten Drittel gibt es plötzlich einen krassen Bruch im Roman. Denn unvermittelt wird Jirka aus seinen Träumereien gerissen und nun tut sich doch noch ganz gewaltig etwas in der Gegenwart. Etliche Details, die irgendwann nebenbei erwähnt wurden, ergeben plötzlich einen Sinn und machen die Geschichte zu einer irgendwie runden Sache – trotz des großen Bruchs kurz zuvor. Jirka, Malene und Leander – sie alle leiden unter alten, schwerwiegenden Verletzungen und sind mit sich selbst und den Ereignissen überfordert.
    Dieses Werk hat mich sehr fasziniert, trotz gelegentlicher Längen. Das liegt wohl an der schönen zarten Sprache und der tiefsinnigen Gedankenwelt Jirkas. Und dann ist da immer das Gefühl, dass da noch mehr dahinter steckt, dass noch etwas im Argen liegt. Unsicher bin ich tatsächlich, ob mir die Lösung des Endes gefällt. Irgendwie passt das – andererseits überhaupt nicht. Egal – unterhaltsam und bewegend war diese Geschichte allemal.
    4 Sterne

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Elke K., 13.04.2024

    Als Buch bewertet

    Dramatisches Familiensystem


    Das Cover zeigt in Pinselstrichen ein reifes Getreidefeld in flirrender Sommerhitze mit vereinzelten Wolken, die von der Sonne beschienen werden. Diese scheinbare Idylle will anfangs nicht recht zu den Beschreibungen des Ich-Erzählers passen, der nach 5 Jahren Abwesenheit zurückkehrt in seinen Heimatort, auf den Hof seiner Eltern, die als Flüchtlinge versucht haben sich eine gute Existenz aufzubauen.

    Nichts ist von einer Idylle zu spüren, eher eine brodelnde Unruhe, etwas geheimnisvoll Unsicheres, nicht ganz zu Fassendes - eine dauerhafte Spannung. Unspektakulär werden Ereignisse benannt die im Geschilderten fast untergehen aber von großer Bedeutung sind, um ansatzweise zu erfahren, welchen Belastungen das Kind von damals ausgesetzt war.

    Der junge Mann schildert seine Eindrücke scheinbar bruchstückhaft. Es ist etwas mühsam sich ein Bild zu formen. Einiges bleibt im Verborgenen, macht neugierig und regt zum Weiterlesen an.
    Er kommt nach 5 Jahren aus dem Internat nach Hause - widerwillig wie es scheint. Will sich der Situation auch wieder entziehen, aber stellt sich letztendlich den Herausforderungen und somit der Vergangenheit, die für ein Kind voraussichtlich nur schwer zu bewältigen war. Er erlebt Traumata, die nicht im Detail benannt werden, aber durch seine Schilderungen eine Schwere erreichen, die kaum auszuhalten sind.

    Man möchte das Buch weglegen, da es aufwühlt - sein Inhalt ist aber gleichzeitig so faszinierend, dass man es nicht aus der Hand legen kann. Sehr langsam ergibt sich ein Bild, eine Auflösung, aber mit vielen offenen Fragen. Das ist aber gut so, regt weiterhin zum Nachdenken an und zum Austausch. Krummes Holz ist keine seichte Urlaubslektüre die der Lesende so wegliest, sondern sie beschäftigt tagelang.

    Alle Personen werden beschrieben, nicht verurteilt oder bewertet. Die Beschreibungen durch den Protagonisten führt den Lesenden heran an die Gefühlswelt und Schicksale dieser Personen und lassen doch nur erahnen, wie sie sich ihrem Leben gestellt haben. Sehr zarte Beschreibungen von Zuwendung und Anteilnahme.

    Das ganze Buch regt sehr zum Nachdenken an und wirkt gedanklich lange nach.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Marion D., 13.02.2024

    Als Buch bewertet

    Jirka ist neunzehn als er in sein Heimatdorf “Krummes Holz” zurückkehrt. Erwartungsgemäß ist niemand glücklich ihn zu sehen. Leander nicht, der ihn auf dem Weg zum väterlichen Hof aufsammelt, Magret, seine Schwester nicht und sein Vater Georg ganz sicher auch nicht, aber den wird er erstmal nicht zu sehen bekommen. Er steigt in den verbeulten Taunus und erinnert sich an Leanders Vater Vilém Dorodzala. Er war der beste einarmige Suffkopp, der jemals gelebt hat, bevor der Tod ihn aus Jirkas Leben gepflückt hat. Vilém war der einzige von den ganzen Wanderarbeitern auf dem Hof, der ihn aus dem Hundezwinger wieder rausließ, in den sein Vater ihn regelmäßig sperrte.

    Im Grunde hätte Jirka schon eher kommen müssen, weil seine Schwester ihn darum gebeten hatte, vor einigen Wochen. Doch dann hatte der weltbeste Sozialarbeiter Jochen ihn bekifft erwischt und Hausarrest erteilt. Für Jirka war das kein Problem, für seine Schwester schon.

    Im Taunus muss er seine heiße Stirn an die kühle Scheibe der Beifahrertür lehnen. Leanders starker Unterarm, mit dem roten Flaum verwirrt ihn, sein Geruch nach Erde und Zigarettenrauch lässt ihn die Augen schließen. Fünf Jahre haben sie sich nicht gesehen. Eine lange Zeit, die alles verändert, wenn man so jung ist wie Jirka.

    Fazit: Zuerst einmal, die vielen Namen und Infos brachten mich zu Anfang ins Stolpern. Die Geschichte ist aber so interessant gemacht, dass ich dran bleiben musste. Mir gefällt die Technik des Rückblicks sehr. Die Autorin packt ganz langsam und bedächtig aus, was Jirka und seiner Schwester passiert ist. Die Charaktere sind sensibel gezeichnet. Leanders erotische Aura, die Jirka die Luft nimmt und zutiefst verunsichert, war spürbar, Jirkas Unsicherheit nachvollziehbar. Jirka begibt sich auf Spurensuche, um sich selbst zu verstehen. Er ist ein sensibler, trotziger, junger Mann. Wie traumatisiert er ist, wird ihm erst durch seinen Besuch auf dem Hof klar, wo sein Vertrauen mehrfach missbraucht wurde. Doch ja, ich mag dieses Debüt sehr und empfehle es ganz klar.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    yellowdog, 17.02.2024

    Als Buch bewertet

    Geschichte einer Rückkehr

    Es ist die Geschichte einer Rückkehr und einer beschädigten Familie.

    Es wird sorgsam erzählt, mit einer sensiblen Hauptfigur. Der junge Jirga kehrt auf den elterlichen Hof zurück. Eine ganz starke Figur ist seine toughe Schwester Malene. Der Vater Georg hingegen ist abwesend und strahlt dennoch eine Kälte und Gefahr aus.

    Man muss der Autorin für ihre einfühlsame Art, zu erzählen und mit den Figuren umzugehen, dankbar sein.
    Bruchstückhaft erfährt man davon, was mit der Familie los ist und der Gewalt der Vergangenheit.
    Als Leser ist man vom Text gefesselt. Ein wirklich guter Roman!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    marina w., 18.02.2024

    Als Buch bewertet

    Bereits die 30-seitige Leseprobe von Julja Linhofs unter der ISBN 978-3-608-96609-1 am 17.02.2024 vom Klett Cotta Verlag veröffentlichten, 272 Seiten umfassendem Roman "Krummes Holz" vermochte mich zu überzeugen, sodass ich auf das Buch gespannt war. Und ich wurde denn auch nicht enttäuscht!
    Das mit einem mich sowohl farblich als auch thematisch ansprechenden Cover versehene Werk konfrontiert uns nach einem titelbezogenen Kant-Zitat mit der problembeladenen Flüchtlingsfamilie Schilling, die sich nach dem 2. Weltkrieg auf einem in Taunusnähe gelegenen einsamen Gehöft in der Provinz Südwestfalen ansiedelte.
    Der 19-jährige Protagonist Jirka (eigentlich - genau wie sein Vater - Georg) kehrt in glühender Sommerhitze nach mehr als 5 Jahren aus dem Internat zurück auf den mittlerweile ziemlich heruntergewirtschafteten Gutshof.
    Dort leben zZt. der einige Jahre ältere Leander, Sohn des letzten Verwalters, der Jirka einst näher stand als sein eigener Vater, Jirkas Schwester Malene, die den Hof irgendwann gern übernehmen würde, zumal der eher künstlerisch veranlagte Jirka weder Interesse noch Begabung dafür zeigt, sowie die demente Oma Agnes. Mutter Schilling starb einst in der Heilanstalt, Vater Georg ist seit einiger Zeit verschwunden.
    In der Familie herrschten und herrschen z. T. immer noch weitgehend Sprach- und Lieblosigkeit, Jirka wurde vom Vater körperlich und seelisch oft verletzt.
    In in der Gegenwart sowie in der Vergangenheit spielenden Puzzleteilchen erfahren wir langsam mehr und erhalten in passendem Erzählstil eine stimmige Milieustudie.
    Die damals noch unter Strafe stehende Homosexualität , Demenz sowie Alkohol- und Rauschmittelsucht werden darin thematisiert, was nicht immer leicht zu lesen, mMn jedoch lohnenswert ist.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Karola D., 23.01.2024

    Als Buch bewertet

    Ein intensiver, einfühlsamer Schreibstil
    Das Cover zeigt eine sommerliche, leicht verdorrte Graslandschaft mit Weitblick und farbig bewölktem Himmel – insgesamt deutet kein Hinweis auf diesen Buchtitel hin. Wie in einem Interview mit der Autorin erwähnt, hilft hier vielleicht das Zitat von Immanuel Kant: »Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.« Deuten könnte man diese Worte mit Schwarzer Pädagogik, mit lieblosen Erziehungsmethoden verbunden mit Strafen, Kontrolle, Gewalt, Demütigungen oder Einschüchterungen während einer verwundbaren Kindheit wie hier bei Jirka, seiner 4 Jahre älteren Schwester Malene und Leander, dem Sohn des letzten Verwalters. Thematisiert werden Traumata besonders bei Jirka, die sich allmählich gegenüber Leander verwandeln in zaghafte Zuneigung – empfindsam und nachvollziehbar beschrieben. Gefühle von Angst und Begehren, aber auch Leere und Ziellosigkeit in immer noch lieblos geprägter Umgebung herrschen vor. Harkemei, ein Erntedank-Brauch stellenweise noch z.B. in Westfalen gefeiert, lassen auf den traditionellen, bäuerlichen Hintergrund schließen. Mit der erwähnten Psychiatrie-Enquete, fertiggestellt im September 1975, werden den Buchfiguren der Mutter und der von Lottchen nur kurz beleuchtet. Während die Rolle der jetzt dementen Agnes breit beschrieben ist, wird der hartgesottene Vater aus dem Leben aller mehr als verdrängt. Die Hoffnung auf Verständnis, Gehör oder Hilfe bereits lange aufgegeben, vereint die Geschwister in ihrer Not und Einsamkeit – sehr gut heraus gearbeitet.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Verena L., 29.02.2024

    Als Buch bewertet

    Erinnerungsstrudel

    Knapp 20 Jahre alt ist Jirka, als er nach fünf Jahren Internat an einem glühend heißen Sommertag auf den Hof der Familie zurückkehrt. Dieser wurde in den letzten Jahren vom Vater und der älteren Schwester Malene bewirtschaftet. Ebenfalls da sind Oma Agnes, mittlerweile dement, und Leander, der Sohn des ehemaligen Hofverwalters. Gemischte Gefühle wäre eine Untertreibung für das, was Jirka bei der Heimkehr empfindet. Der Ort ist so eng verbunden mit Erinnerungen an die ersten 14 Jahre seines Lebens. Und genau in diese Erinnerungen und deren Band zur Gegenwart taucht Julja Linhofs Erzählung ein. Jirkas Aufwachsen ist einerseits geprägt von typischen Landkindheitserinnerungen, die mir selbst sehr bekannt vorkamen. Andererseits ist da aber auch viel Gewalt – verbal, emotional, körperlich – die die Figuren einander antun. Hinzu kommt eine Sprachlosigkeit, durch die es beinahe unmöglich scheint, den Kreislauf der Dinge zu durchbrechen.
    Mit atmosphärischem, durchdringendem Stil lässt Linhof die Leser:innen teilhaben daran, wie Jirka zurück auf dem Hof mit all den Gefühlen und Erinnerungen, die er versuchte zu verdrängen, konfrontiert wird. Sprachlich so intensiv, dass man manchmal vergisst, dass es sich bei „Krummes Holz“ um einen Debütroman handelt.
    Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die Geschichte, vor allem gegen Ende, ein bisschen überladen wirkt, wodurch einzelne Stränge (zum Beispiel eine genauere Betrachtung der Beziehung der beiden Geschwister zu einander) ein wenig untergehen. Nichtsdestotrotz eine absolute Empfehlung.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Suzann K., 11.02.2024

    Als Buch bewertet

    Der Weg zurück
    "Krummes Holz" von Julja Linhof ist eine Geschichte, die ihre Wirkung erst so nach und nach entfaltet. Genauso entsteht sie nämlich beim Lesen. Sie setzt sich nach und nach aus einzelnen Szenen und Erinnerungen zusammen.
    Jirka kehrt nach 5 Jahren auf den Hof zurück, auf dem er aufgewachsen ist. Seine Schwester Malene bat ihn schon mehrmals darum, was er damals ignorierte. Jetzt ist er da und der Vater ist weg und die Schwester redet nicht mit ihm.
    Die Großmutter, Agnes, hat Demenz und ihre Herrschaft verloren, aber auch sie ist wie ein Geist aus der Vergangenheit präsent.
    Es entsteht hier eine komische Atmosphäre, die sich kalt und lieblos, aber vor allem auch verzweifelt anfühlt.
    Der einzige, der mit ihm spricht, ist Leander, der Sohn des einstigen Verwalters. Aber auch diese Beziehung ist belastet und nicht einfach.
    Einfach ist in diesem Buch gar nichts, wir begleiten Jirkas Gedanken, in der Gegenwart und ganz oft auch in die Vergangenheit. Nicht immer ist klar, was wirklich passiert ist, aber trotzdem entsteht ein Bild. Dieses Bild wird auch nicht besser, nein, es geht immer noch schlimmer.
    Das wichtigste sind hier die Gefühle, jahrelang unterdrückt und versteckt, jeder muss erstmal lernen, sie zuzulassen und zu leben. Es war eine kalte, fremde Kindheit, seltsam distanziert erzählt.
    Das Buch endet so, wie es beginnt, vieles bleibt unklar, aber es entsteht Hoffnung.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    meerblick, 27.03.2024

    Als eBook bewertet

    Traumatische Kindheit

    -Krummes Holz- ist der Debütroman von Julja Linhof. Georg, der Ich-Erzähler ist neunzehn Jahre alt, wird Jirka genannt, kehrt nach fünf Jahren Abwesenheit ohne in dieser Zeit Kontakt mit seiner Familie gehabt zu haben, aus dem Internat nach Hause zurück, auf ein altes, heruntergewirtschaftetes Gehöft in Westphalen. Seine ältere Schwester Malene und der Sohn des ehemaligen Gutsverwalters Leander empfangen ihn abweisend, ignorieren seine Anwesenheit, zeigen ihm sehr deutlich, dass er unerwünscht ist. Der Vater ist abwesend, die Mutter Tod und die Großmutter dement. Die Stimmung ist sehr angespannt, abwartend wer den ersten Schritt wagen wird, aufeinander zuzugehen.
    Mit jedem Tag, den Jirka in der alten Heimat verbringt, kommen unschöne Erinnerungen aus seiner Kindheit zurück. Erinnerungen an den strengen Vater, der sich mit roher Gewalt und Schweigen Autorität verschaffte, Sie sind noch immer schmerzhaft, haben psychische Spuren hinterlassen, bei einem Kind, das immer auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit war.
    Julia Lindhof schreibt ungeschönt in einer deutlichen Sprache mit vielen Tempuswechseln. Die Geschichte gibt letztendlich Hoffnung, dass sowohl Liebe als auch Gespräche einen Weg bieten, die schreckliche Vergangenheit zu verarbeiten.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein