1356
Porträt Thomas von Hookton
Er wird le Bâtard - der Bastard - genannt und führt ein höchst schlagkräftiges Söldnerheer an: die Hellequin, vortreffliche Bogenschützen. Er ist groß, schwarzhaarig und...
Er wird le Bâtard - der Bastard - genannt und führt ein höchst schlagkräftiges Söldnerheer an: die Hellequin, vortreffliche Bogenschützen. Er ist groß, schwarzhaarig und...
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Produktinformationen zu „1356 “
Porträt Thomas von Hookton
Er wird le Bâtard - der Bastard - genannt und führt ein höchst schlagkräftiges Söldnerheer an: die Hellequin, vortreffliche Bogenschützen. Er ist groß, schwarzhaarig und trägt im Kampf ein schwarz angemaltes Kettenhemd, hohe Stiefel, eine schwarze Schwertschneide und einen schwarzen Helm. Seine Nase war offensichtlich schon mindestens einmal gebrochen, seine Wangen sind vernarbt und eine Hand ist verkrüppelt - sie sieht aus, als wären die Finger zerquetscht worden. Die einen fürchten den wilden kraftvollen Kämpfer, die anderen sprechen mit Ehrfurcht von Thomas von Hookton, von le Bâtard. In „1356" schickt ihn Bernard Cornwell in ein neues Abenteuer. Treue Leser der historischen Romane des Bestsellerautors kennen Thomas von Hookton bereits hinlänglich aus der bislang dreiteiligen Reihe „Die Bücher vom Heiligen Gral". Nun kommt ein vierter Teil hinzu.
Die Bücher vom Heiligen Gral: Thomas von Hookton - der Meister des Eibenbogens
In „Der Bogenschütze" entkommt der damals 18-jährige Thomas, illegitimer Sohn des Pfarrers von Hookton, einem Massaker, bei dem sein Dorf von einer Söldnertruppe ausgelöscht wird. Der Anlass: eine Reliquie, die Lanze des heiligen Georg. Der Anführer der Söldner, „Harlekin", will diese sagenumwobene Waffe, mit der Georg den Drachen getötet haben soll. Und er bekommt sie. Doch Thomas schwört seinem Ziehvater an dessen Totenlager, die gestohlene Reliquie zurückzuholen. Dass er ein exzellenter Bogenschütze ist und anstatt sich seinem Theologiestudium zu widmen lieber mit dem Eibenbogen übt, kommt ihm bei der Suche nach der Lanze zugute. Und er lüftet ein weiteres Geheimnis: Das Geschlecht, aus dem „Harlekin" stammt, soll im Besitz des Heiligen Grals sein. Einer Legende nach verleiht der Gral seinem Besitzer die Macht über die Welt.
Thomas von Hookton zweifelt zwar daran, dass der Gral wirklich existiert. Dennoch macht er sich in „Der Wanderer" im Auftrag des Königs auf die Suche nach einem Mönch, der mehr über das kostbare Objekt wissen könnte. Natürlich kommen Thomas bei seiner Suche auch Gegner in die Quere - so z. B. der besessene Inquisitor de Taillebourg. Der trachtet Thomas nach dem Leben und lässt auch Thomas' damalige Gefährtin Eleanor ermorden. Die Suche nach dem Heiligen Gral geht in „Der Erzfeind" weiter. Thomas erreicht das Schloss von Astarac - einst lebten dort seine Vorfahren, heute ist es der Sitz von Guy Vexille. Vexille hat Thomas' Vater ermordet, und auch der Gral soll auf dem Schloss gesehen worden sein.
1356: ein neuer Feind fürs Leben, ein magisches Schwert und eine große Schlacht
In „1356" hat Bernard Cornwell seinem Helden Thomas die wehrhafte Genevieve an die Seite gestellt. Sie ist groß, blond und hat le Bâtard vor rund sieben Jahren einen Sohn geboren: Hugh. Der Junge hat ihr Gesicht - breiter Mund, lange Nase -, sein Haar aber ist so schwarz wie das seines Vaters. Dass es in „1356" auch an Abenteuern für Thomas und seine legendären Bogenschützen nicht mangelt, ist klar. Gleich zu Anfang zieht Hookton den Zorn seines französischen Auftraggebers auf sich - ein unangenehmer Zeitgenosse, der seine Frau wie Vieh behandelt. Eben diese Gemahlin, Bertille, ist mit einem anderen durchgebrannt und Thomas soll sie zurückholen. Das gelingt ihm, doch als es an die Bezahlung geht, zeigt sich Comte de Labrouillade so gar nicht als Edelmann. Keine Frage, dass Thomas von Hookton sich das nicht bieten lässt - er verfolgt den Comte, befreit die Comtesse, die ihren Gemahl verabscheut, aus seinen Händen, und demütigt ihn. Nun hat er einen Feind fürs Leben mehr und die außergewöhnlich attraktive Bertille in seiner Truppe ...
Weiterer Auftrag für Thomas von Hookton in „1356": Er soll das Schwert „La Malice" (die Bosheit) finden; es heißt, diese Waffe macht den Besitzer unbesiegbar und ihr Ursprung geht bis zum heiligen Petrus zurück. Petrus soll damit sogar Jesus Christus verteidigt haben. Auch die Franzosen wollen dieses magische Schwert, ein neues Excalibur, in ihren Besitz bringen, und eine atemberaubende und höchst gefährliche Suche beginnt. Zugleich bereitet sich Edward, Prinz von Wales, mit seinem Heer auf eine große Schlacht vor, die als die legendäre Schlacht von Poitiers in die Geschichte eingehen wird. - Ein ungleicher Kampf durch die große Übermacht der Franzosen. Doch gelingt es Thomas, „La Malice" zuerst zu finden, könnte das Schwert die Engländer zum Sieg führen...
Er wird le Bâtard - der Bastard - genannt und führt ein höchst schlagkräftiges Söldnerheer an: die Hellequin, vortreffliche Bogenschützen. Er ist groß, schwarzhaarig und trägt im Kampf ein schwarz angemaltes Kettenhemd, hohe Stiefel, eine schwarze Schwertschneide und einen schwarzen Helm. Seine Nase war offensichtlich schon mindestens einmal gebrochen, seine Wangen sind vernarbt und eine Hand ist verkrüppelt - sie sieht aus, als wären die Finger zerquetscht worden. Die einen fürchten den wilden kraftvollen Kämpfer, die anderen sprechen mit Ehrfurcht von Thomas von Hookton, von le Bâtard. In „1356" schickt ihn Bernard Cornwell in ein neues Abenteuer. Treue Leser der historischen Romane des Bestsellerautors kennen Thomas von Hookton bereits hinlänglich aus der bislang dreiteiligen Reihe „Die Bücher vom Heiligen Gral". Nun kommt ein vierter Teil hinzu.
Die Bücher vom Heiligen Gral: Thomas von Hookton - der Meister des Eibenbogens
In „Der Bogenschütze" entkommt der damals 18-jährige Thomas, illegitimer Sohn des Pfarrers von Hookton, einem Massaker, bei dem sein Dorf von einer Söldnertruppe ausgelöscht wird. Der Anlass: eine Reliquie, die Lanze des heiligen Georg. Der Anführer der Söldner, „Harlekin", will diese sagenumwobene Waffe, mit der Georg den Drachen getötet haben soll. Und er bekommt sie. Doch Thomas schwört seinem Ziehvater an dessen Totenlager, die gestohlene Reliquie zurückzuholen. Dass er ein exzellenter Bogenschütze ist und anstatt sich seinem Theologiestudium zu widmen lieber mit dem Eibenbogen übt, kommt ihm bei der Suche nach der Lanze zugute. Und er lüftet ein weiteres Geheimnis: Das Geschlecht, aus dem „Harlekin" stammt, soll im Besitz des Heiligen Grals sein. Einer Legende nach verleiht der Gral seinem Besitzer die Macht über die Welt.
Thomas von Hookton zweifelt zwar daran, dass der Gral wirklich existiert. Dennoch macht er sich in „Der Wanderer" im Auftrag des Königs auf die Suche nach einem Mönch, der mehr über das kostbare Objekt wissen könnte. Natürlich kommen Thomas bei seiner Suche auch Gegner in die Quere - so z. B. der besessene Inquisitor de Taillebourg. Der trachtet Thomas nach dem Leben und lässt auch Thomas' damalige Gefährtin Eleanor ermorden. Die Suche nach dem Heiligen Gral geht in „Der Erzfeind" weiter. Thomas erreicht das Schloss von Astarac - einst lebten dort seine Vorfahren, heute ist es der Sitz von Guy Vexille. Vexille hat Thomas' Vater ermordet, und auch der Gral soll auf dem Schloss gesehen worden sein.
1356: ein neuer Feind fürs Leben, ein magisches Schwert und eine große Schlacht
In „1356" hat Bernard Cornwell seinem Helden Thomas die wehrhafte Genevieve an die Seite gestellt. Sie ist groß, blond und hat le Bâtard vor rund sieben Jahren einen Sohn geboren: Hugh. Der Junge hat ihr Gesicht - breiter Mund, lange Nase -, sein Haar aber ist so schwarz wie das seines Vaters. Dass es in „1356" auch an Abenteuern für Thomas und seine legendären Bogenschützen nicht mangelt, ist klar. Gleich zu Anfang zieht Hookton den Zorn seines französischen Auftraggebers auf sich - ein unangenehmer Zeitgenosse, der seine Frau wie Vieh behandelt. Eben diese Gemahlin, Bertille, ist mit einem anderen durchgebrannt und Thomas soll sie zurückholen. Das gelingt ihm, doch als es an die Bezahlung geht, zeigt sich Comte de Labrouillade so gar nicht als Edelmann. Keine Frage, dass Thomas von Hookton sich das nicht bieten lässt - er verfolgt den Comte, befreit die Comtesse, die ihren Gemahl verabscheut, aus seinen Händen, und demütigt ihn. Nun hat er einen Feind fürs Leben mehr und die außergewöhnlich attraktive Bertille in seiner Truppe ...
Weiterer Auftrag für Thomas von Hookton in „1356": Er soll das Schwert „La Malice" (die Bosheit) finden; es heißt, diese Waffe macht den Besitzer unbesiegbar und ihr Ursprung geht bis zum heiligen Petrus zurück. Petrus soll damit sogar Jesus Christus verteidigt haben. Auch die Franzosen wollen dieses magische Schwert, ein neues Excalibur, in ihren Besitz bringen, und eine atemberaubende und höchst gefährliche Suche beginnt. Zugleich bereitet sich Edward, Prinz von Wales, mit seinem Heer auf eine große Schlacht vor, die als die legendäre Schlacht von Poitiers in die Geschichte eingehen wird. - Ein ungleicher Kampf durch die große Übermacht der Franzosen. Doch gelingt es Thomas, „La Malice" zuerst zu finden, könnte das Schwert die Engländer zum Sieg führen...
Lese-Probe zu „1356 “
1356 von Bernard CornwellAus dem Englischen von Karolina Fell Wunderlich
PROLOG
CARCASSONNE
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Er war spät angekommen.
Inzwischen war es dunkel, und er hatte keine Laterne, aber die Brände in der Stadt loderten so grell, dass ihr Licht bis weit in die Kirche drang und sogar noch einen Schimmer auf die Steinplatten in der Krypta warf, wo der Mann mit einer eisernen Brechstange auf eine Steinplatte losging, in die ein Wappen eingemeißelt war. Es zeigte einen Pokal, um den ein Schnallengürtel lief, der die Inschrift CalixMeus Inebrians trug. Gemeißelte Sonnenstrahlen ließen es aussehen, als stiege Licht aus dem Pokal auf. Das eingemeißelte Bild und die Schrift waren im Laufe der Zeiten abgetreten worden und wirkten etwas verschwommen, und der Mann hatte sie kaum wahrgenommen, doch was er wahrnahm, waren die Schreie aus den Gassen rund um die kleine Kirche. Es war eine Nacht des Feuers und des Leidens, und die Schreie waren so laut, dass sie den Lärm überdeckten, mit dem er eine Spalte zwischen den Steinplatten vertiefte. Er rammte die Eisenstange abwärts, dann erstarrte er, weil durch die Kirche über ihm Gelächter und Schritte hallten. Er zog sich gerade noch rechtzeitig in einen Bogengang zurück, bevor zwei Männer in die Krypta herunterkamen. Sie hatten eine Fackel bei sich, die das langgestreckte Gewölbe ausleuchtete und ihnen zeigte, dass es hier keine leichte Beute zu holen gab. Der Altar der Krypta bestand aus einfachen Steinplatten, und sein einziger Schmuck war ein Holzkreuz, nicht einmal ein Kerzenhalter stand darauf. Einer der Männer sagte etwas in einer fremden Sprache, der andere lachte, und beide gingen wieder hinauf ins Kirchenschiff, dessen Wandmalereien und entweihte Altäre von den Bränden in den Straßen beleuchtet wurden.
Der Mann mit der Eisenstange war in einen langen, schwarzen Kapuzenumhang gehüllt. Unter der schweren Kutte trug er ein weißes Gewand mit Schmutzstreifen, das in der Mitte von einer dreifach geknoteten Kordel zusammengehalten wurde. Er war ein Predigermönch, ein Dominikaner, doch das bedeutete in dieser Nacht keinen Schutz vor der Armee, die Carcassonne verwüstete. Er war groß und kräftig, und bevor er das Ordensgelübde abgelegt hatte, war er Waffenknecht gewesen. Er hatte eine Lanze zu schleudern gewusst, ein Schwert zu schwingen und mit der Axt zu töten. Sein Name hatte Sire Ferdinand de Rodez gelautet, doch nun war er einfach Fra Ferdinand. Einst hatte er Rüstung und Kettenhemd getragen, Turniere bestritten und in der Schlacht Menschen niedergemetzelt, doch nun war er seit fünfzehn Jahren Mönch und hatte jeden Tag um Vergebung für seine Sünden gebetet. Er war nun alt, beinahe schon sechzig Jahre, doch noch immer breit in den Schultern. Er war zu Fuß in diese Stadt gekommen. Der Regen hatte seine Reise behindert, Flüsse waren über die Ufer getreten und Furten unpassierbar geworden, und deshalb war er so spät angekommen. Er war spät angekommen, und er war müde. Er rammte die Brechstange unter die Steinplatte mit den Einmeißelungen und lehnte sich erneut darauf, während er zugleich fürchtete, dass sich das Eisen verbiegen könnte, bevor der Stein nachgab, doch dann stieg plötzlich ein hohles, kratzendes Geräusch auf, der Granit hob sich, rutschte ein Stückchen zur Seite und gab eine schmale Lücke zu dem Hohlraum darunter frei.
Der Hohlraum war dunkel, denn die Flammen des Teufels, die in der Stadt wüteten, reichten nicht bis in das Grab, und so kniete sich der Mönch neben das dunkle Loch und tastete darin herum. Er fühlte Holz, also rammte er die Brechstange erneut in das Loch. Ein Hieb, zwei Hiebe, und das Holz splitterte. Er betete, dass kein Bleisarg in dem Holzsarg stand, und rammte die Brechstange ein letztes Mal abwärts, dann griff er in das Loch und zog gesplittertes Holz heraus.
Es gab keinen Bleisarg. Seine Fingerspitzen glitten über Stoff, der unter seiner Berührung zerfiel. Dann spürte er Knochen, erkundete eine ausgetrocknete Augenhöhle, lockere zähne und den Bogen einer Rippe. Er legte sich auf den Bauch, sodass er seinen Arm tiefer hinabstrecken konnte, tastete in der Schwärze des Grabes umher und entdeckte bald etwas Festes, das kein Knochen war. Aber es war nicht das, wonach er suchte; es hatte die falsche Form. Es war ein Kruzifix. Plötzlich wurden in der Kirche über ihm Stimmen laut. Ein Mann lachte, und eine Frau schluchzte. Der Mönch lag bewegungslos da, lauschend und betend. Verzweiflung überkam ihn bei dem Gedanken, dass der Gegenstand, den er suchte, nicht in dem Grab sein könnte, doch dann streckte er seinen Arm noch einmal so weit wie möglich in die Tiefe, und seine Fingerspitzen berührten etwas, das in zarten Stoff gewickelt war, der nicht zerfiel. Er tastete blind umher, erwischte ein Stück des Stoffs und zog daran. Ein Gegenstand war in den zarten Stoff gewickelt, ein schwerer Gegenstand, und er zog ihn behutsam näher, dann bekam er ihn schließlich richtig zu fassen und zog ihn aus dem Griff der Knochenhände, die den Gegenstand gehalten hatten. Er zog den Gegenstand aus dem Grab und stand auf. Er musste ihn nicht auswickeln. Er wusste, dass er La Malice gefunden hatte, und zum Dank drehte er sich zu dem schlichten Altar auf der Ostseite der Krypta um und bekreuzigte sich. «Danke, Herr», murmelte er, «danke, Sankt Petrus, und danke, Sankt Junien. Jetzt müsst ihr mich beschützen.»
Und himmlischen Schutz würde der Mönch auch notwendig haben. Einen Moment dachte er daran, sich in der Krypta zu verstecken, bis die Armee, die in Carcassonne eingefallen war, wieder abzog, doch das konnte Tage dauern, und davon abgesehen würden die Soldaten, nachdem sie sich die leichte Beute geholt hatten, auch die Gräber in der Krypta aufbrechen und nach Ringen, Kruzifixen und allem anderen suchen, das sich verkaufen ließ. Die Krypta hatte La Malice einhundertfünfzig Jahre lang Zuflucht geboten, aber der Mönch wusste, dass sie ihm selbst höchstens ein paar Stunden lang Sicherheit bieten konnte.
Fra Ferdinand ließ die Brechstange liegen und ging die Treppe hinauf. La Malice war so lang wie sein Arm und überraschend schwer. Die Waffe hatte einst einen Griff gehabt, doch nun war nur noch die dünne, metallene Angel übrig, und an diesem groben Heft hielt er das Schwert. Immer noch war es in den zarten Stoff gehüllt, den er für Seide hielt.
Das Kirchenschiff war von den lodernden Flammen erhellt, die aus den Häusern auf dem kleinen Platz davor schlugen. Es waren drei Männer in der Kirche, und einer rief der Gestalt im dunklen Umhang, die auf der Treppe zur Krypta auftauchte, herausfordernd und mit vorgerecktem Kinn etwas zu. Die drei waren Bogenschützen, ihre langen Bogenstäbe lehnten am Altar, und im Grunde interessierten sie sich nicht für den Fremden, sondern ausschließlich für die Frau, die sie mit gespreizten Beinen auf die Altartreppe gedrückt hatten. Einen Augenblick lang war Fra Ferdinand versucht, die Frau zu retten, doch dann kamen durch eine Seitentür vier oder fünf weitere Männer herein und brüllten begeistert auf, als sie den nackten Körper auf den Stufen sahen. Sie hatten ein weiteres Mädchen mitgebracht, ein Mädchen, das schrie und kämpfte, und der Mönch erschauerte bei den verzweifelten Rufen. Er hörte, wie die Kleidung der jungen Frau zerriss, hörte ihr Jammern, und er dachte an all seine eigenen Sünden. Er bekreuzigte sich. «Vergib mir, Herr Jesus», flüsterte er und trat, weil er doch nicht helfen konnte, durch die Kirchentür auf den kleinen Vorplatz. Flammen fraßen sich in lodernd brennende Strohdächer und schossen wilde Funkengarben in den Wind. Rauch quoll über der Stadt empor. Ein Soldat mit dem roten Sankt-Georgs-Kreuz auf dem Wappenrock übergab sich auf der Kirchentreppe, und ein Hund lief herbei, um das Erbrochene aufzulecken. Der Mönch wandte sich Richtung Fluss, weil er hoffte, über die Brücke und schließlich in die Cité zu gelangen. Hinter den Doppelmauern, Türmen und zinnen von Carcassonne hoffte er Schutz zu finden, denn er bezweifelte, dass diese wilde Armee die Geduld für eine Belagerung aufbringen konnte. zwar hatten sie die Bourg erobert, das Handelsviertel auf dem Westufer des Flusses, aber dieses Viertel hatte noch nie verteidigt werden können. Die meisten Werkstätten der Stadt lagen in der Bourg, dort waren die Lederhändler, die Silber- und Waffenschmiede und Geflügelverkäufer und Kleidungshändler, und deren Besitztümer wurden nur von einem ringförmigen Erdwall geschützt, und die Armee war wie eine Flut über diese kümmerliche Befestigung hinweggegangen. Die Cité von Carcassonne dagegen war eine Festung, eine der gewaltigsten in Frankreich, eine Bastion, die von enormen Steintürmen und hoch aufragenden Mauern umgeben war. Dort wäre er sicher. Er würde ein Versteck für La Malice finden und abwarten, bis es eine Möglichkeit gab, die Waffe an ihren Besitzer zurückzugeben.
Im Schutz der Dunkelheit betrat er eine Straße, in der keine Brände gelegt worden waren. Männer brachen in Häuser ein, sie benutzten Hämmer und Äxte, um die Holztüren einzuschlagen. Die meisten Bewohner waren in die Cité geflohen, doch einige wenige Narren waren geblieben, weil sie hofften, ihren Besitz verteidigen zu können. Die Armee war so unvermittelt aufgetaucht, dass keine Zeit gewesen war, alles Wertvolle über die Brücke und hinauf zu den riesigen Stadttoren zu bringen, von denen die mächtige zitadelle auf dem Hügel geschützt wurde. zwei Tote lagen im Rinnstein, der in der Mitte der Straße verlief. Sie trugen das Wappen von Armagnac mit den vier Löwen. Es waren Armbrustschützen, die bei der aussichtslosen Verteidigung der Bourg getötet worden waren.
Fra Ferdinand kannte die Stadt nicht. Er suchte nach einem versteckten Weg zum Fluss, ging durch dunkle Gassen und enge Durchlässe. Gott, dachte er, war bei ihm, denn er begegnete keinem Feind, als er ostwärts hastete, doch dann kam er zu einer breiteren Straße, die von Bränden erleuchtet war, und er sah die lange Brücke und dahinter, hoch auf dem Hügel, die vom Feuer angestrahlten Mauern der Cité. Die Mauersteine leuchteten rot im Abglanz der in der Bourg lodernden Flammen. Die Mauern der Hölle, dachte der Mönch, und dann nahm Rauch ihm den Blick auf die Mauern, jedoch nicht auf die Brücke, deren westliches Ende von Bogenschützen bewacht wurde. Englische Bogenschützen mit dem roten Kreuz auf ihren Wappenröcken und ihren tödlichen Bögen. zwei Reiter mit Kettenrüstungen und Helmen waren bei ihnen.
Unmöglich, über die Brücke zu kommen, dachte er. Unmöglich, in die Sicherheit der Cité zu gelangen. Er kauerte sich nieder, dachte nach, und dann schlich er zurück in das Gassengewirr. Er würde nach Norden gehen.
Er musste eine Hauptstraße überqueren, die von neu gelegten Feuern erhellt war. Eine Kette, eine der vielen, die über die Straßen gespannt worden waren, um die Eindringlinge aufzuhalten, lag im Rinnstein, wo eine Katze aus einer Blutlache trank. Fra Ferdinand eilte im Laufschritt durch das Licht des Feuers, tauchte in die nächste Gasse ein und lief weiter. Gott war immer noch bei ihm. Die Sterne wurden von funkendurchwirbeltem Rauch verdeckt. Er überquerte einen Platz, geriet in eine Sackgasse, ging zurück und wandte sich wieder nach Norden. Eine Kuh brüllte in einem brennenden Gebäude, ein Hund, der etwas Schwarzes, Tropfendes im Maul hielt, kreuzte seinen Weg. Er kam an einer Gerberwerkstatt vorbei, sprang über die Tierhäute, die übers Straßenpflaster verstreut lagen, und dann hatte er den Erdwall vor sich, die einzige Verteidigungsanlage der Bourg, er stieg hinauf, und dann hörte er einen Ruf, drehte sich um und sah, dass er von drei Männern verfolgt wurde.
«Wer bist du?», rief einer.
«Halt!», brüllte ein anderer.
Der Mönch beachtete sie nicht. Er hastete den Abhang hinunter und wandte sich zu der dunklen Landschaft, die jenseits des Erdwalls und der dahinter errichteten Ansammlung von Hütten lag. Ein Pfeil zischte an ihm vorbei, verfehlte ihn durch die Gnade Gottes um einen Fingerbreit, und er wich seitlich in einen Durchgang zwischen zweien der kleinen Häuser aus. Ein stinkender Misthaufen erhob sich dort. Er rannte vorbei und sah, dass der Durchgang an einer Mauer endete, und als er sich umdrehte, hatten ihm die drei Männer den Weg abgeschnitten. Sie grinsten triumphierend.
«Was hast du bei dir?», fragte einer von ihnen.
«Je suis Gascon», sagte Fra Ferdinand. Er wusste, dass die Eindringlinge Gascogner und Engländer waren, und er sprach kein Englisch. «Je suis Gascon!», wiederholte er, während er auf die Männer zuging.
«Ein Predigermönch», sagte einer der Männer.
«Aber warum ist der gottverdammte Bastard vor uns weggelaufen?», fragte einer der Engländer. «Du hast was zu verbergen, stimmt's?»
«Hergeben», sagte der dritte Mann und streckte die Hand aus. Er war der Einzige, der einen Pfeil bereithielt, die anderen hatten ihre Bögen über die Schulter gehängt und Schwerter in der Hand. «Komm schon, Arschgesicht, gib's mir.» Der Mann wollte nach La Malice greifen.
Die drei Männer waren halb so alt wie der Mönch, und weil sie Bogenschützen waren, vermutlich doppelt so stark, aber Fra Ferdinand war ein fähiger Waffenknecht gewesen und hatte seine Schwertkunst nie verlernt. Und er war wütend. Wütend über all das Leid, das er gesehen, und die Grausamkeiten, von denen er gehört hatte, und diese Wut machte ihn wild. «Im Namen Gottes», sagte er und schwang La Malice aufwärts. Das Schwert war immer noch in die Seide gewickelt, aber seine Klinge schnitt tief ins Handgelenk des Bogenschützen, durchtrennte die Sehnen und brach Knochen. Fra Ferdinand hielt die Waffe an der Angel, wodurch sein Griff unsicher war, aber das Schwert schien mit einem Mal lebendig geworden. Der Verwundete zog sich blutend zurück, doch seine Gefährten brüllten vor Zorn und stießen ihre Klingen vorwärts, also ließ der Mönch das Schwert vorschnellen und parierte beide Hiebe mit einem einzigen Schwung. La Malice, obwohl sie über hundertfünfzig Jahre in einem Grab gelegen hatte, erwies sich als so scharf wie eine frischgewetzte Klinge, und ihre Vorderkante bohrte sich durch das gepolsterte Kettenhemd des nächsten Mannes, brach seine Rippen und riss einen Lungenflügel auf, und bevor der Mann noch wusste, dass er verletzt war, hatte Fra Ferdinand die Klinge seitwärts geschwungen und dem dritten Mann die Augen ausgestochen, sodass helles Blut durch die Gasse sprühte, und nun zogen sich alle drei Männer zurück, doch der Predigermönch gab ihnen keine Gelegenheit, zu entkommen. Der blinde Mann taumelte rücklings auf den Dunghaufen, sein Begleiter ließ sein Schwert verzweifelt durch die Luft rasen, La Malice traf es, und das englische Schwert zerbrach, und der Mönch schnellte mit der seidenumhüllten Klinge vor, schnitt dem Mann die Kehle durch, und das Blut spritzte ihm ins Gesicht. Wie warm dieses Blut ist, dachte er und, Gott vergib mir. Ein Vogel schrie in der Dunkelheit, und die Flammen tosten in der Bourg.
Er tötete alle drei Bogenschützen, dann benutzte er die Seide, um die Klinge von La Malice abzuwischen. Er überlegte, ob er ein kurzes Gebet für die Männer sprechen sollte, die er gerade umgebracht hatte, fand dann aber, dass er den Himmel nicht mit solchen Rohlingen teilen wollte. Stattdessen küsste er La Malice, und anschließend durchsuchte er die drei Toten und fand ein paar Münzen, einen Brocken Käse, vier Bogensehnen und ein Messer.
Die Stadt Carcassonne brannte und erfüllte die Winternacht mit Rauch.
Und der Predigermönch ging nach Norden. Er ging nach Hause, nach Hause zu dem Turm.
Seine Bürde waren La Malice und das Schicksal der Christenheit.
Und er verschwand in der Finsternis.
Die Männer kamen vier Tage nach der Plünderung Carcassonnes zu dem Turm.
Es waren sechzehn, alle waren in gute, dicke Wollumhänge gehüllt, und alle saßen auf guten Pferden. Fünfzehn der Männer trugen Kettenrüstungen und Schwerter, während der sechzehnte Reiter ein Priester war, auf dessen Handgelenk ein Falke mit einer Haube saß.
Ein heftiger Wind fuhr den Bergpass herunter, zerzauste das Federkleid des Falken, rüttelte an den Kiefern und wehte den Rauch von den kleinen Hütten des Dorfes hinter dem Turm weg. Es war kalt. In diesem Teil Frankreichs schneite es selten, aber der Priester, der unter der schwarzen Kapuze seines Umhangs herausspähte, glaubte, ein paar Flocken im Wind zu sehen.
Um den Turm lagen eingestürzte Mauern, von der früheren Festung waren nur der Turm geblieben und ein niedriges Gebäude mit Strohdach, in dem vermutlich die Bediensteten wohnten. Hühner scharrten im Dreck, eine angepflockte Geiß starrte die Pferde an, wogegen eine Katze die Neuankömmlinge nicht beachtete. Was einst eine schöne kleine Festung gewesen war, von der aus die Straße zu den Bergen überwacht wurde, hatte sich in ein Bauerngehöft verwandelt, wenn der Priester auch zur Kenntnis nahm, dass sich der Turm noch in gutem zustand befand und das Dorf hinter der alten Feste recht wohlhabend wirkte.
Ein Mann eilte von dem strohgedeckten Gebäude heran und verbeugte sich tief vor den Reitern. Er verbeugte sich, nicht weil er sie erkannte, sondern weil Männer mit Schwertern Respekt verlangen. «Ihr Herren?», fragte der Mann ängstlich.
«Stell die Pferde unter», forderte der Priester.
«Aber zuerst führst du sie herum, damit sie sich abkühlen », fügte einer der Männer in Kettenrüstung hinzu, «du führst sie herum, reibst sie ab und lässt sie nicht zu viel grasen.»
«Herr», sagte der Mann und verbeugte sich erneut.
«Ist das Mouthoumet?», fragte der Priester beim Absteigen.
«Ja, Vater.»
«Und du dienst dem Sire de Mouthoumet?», fragte der Priester.
«Dem Comte de Mouthoumet, ja, Herr.»
«Ist er noch am Leben?»
«Lob sei dem Herrn, Vater, er lebt.»
«Lob sei dem Herrn, wahrhaftig», sagte der Priester nachlässig, dann ging er mit großen Schritten zu der Tür des Turmes, die sich am Ende eines kurzen, gemauerten Treppenaufgangs befand. Er rief zwei der Männer in Kettenrüstung zu seiner Begleitung, befahl den anderen, im Hof zu warten, schob die Tür auf und fand sich in einem weitläufigen, runden Raum wieder, der als Lager für Feuerholz genutzt wurde und in dem Schinkenseiten und Kräuterbündel von den Deckenbalken herabhingen. Eine Treppe wand sich bis zur Hälfte der Wand hinauf, und der Priester stieg, ohne auf den Empfang durch einen Bediensteten zu warten, ins obere Stockwerk, das rauchgeschwängert war vom Kamin. Auf den alten Dielenbrettern lagen fadenscheinige Teppiche; auf zwei Holzkisten brannten Kerzen, denn obwohl es Tag war, hatte man die Fenster mit Decken gegen die zugluft verhängt. Auf einem Tisch lagen zwei Bücher und einige Pergamente neben einem Tintenfässchen, einem Bündel Schreibfedern, einem Messer und einem alten, verrosteten Brustpanzer, der als Schale für drei runzlige Äpfel diente. Ein Stuhl stand neben dem Tisch, der Comte de Mouthoumet aber, der Herr dieses einsamen Turmes, lag in einem Bett dicht bei dem schwelenden Feuer. Ein grauhaariger Priester saß bei ihm, und zwei ältere Frauen knieten am Fußende. «Geht», befahl der Priester den dreien. Die beiden Männer in Kettenrüstung kamen hinter ihm die Treppe herauf und erfüllten den Raum mit unheilvoller Stimmung.
«Wer seid Ihr?», fragte der grauhaarige Priester beunruhigt.
«Ich habe gesagt, Ihr sollt gehen, also geht!»
«Er liegt im Sterben!»
«Geht!»
Der alte Priester, der ein Skapulier um den Hals trug, unterbrach das Sterbesakrament und folgte den beiden Frauen die Treppe hinunter. Der sterbende Mann musterte die Neuankömmlinge, sagte jedoch nichts. Sein Haar war lang und weiß, sein Bart nicht geschnitten, und seine Augen waren tief in die Augenhöhlen eingesunken. Er sah, wie der Priester den Falken auf dem Tisch absetzte.
Die Klauen des Vogels kratzten über das Holz. «Das ist eine Calade», erklärte der Priester.
«Eine Calade?», fragte der Comte sehr leise. Er starrte die schiefergrauen Federn des Vogels an und seine hell gestreifte Brust. «Es ist zu spät für eine Calade.»
«Ihr müsst den Glauben haben», sagte der Priester.
«Ich habe über achtzig Jahre gelebt», sagte der Comte, «und habe nun mehr Glauben als Zeit.»
«Dafür reicht Eure zeit noch», sagte der Priester grimmig. Die beiden Männer mit den Kettenhemden standen schweigend oben an der Treppe. Die Calade machte ein maunzendes Geräusch, doch auf ein Fingerschnippen des Priesters wurde der Vogel mit der Kopfhaube still. «Habt Ihr die Sterbesakramente erhalten?», fragte der Priester.
«Vater Jacques wollte sie mir gerade spenden», sagte der Sterbende.
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Er war spät angekommen.
Inzwischen war es dunkel, und er hatte keine Laterne, aber die Brände in der Stadt loderten so grell, dass ihr Licht bis weit in die Kirche drang und sogar noch einen Schimmer auf die Steinplatten in der Krypta warf, wo der Mann mit einer eisernen Brechstange auf eine Steinplatte losging, in die ein Wappen eingemeißelt war. Es zeigte einen Pokal, um den ein Schnallengürtel lief, der die Inschrift CalixMeus Inebrians trug. Gemeißelte Sonnenstrahlen ließen es aussehen, als stiege Licht aus dem Pokal auf. Das eingemeißelte Bild und die Schrift waren im Laufe der Zeiten abgetreten worden und wirkten etwas verschwommen, und der Mann hatte sie kaum wahrgenommen, doch was er wahrnahm, waren die Schreie aus den Gassen rund um die kleine Kirche. Es war eine Nacht des Feuers und des Leidens, und die Schreie waren so laut, dass sie den Lärm überdeckten, mit dem er eine Spalte zwischen den Steinplatten vertiefte. Er rammte die Eisenstange abwärts, dann erstarrte er, weil durch die Kirche über ihm Gelächter und Schritte hallten. Er zog sich gerade noch rechtzeitig in einen Bogengang zurück, bevor zwei Männer in die Krypta herunterkamen. Sie hatten eine Fackel bei sich, die das langgestreckte Gewölbe ausleuchtete und ihnen zeigte, dass es hier keine leichte Beute zu holen gab. Der Altar der Krypta bestand aus einfachen Steinplatten, und sein einziger Schmuck war ein Holzkreuz, nicht einmal ein Kerzenhalter stand darauf. Einer der Männer sagte etwas in einer fremden Sprache, der andere lachte, und beide gingen wieder hinauf ins Kirchenschiff, dessen Wandmalereien und entweihte Altäre von den Bränden in den Straßen beleuchtet wurden.
Der Mann mit der Eisenstange war in einen langen, schwarzen Kapuzenumhang gehüllt. Unter der schweren Kutte trug er ein weißes Gewand mit Schmutzstreifen, das in der Mitte von einer dreifach geknoteten Kordel zusammengehalten wurde. Er war ein Predigermönch, ein Dominikaner, doch das bedeutete in dieser Nacht keinen Schutz vor der Armee, die Carcassonne verwüstete. Er war groß und kräftig, und bevor er das Ordensgelübde abgelegt hatte, war er Waffenknecht gewesen. Er hatte eine Lanze zu schleudern gewusst, ein Schwert zu schwingen und mit der Axt zu töten. Sein Name hatte Sire Ferdinand de Rodez gelautet, doch nun war er einfach Fra Ferdinand. Einst hatte er Rüstung und Kettenhemd getragen, Turniere bestritten und in der Schlacht Menschen niedergemetzelt, doch nun war er seit fünfzehn Jahren Mönch und hatte jeden Tag um Vergebung für seine Sünden gebetet. Er war nun alt, beinahe schon sechzig Jahre, doch noch immer breit in den Schultern. Er war zu Fuß in diese Stadt gekommen. Der Regen hatte seine Reise behindert, Flüsse waren über die Ufer getreten und Furten unpassierbar geworden, und deshalb war er so spät angekommen. Er war spät angekommen, und er war müde. Er rammte die Brechstange unter die Steinplatte mit den Einmeißelungen und lehnte sich erneut darauf, während er zugleich fürchtete, dass sich das Eisen verbiegen könnte, bevor der Stein nachgab, doch dann stieg plötzlich ein hohles, kratzendes Geräusch auf, der Granit hob sich, rutschte ein Stückchen zur Seite und gab eine schmale Lücke zu dem Hohlraum darunter frei.
Der Hohlraum war dunkel, denn die Flammen des Teufels, die in der Stadt wüteten, reichten nicht bis in das Grab, und so kniete sich der Mönch neben das dunkle Loch und tastete darin herum. Er fühlte Holz, also rammte er die Brechstange erneut in das Loch. Ein Hieb, zwei Hiebe, und das Holz splitterte. Er betete, dass kein Bleisarg in dem Holzsarg stand, und rammte die Brechstange ein letztes Mal abwärts, dann griff er in das Loch und zog gesplittertes Holz heraus.
Es gab keinen Bleisarg. Seine Fingerspitzen glitten über Stoff, der unter seiner Berührung zerfiel. Dann spürte er Knochen, erkundete eine ausgetrocknete Augenhöhle, lockere zähne und den Bogen einer Rippe. Er legte sich auf den Bauch, sodass er seinen Arm tiefer hinabstrecken konnte, tastete in der Schwärze des Grabes umher und entdeckte bald etwas Festes, das kein Knochen war. Aber es war nicht das, wonach er suchte; es hatte die falsche Form. Es war ein Kruzifix. Plötzlich wurden in der Kirche über ihm Stimmen laut. Ein Mann lachte, und eine Frau schluchzte. Der Mönch lag bewegungslos da, lauschend und betend. Verzweiflung überkam ihn bei dem Gedanken, dass der Gegenstand, den er suchte, nicht in dem Grab sein könnte, doch dann streckte er seinen Arm noch einmal so weit wie möglich in die Tiefe, und seine Fingerspitzen berührten etwas, das in zarten Stoff gewickelt war, der nicht zerfiel. Er tastete blind umher, erwischte ein Stück des Stoffs und zog daran. Ein Gegenstand war in den zarten Stoff gewickelt, ein schwerer Gegenstand, und er zog ihn behutsam näher, dann bekam er ihn schließlich richtig zu fassen und zog ihn aus dem Griff der Knochenhände, die den Gegenstand gehalten hatten. Er zog den Gegenstand aus dem Grab und stand auf. Er musste ihn nicht auswickeln. Er wusste, dass er La Malice gefunden hatte, und zum Dank drehte er sich zu dem schlichten Altar auf der Ostseite der Krypta um und bekreuzigte sich. «Danke, Herr», murmelte er, «danke, Sankt Petrus, und danke, Sankt Junien. Jetzt müsst ihr mich beschützen.»
Und himmlischen Schutz würde der Mönch auch notwendig haben. Einen Moment dachte er daran, sich in der Krypta zu verstecken, bis die Armee, die in Carcassonne eingefallen war, wieder abzog, doch das konnte Tage dauern, und davon abgesehen würden die Soldaten, nachdem sie sich die leichte Beute geholt hatten, auch die Gräber in der Krypta aufbrechen und nach Ringen, Kruzifixen und allem anderen suchen, das sich verkaufen ließ. Die Krypta hatte La Malice einhundertfünfzig Jahre lang Zuflucht geboten, aber der Mönch wusste, dass sie ihm selbst höchstens ein paar Stunden lang Sicherheit bieten konnte.
Fra Ferdinand ließ die Brechstange liegen und ging die Treppe hinauf. La Malice war so lang wie sein Arm und überraschend schwer. Die Waffe hatte einst einen Griff gehabt, doch nun war nur noch die dünne, metallene Angel übrig, und an diesem groben Heft hielt er das Schwert. Immer noch war es in den zarten Stoff gehüllt, den er für Seide hielt.
Das Kirchenschiff war von den lodernden Flammen erhellt, die aus den Häusern auf dem kleinen Platz davor schlugen. Es waren drei Männer in der Kirche, und einer rief der Gestalt im dunklen Umhang, die auf der Treppe zur Krypta auftauchte, herausfordernd und mit vorgerecktem Kinn etwas zu. Die drei waren Bogenschützen, ihre langen Bogenstäbe lehnten am Altar, und im Grunde interessierten sie sich nicht für den Fremden, sondern ausschließlich für die Frau, die sie mit gespreizten Beinen auf die Altartreppe gedrückt hatten. Einen Augenblick lang war Fra Ferdinand versucht, die Frau zu retten, doch dann kamen durch eine Seitentür vier oder fünf weitere Männer herein und brüllten begeistert auf, als sie den nackten Körper auf den Stufen sahen. Sie hatten ein weiteres Mädchen mitgebracht, ein Mädchen, das schrie und kämpfte, und der Mönch erschauerte bei den verzweifelten Rufen. Er hörte, wie die Kleidung der jungen Frau zerriss, hörte ihr Jammern, und er dachte an all seine eigenen Sünden. Er bekreuzigte sich. «Vergib mir, Herr Jesus», flüsterte er und trat, weil er doch nicht helfen konnte, durch die Kirchentür auf den kleinen Vorplatz. Flammen fraßen sich in lodernd brennende Strohdächer und schossen wilde Funkengarben in den Wind. Rauch quoll über der Stadt empor. Ein Soldat mit dem roten Sankt-Georgs-Kreuz auf dem Wappenrock übergab sich auf der Kirchentreppe, und ein Hund lief herbei, um das Erbrochene aufzulecken. Der Mönch wandte sich Richtung Fluss, weil er hoffte, über die Brücke und schließlich in die Cité zu gelangen. Hinter den Doppelmauern, Türmen und zinnen von Carcassonne hoffte er Schutz zu finden, denn er bezweifelte, dass diese wilde Armee die Geduld für eine Belagerung aufbringen konnte. zwar hatten sie die Bourg erobert, das Handelsviertel auf dem Westufer des Flusses, aber dieses Viertel hatte noch nie verteidigt werden können. Die meisten Werkstätten der Stadt lagen in der Bourg, dort waren die Lederhändler, die Silber- und Waffenschmiede und Geflügelverkäufer und Kleidungshändler, und deren Besitztümer wurden nur von einem ringförmigen Erdwall geschützt, und die Armee war wie eine Flut über diese kümmerliche Befestigung hinweggegangen. Die Cité von Carcassonne dagegen war eine Festung, eine der gewaltigsten in Frankreich, eine Bastion, die von enormen Steintürmen und hoch aufragenden Mauern umgeben war. Dort wäre er sicher. Er würde ein Versteck für La Malice finden und abwarten, bis es eine Möglichkeit gab, die Waffe an ihren Besitzer zurückzugeben.
Im Schutz der Dunkelheit betrat er eine Straße, in der keine Brände gelegt worden waren. Männer brachen in Häuser ein, sie benutzten Hämmer und Äxte, um die Holztüren einzuschlagen. Die meisten Bewohner waren in die Cité geflohen, doch einige wenige Narren waren geblieben, weil sie hofften, ihren Besitz verteidigen zu können. Die Armee war so unvermittelt aufgetaucht, dass keine Zeit gewesen war, alles Wertvolle über die Brücke und hinauf zu den riesigen Stadttoren zu bringen, von denen die mächtige zitadelle auf dem Hügel geschützt wurde. zwei Tote lagen im Rinnstein, der in der Mitte der Straße verlief. Sie trugen das Wappen von Armagnac mit den vier Löwen. Es waren Armbrustschützen, die bei der aussichtslosen Verteidigung der Bourg getötet worden waren.
Fra Ferdinand kannte die Stadt nicht. Er suchte nach einem versteckten Weg zum Fluss, ging durch dunkle Gassen und enge Durchlässe. Gott, dachte er, war bei ihm, denn er begegnete keinem Feind, als er ostwärts hastete, doch dann kam er zu einer breiteren Straße, die von Bränden erleuchtet war, und er sah die lange Brücke und dahinter, hoch auf dem Hügel, die vom Feuer angestrahlten Mauern der Cité. Die Mauersteine leuchteten rot im Abglanz der in der Bourg lodernden Flammen. Die Mauern der Hölle, dachte der Mönch, und dann nahm Rauch ihm den Blick auf die Mauern, jedoch nicht auf die Brücke, deren westliches Ende von Bogenschützen bewacht wurde. Englische Bogenschützen mit dem roten Kreuz auf ihren Wappenröcken und ihren tödlichen Bögen. zwei Reiter mit Kettenrüstungen und Helmen waren bei ihnen.
Unmöglich, über die Brücke zu kommen, dachte er. Unmöglich, in die Sicherheit der Cité zu gelangen. Er kauerte sich nieder, dachte nach, und dann schlich er zurück in das Gassengewirr. Er würde nach Norden gehen.
Er musste eine Hauptstraße überqueren, die von neu gelegten Feuern erhellt war. Eine Kette, eine der vielen, die über die Straßen gespannt worden waren, um die Eindringlinge aufzuhalten, lag im Rinnstein, wo eine Katze aus einer Blutlache trank. Fra Ferdinand eilte im Laufschritt durch das Licht des Feuers, tauchte in die nächste Gasse ein und lief weiter. Gott war immer noch bei ihm. Die Sterne wurden von funkendurchwirbeltem Rauch verdeckt. Er überquerte einen Platz, geriet in eine Sackgasse, ging zurück und wandte sich wieder nach Norden. Eine Kuh brüllte in einem brennenden Gebäude, ein Hund, der etwas Schwarzes, Tropfendes im Maul hielt, kreuzte seinen Weg. Er kam an einer Gerberwerkstatt vorbei, sprang über die Tierhäute, die übers Straßenpflaster verstreut lagen, und dann hatte er den Erdwall vor sich, die einzige Verteidigungsanlage der Bourg, er stieg hinauf, und dann hörte er einen Ruf, drehte sich um und sah, dass er von drei Männern verfolgt wurde.
«Wer bist du?», rief einer.
«Halt!», brüllte ein anderer.
Der Mönch beachtete sie nicht. Er hastete den Abhang hinunter und wandte sich zu der dunklen Landschaft, die jenseits des Erdwalls und der dahinter errichteten Ansammlung von Hütten lag. Ein Pfeil zischte an ihm vorbei, verfehlte ihn durch die Gnade Gottes um einen Fingerbreit, und er wich seitlich in einen Durchgang zwischen zweien der kleinen Häuser aus. Ein stinkender Misthaufen erhob sich dort. Er rannte vorbei und sah, dass der Durchgang an einer Mauer endete, und als er sich umdrehte, hatten ihm die drei Männer den Weg abgeschnitten. Sie grinsten triumphierend.
«Was hast du bei dir?», fragte einer von ihnen.
«Je suis Gascon», sagte Fra Ferdinand. Er wusste, dass die Eindringlinge Gascogner und Engländer waren, und er sprach kein Englisch. «Je suis Gascon!», wiederholte er, während er auf die Männer zuging.
«Ein Predigermönch», sagte einer der Männer.
«Aber warum ist der gottverdammte Bastard vor uns weggelaufen?», fragte einer der Engländer. «Du hast was zu verbergen, stimmt's?»
«Hergeben», sagte der dritte Mann und streckte die Hand aus. Er war der Einzige, der einen Pfeil bereithielt, die anderen hatten ihre Bögen über die Schulter gehängt und Schwerter in der Hand. «Komm schon, Arschgesicht, gib's mir.» Der Mann wollte nach La Malice greifen.
Die drei Männer waren halb so alt wie der Mönch, und weil sie Bogenschützen waren, vermutlich doppelt so stark, aber Fra Ferdinand war ein fähiger Waffenknecht gewesen und hatte seine Schwertkunst nie verlernt. Und er war wütend. Wütend über all das Leid, das er gesehen, und die Grausamkeiten, von denen er gehört hatte, und diese Wut machte ihn wild. «Im Namen Gottes», sagte er und schwang La Malice aufwärts. Das Schwert war immer noch in die Seide gewickelt, aber seine Klinge schnitt tief ins Handgelenk des Bogenschützen, durchtrennte die Sehnen und brach Knochen. Fra Ferdinand hielt die Waffe an der Angel, wodurch sein Griff unsicher war, aber das Schwert schien mit einem Mal lebendig geworden. Der Verwundete zog sich blutend zurück, doch seine Gefährten brüllten vor Zorn und stießen ihre Klingen vorwärts, also ließ der Mönch das Schwert vorschnellen und parierte beide Hiebe mit einem einzigen Schwung. La Malice, obwohl sie über hundertfünfzig Jahre in einem Grab gelegen hatte, erwies sich als so scharf wie eine frischgewetzte Klinge, und ihre Vorderkante bohrte sich durch das gepolsterte Kettenhemd des nächsten Mannes, brach seine Rippen und riss einen Lungenflügel auf, und bevor der Mann noch wusste, dass er verletzt war, hatte Fra Ferdinand die Klinge seitwärts geschwungen und dem dritten Mann die Augen ausgestochen, sodass helles Blut durch die Gasse sprühte, und nun zogen sich alle drei Männer zurück, doch der Predigermönch gab ihnen keine Gelegenheit, zu entkommen. Der blinde Mann taumelte rücklings auf den Dunghaufen, sein Begleiter ließ sein Schwert verzweifelt durch die Luft rasen, La Malice traf es, und das englische Schwert zerbrach, und der Mönch schnellte mit der seidenumhüllten Klinge vor, schnitt dem Mann die Kehle durch, und das Blut spritzte ihm ins Gesicht. Wie warm dieses Blut ist, dachte er und, Gott vergib mir. Ein Vogel schrie in der Dunkelheit, und die Flammen tosten in der Bourg.
Er tötete alle drei Bogenschützen, dann benutzte er die Seide, um die Klinge von La Malice abzuwischen. Er überlegte, ob er ein kurzes Gebet für die Männer sprechen sollte, die er gerade umgebracht hatte, fand dann aber, dass er den Himmel nicht mit solchen Rohlingen teilen wollte. Stattdessen küsste er La Malice, und anschließend durchsuchte er die drei Toten und fand ein paar Münzen, einen Brocken Käse, vier Bogensehnen und ein Messer.
Die Stadt Carcassonne brannte und erfüllte die Winternacht mit Rauch.
Und der Predigermönch ging nach Norden. Er ging nach Hause, nach Hause zu dem Turm.
Seine Bürde waren La Malice und das Schicksal der Christenheit.
Und er verschwand in der Finsternis.
Die Männer kamen vier Tage nach der Plünderung Carcassonnes zu dem Turm.
Es waren sechzehn, alle waren in gute, dicke Wollumhänge gehüllt, und alle saßen auf guten Pferden. Fünfzehn der Männer trugen Kettenrüstungen und Schwerter, während der sechzehnte Reiter ein Priester war, auf dessen Handgelenk ein Falke mit einer Haube saß.
Ein heftiger Wind fuhr den Bergpass herunter, zerzauste das Federkleid des Falken, rüttelte an den Kiefern und wehte den Rauch von den kleinen Hütten des Dorfes hinter dem Turm weg. Es war kalt. In diesem Teil Frankreichs schneite es selten, aber der Priester, der unter der schwarzen Kapuze seines Umhangs herausspähte, glaubte, ein paar Flocken im Wind zu sehen.
Um den Turm lagen eingestürzte Mauern, von der früheren Festung waren nur der Turm geblieben und ein niedriges Gebäude mit Strohdach, in dem vermutlich die Bediensteten wohnten. Hühner scharrten im Dreck, eine angepflockte Geiß starrte die Pferde an, wogegen eine Katze die Neuankömmlinge nicht beachtete. Was einst eine schöne kleine Festung gewesen war, von der aus die Straße zu den Bergen überwacht wurde, hatte sich in ein Bauerngehöft verwandelt, wenn der Priester auch zur Kenntnis nahm, dass sich der Turm noch in gutem zustand befand und das Dorf hinter der alten Feste recht wohlhabend wirkte.
Ein Mann eilte von dem strohgedeckten Gebäude heran und verbeugte sich tief vor den Reitern. Er verbeugte sich, nicht weil er sie erkannte, sondern weil Männer mit Schwertern Respekt verlangen. «Ihr Herren?», fragte der Mann ängstlich.
«Stell die Pferde unter», forderte der Priester.
«Aber zuerst führst du sie herum, damit sie sich abkühlen », fügte einer der Männer in Kettenrüstung hinzu, «du führst sie herum, reibst sie ab und lässt sie nicht zu viel grasen.»
«Herr», sagte der Mann und verbeugte sich erneut.
«Ist das Mouthoumet?», fragte der Priester beim Absteigen.
«Ja, Vater.»
«Und du dienst dem Sire de Mouthoumet?», fragte der Priester.
«Dem Comte de Mouthoumet, ja, Herr.»
«Ist er noch am Leben?»
«Lob sei dem Herrn, Vater, er lebt.»
«Lob sei dem Herrn, wahrhaftig», sagte der Priester nachlässig, dann ging er mit großen Schritten zu der Tür des Turmes, die sich am Ende eines kurzen, gemauerten Treppenaufgangs befand. Er rief zwei der Männer in Kettenrüstung zu seiner Begleitung, befahl den anderen, im Hof zu warten, schob die Tür auf und fand sich in einem weitläufigen, runden Raum wieder, der als Lager für Feuerholz genutzt wurde und in dem Schinkenseiten und Kräuterbündel von den Deckenbalken herabhingen. Eine Treppe wand sich bis zur Hälfte der Wand hinauf, und der Priester stieg, ohne auf den Empfang durch einen Bediensteten zu warten, ins obere Stockwerk, das rauchgeschwängert war vom Kamin. Auf den alten Dielenbrettern lagen fadenscheinige Teppiche; auf zwei Holzkisten brannten Kerzen, denn obwohl es Tag war, hatte man die Fenster mit Decken gegen die zugluft verhängt. Auf einem Tisch lagen zwei Bücher und einige Pergamente neben einem Tintenfässchen, einem Bündel Schreibfedern, einem Messer und einem alten, verrosteten Brustpanzer, der als Schale für drei runzlige Äpfel diente. Ein Stuhl stand neben dem Tisch, der Comte de Mouthoumet aber, der Herr dieses einsamen Turmes, lag in einem Bett dicht bei dem schwelenden Feuer. Ein grauhaariger Priester saß bei ihm, und zwei ältere Frauen knieten am Fußende. «Geht», befahl der Priester den dreien. Die beiden Männer in Kettenrüstung kamen hinter ihm die Treppe herauf und erfüllten den Raum mit unheilvoller Stimmung.
«Wer seid Ihr?», fragte der grauhaarige Priester beunruhigt.
«Ich habe gesagt, Ihr sollt gehen, also geht!»
«Er liegt im Sterben!»
«Geht!»
Der alte Priester, der ein Skapulier um den Hals trug, unterbrach das Sterbesakrament und folgte den beiden Frauen die Treppe hinunter. Der sterbende Mann musterte die Neuankömmlinge, sagte jedoch nichts. Sein Haar war lang und weiß, sein Bart nicht geschnitten, und seine Augen waren tief in die Augenhöhlen eingesunken. Er sah, wie der Priester den Falken auf dem Tisch absetzte.
Die Klauen des Vogels kratzten über das Holz. «Das ist eine Calade», erklärte der Priester.
«Eine Calade?», fragte der Comte sehr leise. Er starrte die schiefergrauen Federn des Vogels an und seine hell gestreifte Brust. «Es ist zu spät für eine Calade.»
«Ihr müsst den Glauben haben», sagte der Priester.
«Ich habe über achtzig Jahre gelebt», sagte der Comte, «und habe nun mehr Glauben als Zeit.»
«Dafür reicht Eure zeit noch», sagte der Priester grimmig. Die beiden Männer mit den Kettenhemden standen schweigend oben an der Treppe. Die Calade machte ein maunzendes Geräusch, doch auf ein Fingerschnippen des Priesters wurde der Vogel mit der Kopfhaube still. «Habt Ihr die Sterbesakramente erhalten?», fragte der Priester.
«Vater Jacques wollte sie mir gerade spenden», sagte der Sterbende.
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Autoren-Porträt von Bernard Cornwell
Bernard Cornwell, geb. 1944 in London und in Wessex aufgewachsen, arbeitete lange Jahre erfolgreich als Reporter für das BBC-Fernsehen. 1980 folgte er seiner amerikanischen Frau nach Cape Cod, wo er bis heute lebt und schreibt. In den USA und England feierte Cornwell bereits Triumphe mit einer Romanserie über die napoleonischen Kriege. In Deutschland wurde er bekannt durch seine Artus-Trilogie.
Bibliographische Angaben
- Autor: Bernard Cornwell
- 2014, 1, 573 Seiten, Maße: 13,7 x 21 cm, Geb. mit Su., Deutsch
- ISBN-10:
- ISBN-13: 4250968803458
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