Achtung: Räuber gesucht!
Auf die Räuber, fertig, los!
Die kleine Insel Ignazien ist in hellem Aufruhr: Wachtmeister Rabenhorst ist krank! Seit Jahren gab es keinen Räuber mehr zu fangen wen wundert es also, dass der Wachtmeister sich nutzlos und schwermütig fühlt? So geht das...
Die kleine Insel Ignazien ist in hellem Aufruhr: Wachtmeister Rabenhorst ist krank! Seit Jahren gab es keinen Räuber mehr zu fangen wen wundert es also, dass der Wachtmeister sich nutzlos und schwermütig fühlt? So geht das...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Achtung: Räuber gesucht! “
Auf die Räuber, fertig, los!
Die kleine Insel Ignazien ist in hellem Aufruhr: Wachtmeister Rabenhorst ist krank! Seit Jahren gab es keinen Räuber mehr zu fangen wen wundert es also, dass der Wachtmeister sich nutzlos und schwermütig fühlt? So geht das nicht weiter , denkt sich Finn, jemand muss etwas unternehmen! Und so macht er sich auf die Suche nach einem Räuber für den Wachtmeister. Dass das aber leichter gesagt als getan ist und noch dazu ziemlich gefährlich, versteht sich von selbst
Die kleine Insel Ignazien ist in hellem Aufruhr: Wachtmeister Rabenhorst ist krank! Seit Jahren gab es keinen Räuber mehr zu fangen wen wundert es also, dass der Wachtmeister sich nutzlos und schwermütig fühlt? So geht das nicht weiter , denkt sich Finn, jemand muss etwas unternehmen! Und so macht er sich auf die Suche nach einem Räuber für den Wachtmeister. Dass das aber leichter gesagt als getan ist und noch dazu ziemlich gefährlich, versteht sich von selbst
Klappentext zu „Achtung: Räuber gesucht! “
Auf die Räuber, fertig, los!Die kleine Insel Ignazien ist in hellem Aufruhr: Wachtmeister Rabenhorst ist krank! Seit Jahren gab es keinen Räuber mehr zu fangen - wen wundert es also, dass der Wachtmeister sich nutzlos und schwermütig fühlt? "So geht das nicht weiter", denkt sich Finn, "jemand muss etwas unternehmen!" Und so macht er sich auf die Suche nach einem Räuber für den Wachtmeister. Dass das aber leichter gesagt als getan ist und noch dazu ziemlich gefährlich, versteht sich von selbst ...
Lese-Probe zu „Achtung: Räuber gesucht! “
Achtung: Räuber gesucht! von Udo WeigeltEine königliche Audienz
An diesem Tag erschien wie gewöhnlich der Leibarzt des Königs, Doktor Janus, früh am Morgen im Schloss. Der Doktor, dessen Bart genauso lang und dürr wie er selber war, tat das jeden Tag, außer sonntags, wenn er frei hatte. Er erkundigte sich bei König Ignaz, wie es ihm gehe, und bekam jedes Mal eine königliche Praline überreicht: König Ignaz war zwar klein und geradezu ungeheuer dick, aber er war auch immer gesund. Die Pralinen schmeckten stets anders, mal nach Ananas, mal nach Orange oder Kokos oder Pfefferminz. Manchmal auch nach Ingwer, was der Doktor gar nicht mochte. Es war immer eine Überraschung und ein bisschen wie ein Glücksspiel. Nachdem er seine Praline bekommen hatte, durfte der Doktor wieder gehen, wenn die beiden nicht noch zusammen ein Schwätzchen über das Wetter hielten oder über die bevorstehende Ernte oder darüber, was der Fluss Neues angespült hatte, der Ignazien - denn so hieß die Insel, über die König Ignaz regierte - umgab.
... mehr
An diesem Morgen sah Doktor Janus allerdings sehr besorgt aus. »Majestät«, sagte er zum König, als dieser ihm gerade die gewohnte Praline überreichen wollte, »Majestät, ich habe eine schlechte Nachricht für Euch.« »Eine schlechte Nachricht? Oioioi ...«, ächzte der König und steckte die Praline automatisch wieder ein. Schlechte Nachrichten machten ihn schrecklich nervös. »Und, mein lieber Doktor, worum handelt es sich? Ist es eine königliche Nachricht? Muss ich sie wirklich wissen? Es geht wohl gar nicht anders?« »Leider, Majestät, ich bedaure«, sagte der Doktor. »Sie betrifft die Sicherheit unseres Landes!« »Oioioi«, ächzte König Ignaz wieder. »Die Sicherheit unseres Landes? Dann ist es wirklich eine königliche Nachricht. Ich werde sie auf meinem Thron entgegennehmen. Das gehört sich wohl so.«
Der königliche Leibarzt ging hinter dem König, der die ganze Zeit seufzte und immer wieder »Oioioi« murmelte, in den Thronsaal. Dort setzte sich König Ignaz auf seinen Thron und hielt sich an den Armlehnen fest. »Nun denn, mein lieber Doktor Janus, was haben Sie zu sagen?« »Ich muss Euch leider mitteilen, dass unser verehrter Herr Wachtmeister Rabenhorst erkrankt ist, Majestät«, sagte der Doktor.
»Erkrankt? Ha! Das fällt nicht in mein Gebiet, sondern in Ihres, lieber Herr Doktor. Heilen Sie ihn, und die Krise ist vorbei.« Erleichtert wollte König Ignaz von seinem Thron hinabsteigen. »Majestät, ich kann den Wachtmeister nicht heilen. Das könnt nur Ihr«, sagte Doktor Janus sorgenvoll. »Ich? Aber von Ihrer Kunst verstehe ich nun wirklich nichts! Ich bin doch König und kein Arzt! Ziehen Sie doch einen anderen Doktor zu Rate, wenn Sie nicht herausbekommen können, was unserem werten Wachtmeister fehlt. So, das war ein wirklich königlicher Ratschlag. Ich bin ganz erschöpft.« Schwer ließ sich König Ignaz in seinen Thron zurückfallen. »Aber ich weiß doch, was ihm fehlt, Majestät«, sagte der Doktor. »Und nur Ihr könnt dafür sorgen, dass er wieder gesund wird.« Der König seufzte bekümmert. »Also gut. Dann sagen Sie mir, was ich für unseren Wachtmeister tun kann, damit er wieder gesund und unser aller Sicherheit wiederhergestellt wird.« »Tja, Majestät ... das ist leider gar nicht so einfach.« Der Doktor kratzte sich am Kopf. »Aber kurz und gut, es geht darum, dass ihm etwas Wichtiges fehlt.« »Ist das nicht meist so, wenn man krank ist?«, fragte König Ignaz verwirrt.
»Sicher, Majestät. Aber in diesem Falle fehlt etwas ganz Besonderes - nämlich ein Räuber.« »Ein Räuber?«, fragte der König überrascht. »Das wird ja immer undurchschaubarer! Wie kann denn dem Wachtmeister ein Räuber fehlen? Ist einer geflohen? Ich wusste nicht einmal, dass ein Räuber in unserem Gefängnis sitzt.« »Natürlich sitzt kein Räuber in unserem Gefängnis«, sagte Doktor Janus geduldig. »Auf unserer Insel hat es noch nie einen Räuber gegeben, wenn Ihr Euch erinnern wollt, Majestät.« »Ja aber - wie kann denn etwas fehlen, das noch nie da gewesen ist?«, rief König Ignaz verzweifelt. »Zumal ein Räuber - wozu brauchen wir denn einen Räuber?« »Die Sache ist die«, sagte der Doktor bedächtig, »unser Wachtmeister Rabenhorst tut zwar nun schon viele Jahre treu und brav seinen Dienst. Aber eigentlich muss man zugeben, dass er recht wenig zu tun hat. Oder, wenn man ganz ehrlich ist: überhaupt nichts. Es ist noch nie irgendetwas geschehen, bei dem er hätte eingreifen müssen.« Dazu muss man wissen, dass das Reich des Königs Ignaz nur aus einer einzigen Insel bestand, die mitten in einem breiten Fluss lag. Auf dieser Insel lebten nicht mehr Menschen, als Kinder in einer Schulklasse sind. Und wirklich war noch nie etwas geschehen, wofür ein Polizist notwendig gewesen wäre. Wachtmeister Rabenhorst machte morgens und abends je einen Spaziergang um die Insel - was nie lange dauerte - und saß ansonsten auf der Bank vor seiner Polizeistation oder angelte am Flussufer. »Ja aber dann ist doch alles wunderbar!«, rief König Ignaz und wollte erleichtert aufstehen. »Soll der gute Mann sich doch freuen, dass alles so friedlich ist und er nichts zu tun hat! Ich gönne ihm das wirklich.« »Zweifellos freut er sich darüber«, sagte Doktor Janus. »Aber man kann vielleicht auch verstehen, dass er sich da ein wenig überflüssig fühlt.« »Ein königlicher Wachtmeister, der sich überflüssig fühlt?«, überlegte der König. »Nun - ja. Stellt Euch vor, Majestät, das ist ungefähr das Gleiche, als wenn Ihr zwar König wäret, aber kein Königreich hättet.« »Was?«, rief König Ignaz empört. »Das ist unvorstellbar! Unerträglich. Unköniglich! Schon der Gedanke macht einen ja ganz krank.« »Richtig. Und deshalb brauchen wir für unseren Wachtmeister einen Räuber, den er jagen und fangen kann, Majestät.« »Oioioi«, ächzte König Ignaz. »Einen Räuber? Auf unserer Insel? Aber dann wäre doch gar nichts mehr sicher!« »Dafür ist die Polizei ja da, Majestät.« »Ach richtig. Das hatte ich für einen Moment vergessen.« »Seht Ihr, Hoheit? Im Grunde denkt Ihr auch kaum an den Wachtmeister Rabenhorst. Da ist es doch nicht so verwunderlich, dass er sich überflüssig fühlt und krank wird.« »Da haben Sie wohl recht, lieber Doktor«, grübelte der König. Hätte er einen Bart gehabt, hätte er ihn nun nachdenklich zwirbeln können. Doch da er keinen hatte, nahm er einfach den des Doktors. »Aber was machen wir jetzt nur?«, fragte er nach einer Weile des Zwirbelns. »Wo bekommen wir einen Räuber her? Wir können schließlich keine Plakate anbringen, auf denen Räuber gesucht! steht. Das würde nur zu Missverständnissen führen. Und ich wüsste auch niemanden in meinem Königreich, der geeignet wäre, hier Räuber zu sein.« »Dann, Majestät, müssen wir einen Räuber zu uns einladen. Die Stelle ist ja sozusagen frei, denn es gibt hier noch keinen.« »Einladen? Das bedeutet, ich müsste einen meiner Untertanen damit beauftragen, einen Räuber zu finden und hierher zu bringen! Du gute Güte! Hat man je so etwas gehört? Ein König, der einen Räuber braucht, damit sein Wachtmeister wieder gesund wird? Was für eine Staatskrise! Nein, es ist viel mehr als das. Es ist die Krise aller Krisen! Ich kann mir wirklich und wahrhaftig keine größere Krise denken. Und wen sollte ich auf Räubersuche schicken? Es gibt nicht einen Untertan in meinem Königreich, den ich entbehren könnte oder wollte. Was bin ich für ein armer König!« König Ignaz war so blass geworden, dass sich der Doktor ernsthafte Sorgen um seine Gesundheit machte. Es war aber auch wirklich viel verlangt. Denn im Grunde hatte der König bisher nicht mehr zu tun gehabt als sein Wachtmeister. Nun aber sollte er unerwartet, von einem Moment zum nächsten und ohne jede Vorbereitung, eine solch schwierige Entscheidung treffen. Doch zeigte sich jetzt, dass König Ignaz nicht umsonst König war. Plötzlich richtete er sich auf seinem Thron auf und sagte entschlossen: »Ich muss mich zusammenreißen. Dies ist eine ernste Krise und ich bin der König. Ruhe ist die erste Königspflicht! « »Damit habt Ihr sicher recht, Majestät«, sagte Doktor Janus erwartungsvoll. »Ganz sicher habe ich recht damit«, erwiderte der König majestätisch. »Und deshalb werde ich erst einmal ein Nickerchen machen und die ganze Sache überschlafen.« Schon war er vom Thron heruntergestiegen und in seinem Schlafgemach verschwunden. »Oioioi«, hörte Doktor Janus ihn noch murmeln.
Der Stalljunge und die Prinzessin
Finn lebte als Stalljunge in den königlichen Ställen. Unter der Anleitung des Stallmeisters Robert (der zugleich der königliche Kutscher war) mistete er aus, fütterte die Pferde, striegelte sie und half, wenn sie neu beschlagen wurden. Meist schlief er sogar im Stall, vor allem bei Gewitter oder wenn eines der Tiere krank war. Immerhin acht Pferde gab es in den Stallungen: sechs große und eindrucksvolle Kutschpferde für den König, der einmal am Tag eine Kutschfahrt durch sein Königreich machte, und zwei elegante und schöne Reitpferde für die Tochter des Königs, Prinzessin Alicia. Wie jeder weiß, gibt es zwei Sorten von Prinzessinnen: die netten und die weniger netten. Prinzessin Alicia war eine dritte Sorte. Das heißt, sie war eigentlich im Grunde ihres Herzens schon nett, aber sie glaubte ganz fest, dass sie als Prinzessin nicht nett, sondern verwöhnt und spöttisch sein müsse. Finn war Prinzessin Alicias Lieblingsuntertan, denn er war der Einzige im Königreich, dem sie etwas befehlen konnte, und das tat sie für ihr Leben gern, sodass Finn es manchmal nicht sehr leicht hatte. Doch sonst konnte er nicht klagen. Er hatte noch genug Zeit für sich und zum Angeln, obwohl er auch noch bei Doktor Janus (der zugleich Lehrer war) in die Schule ging. War er krank, so gab der Doktor ihm eine Arznei, und Frau Stadelbichler, die Frau des einzigen Bauern im Königreich, pflegte ihn. Hatte er Hunger, ging er zum königlichen Koch (der zugleich auch Frisör war und Finn die Haare schnitt). Fühlte er sich allein, ging er zu seinem Freund Antonius Rabenhorst. Wollte er spielen, ging er zu Prinzessin Alicia. Es gab also eine Menge Menschen, die sich um Finn kümmerten. Das war auch nötig, denn eine richtige Familie hatte er nicht. Eines Tages hatte ihn Wachtmeister Rabenhorst am Flussufer gefunden. Finn war damals noch ein Baby gewesen, und er hatte in einem kleinen Körbchen gelegen. Weil Frau Stadelbichler sich gut mit Babys auskannte, nahm sie Finn kurzerhand bei sich auf. So hatte der Junge zwar keine richtigen Eltern, doch dafür waren eben alle Menschen im Königreich seine Familie, und er gehörte überall dazu. Natürlich hätte Finn manchmal gern gewusst, wer seine Eltern waren. Dann tröstete er sich damit, dass er das später schon noch herausfinden würde, und nur manchmal war er traurig. Das verriet er aber bloß den Pferden im Stall und ließ sich sonst nichts anmerken. Jedenfalls glaubte er das. In Wirklichkeit sahen die anderen, die ihn ja gernhatten, sehr schnell, wenn es ihm gerade nicht so gut ging. Wie in einer richtigen Familie passten alle aufeinander auf.
An jenem Tag, an dem Doktor Janus mit König Ignaz über Wachtmeister Rabenhorst sprach, hatten Alicia und Finn im königlichen Garten Schatzsucher gespielt. Dabei kamen sie auch am offenen Fenster des Thronsaals vorbei, gerade, als König Ignaz sagte: »Ein königlicher Wachtmeister, der sich überflüssig fühlt?« Die beiden belauschten das Gespräch bis zum Ende. Natürlich tat man so etwas nicht, weder als Prinzessin noch als Stalljunge. Aber zu ihrer Entschuldigung muss man sagen, dass die beiden Kinder ganz erschrocken waren. Prinzessin Alicia, weil ihr Vater so unglücklich war, und natürlich der großen Staatskrise wegen. Und Finn, weil es seinem Freund Rabenhorst nicht gut ging. Nach dem Gespräch zwischen König Ignaz und Doktor Janus sahen sich Alicia und Finn bekümmert an. »Das hat sich ziemlich schlimm angehört«, sagte Alicia. »Ganz schön schlimm, ja«, antwortete Finn nachdenklich. »Ich habe noch nie erlebt, dass Papa so unglücklich gewesen ist.« Alicia hatte echte Prinzessinnentränen in den Augen.
Copyright © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
An diesem Morgen sah Doktor Janus allerdings sehr besorgt aus. »Majestät«, sagte er zum König, als dieser ihm gerade die gewohnte Praline überreichen wollte, »Majestät, ich habe eine schlechte Nachricht für Euch.« »Eine schlechte Nachricht? Oioioi ...«, ächzte der König und steckte die Praline automatisch wieder ein. Schlechte Nachrichten machten ihn schrecklich nervös. »Und, mein lieber Doktor, worum handelt es sich? Ist es eine königliche Nachricht? Muss ich sie wirklich wissen? Es geht wohl gar nicht anders?« »Leider, Majestät, ich bedaure«, sagte der Doktor. »Sie betrifft die Sicherheit unseres Landes!« »Oioioi«, ächzte König Ignaz wieder. »Die Sicherheit unseres Landes? Dann ist es wirklich eine königliche Nachricht. Ich werde sie auf meinem Thron entgegennehmen. Das gehört sich wohl so.«
Der königliche Leibarzt ging hinter dem König, der die ganze Zeit seufzte und immer wieder »Oioioi« murmelte, in den Thronsaal. Dort setzte sich König Ignaz auf seinen Thron und hielt sich an den Armlehnen fest. »Nun denn, mein lieber Doktor Janus, was haben Sie zu sagen?« »Ich muss Euch leider mitteilen, dass unser verehrter Herr Wachtmeister Rabenhorst erkrankt ist, Majestät«, sagte der Doktor.
»Erkrankt? Ha! Das fällt nicht in mein Gebiet, sondern in Ihres, lieber Herr Doktor. Heilen Sie ihn, und die Krise ist vorbei.« Erleichtert wollte König Ignaz von seinem Thron hinabsteigen. »Majestät, ich kann den Wachtmeister nicht heilen. Das könnt nur Ihr«, sagte Doktor Janus sorgenvoll. »Ich? Aber von Ihrer Kunst verstehe ich nun wirklich nichts! Ich bin doch König und kein Arzt! Ziehen Sie doch einen anderen Doktor zu Rate, wenn Sie nicht herausbekommen können, was unserem werten Wachtmeister fehlt. So, das war ein wirklich königlicher Ratschlag. Ich bin ganz erschöpft.« Schwer ließ sich König Ignaz in seinen Thron zurückfallen. »Aber ich weiß doch, was ihm fehlt, Majestät«, sagte der Doktor. »Und nur Ihr könnt dafür sorgen, dass er wieder gesund wird.« Der König seufzte bekümmert. »Also gut. Dann sagen Sie mir, was ich für unseren Wachtmeister tun kann, damit er wieder gesund und unser aller Sicherheit wiederhergestellt wird.« »Tja, Majestät ... das ist leider gar nicht so einfach.« Der Doktor kratzte sich am Kopf. »Aber kurz und gut, es geht darum, dass ihm etwas Wichtiges fehlt.« »Ist das nicht meist so, wenn man krank ist?«, fragte König Ignaz verwirrt.
»Sicher, Majestät. Aber in diesem Falle fehlt etwas ganz Besonderes - nämlich ein Räuber.« »Ein Räuber?«, fragte der König überrascht. »Das wird ja immer undurchschaubarer! Wie kann denn dem Wachtmeister ein Räuber fehlen? Ist einer geflohen? Ich wusste nicht einmal, dass ein Räuber in unserem Gefängnis sitzt.« »Natürlich sitzt kein Räuber in unserem Gefängnis«, sagte Doktor Janus geduldig. »Auf unserer Insel hat es noch nie einen Räuber gegeben, wenn Ihr Euch erinnern wollt, Majestät.« »Ja aber - wie kann denn etwas fehlen, das noch nie da gewesen ist?«, rief König Ignaz verzweifelt. »Zumal ein Räuber - wozu brauchen wir denn einen Räuber?« »Die Sache ist die«, sagte der Doktor bedächtig, »unser Wachtmeister Rabenhorst tut zwar nun schon viele Jahre treu und brav seinen Dienst. Aber eigentlich muss man zugeben, dass er recht wenig zu tun hat. Oder, wenn man ganz ehrlich ist: überhaupt nichts. Es ist noch nie irgendetwas geschehen, bei dem er hätte eingreifen müssen.« Dazu muss man wissen, dass das Reich des Königs Ignaz nur aus einer einzigen Insel bestand, die mitten in einem breiten Fluss lag. Auf dieser Insel lebten nicht mehr Menschen, als Kinder in einer Schulklasse sind. Und wirklich war noch nie etwas geschehen, wofür ein Polizist notwendig gewesen wäre. Wachtmeister Rabenhorst machte morgens und abends je einen Spaziergang um die Insel - was nie lange dauerte - und saß ansonsten auf der Bank vor seiner Polizeistation oder angelte am Flussufer. »Ja aber dann ist doch alles wunderbar!«, rief König Ignaz und wollte erleichtert aufstehen. »Soll der gute Mann sich doch freuen, dass alles so friedlich ist und er nichts zu tun hat! Ich gönne ihm das wirklich.« »Zweifellos freut er sich darüber«, sagte Doktor Janus. »Aber man kann vielleicht auch verstehen, dass er sich da ein wenig überflüssig fühlt.« »Ein königlicher Wachtmeister, der sich überflüssig fühlt?«, überlegte der König. »Nun - ja. Stellt Euch vor, Majestät, das ist ungefähr das Gleiche, als wenn Ihr zwar König wäret, aber kein Königreich hättet.« »Was?«, rief König Ignaz empört. »Das ist unvorstellbar! Unerträglich. Unköniglich! Schon der Gedanke macht einen ja ganz krank.« »Richtig. Und deshalb brauchen wir für unseren Wachtmeister einen Räuber, den er jagen und fangen kann, Majestät.« »Oioioi«, ächzte König Ignaz. »Einen Räuber? Auf unserer Insel? Aber dann wäre doch gar nichts mehr sicher!« »Dafür ist die Polizei ja da, Majestät.« »Ach richtig. Das hatte ich für einen Moment vergessen.« »Seht Ihr, Hoheit? Im Grunde denkt Ihr auch kaum an den Wachtmeister Rabenhorst. Da ist es doch nicht so verwunderlich, dass er sich überflüssig fühlt und krank wird.« »Da haben Sie wohl recht, lieber Doktor«, grübelte der König. Hätte er einen Bart gehabt, hätte er ihn nun nachdenklich zwirbeln können. Doch da er keinen hatte, nahm er einfach den des Doktors. »Aber was machen wir jetzt nur?«, fragte er nach einer Weile des Zwirbelns. »Wo bekommen wir einen Räuber her? Wir können schließlich keine Plakate anbringen, auf denen Räuber gesucht! steht. Das würde nur zu Missverständnissen führen. Und ich wüsste auch niemanden in meinem Königreich, der geeignet wäre, hier Räuber zu sein.« »Dann, Majestät, müssen wir einen Räuber zu uns einladen. Die Stelle ist ja sozusagen frei, denn es gibt hier noch keinen.« »Einladen? Das bedeutet, ich müsste einen meiner Untertanen damit beauftragen, einen Räuber zu finden und hierher zu bringen! Du gute Güte! Hat man je so etwas gehört? Ein König, der einen Räuber braucht, damit sein Wachtmeister wieder gesund wird? Was für eine Staatskrise! Nein, es ist viel mehr als das. Es ist die Krise aller Krisen! Ich kann mir wirklich und wahrhaftig keine größere Krise denken. Und wen sollte ich auf Räubersuche schicken? Es gibt nicht einen Untertan in meinem Königreich, den ich entbehren könnte oder wollte. Was bin ich für ein armer König!« König Ignaz war so blass geworden, dass sich der Doktor ernsthafte Sorgen um seine Gesundheit machte. Es war aber auch wirklich viel verlangt. Denn im Grunde hatte der König bisher nicht mehr zu tun gehabt als sein Wachtmeister. Nun aber sollte er unerwartet, von einem Moment zum nächsten und ohne jede Vorbereitung, eine solch schwierige Entscheidung treffen. Doch zeigte sich jetzt, dass König Ignaz nicht umsonst König war. Plötzlich richtete er sich auf seinem Thron auf und sagte entschlossen: »Ich muss mich zusammenreißen. Dies ist eine ernste Krise und ich bin der König. Ruhe ist die erste Königspflicht! « »Damit habt Ihr sicher recht, Majestät«, sagte Doktor Janus erwartungsvoll. »Ganz sicher habe ich recht damit«, erwiderte der König majestätisch. »Und deshalb werde ich erst einmal ein Nickerchen machen und die ganze Sache überschlafen.« Schon war er vom Thron heruntergestiegen und in seinem Schlafgemach verschwunden. »Oioioi«, hörte Doktor Janus ihn noch murmeln.
Der Stalljunge und die Prinzessin
Finn lebte als Stalljunge in den königlichen Ställen. Unter der Anleitung des Stallmeisters Robert (der zugleich der königliche Kutscher war) mistete er aus, fütterte die Pferde, striegelte sie und half, wenn sie neu beschlagen wurden. Meist schlief er sogar im Stall, vor allem bei Gewitter oder wenn eines der Tiere krank war. Immerhin acht Pferde gab es in den Stallungen: sechs große und eindrucksvolle Kutschpferde für den König, der einmal am Tag eine Kutschfahrt durch sein Königreich machte, und zwei elegante und schöne Reitpferde für die Tochter des Königs, Prinzessin Alicia. Wie jeder weiß, gibt es zwei Sorten von Prinzessinnen: die netten und die weniger netten. Prinzessin Alicia war eine dritte Sorte. Das heißt, sie war eigentlich im Grunde ihres Herzens schon nett, aber sie glaubte ganz fest, dass sie als Prinzessin nicht nett, sondern verwöhnt und spöttisch sein müsse. Finn war Prinzessin Alicias Lieblingsuntertan, denn er war der Einzige im Königreich, dem sie etwas befehlen konnte, und das tat sie für ihr Leben gern, sodass Finn es manchmal nicht sehr leicht hatte. Doch sonst konnte er nicht klagen. Er hatte noch genug Zeit für sich und zum Angeln, obwohl er auch noch bei Doktor Janus (der zugleich Lehrer war) in die Schule ging. War er krank, so gab der Doktor ihm eine Arznei, und Frau Stadelbichler, die Frau des einzigen Bauern im Königreich, pflegte ihn. Hatte er Hunger, ging er zum königlichen Koch (der zugleich auch Frisör war und Finn die Haare schnitt). Fühlte er sich allein, ging er zu seinem Freund Antonius Rabenhorst. Wollte er spielen, ging er zu Prinzessin Alicia. Es gab also eine Menge Menschen, die sich um Finn kümmerten. Das war auch nötig, denn eine richtige Familie hatte er nicht. Eines Tages hatte ihn Wachtmeister Rabenhorst am Flussufer gefunden. Finn war damals noch ein Baby gewesen, und er hatte in einem kleinen Körbchen gelegen. Weil Frau Stadelbichler sich gut mit Babys auskannte, nahm sie Finn kurzerhand bei sich auf. So hatte der Junge zwar keine richtigen Eltern, doch dafür waren eben alle Menschen im Königreich seine Familie, und er gehörte überall dazu. Natürlich hätte Finn manchmal gern gewusst, wer seine Eltern waren. Dann tröstete er sich damit, dass er das später schon noch herausfinden würde, und nur manchmal war er traurig. Das verriet er aber bloß den Pferden im Stall und ließ sich sonst nichts anmerken. Jedenfalls glaubte er das. In Wirklichkeit sahen die anderen, die ihn ja gernhatten, sehr schnell, wenn es ihm gerade nicht so gut ging. Wie in einer richtigen Familie passten alle aufeinander auf.
An jenem Tag, an dem Doktor Janus mit König Ignaz über Wachtmeister Rabenhorst sprach, hatten Alicia und Finn im königlichen Garten Schatzsucher gespielt. Dabei kamen sie auch am offenen Fenster des Thronsaals vorbei, gerade, als König Ignaz sagte: »Ein königlicher Wachtmeister, der sich überflüssig fühlt?« Die beiden belauschten das Gespräch bis zum Ende. Natürlich tat man so etwas nicht, weder als Prinzessin noch als Stalljunge. Aber zu ihrer Entschuldigung muss man sagen, dass die beiden Kinder ganz erschrocken waren. Prinzessin Alicia, weil ihr Vater so unglücklich war, und natürlich der großen Staatskrise wegen. Und Finn, weil es seinem Freund Rabenhorst nicht gut ging. Nach dem Gespräch zwischen König Ignaz und Doktor Janus sahen sich Alicia und Finn bekümmert an. »Das hat sich ziemlich schlimm angehört«, sagte Alicia. »Ganz schön schlimm, ja«, antwortete Finn nachdenklich. »Ich habe noch nie erlebt, dass Papa so unglücklich gewesen ist.« Alicia hatte echte Prinzessinnentränen in den Augen.
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Autoren-Porträt von Udo Weigelt
Udo Weigelt wurde 1960 in Hamburg geboren. Nach verschiedenen Tätigkeiten und Abitur auf dem zweiten Bildungsweg, Studium der Germanistik und Geschichte an den Universitäten Kiel und Hamburg. Erste Veröffentlichungen im Jahr 1998. Seit 2003 lebt Udo Weigelt am Bodensee als freier Autor.Jörg Mühle, geboren 1973 in Frankfurt a. M., studierte an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach und an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs in Paris. Seit 2000 selbstständiger Illustrator.
Bibliographische Angaben
- Autor: Udo Weigelt
- Altersempfehlung: 8 - 10 Jahre
- 2013, 224 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14,4 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Illustration: Mühle, Jörg
- Verlag: Sauerländer
- ISBN-10: 3737363676
- ISBN-13: 9783737363679
- Erscheinungsdatum: 26.09.2013
Rezension zu „Achtung: Räuber gesucht! “
Man [kann] dieses superspannende Buch auch keinen Moment aus der Hand legen ... Große Nachts-beim-heimlich-Lesen-zu-lange-aufbleib-Gefahr! Kerstin Öchsner Bayerischer Rundfunk, br-online.de 20131025
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