Auf, lasst uns gehen!
Das Vermächtnis an die Welt: Der Weg des Heiligen Vaters in die Verantwortung als Bischof, seine Nähe zu den Menschen, die Bürde des Amtes u.v.m.
Bewegende Zeilen voller Warmherzigkeit und Güte, die zeigen, dass der Pontifex ein...
Das Vermächtnis an die Welt: Der Weg des Heiligen Vaters in die Verantwortung als Bischof, seine Nähe zu den Menschen, die Bürde des Amtes u.v.m.
Bewegende Zeilen voller Warmherzigkeit und Güte, die zeigen, dass der Pontifex ein väterlicher Mensch mit großem Herzen ist. Mit Personenregister sowie Register der zitierten Bibelstellen.
Er berichtet von den Schwierigkeiten, die die polnische Kirche nach der Unterdrückung durch die Nationalsozialisten unter der kommunistischen Herrschaft zu bestehen hatte, gibt Einblicke in die Arbeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils, an dem er vom ersten bis zum letzten Tag teilnehmen konnte, berichtet von vielen Begegnungen und lässt dabei immer wieder allgemeine Reflexionen einfließen, die den Leser in die spirituellen Hintergründe des Geschilderten einführen und ihm eine unmittelbare Freude am gelebten Glauben vermitteln.
Wir erleben einen dynamischen, jungen Bischof, der als Vater und Hirte der Gläubigen immer bemüht ist, ganz nah bei den Menschen zu sein, einen weltoffenen Förderer der Wissenschaft und der Künste, einen Freund der Literatur und des Theaters, vor allem aber einen Menschen, der aus der Kraft des Gebetes lebt. Und wir dürfen ihn begleiten auf einem Teil seines Weges, der ihn schließlich auf den Stuhl Petri nach Rom führen sollte.
Auf, lasst uns gehen! von Johannes Paul II.
LESEPROBE
Die Berufung
Es war im Jahre 1958. Mit einer Gruppe begeisterterPaddelboot-Fahrer befand ich mich im Zug nach Olsztyn (Allenstein). Wir warenim Begriff, unsere Ferien nach dem seit 1953 praktizierten Programm zubeginnen: Einen Teil der Ferien verbrachten wir in den Bergen, meist auf denBieszczady, und einen Teil an den Masurischen Seen. Unser Ziel war der FlussŁyna. Und genau deshalb waren wir im Zug nach Olsztyn; es war im Juli. Ichwandte mich an den, der bei uns als "Admiral" fungierte - wenn ich mich rechterinnere, war das damals Zdzisław Heydel - und sagte zu ihm:"Zdzisław, bald werde ich das Boot verlassen müssen, denn der Primas (nachdem Tod von Kardinal August Hlond im Jahr 1948 war das Kardinal StefanWyszyński) hat mich zu sich bestellt und ich muss mich bei ihmvorstellen."
Der "Admiral" antwortete mir:"Einverstanden, ich nehme das in die Hand."
So verließen wir also amfestgesetzten Tag die Gruppe, um nach Olsztynek (Hohenstein), zurnächstgelegenen Bahnstation zu kommen.
Da ich wusste, dass ich mich währendunserer Flussreise beim Kardinal Primas vorstellen musste, hatte ich in weiserVoraussicht bereits meinen Festtags-Talar in Warschau bei Freunden gelassen. Eswäre nämlich kaum angebracht gewesen, in dem Talar zum Primas zu gehen, den ichwährend der Bootsfahrten mitnahm. (Tatsächlich hatte ich auf unseren Ausflügenimmer einen Talar und die Paramente für die Messfeier bei mir.)
So machte ich mich also auf den Wegnach Olsztynek, zuerst auf den Wellen des Flusses im Paddelboot und dann aufeinem Lastwagen, der mit Mehlsäcken beladen war. Der Zug nach Warschau fuhrspät in der Nacht ab. Deshalb hatte ich meinen Schlafsack mitgenommen, weil ichwährend der Wartezeit auf dem Bahnhof ein kleines Schläfchen zu haltengedachte: irgendjemand, den ich darum bitten würde, könnte mich dannrechtzeitig wecken. Das war jedoch nicht nötig, denn ich schlief überhauptnicht.
In Warschau meldete ich mich zurfestgesetzten Zeit in der Miodowa-Strasse. Im Bischofshaus stellte ich fest,dass zusammen mit mir noch drei andere Priester bestellt waren: Wilhelm Plutaaus Schlesien, der Pfarrer von Bochnia in der Diözese Tarnów, MichałBlecharczyk, und Józef Drzazga aus Lublin. Im ersten Moment maß ich demZusammentreffen keine Bedeutung bei; erst später begriff ich, dass wir alle ausdemselben Grund dorthin bestellt worden waren.
Im Arbeitszimmer des Primas vernahmich dann aus seinem Munde, dass derHeilige Vater mich zum Weihbischof des Erzbischofs von Krakau ernannt hatte. ImFebruar desselben Jahres (1958) war nämlich Bischof Stanisław Rospondverstorben, der unter dem damaligen Ordinarius der Erzdiözese, dem MetropolitenKardinal Fürst Adam Sapieha, viele Jahre lang Weihbischof in Krakau gewesenwar.
Als ich die Worte hörte, mit denender Primas mir die Entscheidung des Apostolischen Stuhls verkündete, sagte ich:"Eminenz, ich bin zu jung, kaum 38 Jahre alt."
Doch der Primas antwortete: "Das istein Fehler, den Sie bald überwinden werden. Ich bitte Sie, sich dem Willen desHeiligen Vaters nicht zu widersetzen."
Darauf sagte ich nur noch: "Ichakzeptiere." "Dann gehen wir zum Mittagessen", schloss der Primas.
Er hatte uns alle vier zumMittagessen eingeladen. So erfuhr ich, dass Wilhelm Pluta zum Bischof vonGorzów Wielkopolski (Landsberg), der damals größten ApostolischenAdministration Polens, ernannt worden war. Sie umfasste Szczecin (Stettin) undKołobrzeg (Kolberg), eine der ältesten Diözesen: Kołobrzeg warnämlich im Jahr 1000 gleichzeitig mit der Metropolie Gniezno (Gnesen) errichtetworden, zu der außer Kołobrzeg noch Krakau und Breslau gehörten. JózefDrzazga war zum Weihbischof von Lublin ernannt worden (später kam er nachOlsztyn), und Michał Blecharczyk zum Weihbischof von Tarnów.
Nach dieser für mein Leben sobedeutenden Audienz wurde mit klar, dass ich nicht sofort zu den Freunden undmeinem Boot zurückkehren konnte; zuerst musste ich mich nach Krakau begeben, ummeinen Ordinarius, den Erzbischof Eugeniusz Baziak, zu informieren. Während ichauf den Nachtzug wartete, der mich nach Krakau bringen sollte, betete ichstundenlang in der Kapelle der Warschauer Ursulinen in derWiślana-Strasse.
Erzbischof Eugeniusz Baziak hatteals lateinischer Metropolit von Lemberg das Schicksal aller so genanntenEvakuierten geteilt und die Stadt verlassen müssen. Er hatte sich in Lubaczówniedergelassen, jenem Zipfel der Erzdiözese Lemberg, der sich nach denEntscheidungen von Jalta innerhalb der Grenzen der Volksrepublik Polen befand.Der Erzbischof von Krakau, Fürst Sapieha, hatte im letzten Jahr vor seinem Toddarum gebeten, dass Erzbischof Baziak, der gezwungenermaßen seine eigeneErzdiözese hatte verlassen müssen, nun sein Koadjutor würde. So ist also meinEpiskopat chronologisch mit der Person dieses so sehr geprüften Bischofsverbunden.
Am folgenden Tag ging ich zuErzbischof Eugeniusz Baziak in die Franciszkańska-Strasse 3 und übergabihm den Brief des Kardinal Primas. Ich erinnere mich,als sei es heute, wie der Erzbischof mich unter den Arm nahm und in denWarteraum führte, wo einige Priester saßen, und sagte: "Habemus papam!". Im Licht der späteren Ereignisse könnte man sagen,dass dies prophetische Worte waren.
Ich sagte dem Erzbischof, dass ichnun gern in die Masuren zur Gruppe meiner Freunde zurückkehren würde, die sichmit dem Boot auf der Łyna befanden. Er antwortete: "Das ist jetzt wohlnicht mehr angemessen!"
Ziemlich traurig über diese Antwort,begab ich mich in die Kirche der Franziskaner und ging dort betend den Kreuzweg nach,wobei ich die von Józef Mehoffer gemalten Stationen betrachtete. Ich ging gernzum Kreuzweg in diese Kirche, weilmir diese originellen, modernen Darstellungen der Stationen gefielen. Danachkehrte ich noch einmal zum Erzbischof Baziak zurück und legte ihm erneut meineBitte vor. Ich sagte: "Ich verstehe Ihre Besorgnis, Exzellenz. Trotzdem bitteich Sie, mir zu gestatten, in die Masuren zurückzukehren."
Diesmal antwortete er: "Ja, ja,gehen Sie nur. Ich bitte Sie aber", fügte er lächelnd hinzu, "für die Weihezurückzukehren."
Noch am gleichen Abend stieg ichdarum erneut in den Zug nach Olsztyn. Ich hatte das Buch von Hemingway, "Der alte Mann und das Meer" bei mir. Daslas ich fast die ganze Nacht hindurch, denn nur für ganz kurze Zeit gelang esmir, ein wenig einzuschlafen. Ich fühlte mich ziemlich seltsam...
Als ich in Olsztyn ankam, traf ichdie Freunde aus meiner Gruppe, die mit ihren Booten den Fluss Łyna entlangdorthin gepaddelt waren. Der "Admiral" kam mir auf dem Bahnhof entgegen undsagte: "Nun, Onkel, hat man Sie zum Bischof gemacht?"
Ich bejahte. Und er: "Genau so ...,in meinem Herzen habe ich mir genau das vorgestellt und Ihnen gewünscht."
In der Tat war dies gar nicht allzulange vorher anlässlich der Feier des zehnten Jahrestags meiner Priesterweihe seinGlückwunsch gewesen. Am Tag meiner Ernennung zum Bischof hatte ich erst knappzwölf Jahre Priestertum hinter mir.
Ich hatte wenig geschlafen, unddarum war ich bei meiner Ankunft müde. Trotzdem ging ich noch vor dem Ausruhenin die Kirche, um die heilige Messe zu zelebrieren. Die Kirche wurde vomdamaligen Universitäts-Seelsorger Ignacy Tokarczuk geführt, der später Bischofwurde. Dann endlich konnte ich mich dem Schlaf überlassen. Als ich bald daraufwieder erwachte, merkte ich, dass die Nachricht sich bereits verbreitet hatte,denn Ignacy Tokarczuk sprach mich an und sagte: "Nun, neuer Bischof, herzlichenGlückwunsch!"
Ich lächelte und ging davon, um zurGruppe meiner Freunde zu stoßen, wo ich mein Boot wiederbekam. Als ich aber zupaddeln begann, fühlte ich mich erneut ein wenig seltsam. Das Zusammenfallender Daten hatte mich beeindruckt: Die Ernennung war mir am 4. Juli bekanntgegeben worden, und das war der Weihetag der Kathedrale auf dem Wawel - eineJahresfeier, die in meinem Innern immer eine starke Resonanz gefunden hat. Esschien mir, als habe dieses Zusammenfallen der beiden Ereignisse etwas zubedeuten. Gleichzeitig dachte ich, es werde wohl dieses das letzte Mal sein,dass ich mein Boot benutzen könne. In Wirklichkeit - das muss ich sofortanmerken - konnte ich noch viele Male paddeln gehen und auf den Flüssen undSeen von Mazovia im Boot meine Kräfte stärken. Das dauerte praktisch fort bis1978.
Autoren-Porträt von Johannes Paul II.
JohannesPaul II. wurde am 18. Mai 1920 als Karol Wojtyla im polnischen Wadowice geboren. Er studierte zunächstLiteraturwissenschaften und war Schauspieler in einer Krakauer Theatergruppe.Nach seinem Theologiestudium, das wegen der deutschen Besatzung in Polenweitgehend im Untergrund stattfinden musste, wurde er 1946 zum Priester undknapp zwölf Jahre später, im Jahre 1958, bereits zum Bischof geweiht. Ab 1964Erzbischof von Krakau, wurde er 1967 zum Kardinal ernannt und 1978 alsNachfolger Johannes Pauls I. zum Papst gewählt. Johannes Paul II. ist dererste polnische und seit 1522/23 der erste nicht italienische Papst. 1981 wurdeer bei einem Attentat auf dem Petersplatz schwer verletzt.
- Autor: Johannes Paul II.
- 2004, 224 Seiten, Maße: 12,5 x 20,5 cm, Leinen, Deutsch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3898970450
- ISBN-13: 9783898970457
"Einesder zentralsten und wichtigsten Bücher des Jahres."
"Bewegendes Glaubenszeugnis eines Menschen der Gott ganz naheist."
"Spannend zu lesen, was in einem Menschen vorgeht, der Gottso nahe ist."
Kai Diekmann, Chefredakteur BILD
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