Blinde Wahrheit / Ash Trilogie Bd.1
Roman. Deutsche Erstausgabe
Einer der besten Romantic-Thrill-Romane aus dem Jahr 2011 - hier vereinen sich knisternde Spannung und eine prickelnde Liebesgeschichte! Ein grauenhafter Schrei, den Lena Riddle im Wald hinter ihrem Haus hört, versetzt sie in Angst und Schrecken. Doch die...
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Produktinformationen zu „Blinde Wahrheit / Ash Trilogie Bd.1 “
Klappentext zu „Blinde Wahrheit / Ash Trilogie Bd.1 “
Einer der besten Romantic-Thrill-Romane aus dem Jahr 2011 - hier vereinen sich knisternde Spannung und eine prickelnde Liebesgeschichte! Ein grauenhafter Schrei, den Lena Riddle im Wald hinter ihrem Haus hört, versetzt sie in Angst und Schrecken. Doch die Polizei des kleinen Örtchens Ash, Kentucky schenkt ihr keinen Glauben. Der Einzige, der Lena zur Seite steht, ist der vom Dienst beurlaubte Polizist Ezra King. Er ist überzeugt, dass Lenas Leben in Gefahr ist, und setzt alles daran, um sie zu beschützen.
Lese-Probe zu „Blinde Wahrheit / Ash Trilogie Bd.1 “
Blinde Wahrheit von Shiloh Walker2
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Unbarmherzig knallte Ezra King die Spätsommersonne auf den Rücken, während er einen langen Balken auf die Dachterrasse schleppte. Es herrschte eine Affenhitze hier draußen, über dreißig Grad, aber davon ließ er sich nicht aufhalten.
Oh nein, er würde diese verdammte Terrasse noch vor Ende des Sommers fertig bauen. Und dann verbrächte er die kühlen Herbstabende - falls es wirklich jemals abkühlen sollte - hier oben auf einem Liegestuhl und würde ins Leere starren, während er darüber nachdachte, wie er am besten auch den Rest seines Lebens vergeudete.
»Jedenfalls nicht als Zimmermann«, brummelte er vor sich hin. »So viel steht fest.«
Ezra war dazu erzogen worden, den Lohn harter Arbeit zu würdigen zu wissen - damals hatte er es gehasst, aber nun kam es ihm zugute. Nichts Begehrenswertes fiel einfach so vom Himmel. Wollte ein Mann etwas haben, musste er entweder dafür arbeiten oder dafür bezahlen. Ansonsten bekam er es nicht - und hatte es auch nicht verdient. So war das Leben.
Und mit dieser Terrasse war es das Gleiche. Ezra wollte sie haben, und zwar nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet, und er war nicht dazu bereit, jemand anderes dafür zu bezahlen. Zwar hatte er ein bisschen Geld beiseitegelegt, aber wenn es reichen sollte, musste er sorgsam damit umgehen. Also nahm er die Sache selbst in die Hand. Auch wenn er drei Kreuze machen würde, wenn endlich alles fertig war.
Um die Mittagszeit legte er eine kleine Pause sein, aber nur, weil das Knurren seines Magens sogar schon die Hammerschläge übertönte. Nach einem hastig geschmierten Sandwich und einer halben Kanne Eistee ging er jedoch gleich wieder an die Arbeit, fiel in seinen gewohnten Rhythmus und hämmerte einen Nagel nach dem anderen ins Holz.
Dabei verlor er jegliches Zeitgefühl. In seinem Kopf herrschte Leere.
Nur mit einer tief sitzenden Khakihose und seinen Turnschuhen bekleidet, verrichtete er seine Arbeit. Ein rotes Kopftuch hielt ihm die schweißnassen, braunen Haare aus dem Gesicht, und eine Sonnenbrille schützte seine grünen Augen.
Er besaß ein hübsches Gesicht, das hatte er oft genug gehört und ihm damals in der Schule mehr als nur eine Prügelei eingebracht. Dabei war es doch lediglich ein Gesicht, das Gesicht seines Vaters, mit den grünen Augen seiner Mutter.
Für Ezra stellte es jedoch Fluch und Segen zugleich dar. Seit er denken konnte, hatten die Mädchen mit ihm geflirtet, noch bevor er überhaupt zu verstehen begann, was das überhaupt bedeutete. In der Schule hatten dann all die hübschen Mädchen, die mit ihm flirteten, die Aufmerksamkeit der Jungs aus seiner Stufe auf sich gezogen. Weshalb er ziemlich oft in Schwierigkeiten geraten war.
Irgendwann hatte er gelernt, das Flirten zu genießen, ohne auf die Sticheleien der anderen zu achten. Meistens jedenfalls.
Im vorletzten Jahr an der Highschool war es zu einer Schlägerei mit einem anderen Spieler aus dem Basketball-Team gekommen, bei der er sich die Nase gebrochen hatte. Und nachdem seine Eltern in die Schule gebeten worden waren, musste er schließlich aus der Mannschaft ausscheiden.
Eine Maßregelung, die er stets als sehr bitter empfunden hatte, auch wenn er im Nachhinein betrachtet froh darüber war, dass seine Eltern aus Liebe eine strenge Hand walten ließen und Regeln aufstellten, egal, wie schmerzvoll diese zunächst auch sein mochten.
Zur großen Bestürzung seiner Mutter und seiner eigenen Freude, war seine Nase nicht ganz gerade wieder zusammengewachsen. Die leichte Krümmung machte sein Gesicht vielleicht ein kleines bisschen weniger hübsch.
Ansonsten hatte sich Ezra über die Jahre nicht groß verändert. Die Grübchen in seinen Wangen waren tiefer geworden. Er rasierte sich morgens, aber bereits am späten Nachmittag zeigte sich wieder ein bläulicher Schatten. Und er war immer noch groß und schlank, obwohl er auf dem College dank Fitnesstraining endlich ein paar Kilos zugenommen hatte.
Mittlerweile fühlten sich seine Muskeln warm und locker an. Sogar die verhärteten Stränge in seinem rechten Oberschenkel. Vor sechs Monaten hatte er sich eine Kugel gefangen, weshalb er nun weit draußen in Ash, im Bundesstaat Kentucky, lebte. Er hatte seinen Job mitsamt seiner Dienstmarke an den Nagel gehängt und bezweifelte, dass er jemals wieder zurückkehren wollen würde.
Sobald seine Muskeln sich nach getaner Arbeit verkrampften, würden die Schmerzen ihn umbringen, so viel war klar. Spätestens bei Einbruch der Dunkelheit müsste er durch die Hölle gehen. Doch darum würde er sich kümmern, wenn es so weit war.
Zugleich stellte er fest, dass die Terrasse langsam immer mehr Form annahm.
Gegen drei Uhr machte er noch eine weitere kurze Pause, als er das vertraute Rumpeln eines Jeeps hörte. Der Postbote brachte ihm Rechnungen - und ein Paket. Nachdem der Wagen wieder weggerauscht war, stopfte Ezra sich die Briefe in die Gesäßtasche und riss das Päckchen auf. Bücher ... verdammte Axt, darunter auch der Band, den er monatelang gesucht hatte.
Doch Ezra schlug das Buch nicht auf. Auch wenn es ihm in den Fingern juckte, zwang er sich, es wieder in den Karton zu legen.
Vorerst zumindest. Wenn er nun anfinge zu lesen, würde er an diesem Tag nichts anderes mehr schaffen, und er wollte mit der Terrasse schließlich noch ein gutes Stück weiterkommen.
Nachdem er die Post in die Küche gelegt und seine Thermoskanne wieder mit Eistee aufgefüllt hatte, ging er durch die Seitentür wieder nach draußen.
Er hörte das Brummen eines Motors und schaute die Landstraße hinauf, die vor seinem Haus entlangführte. Als er eine schwarze Stretchlimousine erblickte, hielt er kurz inne.
Mit finsterer Miene schraubte er seine Thermoskanne auf, nahm einen Schluck und blickte dem Wagen hinterher, bis der glänzende schwarze Schlitten hinter einer Kurve verschwand.
Ezra wusste, wohin die Fahrt ging - zum Running Brook Inn. In seiner Kindheit war das große alte Haus sehr verkommen und unansehnlich gewesen. Nach dem Tod des Besitzers hatte einer der Erben die geniale Idee gehabt, eine Frühstückspension daraus zu machen, und das war ein Erfolg geworden.
Inzwischen war das Running Brook mehr als nur eine Übernachtungsmöglichkeit. Es gab ein kleines Restaurant, und die Crew richtete auch Edelhochzeiten aus - wer auch immer auf so etwas stand.
Dieses Angebot führte zu einem ordentlichen Verkehrsaufkommen, und die ganzen Wagen fuhren nun regelmäßig an seinem Grundstück vorbei. Eigentlich war er auf der Suche nach Frieden und der Ruhe hierhergekommen, so wie er es von früher in Erinnerung behalten hatte. Und stattdessen fand er nun einen nicht abreißen wollenden Strom von Autos vor.
»Was soll's. Solange sie nicht durch meinen Vorgarten brettern ...«, brummelte er vor sich hin und versuchte, seine Wut zu unterdrücken. Also verdrängte er den Gedanken an die Limousine und machte sich wieder an die Arbeit. Erst als es dunkel wurde, legte er das Werkzeug beiseite.
Mittlerweile schienen sich die Muskeln in seinem verwundeten Bein zu einem einzigen Knoten verhärtet zu haben, und er verspürte ein heftiges Pochen in seinem Kopf.
Eine heiße Dusche, ein Sandwich, eine Mütze voll Schlaf, und er wäre wieder so gut wie neu.
Nach der Dusche hatte er jedoch keine Lust mehr auf ein Sandwich oder eine Pizza - oder auf den ganzen anderen Billigfraß, der sein Tiefkühlfach füllte.
Zwar bot ihm Ash nicht besonders viele Auswahlmöglichkeiten, aber er hatte Hunger auf etwas Anständiges. Und da seine eigenen Kochkünste praktisch gegen null strebten, würde er nun wohl oder übel das Haus verlassen müssen.
Es war Freitag, also hatte das Bistro in der Main Street immer noch geöffnet. Darüber hinaus gab es noch das Turkey Bar and Grill.
Doch anstatt in die Innenstadt zu fahren, ertappte Ezra sich dabei, wie er nach rechts abbog und auf die Pension zusteuerte. Es war schon fast zehn Uhr, als er dort ankam.
Als er sich an der langen, polierten Mahagoni-Theke niedergelassen hatte, musste er zudem feststellen, dass er viel zu salopp gekleidet war. Mit seinen Jeans und dem T-Shirt konnte er mit den anderen Gästen des Restaurants in Stoffhosen, Lederhalbschuhen und Polohemden nicht mithalten.
Doch egal. Solange er hier etwas Gutes zu essen bekam ...
Ihm stieg ein Geruch in die Nase, der ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, erkannte Knoblauch und andere Gewürze. War das vielleicht Lasagne ...?
»Hallo, könnte ich bitte die Speisekarte bekommen?«
Der Barkeeper lächelte entschuldigend. »Tut mir leid, aber die Küche hat seit halb zehn geschlossen. Allerdings kann ich Ihnen noch Snacks anbieten, die gibt's bei uns bis elf.«
»Geschlossen«, wiederholte Ezra. Sein Magen knurrte vernehmlich, und es hätte ihn nicht weiter überrascht, wenn ihm auch noch Speichel aus dem Mundwinkel getropft wäre. Was auch immer an diesem Tag auf der Speisekarte gestanden hatte - genau das wollte er. Und keine Snacks.
»Ja, nichts zu machen. Tut mir leid.« Der Barkeeper warf einen Blick auf seine Uhr und verzog bedauernd das Gesicht.
Ezra stieß einen Seufzer aus. »Was haben Sie denn für Snacks?«
Immerhin war das Bier kalt. Fünf Minuten später, er starrte gerade auf den Bildschirm des Fernsehers, der über der Bar hing, sah er aus den Augenwinkeln heraus jemanden auf sich zukommen. Zudem war ein Trappeln zu hören. Stirnrunzelnd wandte er den Kopf.
Das Geräusch kam nicht von ihr, so viel war sicher.
Sie sah toll aus.
Eine ganze Weile bemerkte Ezra den Hund an ihrer Seite nicht, da er viel zu sehr damit beschäftigt war, sie anzustieren. Verdammt...
Trotz der schummrigen Beleuchtung, die in Bars wie dieser herrschte, trug die schöne Unbekannte eine Sonnenbrille. Ihr dunkelrot schimmerndes Haar ging ihr bis zum Kinn und legte sich wie ein Rahmen um das schmale, katzenhaft wirkende Gesicht mit dem vollen, sinnlichen Mund.
Sie besaß milchweiße Haut, die entweder unermüdlich mit Sonnenmilch eingecremt wurde oder einfach keine Sonne abbekam, und war ziemlich hoch gewachsen - er schätzte sie auf knappe ein Meter achtzig, das meiste davon musste Bein sein.
Himmel, er hatte es hier mit einer echten Augenweide zu tun. Genau genommen war sie wohl das Schönste, was er seit Langem gesehen hatte. Ob sie in Ash lebte? Er konnte sich nicht daran erinnern, sie während seiner gelegentlichen Besuche in den Jahren, bevor seine Großmutter gestorben war, jemals gesehen zu haben - wobei er zugeben musste, das Haus kaum verlassen zu haben, außer zum Angeln oder um seine Grandma in die Kirche zu bringen.
Er hörte wieder dieses seltsame Geräusch und dieses Mal senkte er den Blick und entdeckte den Hund. Es war ein großer, hübscher Golden Retriever - mit einer recht auffälligen Weste. Er lief neben der Frau her, hielt exakt dasselbe Tempo wie sie, und bei jedem Schritt machten seine Krallen ein klackendes Geräusch auf dem Parkettboden. Die rothaarige Schönheit bewegte sich mit derselben Anmut durch den Raum, die sie auch im Stehen besaß - ohne nach links oder rechts zu schauen, die Schultern gerade, das Kinn leicht nach vorn gereckt.
Sie war blind.
Ezra runzelte die Stirn. Er beobachtete jeden ihrer Schritte, während sie sich der Bar näherte.
»Hi, Paul. Wie läuft's?«
»Gut läuft's, Lena. Willst du was trinken, während du auf Carter wartest?«
Mit ausgestreckter Hand strich sie über die Lehne eines Barhockers. »Gern. Rum mit Cola light, bitte.« Langsam und elegant ließ sie sich auf dem Stuhl nieder.
Ezra erwischte sich dabei, wie er auf ihren Mund starrte ... und sich fragte, wie er wohl schmecken mochte.
Sie drehte sich in seine Richtung und legte den Kopf schief. »Hallo?«
Ääh ... Hey.«
Der Barkeeper warf ihm einen Blick zu und grinste. »Sie hat Ohren wie ein Luchs.«
Die schöne Unbekannte schnitt ihm eine Grimasse. »Gar nicht wahr. Ich konnte bloß spüren, dass mich jemand angeschaut hat.« Sie lächelte leicht. »Anscheinend hat er noch nie eine Blinde gesehen.«
»Das ist es nicht«, gab Ezra mürrisch zurück und war leicht empört darüber, dass sie über ihn sprach, als wäre er gar nicht anwesend.
Sie wandte sich ihm zu, stützte sich auf der polierten Holz-Theke auf und zog eine Augenbraue hoch. »Also gut, wenn es nicht an mir liegt, dann vielleicht an Puck.«
»Puck?«
»Puck.« Der Retriever zu ihren Füßen hob den Kopf und stellte die Ohren auf. »Mein Hund. Manche Menschen sehen ihn nicht gern im Restaurant.«
»Verstehe. Nein, es liegt nicht an Ihrem Hund. Schönes Tier übrigens. Aber solange er sich nicht auf mein Essen stürzt, stört er mich nicht.«
Er hat eine verdammt sexy Stimme, dachte Lena. Supersexy ... Und er starrt mich immer noch an.
Sie konnte seinen warmen Blick förmlich spüren. Es fühlte sich wie ein Sonnenstrahl auf ihrem Körper an, der ein verführerisches Prickeln hinterließ. Sie versuchte, nicht aus Verlegenheit herumzuzappeln, und fing stattdessen an, Puck zu streicheln. Normalerweise hätte sie ihm befohlen, sich zu ihren Füßen hinzulegen, aber in diesem Augenblick brauchte sie einfach die beruhigende Wirkung, die das Berühren seines Fells hatte.
»Tja, wenn Sie mich auch weiterhin so anstarren, dann sollten Sie sich vielleicht vorstellen.«
»Ezra King. Und Sie sind ...?«
Sie streckte die Hand aus. »Lena. Lena Riddle.«
Eine warme, raue Hand drückte die ihre. Sie war kräftig und schwielig, als würde Ezra viel körperliche Arbeit leisten. Zudem fühlte sich seine Haut nicht so dünn und trocken wie bei älteren Menschen an. Mist, das wurde ja besser und besser. Noch ein paar Minuten und sie würde ihre Libido wahrscheinlich kaum noch unter Kontrolle halten können, vor allem wenn er sie weiterhin so anschaute.
»Also, Ezra King, warum starren Sie mich an?«
»Weil Sie schön sind.«
Lena wurde nicht oft rot. Sie war selten peinlich berührt. Aber in diesem Augenblick spürte sie, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und musste sich beherrschen, um nicht nervös auf ihrem Stuhl herumzurutschen.
»Aah. Tja, vielen Dank.« Hinter sich hörte sie das Quietschen der Küchentür und hätte vor Erleichterung beinahe aufgeseufzt.
»Bitte sehr, Lena.« Mike, der Beikoch, stellte eine Lasagne vor sie auf die Theke. Schon allein der Geruch ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen.
»Danke, Mike.«
»Und für Sie die Chicken Wings, Sir?«
»Ja.«
Mike ging in die Küche zurück.
»Ich hätte allerdings lieber die Lasagne gehabt. Wieso bekommen Sie noch etwas davon?«
»Weil ich sie gemacht und mir ein Stück für den Feierabend aufgehoben habe.« Sie lächelte in Ezras Richtung. »Ich bin einer der beiden Chefköche hier im Restaurant.«
»Wirklich?«
Sie hörte, wie er mit dem Barhocker an sie heranrutschte und ihr ganz nah kam. »Das nächste Mal, wenn es bei Ihnen Lasagne gibt, muss ich unbedingt wiederkommen«, raunte er ihr zu.
Oh Gott, diese Stimme ... »Hey, Paul, kannst du mir bitte noch einen Teller geben?«
Als Paul den Teller auf den Tresen stellte, schob sie Ezra die Lasagne zu. »Wissen Sie was, probieren Sie mal. Ich schaffe sowieso nicht alles allein.«
Er zögerte, und Lena musste schmunzeln. »Nun kommen Sie schon, gerade haben Sie noch gemeckert, dass Sie nichts Richtiges zu essen bekommen, also nehmen Sie sich was. Und wenn Ihnen die Lasagne schmeckt, kommen Sie das nächste Mal einfach wieder, bevor die Küche schließt.«
»Na ja, wenn Sie es so sagen ...«
Sie nahm einen Schluck von ihrer Cola mit Rum, während sie darauf wartete, dass er sich von ihrem Teller bediente. Beinahe hätte sie sich verschluckt, als er sagte: »Wenn ich das nächste Mal hier bin, könnten Sie vielleicht mit mir zu Abend essen.«
Fragt er mich gerade nach einem Date?
Sie schindete ein bisschen Zeit, indem sie noch einen Schluck aus ihrem Glas nahm und es bedächtig absetzte. »Sie wollen mit mir zu Abend essen?«
»Das habe ich gerade gesagt, ja.«
»Warum?«
So verwirrt sah sie verdammt süß aus. Abgesehen davon war Ezra überzeugt, dass sie ihm mit jedem Gesichtsausdruck gefallen würde. »Fragen Sie jeden Mann, der Sie zu einem Date einlädt, erst einmal aus?«
»Sie laden mich zu einem Date ein?«
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er den Barkeeper, der ihrem Gespräch lauschte - und es auch gar nicht erst zu verbergen versuchte. Der Typ sah aus, als würde er eigentlich noch aufs College gehören - vielleicht sogar auf die Highschool.
Dann ließ er den Barmann Barmann sein und konzentrierte sich wieder auf Lena. »Ja, ich lade Sie zu einem Date ein. Ich habe schon lange keine Frau mehr nach einer Verabredung gefragt, vielleicht mache ich da also etwas falsch.«
»Na ja, mich hat auch schon lange kein Mann mehr nach einem Date gefragt, vielleicht habe ich einfach die Andeutungen nicht verstanden.« Sie lächelte.
Sie musste einfach Ja sagen. Allein schon, weil er unbedingt diesen Mund küssen wollte. Er wollte mit beiden Händen in dieses wunderbar dunkelrote Haar greifen, wollte das Gesicht zwischen ihre Brüste drücken und ihre weiche, zarte Haut spüren.
Er war ein ziemlich guter Menschenkenner, wusste Gesten und Blicke schnell zu deuten. Meistens jedenfalls. Und er glaubte, dass er sich auch bei ihr nicht vertat.
Und falls er richtiglag, dann verspürte sie gerade dasselbe unterschwellige Verlangen wie er. Auf diese Vermutung vertrauend, berührte er flüchtig ihren Unterarm. »Also, nachdem wir nun herausgefunden haben, was wir hier gerade machen, sollten wir es vielleicht noch einmal probieren. Hätten Sie Lust, mit mir zu Abend zu essen?«
»Wissen Sie, mich hat wohl noch nie jemand fünf Minuten, nachdem er mich gesehen hat, zu einem Date eingeladen.« Ihr Lächeln bekam einen bitteren Zug, als sie geistesabwesend die dunkle Brille berührte, die ihre Augen verdeckte. »Zu diesem Zeitpunkt des Gesprächs sitzen sie normalerweise schon am anderen Ende des Raumes - oder wollen mir das Essen klein schneiden.«
Ezra warf einen Blick auf das Stück Lasagne auf seinem Teller. »Wenn Sie es kochen können, dann können Sie es vermutlich auch selbst schneiden. Und Sie haben mir immer noch nicht geantwortet.«
»Nein, habe ich nicht. Ich überlege noch ... Ach verdammt, was soll's. Wissen Sie was, Ezra? Ich würde liebend gern mit Ihnen zu Abend essen.«
»Wann?«
»Wenn Sie mit einem späten Essen einverstanden sind, könnten wir das Ganze morgen Abend in Angriff nehmen. Ich bin bis zehn in der Küche. Allerdings gibt es morgen keine Lasagne. Kommen Sie einfach gegen zehn hierher, und ich werde Ihnen eine Mahlzeit beiseitestellen. Wie klingt das?«
»Nach einem Plan.«
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Unbarmherzig knallte Ezra King die Spätsommersonne auf den Rücken, während er einen langen Balken auf die Dachterrasse schleppte. Es herrschte eine Affenhitze hier draußen, über dreißig Grad, aber davon ließ er sich nicht aufhalten.
Oh nein, er würde diese verdammte Terrasse noch vor Ende des Sommers fertig bauen. Und dann verbrächte er die kühlen Herbstabende - falls es wirklich jemals abkühlen sollte - hier oben auf einem Liegestuhl und würde ins Leere starren, während er darüber nachdachte, wie er am besten auch den Rest seines Lebens vergeudete.
»Jedenfalls nicht als Zimmermann«, brummelte er vor sich hin. »So viel steht fest.«
Ezra war dazu erzogen worden, den Lohn harter Arbeit zu würdigen zu wissen - damals hatte er es gehasst, aber nun kam es ihm zugute. Nichts Begehrenswertes fiel einfach so vom Himmel. Wollte ein Mann etwas haben, musste er entweder dafür arbeiten oder dafür bezahlen. Ansonsten bekam er es nicht - und hatte es auch nicht verdient. So war das Leben.
Und mit dieser Terrasse war es das Gleiche. Ezra wollte sie haben, und zwar nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet, und er war nicht dazu bereit, jemand anderes dafür zu bezahlen. Zwar hatte er ein bisschen Geld beiseitegelegt, aber wenn es reichen sollte, musste er sorgsam damit umgehen. Also nahm er die Sache selbst in die Hand. Auch wenn er drei Kreuze machen würde, wenn endlich alles fertig war.
Um die Mittagszeit legte er eine kleine Pause sein, aber nur, weil das Knurren seines Magens sogar schon die Hammerschläge übertönte. Nach einem hastig geschmierten Sandwich und einer halben Kanne Eistee ging er jedoch gleich wieder an die Arbeit, fiel in seinen gewohnten Rhythmus und hämmerte einen Nagel nach dem anderen ins Holz.
Dabei verlor er jegliches Zeitgefühl. In seinem Kopf herrschte Leere.
Nur mit einer tief sitzenden Khakihose und seinen Turnschuhen bekleidet, verrichtete er seine Arbeit. Ein rotes Kopftuch hielt ihm die schweißnassen, braunen Haare aus dem Gesicht, und eine Sonnenbrille schützte seine grünen Augen.
Er besaß ein hübsches Gesicht, das hatte er oft genug gehört und ihm damals in der Schule mehr als nur eine Prügelei eingebracht. Dabei war es doch lediglich ein Gesicht, das Gesicht seines Vaters, mit den grünen Augen seiner Mutter.
Für Ezra stellte es jedoch Fluch und Segen zugleich dar. Seit er denken konnte, hatten die Mädchen mit ihm geflirtet, noch bevor er überhaupt zu verstehen begann, was das überhaupt bedeutete. In der Schule hatten dann all die hübschen Mädchen, die mit ihm flirteten, die Aufmerksamkeit der Jungs aus seiner Stufe auf sich gezogen. Weshalb er ziemlich oft in Schwierigkeiten geraten war.
Irgendwann hatte er gelernt, das Flirten zu genießen, ohne auf die Sticheleien der anderen zu achten. Meistens jedenfalls.
Im vorletzten Jahr an der Highschool war es zu einer Schlägerei mit einem anderen Spieler aus dem Basketball-Team gekommen, bei der er sich die Nase gebrochen hatte. Und nachdem seine Eltern in die Schule gebeten worden waren, musste er schließlich aus der Mannschaft ausscheiden.
Eine Maßregelung, die er stets als sehr bitter empfunden hatte, auch wenn er im Nachhinein betrachtet froh darüber war, dass seine Eltern aus Liebe eine strenge Hand walten ließen und Regeln aufstellten, egal, wie schmerzvoll diese zunächst auch sein mochten.
Zur großen Bestürzung seiner Mutter und seiner eigenen Freude, war seine Nase nicht ganz gerade wieder zusammengewachsen. Die leichte Krümmung machte sein Gesicht vielleicht ein kleines bisschen weniger hübsch.
Ansonsten hatte sich Ezra über die Jahre nicht groß verändert. Die Grübchen in seinen Wangen waren tiefer geworden. Er rasierte sich morgens, aber bereits am späten Nachmittag zeigte sich wieder ein bläulicher Schatten. Und er war immer noch groß und schlank, obwohl er auf dem College dank Fitnesstraining endlich ein paar Kilos zugenommen hatte.
Mittlerweile fühlten sich seine Muskeln warm und locker an. Sogar die verhärteten Stränge in seinem rechten Oberschenkel. Vor sechs Monaten hatte er sich eine Kugel gefangen, weshalb er nun weit draußen in Ash, im Bundesstaat Kentucky, lebte. Er hatte seinen Job mitsamt seiner Dienstmarke an den Nagel gehängt und bezweifelte, dass er jemals wieder zurückkehren wollen würde.
Sobald seine Muskeln sich nach getaner Arbeit verkrampften, würden die Schmerzen ihn umbringen, so viel war klar. Spätestens bei Einbruch der Dunkelheit müsste er durch die Hölle gehen. Doch darum würde er sich kümmern, wenn es so weit war.
Zugleich stellte er fest, dass die Terrasse langsam immer mehr Form annahm.
Gegen drei Uhr machte er noch eine weitere kurze Pause, als er das vertraute Rumpeln eines Jeeps hörte. Der Postbote brachte ihm Rechnungen - und ein Paket. Nachdem der Wagen wieder weggerauscht war, stopfte Ezra sich die Briefe in die Gesäßtasche und riss das Päckchen auf. Bücher ... verdammte Axt, darunter auch der Band, den er monatelang gesucht hatte.
Doch Ezra schlug das Buch nicht auf. Auch wenn es ihm in den Fingern juckte, zwang er sich, es wieder in den Karton zu legen.
Vorerst zumindest. Wenn er nun anfinge zu lesen, würde er an diesem Tag nichts anderes mehr schaffen, und er wollte mit der Terrasse schließlich noch ein gutes Stück weiterkommen.
Nachdem er die Post in die Küche gelegt und seine Thermoskanne wieder mit Eistee aufgefüllt hatte, ging er durch die Seitentür wieder nach draußen.
Er hörte das Brummen eines Motors und schaute die Landstraße hinauf, die vor seinem Haus entlangführte. Als er eine schwarze Stretchlimousine erblickte, hielt er kurz inne.
Mit finsterer Miene schraubte er seine Thermoskanne auf, nahm einen Schluck und blickte dem Wagen hinterher, bis der glänzende schwarze Schlitten hinter einer Kurve verschwand.
Ezra wusste, wohin die Fahrt ging - zum Running Brook Inn. In seiner Kindheit war das große alte Haus sehr verkommen und unansehnlich gewesen. Nach dem Tod des Besitzers hatte einer der Erben die geniale Idee gehabt, eine Frühstückspension daraus zu machen, und das war ein Erfolg geworden.
Inzwischen war das Running Brook mehr als nur eine Übernachtungsmöglichkeit. Es gab ein kleines Restaurant, und die Crew richtete auch Edelhochzeiten aus - wer auch immer auf so etwas stand.
Dieses Angebot führte zu einem ordentlichen Verkehrsaufkommen, und die ganzen Wagen fuhren nun regelmäßig an seinem Grundstück vorbei. Eigentlich war er auf der Suche nach Frieden und der Ruhe hierhergekommen, so wie er es von früher in Erinnerung behalten hatte. Und stattdessen fand er nun einen nicht abreißen wollenden Strom von Autos vor.
»Was soll's. Solange sie nicht durch meinen Vorgarten brettern ...«, brummelte er vor sich hin und versuchte, seine Wut zu unterdrücken. Also verdrängte er den Gedanken an die Limousine und machte sich wieder an die Arbeit. Erst als es dunkel wurde, legte er das Werkzeug beiseite.
Mittlerweile schienen sich die Muskeln in seinem verwundeten Bein zu einem einzigen Knoten verhärtet zu haben, und er verspürte ein heftiges Pochen in seinem Kopf.
Eine heiße Dusche, ein Sandwich, eine Mütze voll Schlaf, und er wäre wieder so gut wie neu.
Nach der Dusche hatte er jedoch keine Lust mehr auf ein Sandwich oder eine Pizza - oder auf den ganzen anderen Billigfraß, der sein Tiefkühlfach füllte.
Zwar bot ihm Ash nicht besonders viele Auswahlmöglichkeiten, aber er hatte Hunger auf etwas Anständiges. Und da seine eigenen Kochkünste praktisch gegen null strebten, würde er nun wohl oder übel das Haus verlassen müssen.
Es war Freitag, also hatte das Bistro in der Main Street immer noch geöffnet. Darüber hinaus gab es noch das Turkey Bar and Grill.
Doch anstatt in die Innenstadt zu fahren, ertappte Ezra sich dabei, wie er nach rechts abbog und auf die Pension zusteuerte. Es war schon fast zehn Uhr, als er dort ankam.
Als er sich an der langen, polierten Mahagoni-Theke niedergelassen hatte, musste er zudem feststellen, dass er viel zu salopp gekleidet war. Mit seinen Jeans und dem T-Shirt konnte er mit den anderen Gästen des Restaurants in Stoffhosen, Lederhalbschuhen und Polohemden nicht mithalten.
Doch egal. Solange er hier etwas Gutes zu essen bekam ...
Ihm stieg ein Geruch in die Nase, der ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, erkannte Knoblauch und andere Gewürze. War das vielleicht Lasagne ...?
»Hallo, könnte ich bitte die Speisekarte bekommen?«
Der Barkeeper lächelte entschuldigend. »Tut mir leid, aber die Küche hat seit halb zehn geschlossen. Allerdings kann ich Ihnen noch Snacks anbieten, die gibt's bei uns bis elf.«
»Geschlossen«, wiederholte Ezra. Sein Magen knurrte vernehmlich, und es hätte ihn nicht weiter überrascht, wenn ihm auch noch Speichel aus dem Mundwinkel getropft wäre. Was auch immer an diesem Tag auf der Speisekarte gestanden hatte - genau das wollte er. Und keine Snacks.
»Ja, nichts zu machen. Tut mir leid.« Der Barkeeper warf einen Blick auf seine Uhr und verzog bedauernd das Gesicht.
Ezra stieß einen Seufzer aus. »Was haben Sie denn für Snacks?«
Immerhin war das Bier kalt. Fünf Minuten später, er starrte gerade auf den Bildschirm des Fernsehers, der über der Bar hing, sah er aus den Augenwinkeln heraus jemanden auf sich zukommen. Zudem war ein Trappeln zu hören. Stirnrunzelnd wandte er den Kopf.
Das Geräusch kam nicht von ihr, so viel war sicher.
Sie sah toll aus.
Eine ganze Weile bemerkte Ezra den Hund an ihrer Seite nicht, da er viel zu sehr damit beschäftigt war, sie anzustieren. Verdammt...
Trotz der schummrigen Beleuchtung, die in Bars wie dieser herrschte, trug die schöne Unbekannte eine Sonnenbrille. Ihr dunkelrot schimmerndes Haar ging ihr bis zum Kinn und legte sich wie ein Rahmen um das schmale, katzenhaft wirkende Gesicht mit dem vollen, sinnlichen Mund.
Sie besaß milchweiße Haut, die entweder unermüdlich mit Sonnenmilch eingecremt wurde oder einfach keine Sonne abbekam, und war ziemlich hoch gewachsen - er schätzte sie auf knappe ein Meter achtzig, das meiste davon musste Bein sein.
Himmel, er hatte es hier mit einer echten Augenweide zu tun. Genau genommen war sie wohl das Schönste, was er seit Langem gesehen hatte. Ob sie in Ash lebte? Er konnte sich nicht daran erinnern, sie während seiner gelegentlichen Besuche in den Jahren, bevor seine Großmutter gestorben war, jemals gesehen zu haben - wobei er zugeben musste, das Haus kaum verlassen zu haben, außer zum Angeln oder um seine Grandma in die Kirche zu bringen.
Er hörte wieder dieses seltsame Geräusch und dieses Mal senkte er den Blick und entdeckte den Hund. Es war ein großer, hübscher Golden Retriever - mit einer recht auffälligen Weste. Er lief neben der Frau her, hielt exakt dasselbe Tempo wie sie, und bei jedem Schritt machten seine Krallen ein klackendes Geräusch auf dem Parkettboden. Die rothaarige Schönheit bewegte sich mit derselben Anmut durch den Raum, die sie auch im Stehen besaß - ohne nach links oder rechts zu schauen, die Schultern gerade, das Kinn leicht nach vorn gereckt.
Sie war blind.
Ezra runzelte die Stirn. Er beobachtete jeden ihrer Schritte, während sie sich der Bar näherte.
»Hi, Paul. Wie läuft's?«
»Gut läuft's, Lena. Willst du was trinken, während du auf Carter wartest?«
Mit ausgestreckter Hand strich sie über die Lehne eines Barhockers. »Gern. Rum mit Cola light, bitte.« Langsam und elegant ließ sie sich auf dem Stuhl nieder.
Ezra erwischte sich dabei, wie er auf ihren Mund starrte ... und sich fragte, wie er wohl schmecken mochte.
Sie drehte sich in seine Richtung und legte den Kopf schief. »Hallo?«
Ääh ... Hey.«
Der Barkeeper warf ihm einen Blick zu und grinste. »Sie hat Ohren wie ein Luchs.«
Die schöne Unbekannte schnitt ihm eine Grimasse. »Gar nicht wahr. Ich konnte bloß spüren, dass mich jemand angeschaut hat.« Sie lächelte leicht. »Anscheinend hat er noch nie eine Blinde gesehen.«
»Das ist es nicht«, gab Ezra mürrisch zurück und war leicht empört darüber, dass sie über ihn sprach, als wäre er gar nicht anwesend.
Sie wandte sich ihm zu, stützte sich auf der polierten Holz-Theke auf und zog eine Augenbraue hoch. »Also gut, wenn es nicht an mir liegt, dann vielleicht an Puck.«
»Puck?«
»Puck.« Der Retriever zu ihren Füßen hob den Kopf und stellte die Ohren auf. »Mein Hund. Manche Menschen sehen ihn nicht gern im Restaurant.«
»Verstehe. Nein, es liegt nicht an Ihrem Hund. Schönes Tier übrigens. Aber solange er sich nicht auf mein Essen stürzt, stört er mich nicht.«
Er hat eine verdammt sexy Stimme, dachte Lena. Supersexy ... Und er starrt mich immer noch an.
Sie konnte seinen warmen Blick förmlich spüren. Es fühlte sich wie ein Sonnenstrahl auf ihrem Körper an, der ein verführerisches Prickeln hinterließ. Sie versuchte, nicht aus Verlegenheit herumzuzappeln, und fing stattdessen an, Puck zu streicheln. Normalerweise hätte sie ihm befohlen, sich zu ihren Füßen hinzulegen, aber in diesem Augenblick brauchte sie einfach die beruhigende Wirkung, die das Berühren seines Fells hatte.
»Tja, wenn Sie mich auch weiterhin so anstarren, dann sollten Sie sich vielleicht vorstellen.«
»Ezra King. Und Sie sind ...?«
Sie streckte die Hand aus. »Lena. Lena Riddle.«
Eine warme, raue Hand drückte die ihre. Sie war kräftig und schwielig, als würde Ezra viel körperliche Arbeit leisten. Zudem fühlte sich seine Haut nicht so dünn und trocken wie bei älteren Menschen an. Mist, das wurde ja besser und besser. Noch ein paar Minuten und sie würde ihre Libido wahrscheinlich kaum noch unter Kontrolle halten können, vor allem wenn er sie weiterhin so anschaute.
»Also, Ezra King, warum starren Sie mich an?«
»Weil Sie schön sind.«
Lena wurde nicht oft rot. Sie war selten peinlich berührt. Aber in diesem Augenblick spürte sie, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und musste sich beherrschen, um nicht nervös auf ihrem Stuhl herumzurutschen.
»Aah. Tja, vielen Dank.« Hinter sich hörte sie das Quietschen der Küchentür und hätte vor Erleichterung beinahe aufgeseufzt.
»Bitte sehr, Lena.« Mike, der Beikoch, stellte eine Lasagne vor sie auf die Theke. Schon allein der Geruch ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen.
»Danke, Mike.«
»Und für Sie die Chicken Wings, Sir?«
»Ja.«
Mike ging in die Küche zurück.
»Ich hätte allerdings lieber die Lasagne gehabt. Wieso bekommen Sie noch etwas davon?«
»Weil ich sie gemacht und mir ein Stück für den Feierabend aufgehoben habe.« Sie lächelte in Ezras Richtung. »Ich bin einer der beiden Chefköche hier im Restaurant.«
»Wirklich?«
Sie hörte, wie er mit dem Barhocker an sie heranrutschte und ihr ganz nah kam. »Das nächste Mal, wenn es bei Ihnen Lasagne gibt, muss ich unbedingt wiederkommen«, raunte er ihr zu.
Oh Gott, diese Stimme ... »Hey, Paul, kannst du mir bitte noch einen Teller geben?«
Als Paul den Teller auf den Tresen stellte, schob sie Ezra die Lasagne zu. »Wissen Sie was, probieren Sie mal. Ich schaffe sowieso nicht alles allein.«
Er zögerte, und Lena musste schmunzeln. »Nun kommen Sie schon, gerade haben Sie noch gemeckert, dass Sie nichts Richtiges zu essen bekommen, also nehmen Sie sich was. Und wenn Ihnen die Lasagne schmeckt, kommen Sie das nächste Mal einfach wieder, bevor die Küche schließt.«
»Na ja, wenn Sie es so sagen ...«
Sie nahm einen Schluck von ihrer Cola mit Rum, während sie darauf wartete, dass er sich von ihrem Teller bediente. Beinahe hätte sie sich verschluckt, als er sagte: »Wenn ich das nächste Mal hier bin, könnten Sie vielleicht mit mir zu Abend essen.«
Fragt er mich gerade nach einem Date?
Sie schindete ein bisschen Zeit, indem sie noch einen Schluck aus ihrem Glas nahm und es bedächtig absetzte. »Sie wollen mit mir zu Abend essen?«
»Das habe ich gerade gesagt, ja.«
»Warum?«
So verwirrt sah sie verdammt süß aus. Abgesehen davon war Ezra überzeugt, dass sie ihm mit jedem Gesichtsausdruck gefallen würde. »Fragen Sie jeden Mann, der Sie zu einem Date einlädt, erst einmal aus?«
»Sie laden mich zu einem Date ein?«
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er den Barkeeper, der ihrem Gespräch lauschte - und es auch gar nicht erst zu verbergen versuchte. Der Typ sah aus, als würde er eigentlich noch aufs College gehören - vielleicht sogar auf die Highschool.
Dann ließ er den Barmann Barmann sein und konzentrierte sich wieder auf Lena. »Ja, ich lade Sie zu einem Date ein. Ich habe schon lange keine Frau mehr nach einer Verabredung gefragt, vielleicht mache ich da also etwas falsch.«
»Na ja, mich hat auch schon lange kein Mann mehr nach einem Date gefragt, vielleicht habe ich einfach die Andeutungen nicht verstanden.« Sie lächelte.
Sie musste einfach Ja sagen. Allein schon, weil er unbedingt diesen Mund küssen wollte. Er wollte mit beiden Händen in dieses wunderbar dunkelrote Haar greifen, wollte das Gesicht zwischen ihre Brüste drücken und ihre weiche, zarte Haut spüren.
Er war ein ziemlich guter Menschenkenner, wusste Gesten und Blicke schnell zu deuten. Meistens jedenfalls. Und er glaubte, dass er sich auch bei ihr nicht vertat.
Und falls er richtiglag, dann verspürte sie gerade dasselbe unterschwellige Verlangen wie er. Auf diese Vermutung vertrauend, berührte er flüchtig ihren Unterarm. »Also, nachdem wir nun herausgefunden haben, was wir hier gerade machen, sollten wir es vielleicht noch einmal probieren. Hätten Sie Lust, mit mir zu Abend zu essen?«
»Wissen Sie, mich hat wohl noch nie jemand fünf Minuten, nachdem er mich gesehen hat, zu einem Date eingeladen.« Ihr Lächeln bekam einen bitteren Zug, als sie geistesabwesend die dunkle Brille berührte, die ihre Augen verdeckte. »Zu diesem Zeitpunkt des Gesprächs sitzen sie normalerweise schon am anderen Ende des Raumes - oder wollen mir das Essen klein schneiden.«
Ezra warf einen Blick auf das Stück Lasagne auf seinem Teller. »Wenn Sie es kochen können, dann können Sie es vermutlich auch selbst schneiden. Und Sie haben mir immer noch nicht geantwortet.«
»Nein, habe ich nicht. Ich überlege noch ... Ach verdammt, was soll's. Wissen Sie was, Ezra? Ich würde liebend gern mit Ihnen zu Abend essen.«
»Wann?«
»Wenn Sie mit einem späten Essen einverstanden sind, könnten wir das Ganze morgen Abend in Angriff nehmen. Ich bin bis zehn in der Küche. Allerdings gibt es morgen keine Lasagne. Kommen Sie einfach gegen zehn hierher, und ich werde Ihnen eine Mahlzeit beiseitestellen. Wie klingt das?«
»Nach einem Plan.«
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Shiloh Walker
Shiloh Walker wurde in Kentucky geboren und hegt seit ihrer Kindheit eine besondere Vorliebe für das Schreiben. 2004 begann sie ihre Karriere als Autorin von Romantic Fantasy, Romantic Thrill und erotischer Geschichten. Sie lebt mit ihrer Familie im mittleren Westen der USA.
Bibliographische Angaben
- Autor: Shiloh Walker
- 2012, 1. Aufl., 416 Seiten, Maße: 12,6 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Franck, Heide
- Übersetzer: Heide Franck
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802586115
- ISBN-13: 9783802586118
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