Aus Notwehr!
Gina French ihren Ehemann Paul. Er hatte sie und ihren fünfjährigen Sohn über Jahre hinweg brutal misshandelt. Im Gefängnis schrieb Gina ihre Lebensgeschichte auf. Darin...
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Gina French ihren Ehemann Paul. Er hatte sie und ihren fünfjährigen Sohn über Jahre hinweg brutal misshandelt. Im Gefängnis schrieb Gina ihre Lebensgeschichte auf. Darin erzählt sie ohne jede Bitterkeit oder moralische Rechtfertigung über ihr Leben. Gina stammt von den Philippinen und wird mit elf Jahren Dienstmädchen. Schließlich lernt sie den Engländer Paul kennen, ihre
große Liebe. Sie heiraten und bekommen einen Sohn, Michael. Doch schon bald zeigt Paul sein wahres Gesicht...
Es war Notwehr! So entschied die englische Justiz schließlich in einem Aufsehen erregenden Prozess zugunsten von Gina French, die ihren Ehemann Paul getötet hatte. Er hatte sie und ihren fünfjährigen Sohn über Jahre hinweg brutal misshandelt.
Im Gefängnis schrieb Gina French ihre Lebensgeschichte auf, weil sie verständlich machen wollte, wie es zu dieser Tat kam. Erzählt ohne jede Bitterkeit, Larmoyanz oder den Versuch einer moralischen Rechtfertigung, geht dieser Schicksalsbericht tief unter die Haut.
Gina French stammt von der philippinischen Insel Luzon. Mit elf Jahren geht sie als Dienstmädchen nach Manila, um den kärglichen Lebensunterhalt der Familie aufzubessern. Doch Gina erkrankt schwer, und ihre Eltern müssen schließlich für die teure Behandlung aufkommen.
Gina wollte das Auskommen der Familie verbessern, jetzt ist sie die Ursache für weitere Sorgen und Geldnöte. Nun setzt sie alles daran, ihrer Familie die Ausgaben zurückzuzahlen. Sie nimmt jede Arbeit an, die sich bietet. Schließlich lernt sie den Engländer Paul kennen - ihre große Liebe. Sie heiraten und bekommen einen Sohn, Michael. Doch schon bald muss Gina leidvoll erfahren, dass Paul zu heftigen Aggressionen neigt. Seine Gereiztheit entlädt sich immer häufiger und immer brutaler in Attacken gegen seine Frau und seinen Sohn. Dennoch willigt sie ein, ihrer Beziehung in England noch eine Chance zu geben. Allein, fremd und entwurzelt, treiben Pauls Misshandlungen sie an den Rand des Wahnsinns. Da ist niemand, der die Gewalt zur Kenntnis nehmen will. Niemand, der ihr eine helfende Hand reicht. Und eines Nachts, nachdem Paul wieder den kleinen Michael attackiert hat, sticht sie zu.
AusNotwehr von Gina French
LESEPROBE
Vorwort
Dass siemich aufhängen, glaube ich jetzt nicht mehr, aber wahrscheinlich werden siemich mein Leben lang einsperren, und vielleicht kann ich ja nie mehr meineKinder umarmen oder an den Fluss hinuntergehen, um meiner Mutter zu helfen, dieWäsche der ganzen Familie zu waschen. Hier sitze ich nun also in der Nacht,bevor mein Prozess anfängt, in einer englischen Gefängniszelle. Ich kann nicht schlafen,deshalb schreibe ich. Seite für Seite füllt meine ordentliche Druckschrift daslinierte Papier. Ich will alles, was in meinem Kopf und in meinem Herzen ist,loswerden, damit es nicht mehr so wehtut. Über so vieles habe ich geschwiegen,weil ich meinte, mich schämen zu müssen - oder vielleicht auch nur, weil ichdiskret sein wollte; aber ich will das alles nicht mehr in meinem Kopffesthalten. Ich glaube, dass niemand sich für etwas zu schämen braucht, das zutun er sich irgendwann entschlossen hat - aber natürlich nur, wenn er sich ausden richtigen Gründen dafür entschieden hat.
Ich willerklären, wie das alles passiert ist, wie es dazu gekommen ist, dass ich soweit gereist bin und mich schließlich derart in Schwierigkeiten gebracht habe,obwohl doch so viele Leute immer geglaubt hatten, dass sich für mich alles ganzanders ergeben würde. Diese Leute haben meine Geschichte in den englischenZeitungen gelesen und ihr Urteil aufgrund der reißerischen Schlagzeilen gefällt.Viele Männer aus aller Welt, die mich kannten, als ich in der Bar in Manilaarbeitete, waren sehr nett zu mir und interessierten sich auch dafür, wie ichdazu kam, mit ihnen auf ihr Hotelzimmer zu gehen. Aber ich bezweifle, dass siesich meine Kindheit, die ich ihnen beschrieb, wirklich vorstellen konnten oderdass sie verstanden, wie das Leben meiner Familie aussah, als niemand Geld nachHause schickte. Die englischen Journalisten - sie dachten sich reißerischeAusdrücke wie »Gattenmörderin« oder »ehemaliges Filipina-Lustmädchen aus« -konnten die Fremde in ihrer Mitte nicht verstehen, die anders aussah, die eineandere Sprache sprach, der anderes Essen schmeckte und die auch eine andereVergangenheit hatte. Ich weiß nicht, was morgen passieren wird, wenn Menschen, mitdenen ich nie etwas zu tun hatte, ein Urteil darüber fällen werden, ob ich einschlechter Mensch bin oder nicht und ob ich für den Rest meines Lebens insGefängnis muss. Aber zumindest mache ich mir jetzt in meinem Kopf alles klar,was zu dieser schlaflosen Nacht geführt hat.
1. KAPITEL
Kindheit in den Bergen
»Mama«,sagte ich, »wo kommen die Probleme her? Wie kann ich eines kriegen?«
»Ach,Gina«, meinte sie missbilligend, während sie mit ihrer Arbeit weitermachte undim schäumenden Wasser des Flusses die Wäsche schrubbte, »frag mich nicht nach Problemen.Eines Tages wirst du zu mir kommen und wissen wollen, wie du sie loswerdenkannst.«
Ich ließmir ihre Worte durch den Kopf gehen, entdeckte aber keinen Sinn darin. Alskleines Mädchen, das Anfang der 1970er Jahre mit seinen Eltern in den Bergenlebte, kam mir das Leben so einfach und angenehm vor. Ich bin 1973 geboren,aber für Familien wie die unsere hatte sich seit Hunderten von Jahren nichtsverändert. Wie sollte das Leben also je ein Problem sein? Die Sonne schien diemeiste Zeit, wobei tropische Regengüsse und eine kühle Brise vom Meer dafürsorgten, dass es uns tagsüber nicht zu heiß wurde. Das wild wuchernde, grüneLand, das wir als Bauernfamilie bestellten, bescherte uns ständig Obst, Gemüse undReis. Was wir selbst nicht essen konnten, verkauften wir auf dem Markt. Wirhatten unseren eigenen Carabaw - einenWasserbüffel -, der schwere Lasten trug, und eine Schar Hühner und Enten, dieums Haus gackerten und Eier und Fleisch lieferten. Ich hatte keine Ahnung, wie schweres für meine Eltern war, uns alle durchzufüttern, oder warum Erwachsene von»Problemen« sprachen. Manchmal verloren wir ein Huhn oder auch zwei, weil eineEchse wie ein Drache aus dem Dschungel kam, auf einfache Beute aus. So ein Tierstand eine kleine Ewigkeit gut getarnt vor dem Laubwerk, ohne sich imGeringsten zu bewegen, bis es dann plötzlich einen Satz machte; es bewegte sichso schnell, dass man es kaum sehen konnte. Manchmal brachte mein Vater mitseiner Machete eines um, und dann waren wir wieder quitt. Unsere Mutterbereitete die Echse für uns zu - ihr Fleisch schmeckte fast wie das der Hühner,die sie getötet hatte.
Zu essenhatten wir eigentlich immer genug, auch wenn es nie irgendwelche Süßigkeitengab, die wir Kinder uns so sehnlich wünschten. Unser Essen war einfach, und wirblieben damit die meiste Zeit gesund. Im Vergleich zu den meisten anderenLeuten besaßen wir aber natürlich fast nichts. Wir hatten einfach Glück, dasswir nicht in einem Teil der Welt wohnten, wo regelmäßig Dürren oderÜberschwemmungen auftraten, sonst hätten wir hungern müssen. Die Natur, in derwir lebten, war gnädig mit uns und fütterte uns durch.
Unser Essenbestand größtenteils aus Fisch und grünem Gemüse. Einmal die Woche, amWochenende, versuchte unsere Mutter, Fleisch zu kaufen, vor allemSchweinefleisch. Wenn wir uns das nicht leisten konnten, schlachteten wir einHuhn oder eine Ente. Das Geflügel - und die Echsen - waren das einzige Fleisch,das wir uns regelmäßig leisten konnten, und wir mussten es uns sorgsam einteilen.Unsere Mutter schlachtete nie mehr als ein Tier auf einmal, und sie zerlegte esdann so, dass wir alle davon zu essen hatten, auch sie und Vater. Im Westenwürde so ein Vogel nicht einmal eine Mahlzeit für so viele Personen abgeben,aber sie war schlau und zerteilte das Fleisch in ganz kleine Stückchen, kratzteauch noch den letzten Rest von den Knochen ab und ließ einfach nichtsverkommen. So bekam jeder seinen Anteil.
Manchmal,wenn es etwas zu feiern gab, einen Geburtstag zum Beispiel, aßen wir einen derHunde. Für Gefühlsduseleien war kein Platz - bei keinem Tier. Hunde schmeckten gut,aber ich glaube nicht, dass ich es jetzt noch über mich bringen könnte, einenzu essen. Manchmal, am Wochenende, schauten wir uns einen Hahnenkampf an; dieErwachsenen brüllten und schrien dann immer vor Aufregung,wenn das Blut spritzte und die Federn flogen. Sie schlossen Wetten ab undstachelten die Vögel an, einander noch brutaler anzugreifen, bis dannschließlich einer davonstolzierte, nachdem er seinenGegner vernichtet hatte - mitgenommen, aber trotzdem als Sieger. DieErwachsenen sagten, das Spektakel würde ihnen helfen, ihre Probleme eine Weilezu vergessen.
Um einbisschen Geld nebenher zu verdienen, brachte unsere Mutter Bananen, Ananas, Guaven, Yams und Kokosnüsse indie Stadt, um sie dort zu verkaufen. Sie kam dann immer mit getrocknetem Fischzurück, von dem wir tagelang aßen, aber nie mit Süßigkeiten oder schönen Kleidernoder Schuhen. Das war ganz in Ordnung so, wir verstanden das. Das Leben wardennoch gut, trotz dieser kleinen Enttäuschungen. Frischen Fisch gab es selten,da wir keine Möglichkeit hatten, ihn kühl zu lagern; sonst hätten wir ihn janoch am gleichen Tag, an dem Mutter ihn mitbrachte, aufessen müssen. Und dashätte bedeutet, dass es für den Rest der Woche kein Protein mehr gegeben hätte.Einmal stahl eine der Katzen unseren Vorrat an Fisch für die ganze Woche, undMutter bekam einen Wutanfall und brachte sie um.
»Wir müssensie essen«, sagte sie zu uns, als wir zusahen, wie sie den knochigen Körperhäutete, »sonst haben wir ein Jahr lang Pech.«
Ichverstand nicht, was es Schlimmeres geben könnte, als Katzenfleisch essen zumüssen; es schmeckte Ekel erregend. Die Philippinen bestehen aus rundsiebentausend Inseln, von denen allerdings bloß an die siebenhundert bewohnt sind.Die beiden größten sind Luzon und Mindanao.
Wir lebtenauf Luzon, wo sich auch die Hauptstadt Manilabefindet. Ich hörte Geschichten von dieser weit entfernten Stadt mit all ihrenChancen und Gefahren, konnte mir aber nicht vorstellen, wie es dort aussah. Sicherhätte jeder, der meine idyllische Kindheit vom Standpunkt der westlichen Weltaus betrachtete, erkannt, dass meine Eltern mehr als genug Probleme hatten.Aber ich mit meinen fünf Jahren, die ich barfuß indem alten Holzhaus und draußen im fruchtbaren Dschungel herumrannte und so tat,als würde ich im Haushalt mithelfen, fand an unserem Leben nichts auszusetzen.Wir aßen und schliefen und arbeiteten, um das Haus sauber zu halten und umetwas zu essen auf dem Tisch zu haben, das schien mir schon mehr als genug.Andere Verwandte, auch meine Großeltern, Tanten, Onkel und Cousinen, wohnten inHäusern in der Nachbarschaft, und so war immer jemand da, mit dem man sichunterhalten oder spielen konnte. Wir hatten alle die gleiche Geschichte undsahen der gleichen Zukunft entgegen.
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© Blanvalet Verlag
Übersetzung:Jutta Ressel
- Autor: Gina French
- 2006, 1, 283 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Mit Andrew Crofts. Aus d. Engl. v. Jutta Ressel
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3764502185
- ISBN-13: 9783764502188
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