Alles so weit im Griff
Roman. Deutsche Erstveröffentlichung
Für Lucy Sweeney bedeutet Mutterglück vor allem eines: den permanenten Ausnahmezustand. Zeit für biologisch-dynamische Kinderkost? Verführerisches Outfit? Oder gar Sex mit dem Ehemann? Schön wär's. Aber zum Glück verfügt Lucy über Humor und Selbstironie und...
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Produktinformationen zu „Alles so weit im Griff “
Für Lucy Sweeney bedeutet Mutterglück vor allem eines: den permanenten Ausnahmezustand. Zeit für biologisch-dynamische Kinderkost? Verführerisches Outfit? Oder gar Sex mit dem Ehemann? Schön wär's. Aber zum Glück verfügt Lucy über Humor und Selbstironie und wächst manchmal gerade in den heikelsten Situationen über sich selbst hinaus ...
Lese-Probe zu „Alles so weit im Griff “
Alles soweit im Griff von Fiona Neill LESEPROBE Erstes Kapitel
»Ein tauber Ehemann und eine blinde Ehefrau sind immer ein glückliches Paar.«
Ich lasse meine Kontaktlinsen über Nacht zum Einweichen in einer Kaffeetasse, und als ich am nächsten Morgen aufwache, stelle ich fest, dass der Ehemann mit der kurzen Zündschnur sie in der Nacht getrunken hat. Zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr. »Aber ich habe dir doch gesagt, dass sie da drin sind«, protestiere ich. »Man kann nicht von mir erwarten, dass ich mir solche Details merke«, sagt er. »Und diesmal werde ich nicht versuchen, mich zu übergeben. Trag deine Brille.«
Tom sitzt aufrecht im Bett, mit zerzaustem Haar, in einem zerknautschten gestreiften Pyjama, bei dem der oberste Knopf offen ist, die Arme trotzig verschränkt. Ich trage einen karierten, an dem Knöpfe fehlen. Wenn bei de Partner anfangen, im Bett einen Pyjama zu tragen, stellt das den Anfang oder das Ende von etwas in einer Beziehung dar?, frage ich mich. Er streckt eine Hand aus, um drei Bücher auf seinem Nachttisch der Größe nach übereinander zustapeln und den Becher, der einmal meine Kontaktlinsen enthielt, im gleichen Abstand von der Tischlampe auf der anderen Seite aufzustellen.
... mehr
»Ich verstehe einfach nicht, wie so du sie überhaupt in eine Kaffeetasse legst. Land auf, land ab gibt es Millionen von Menschen, die dieses Ritual tag täglich vollziehen, und sie greifen nie auf einen Becher zurück, um einen solch wesentlichen Bestandteil ihrer Alltagsroutine darin aufzubewahren. Das ist eine Form von Sabotage, Lucy, denn du weißt, dass die Gefahr besteht, dass ich in der Nacht etwas trinken will.«
»Aber willst du denn nicht manch mal ein bisschen gefährlich leben?«, frage ich. »Das Schicksal ein klein wenig herausfordern, ohne dabei jemandem, den du liebst, zu schaden?«
»Wenn ich glauben würde, dass dahinter unbeantwortete philosophische Fragen stecken und nicht eine geleerte Flasche Wein und anschließen der Gedächtnisschwund, dann würde ich mir Sorgen um deinen Geisteszustand machen. Vielleicht hätte ich etwas mehr Verständnis, wenn du dich ein bisschen besorgter um mich zeigen würdest. Es könnte ein medizinischer Notfall sein«, sagt er verdrießlich.
»Aber letztes Mal war es das nicht«, werfe ich rasch ein, um das zwangsläufige Abrutschen in Hypochondrie zu vereiteln.
Ich widerstehe dem Drang, ihm zu sagen, dass es im Augenblick größere Prioritäten gibt, darunter die Notwendigkeit, unsere Kinder am ersten Tag nach den Ferien zur festgesetzten Stunde zur Schule zu bringen. Ich kann mich flüchtig erinnern, dass ich vor ein paar Monaten eine Kontaktlinse auf den Teppich fallen ließ, und leite auf meiner Seite des Betts eine gründliche Suche danach ein. Durch eine halb zu fällige Entdeckung stoße ich in keiner bestimmten Reihenfolge auf: ein Glas, das unser Kleinkind letzte Woche aus meiner Brille entfernt hat; ein halb gegessenes Schokoladenei aus solchen Urzeiten, dass es schon versteinert ist; und einen unbezahlten Strafzettel wegen Falschparkens, den ich rasch wieder unter das Bett stopfe.
»Du brauchst ein System, Lucy«, sagt der Ehemann mit der kurzen Zündschnur, dem nicht bewusst ist, was in diesem Augenblick wenige Meter von ihm entfernt zutage gefördert wird. »Dann wird das Leben so viel einfacher sein. Warum trägst du in der Zwischenzeit nicht einfach deine alte Brille? Es ist doch nicht so, dass du irgendjemanden beeindrucken musst.« Er steigt aus dem Bett und begibt sich ins Bad, um die nächste Etappe seines morgendlichen Rituals zu absolvieren.
Vor einem Jahrzehnt, in den Vorgebirgen unserer Beziehung, hätte ein solcher Wortwechsel noch als handfester Krach gegolten, als einer dieser heftigen Ausbrüche, die das Potenzial haben, die ganze Geschichte zum Kentern zu bringen. Selbst vor fünf Jahren, ungefähr nach der Hälfte unseres Ehelebens, hätte er eine beachtliche Meinungsverschiedenheit dargestellt. Inzwischen ist er nicht mehr als eine Fußnote in der Erzählung der Ehe.
Während ich die Treppe zur obersten Etage des Hauses hoch steige, um unsere schlafenden Kinder zu wecken, komme ich zu dem Schluss, dass Beziehungen wie ein Stück Gummi sind, wo ein wenig Spannung zulässig, ja so gar wünschenswert ist, wenn die beiden Enden miteinander verbunden bleiben sollen. Ist es zu schlaff, fällt alles auseinander, wie bei diesen Ehen, wo die Leute sagen, dass sie sich nie streiten, und dann lösen sie sich über Nacht in nichts auf, ohne den geringsten Vorwurf. Zu viel Spannung, und sie reißen. Es ist alles eine Frage des Gleichgewichts. Das Problem ist, dass es im Allgemeinen keine Vorwarnung gibt, wann man im Begriff ist, die Balance zu verlieren.
Ich fluche, als ich auf der Treppe über ein Lego-Modell stolpere und es in lauter kleine Teile zerbricht und sich mit ein paar Spielzeugautos und einem Arm verbündet, der ein mal zu einem Actionmann gehört hat. Mein Kinn landet auf der obersten Stufe, und da, seitlich in den Teppich gesteckt, entdecke ich ein winziges Laserschwert, nicht länger als einen Zentimeter, das zu einem von Joes Star-Wars-Modellen gehört. Es ist vor ein paar Monaten unter mysteriösen Umständen verschwunden, nachdem unser ständig etwas Neues ausheckendes Kleinkind Fred in den frühen Morgenstunden eine Geheimoperation mit dem Zimmer seines Bruders als Ziel durchgeführt hat.
Wie viele Stunden habe ich darauf verschwendet, nach diesem Laserschwert zu suchen? Wie viele Tränen wurden über sein Verschwinden vergossen? Für einen kurzen Moment lege ich meinen Kopf auf den Teppich und empfinde annähernd so etwas wie Befriedigung.
Vor Sams und Joes Zimmer halte ich inne und drücke die Tür sanft auf. Sam, der Älteste, schläft in der Poleposition auf dem oberen Bett, Joe unten, und Fred darunter auf dem Boden. Wie ein Club-Sandwich. Egal, wie oft ich Fred in der Nacht in sein eigenes Zimmer zurück bringe, er besitzt einen angeborenen Peilsender, der ihn entweder zurück in das Zimmer seiner Brüder oder ans Fußende unseres Betts bringt, wo wir ihn morgens oft schlafend vorfinden.
Ich starre voller Staunen auf meine schlafenden Kinder, deren Gliedmaßen lässig über die Betten und den Boden verstreut sind, und meine rastlosen Gedanken verblassen. Tagsüber sind sie ständig in Bewegung, und es ist unmöglich, einen Augenblick länger als ein paar Sekunden festzuhalten. Wenn sie schlafen, besteht die Chance, die genaue Krümmung einer Nase oder das Sternbild von Sommersprossen zu betrachten. Ich berühre Sams Hand, um ihn zu wecken, aber stattdessen legen sich seine Finger fest um meine eigenen. Ihre inneren Uhren sind noch auf Ferien eingestellt. Ich werde augenblicklich in jenen ersten Moment kurz nach seiner Geburt zurück versetzt, als er genau das zum ersten Mal tat und dieser Schwall unangezapfter Mutterliebe überschwappte und ich wusste, dass nichts je wieder dasselbe sein würde.
Sam ist fast neun Jahre alt. Seit etwa zwei Jahren kann ich ihn nicht mehr hoch heben. Er ist zu groß, um auf meinem Schoß zu sitzen, und ich darf ihm an der Schule keinen Abschiedskuss mehr geben. Bald wird er für mich völlig verloren sein. Aber all diese Wärme der frühen Kindheit wird sich ihm für immer eingeprägt haben. Auf jeden Fall wird es Reserven an Zuneigung geben, auf die er in den dunklen Teenagerjahren zurückgreifen kann, wenn er uns mit all unseren Fehlern sieht. Als er jetzt auf dem Bett liegt, der Körper mit den langen Gliedmaßen schon unbeholfen angesichts des kommenden Erwachsenwerdens, wird mir bewusst, dass ich die letzten Spuren der Kindheit betrachte. Ich bin mir sicher, dass das der Grund ist, weshalb manche Frauen immer wieder neue Kinder bekommen, da mit es immer ein bereitwilliges Auffangbecken für ihre Liebe gibt.
© Verlagsgruppe Lübbe
Übersetzung: Michaela Link
»Aber willst du denn nicht manch mal ein bisschen gefährlich leben?«, frage ich. »Das Schicksal ein klein wenig herausfordern, ohne dabei jemandem, den du liebst, zu schaden?«
»Wenn ich glauben würde, dass dahinter unbeantwortete philosophische Fragen stecken und nicht eine geleerte Flasche Wein und anschließen der Gedächtnisschwund, dann würde ich mir Sorgen um deinen Geisteszustand machen. Vielleicht hätte ich etwas mehr Verständnis, wenn du dich ein bisschen besorgter um mich zeigen würdest. Es könnte ein medizinischer Notfall sein«, sagt er verdrießlich.
»Aber letztes Mal war es das nicht«, werfe ich rasch ein, um das zwangsläufige Abrutschen in Hypochondrie zu vereiteln.
Ich widerstehe dem Drang, ihm zu sagen, dass es im Augenblick größere Prioritäten gibt, darunter die Notwendigkeit, unsere Kinder am ersten Tag nach den Ferien zur festgesetzten Stunde zur Schule zu bringen. Ich kann mich flüchtig erinnern, dass ich vor ein paar Monaten eine Kontaktlinse auf den Teppich fallen ließ, und leite auf meiner Seite des Betts eine gründliche Suche danach ein. Durch eine halb zu fällige Entdeckung stoße ich in keiner bestimmten Reihenfolge auf: ein Glas, das unser Kleinkind letzte Woche aus meiner Brille entfernt hat; ein halb gegessenes Schokoladenei aus solchen Urzeiten, dass es schon versteinert ist; und einen unbezahlten Strafzettel wegen Falschparkens, den ich rasch wieder unter das Bett stopfe.
»Du brauchst ein System, Lucy«, sagt der Ehemann mit der kurzen Zündschnur, dem nicht bewusst ist, was in diesem Augenblick wenige Meter von ihm entfernt zutage gefördert wird. »Dann wird das Leben so viel einfacher sein. Warum trägst du in der Zwischenzeit nicht einfach deine alte Brille? Es ist doch nicht so, dass du irgendjemanden beeindrucken musst.« Er steigt aus dem Bett und begibt sich ins Bad, um die nächste Etappe seines morgendlichen Rituals zu absolvieren.
Vor einem Jahrzehnt, in den Vorgebirgen unserer Beziehung, hätte ein solcher Wortwechsel noch als handfester Krach gegolten, als einer dieser heftigen Ausbrüche, die das Potenzial haben, die ganze Geschichte zum Kentern zu bringen. Selbst vor fünf Jahren, ungefähr nach der Hälfte unseres Ehelebens, hätte er eine beachtliche Meinungsverschiedenheit dargestellt. Inzwischen ist er nicht mehr als eine Fußnote in der Erzählung der Ehe.
Während ich die Treppe zur obersten Etage des Hauses hoch steige, um unsere schlafenden Kinder zu wecken, komme ich zu dem Schluss, dass Beziehungen wie ein Stück Gummi sind, wo ein wenig Spannung zulässig, ja so gar wünschenswert ist, wenn die beiden Enden miteinander verbunden bleiben sollen. Ist es zu schlaff, fällt alles auseinander, wie bei diesen Ehen, wo die Leute sagen, dass sie sich nie streiten, und dann lösen sie sich über Nacht in nichts auf, ohne den geringsten Vorwurf. Zu viel Spannung, und sie reißen. Es ist alles eine Frage des Gleichgewichts. Das Problem ist, dass es im Allgemeinen keine Vorwarnung gibt, wann man im Begriff ist, die Balance zu verlieren.
Ich fluche, als ich auf der Treppe über ein Lego-Modell stolpere und es in lauter kleine Teile zerbricht und sich mit ein paar Spielzeugautos und einem Arm verbündet, der ein mal zu einem Actionmann gehört hat. Mein Kinn landet auf der obersten Stufe, und da, seitlich in den Teppich gesteckt, entdecke ich ein winziges Laserschwert, nicht länger als einen Zentimeter, das zu einem von Joes Star-Wars-Modellen gehört. Es ist vor ein paar Monaten unter mysteriösen Umständen verschwunden, nachdem unser ständig etwas Neues ausheckendes Kleinkind Fred in den frühen Morgenstunden eine Geheimoperation mit dem Zimmer seines Bruders als Ziel durchgeführt hat.
Wie viele Stunden habe ich darauf verschwendet, nach diesem Laserschwert zu suchen? Wie viele Tränen wurden über sein Verschwinden vergossen? Für einen kurzen Moment lege ich meinen Kopf auf den Teppich und empfinde annähernd so etwas wie Befriedigung.
Vor Sams und Joes Zimmer halte ich inne und drücke die Tür sanft auf. Sam, der Älteste, schläft in der Poleposition auf dem oberen Bett, Joe unten, und Fred darunter auf dem Boden. Wie ein Club-Sandwich. Egal, wie oft ich Fred in der Nacht in sein eigenes Zimmer zurück bringe, er besitzt einen angeborenen Peilsender, der ihn entweder zurück in das Zimmer seiner Brüder oder ans Fußende unseres Betts bringt, wo wir ihn morgens oft schlafend vorfinden.
Ich starre voller Staunen auf meine schlafenden Kinder, deren Gliedmaßen lässig über die Betten und den Boden verstreut sind, und meine rastlosen Gedanken verblassen. Tagsüber sind sie ständig in Bewegung, und es ist unmöglich, einen Augenblick länger als ein paar Sekunden festzuhalten. Wenn sie schlafen, besteht die Chance, die genaue Krümmung einer Nase oder das Sternbild von Sommersprossen zu betrachten. Ich berühre Sams Hand, um ihn zu wecken, aber stattdessen legen sich seine Finger fest um meine eigenen. Ihre inneren Uhren sind noch auf Ferien eingestellt. Ich werde augenblicklich in jenen ersten Moment kurz nach seiner Geburt zurück versetzt, als er genau das zum ersten Mal tat und dieser Schwall unangezapfter Mutterliebe überschwappte und ich wusste, dass nichts je wieder dasselbe sein würde.
Sam ist fast neun Jahre alt. Seit etwa zwei Jahren kann ich ihn nicht mehr hoch heben. Er ist zu groß, um auf meinem Schoß zu sitzen, und ich darf ihm an der Schule keinen Abschiedskuss mehr geben. Bald wird er für mich völlig verloren sein. Aber all diese Wärme der frühen Kindheit wird sich ihm für immer eingeprägt haben. Auf jeden Fall wird es Reserven an Zuneigung geben, auf die er in den dunklen Teenagerjahren zurückgreifen kann, wenn er uns mit all unseren Fehlern sieht. Als er jetzt auf dem Bett liegt, der Körper mit den langen Gliedmaßen schon unbeholfen angesichts des kommenden Erwachsenwerdens, wird mir bewusst, dass ich die letzten Spuren der Kindheit betrachte. Ich bin mir sicher, dass das der Grund ist, weshalb manche Frauen immer wieder neue Kinder bekommen, da mit es immer ein bereitwilliges Auffangbecken für ihre Liebe gibt.
© Verlagsgruppe Lübbe
Übersetzung: Michaela Link
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Bibliographische Angaben
- Autor: Fiona Neill
- 2008, 412 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Engl. v. Michaela Link
- Übersetzer: Michaela Link
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 340415844X
- ISBN-13: 9783404158447
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