Beckenboden-Training
Die 12 wirksamsten Übungen
Für eine starke weibliche Basis empfehlen die Autorinnen die zwölf wirksamsten Beckenboden-Übungen. Besonders für (werdende) Mütter ist es wichtig, die Muskulatur der Körpermitte zu trainieren. Die Übungen aus diesem...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Beckenboden-Training “
Für eine starke weibliche Basis empfehlen die Autorinnen die zwölf wirksamsten Beckenboden-Übungen. Besonders für (werdende) Mütter ist es wichtig, die Muskulatur der Körpermitte zu trainieren. Die Übungen aus diesem Buch helfen aber auch älteren Frauen, die bereits unter Senkungsbeschwerden oder Blasenschwäche leiden.
Klappentext zu „Beckenboden-Training “
Sich sicher und selbstbewusst fühlen mit einem starken BeckenbodenDas Beckenboden-Training der beiden Autorinnen gibt mehr Kraft, größere Sicherheit und selbstbewusste Ausstrahlung. Außerdem hilft es bei zahlreichen Beschwerden, bereitet auf die Geburt vor oder dient zur Rückbildung. Alle hier aufgeführten Übungen sind praxisbewährt und optimal aufeinander abgestimmt, können aber auch individuell zusammengestellt werden. So lässt sich die weibliche Basis einfach und schnell kräftigen.
Mit gezielter Gymnastik vorbeugen, zahlreiche Beschwerden mindern und heilen.
Sich sicher und selbstbewusst fühlen mit einem starken Beckenboden Das Beckenboden-Training der beiden Autorinnen gibt mehr Kraft, größere Sicherheit und selbstbewusste Ausstrahlung. Außerdem hilft es bei zahlreichen Beschwerden, bereitet auf die Geburt vor oder dient zur Rückbildung. Alle hier aufgeführten Übungen sind praxisbewährt und optimal aufeinander abgestimmt, können aber auch individuell zusammengestellt werden. So lässt sich die weibliche Basis einfach und schnell kräftigen.Mit gezielter Gymnastik vorbeugen, zahlreiche Beschwerden mindern und heilen.
Lese-Probe zu „Beckenboden-Training “
Beckenboden-Training von Susanne Kitchenham-Pec und Annette Bopp Zu diesem Buch
Der Beckenboden ist für Frauen ein weithin unbekanntes
Körperareal, aber er hat einen ungeheuren Einfluss auf ihr
Leben. Nur wenige wissen, dass der Beckenboden mitverantwortlich
ist für unser Körpergefühl, unsere Haltung und damit
in erheblichem Maße auch für unser inneres und äußeres
Erscheinungsbild. Wenn der Beckenboden zu wenig Kraft
hat oder zu nachgiebig ist - wodurch auch immer -, senken
sich Gebärmutter oder Scheidenwände häufig ab. Auch die
Schließmuskeln von Harnröhre und After können mit betroffen
sein und ihre Funktion nicht mehr richtig ausüben. So ist
Inkontinenz - unfreiwilliger Harn- oder Stuhlabgang - eines
der Hauptsymptome eines schlaffen, kraftlosen Beckenbodens.
Mit gezielter Gymnastik lässt er sich so gut stärken,
dass die Beschwerden verschwinden oder sich zumindest erheblich
bessern. Viele Frauen wissen zwar, dass es Beckenbodengymnastik
gibt, aber sie wird von Krankengymnastinnen
und Hebammen immer noch zu selten angeboten und noch
seltener qualifiziert angeleitet. Unser Buch soll einen Beitrag
dazu leisten, diesen Missstand zu beheben.
... mehr
Wir wollen aber nicht nur gymnastische Übungen zeigen,
die den Beckenboden stärken und damit Beschwerden wie
Inkontinenz lindern oder heilen können. Es geht uns vielmehr
darum, den Beckenboden als Teil unseres weiblichen
Körpers in Bezug zu unserem Leben als Frau zu bringen.
Unsere weiblichen Geschlechtsorgane - ausgenommen die
Brüste - sind räumlich so eng mit dem Beckenboden verflochten,
dass alles, was den Beckenboden selbst oder benachbarte
Organe betrifft, unser Gefühl als Frau entscheidend
beeinflusst. Jede Frau fühlt sich z. B. sexuell gehemmt,
wenn sie größere Hämorrhoiden hat, auch wenn diese gar
nicht weh tun. Eine große Verunsicherung in ihrem Selbstwertgefühl
erfährt sie auch, wenn während der Schwangerschaft
oder nach einer Geburt unkontrolliert Urin abgeht,
beispielsweise beim Laufen, Husten, Heben.
Umgekehrt können wir durch einen leistungsfähigen,
kräftigen Beckenboden eine hohe innere Zufriedenheit empfinden.
Diese mag oberflächlich oder auch sehr tiefgreifend
sein - je nachdem, wobei wir diese Kraft in uns gefühlt haben,
einfach nur auf der Toilette, bei der körperlichen Liebe
oder bei der Geburt eines Kindes.
Obwohl sicher alle Frauen diese körperlich-seelischen
Empfindungen ganz stark spüren, gibt es nur wenige Informationsquellen
über diesen wichtigen Körperteil. Wir erfahren
darüber nichts in der Schule oder an der Universität,
selbst in der Ausbildung zu so »beckenbodennahen« Berufen
wie Frauenärztin, Hebamme oder Krankengymnastin werden
über den Beckenboden kaum Kenntnisse vermittelt. Und
auch Großmütter, Mütter und Tanten wissen darüber meist
so gut wie nichts. So hat der Beckenboden für viele von uns
nur etwas mit dem Po oder einer diffusen Zone »zwischen
den Beinen« zu tun, ein Muskel, den wir irgendwie zusam-
menkneifen und lockerlassen können, der uns aber kaum
vertraut ist. Dass die Öffnungen für unsere körperlichen Ausscheidungen
Urin und Stuhlgang so dicht bei unserer Scheide
liegen, mag Frauen überdies leicht glauben lassen, ihr Intimbereich
sei unsauber, unschön oder etwas, was tunlichst
zu verbergen ist, das nicht anzufassen ist und dessen Funktionen
auch im Dunkeln bleiben müssen.
Susanne Kitchenham
Noch in meine frühe Schulzeit fällt die Erinnerung an Erlebnisse,
die ich - angesichts der damit verbundenen Verschwiegenheit
- richtigerweise als »Frauensache« einstufte: Es war
der große Aufstand, den meine Großmutter veranstaltete,
wenn sie einen Termin beim Frauenarzt hatte. Dreißig Lebensjahre
lang trug sie einen Scheidenring, ein Pessar, das
regelmäßig ausgewechselt werden musste. Die letzten vier
Jahre ihres Lebens übernahm ich die Betreuung der inzwischen
geistig und körperlich senilen Dame. Ich war mittlerweile
Krankenschwester, Hebamme und Mutter. Ihre Verwirrtheit
war an den Tagen des Pessarwechsels natürlich besonders
groß. Meine Großmutter hatte Angst vor einer Prozedur,
die auch wegen dieser Angst nie hinterfragt worden
war. Sie lag völlig verkrampft auf dem gynäkologischen Stuhl.
Die Mundwinkel heruntergezogen, die Nasenflügel gebläht,
atmen konnte sie kaum, ihre Hände umklammerten das
Stuhlgestänge. Ich habe mich nie offen über ihre Frauen- und
Senkungsprobleme unterhalten können, es war ein aus
Scham und Anstand totgeschwiegenes Thema.
Frauen aus jüngeren Generationen sind sicherlich freier
im Umgang mit solchen Fragen, in ihrer Wahrnehmung als
Frau und im Verstehen ihrer weiblichen Körperfunktionen.
Sie informieren sich hauptsächlich über Bücher, einige in
Frauengruppen und Seminaren. Sie versuchen auf diese Weise,
zu einer individuellen weiblichen Selbstsicherheit zu gelangen.
Ihr Selbstwertgefühl braucht die Selbstachtung auf
diesem ganzen Gebiet. Und das ist gut so.
Im Jahre 1970 habe ich meine Hebammenausbildung beendet
und bin - mit einer Unterbrechung von zwei Jahren -
seither immer in diesem Beruf tätig gewesen. Seit 1980 arbeite
ich freiberuflich und begleite Haus- und Klinikgeburten.
Aber ich verbringe nur einen geringeren Teil meiner Arbeitszeit
bei Entbindungen. Die meiste Zeit investiere ich in Kurse
für Geburtsvorbereitung, in die Beratung und Betreuung von
Schwangeren und Wöchnerinnen, in Kurse über natürliche
Familienplanung und für eine aufbauende Beckenbodengymnastik.
Alle diese Bereiche gehören mit zum Arbeitsfeld
einer Hebamme, auch wenn es leider nur wenigen möglich
ist, ihren Beruf in dieser umfassenden Sicht auszuüben.
Nachtwache im Kreißsaal
Es war 1979, als mir zum ersten Mal bewusst wurde, wie notwendig
ein Buch über den weiblichen Schoß im Allgemeinen
und den Beckenboden im Speziellen wäre. Damals rief mich
während einer Nachtwache im Kreißsaal eine junge Frau an,
die ich sechs Monate zuvor entbunden hatte. Wir hatten uns
schon vor der Geburt gekannt und ein enges Vertrauensverhältnis
entwickelt, da sie mit ihrem Partner meinen »Vorbereitungskurs
für werdende Eltern« besucht und ich sie mehrfach
gemeinsam beraten hatte. Die Stimme der jungen Frau,
Bärbel, klang so verzweifelt, dass ich ihr vorschlug, mich sofort,
noch in der Nacht, zu besuchen. Ihr Frauenarzt hatte ihr
während einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung mitgeteilt,
ihr Beckenboden sei derartig geschwächt, dass wohl eine
Operation unumgänglich sei, um das Gewebe zu heben und
zu straffen. Dabei hatte sie die ihr von der Krankengymnastin
gezeigten Übungen auch noch im Anschluss an die Wochenbettzeit
geturnt und acht Wochen nach der Geburt an einer
Rückbildungsgymnastik teilgenommen.
Als Bärbel zu mir kam, untersuchte ich sie erst einmal vaginal.
Der Scheideneingang war leicht geöffnet, so dass ich
die sich weich zur Mitte hin treffenden Scheidenwände sehen
konnte. Als ich vorsichtig tastete, fühlte ich den zu tief stehenden
Muttermund und die locker nach hinten gekippte Gebärmutter.
Bärbel wusste, dass die Gebärmutter vor der
Schwangerschaft normal nach vorne gekippt gewesen war.
Ich musste ihr also bestätigen, dass eine Beckenbodenschwäche
vorlag und die Gebärmutter sich leicht gesenkt hatte. Die
Beckenbodenmuskeln hatten aber einen recht guten Tonus.
Obwohl sie bei der Untersuchung ganz weich und wie nicht
vorhanden waren, konnte Bärbel sie nach meiner Aufforderung
gut einsetzen. Wie konnte es trotz ihrer genau ausgeführten
Gymnastikübungen zu dieser Senkung gekommen
sein?
Die Unterlagen der Gymnastik hatte sie mitgebracht, denn
ich wollte ihr einige für sie besonders wichtige heraussuchen.
Doch als ich sah, was sie da geturnt hatte, war meine Bestürzung
groß: Es war keine einzige geeignete Übung dabei,
schlimmer noch, die meisten waren ausgesprochen belastend
für den Beckenboden. Ich hatte meine Ausbildung zur
Hebamme in England erhalten und dort fundierten Unterricht
in Wochenbett- und Rückbildungsgymnastik bekommen.
In England gibt es im Pro-Kopf-Vergleich fünfmal so
viele Hebammen wie in Deutschland, so dass auch die Neugeborenen-
und Wochenbettstationen fast ausschließlich von
Hebammen geleitet werden. Dazu gehört natürlich auch die
Anleitung zu korrekter Wochenbettgymnastik.
Es war ein Glück, dass in dieser Nachtwache der Kreißsaal
leer blieb und wir in Ruhe miteinander sprechen und turnen
konnten. Hätte sie nicht so viel Vertrauen gehabt, hätte ich
ihr kaum genügend Trost und Mut vermitteln können, dass
sie mit einiger Zuversicht und einem gezielten Beckenboden-
Stärkungsprogramm das Krankenhaus frühmorgens wieder
verließ. Drei Monate später rief mich Bärbel an und war überglücklich
- der Frauenarzt hatte bei seiner Untersuchung
einen normalen gynäkologischen Befund vorgefunden, von
Operation war keine Rede mehr. Bärbel bekam vier Jahre später
ihren zweiten Sohn und ist bis heute absolut beschwerdefrei.
Beckenbodenarbeit mit Frauen jeder Altersstufe
Seitdem arbeite ich mit schwangeren Frauen vorbeugend und
mit Müttern und älteren Frauen auch nachbereitend an einer
Stärkung und Kräftigung des Beckenbodens. Das ist keine
leichte Aufgabe, denn als Hebamme bewege ich mich dabei
beruflich halbwegs auf einem Gebiet, das hierzulande weitgehend
den Krankengymnastinnen vorbehalten ist. Zum Glück
habe ich viele von ihnen auf die Geburt vorbereitet und auch
später gymnastisch betreut. So weiß ich, dass der gynäkologische
Bereich in der Ausbildung zur Krankengymnastin einen
äußerst geringen Stellenwert hat, was sich in den vergangenen
Jahren an einigen Ausbildungsorten erfreulicherweise
zu ändern scheint. Eine Fortbildung in England bei Margaret
Williams, einer exzellenten Krankengymnastin, die für den
»National Childbirth Trust« arbeitete, bestärkte mich in meinem
Vorhaben, mich vor allem um die Beckenboden-Problematik
zu kümmern. So konnte ich mit den Jahren immer sicherer
Übungen empfehlen und selbst erarbeiten.
Eine gewisse Trauer empfinde ich darüber, dass die Mehrzahl
der Gynäkologen den Aufbau eines positiven Beckenbodenbewusstseins
immer noch bestenfalls als nette Nebensache
ansieht und entsprechend nachlässig und uninteressiert
auch auf Fragen von Patientinnen reagiert. Dieses Buch liegt
mir deshalb umso mehr am Herzen, und es zu schreiben ist
mir mit der Zeit immer mehr zur Verpflichtung geworden.
Ich wollte endlich meinen Kursteilnehmerinnen und auch
den Hebammen und Krankengymnastinnen, für die ich seit
Jahren Fortbildungsveranstaltungen leite, etwas in die Hand
geben können, was ihnen auch nach der Kurszeit eine Hilfe
ist. Außerdem möchte ich Frauen, die über ihren Beckenboden
wenig oder gar nichts wissen, eine Möglichkeit zum Einstieg
in diese Thematik geben, so dass sie selbst oder gemeinsam
mit anderen Frauen mit ihrem Beckenboden arbeiten
können. Ich freue mich, dass dies nun möglich geworden ist!
Annette Bopp
Beckenbodenprobleme? Ich? Nie! Alles Anstellerei, was man
da so hört, vom Tröpfeln beim Springen oder Husten oder
Rennen. Ich erinnere mich noch gut an die unsäglichen
»Tropfenfänger« aus Baumwolle, die meine Mutter immer in
ihre Schlüpfer knüpfte, aber sie war ja auch nicht gerade
sportlich. Mir würde das nicht passieren, schließlich machte
ich klassisches Ballett und Yoga und hatte auch ansonsten eine
ganz gute Kondition.
Die Geburt meiner Tochter stürzte mich jäh von diesem
hohen Ross. Drei Stunden Presswehen hatten dafür gesorgt,
dass mein Beckenboden nachhaltig geschädigt war. »Da müssen
Sie was tun«, hatte mein Gynäkologe bei der Nachuntersuchung
noch in eindringlichem Ton gesagt. Der hatte leicht
reden! Schließlich hatte ich es nicht zuletzt dem späten Ein
Wie wir uns dem Thema Beckenboden genähert haben
greifen der betreuenden Ärztin im Kreißsaal zu verdanken,
dass der Beckenboden beim Pressen so überbeansprucht
worden war. Hätte sie früher gehandelt, wäre ich vielleicht
glimpflicher davongekommen. So schlug ich mich noch Wochen
nach der Geburt damit herum, innerhalb von wenigen
Minuten eine Toilette zu finden, wenn ich musste - egal, ob
»groß« oder »klein«. Mein ehemals aufrechter Gang war in
ein zusammengesunkenes Schlurfen mutiert, dem jegliche
Spannkraft fehlte. Ich konnte mich selbst manchmal kaum
ertragen, so rund war ich geworden - in jeglicher Hinsicht.
Aber was sollte ich tun? Beckenbodengymnastik - was ist
das? Wo gibt's Kurse? An wen kann ich mich wenden? Hätte
ich nicht über private Verbindungen von Susanne Kitchenham
erfahren, ich wäre arg aufgeschmissen gewesen. Aber
Susanne war in Hamburg, und ich lebte damals noch in
Frankfurt, fast 450 Kilometer entfernt.
Als meine Tochter aus dem Gröbsten raus war und ich
schon lange nicht mehr stillte, entschloss ich mich, die Mühsal
auf mich zu nehmen und einmal wöchentlich nach Hamburg
zu fahren. Der ICE machte es möglich. Nachmittags
stieg ich in die Bahn, und knapp dreieinhalb Stunden später
war ich in Hamburg. Im Kurs staunten die Frauen nicht
schlecht, als sie hörten, woher ich kam.
Anfangs war ich sehr verleitet, wieder überheblich zu werden
- das Anspannen des Beckenbodens war mir von meinem
Ballett-Unterricht nur zu vertraut. Wie oft hatte mich
meine Lehrerin doch angehalten, die Gesäßmuskeln kräftig
anzuspannen und »zwischen den Beinen hindurch nach vor-
ne zu holen«. So ähnlich war das jetzt auch wieder. Und doch
ganz anders. Aber Susannes Übungstempo und meine Nachlässigkeit
beim Üben zu Hause lehrten mich schnell, bescheiden
zu bleiben. Ich hatte oft regelrecht zu kämpfen, um die
Gymnastik in der geforderten Weise zu schaffen. Oft konnte
ich den Beckenboden gar nicht richtig fühlen, dann wieder
hatte ich regelrechte Erfolgserlebnisse.
Zeit für mich selbst
Aber es ist so verdammt schwer, den »inneren Schweinehund«
zu überwinden und tatsächlich täglich zu üben. Wie
oft habe ich das Training aufgeschoben - »heute Abend, wenn
die Kinder im Bett sind, dann nehme ich mir die Zeit, ganz
bestimmt«. Wie oft hatte ich einfach keine Lust - »nicht
schon wieder«. Ich war es einfach leid, ständig irgendwelchen
Anforderungen zu genügen, wo doch den ganzen Tag
über welche an mich gestellt werden. Natürlich weiß ich genau,
dass ich die Beckenbodengymnastik nur für mich turne,
und wenn ich nichts mache, bekomme ich mit Sicherheit in
Kürze die Quittung. Ich kann es regelrecht spüren, wie der
Beckenboden an Spannung verliert, wie er wieder faul und
lasch wird. Aber es fällt mir immer noch schwer, mich auf
den Hocker zu zwingen und zu üben.
Dabei sind es genau genommen nicht viel mehr als zehn
bis zwanzig Minuten, die ich mir Zeit nehmen müsste - Zeit,
die ich nur mit mir und für mich verbringe. Und ich weiß: Es
ist auch im größten Stress möglich, sich diese Zeit zu nehmen,
irgendwann am Tag. Mittags nach dem Essen bin ich
meistens am ehesten bereit dazu. Ich bin satt, das Kind hält
Mittagsschlaf - ich bin mit mir allein. Keiner stört mich. Ich
lege den Walkman neben mich, setze die Kopfhörer auf und
höre Susannes Anfeuerungsrufe: »Und jetzt hoch, hoch,
noch ein Stückchen, noch ein Stückchen - mehr, mehr,
mehr - und entspannen!« Ich habe mir eine Kursstunde mit
Hockergymnastik auf Band aufgenommen - so bin ich nicht
ganz allein und habe das für mich so wichtige Korrektiv beim
Üben. Denn nach einigen Monaten hatte ich doch einiges
vergessen - und so ist es gut, die Anleitung immer wieder im
Ohr zu haben. Mit einem Video ist das Üben noch leichter -
denn wenn ich auch im Bild sehen kann, was ich tun soll, mache
ich noch weniger Fehler.
Ich übe zwar immer noch nicht täglich, wie ich eigentlich
müsste, aber doch ein- bis zweimal in der Woche. Und ich berücksichtige
wieder viel mehr als sonst die Beckenboden
schonenden Stellungen im Alltag. Wenn ich meinen Sohn
abends zum Schlafliedchen auf den Arm nehme, dann immer
nur in Schrittstellung! In der Hocke stütze ich die Zehenspitzen
auf und merke sofort, dass der Beckenboden
dann deutlich weniger »aus mir herausfällt«.
Ich werde wahrscheinlich nie wieder die hohe Spannkraft
von früher erreichen, und vielleicht ist das auch gar nicht so
wichtig. Meine Kinder haben mich sowieso weicher gemacht,
in jeglicher Hinsicht. Aber mein Training hilft mir, meine
»innere Senkrechte« wieder zu finden, im Lot zu sein und
nicht wie ein Wackelpudding hin- und herzuschwanken.
Wir wünschen uns beide, dass wir mit diesem Buch vielen
Frauen, die bereits eine Beckenbodenschwäche haben und
darunter leiden, Mut machen, mit diesen »verschwiegenen«
Muskeln zu arbeiten, sie kennen zu lernen, zu trainieren und
bewusst einzusetzen. Und wir wünschen uns auch, dass
durch dieses Buch Frauenärztinnen und -ärzte nicht gleich
die angeblich einzige Alternative Operation anraten, sondern
häufiger als bisher ihren Patientinnen nahelegen, ein solches
Training geduldig und konsequent auszuprobieren.
Hamburg, im Juli 2001
Susanne Kitchenham/Annette Bopp
Das Becken im Lebenskreis der Frau
Im Schoßbereich liegen Zentren unserer tiefsten seelischen
Eigenempfindungen, die vom ersten Lebenstag an mit geprägt
werden und unsere spätere Entwicklung mit beeinflussen.
So schmälert beispielsweise eine zu frühe und pedantische
Reinlichkeitserziehung das Vertrauen von Kleinkindern
in ihre eigene Kraft, verunsichert sie und begleitet sie im Unterbewusstsein
ihr Leben lang. Ein Neugeborenes hat ein absolut
offenes Becken, egal, welchen Geschlechtes es ist. Die
Blase entleert sich reflexgesteuert, wenn sich eine bestimmte
Menge an Urin angesammelt hat oder ein Kältereiz sie dazu
anregt. Der Darm entleert sich ebenso reflektorisch, wenn
der Enddarm Stuhlgang enthält, oder durch massageähnliches
Streichen des Afters. Mit rund 18 Monaten erfahren Babys,
dass sie diese Körperfunktionen mehr und mehr beeinflussen
können, bis sie im Alter von etwa drei Jahren »win-
delfrei« und damit »sauber« geworden sind. Eltern fühlen
sich meist fälschlicherweise berufen, diesen Entwicklungsprozess
zu beschleunigen. So erleben diese kleinen Kinder
zumeist, dass das, was sie selbst als angenehme Eigenaktivität
des Herausschiebens empfinden, von den Eltern verabscheut
und abgelehnt wird.
© Weltbild
Wir wollen aber nicht nur gymnastische Übungen zeigen,
die den Beckenboden stärken und damit Beschwerden wie
Inkontinenz lindern oder heilen können. Es geht uns vielmehr
darum, den Beckenboden als Teil unseres weiblichen
Körpers in Bezug zu unserem Leben als Frau zu bringen.
Unsere weiblichen Geschlechtsorgane - ausgenommen die
Brüste - sind räumlich so eng mit dem Beckenboden verflochten,
dass alles, was den Beckenboden selbst oder benachbarte
Organe betrifft, unser Gefühl als Frau entscheidend
beeinflusst. Jede Frau fühlt sich z. B. sexuell gehemmt,
wenn sie größere Hämorrhoiden hat, auch wenn diese gar
nicht weh tun. Eine große Verunsicherung in ihrem Selbstwertgefühl
erfährt sie auch, wenn während der Schwangerschaft
oder nach einer Geburt unkontrolliert Urin abgeht,
beispielsweise beim Laufen, Husten, Heben.
Umgekehrt können wir durch einen leistungsfähigen,
kräftigen Beckenboden eine hohe innere Zufriedenheit empfinden.
Diese mag oberflächlich oder auch sehr tiefgreifend
sein - je nachdem, wobei wir diese Kraft in uns gefühlt haben,
einfach nur auf der Toilette, bei der körperlichen Liebe
oder bei der Geburt eines Kindes.
Obwohl sicher alle Frauen diese körperlich-seelischen
Empfindungen ganz stark spüren, gibt es nur wenige Informationsquellen
über diesen wichtigen Körperteil. Wir erfahren
darüber nichts in der Schule oder an der Universität,
selbst in der Ausbildung zu so »beckenbodennahen« Berufen
wie Frauenärztin, Hebamme oder Krankengymnastin werden
über den Beckenboden kaum Kenntnisse vermittelt. Und
auch Großmütter, Mütter und Tanten wissen darüber meist
so gut wie nichts. So hat der Beckenboden für viele von uns
nur etwas mit dem Po oder einer diffusen Zone »zwischen
den Beinen« zu tun, ein Muskel, den wir irgendwie zusam-
menkneifen und lockerlassen können, der uns aber kaum
vertraut ist. Dass die Öffnungen für unsere körperlichen Ausscheidungen
Urin und Stuhlgang so dicht bei unserer Scheide
liegen, mag Frauen überdies leicht glauben lassen, ihr Intimbereich
sei unsauber, unschön oder etwas, was tunlichst
zu verbergen ist, das nicht anzufassen ist und dessen Funktionen
auch im Dunkeln bleiben müssen.
Susanne Kitchenham
Noch in meine frühe Schulzeit fällt die Erinnerung an Erlebnisse,
die ich - angesichts der damit verbundenen Verschwiegenheit
- richtigerweise als »Frauensache« einstufte: Es war
der große Aufstand, den meine Großmutter veranstaltete,
wenn sie einen Termin beim Frauenarzt hatte. Dreißig Lebensjahre
lang trug sie einen Scheidenring, ein Pessar, das
regelmäßig ausgewechselt werden musste. Die letzten vier
Jahre ihres Lebens übernahm ich die Betreuung der inzwischen
geistig und körperlich senilen Dame. Ich war mittlerweile
Krankenschwester, Hebamme und Mutter. Ihre Verwirrtheit
war an den Tagen des Pessarwechsels natürlich besonders
groß. Meine Großmutter hatte Angst vor einer Prozedur,
die auch wegen dieser Angst nie hinterfragt worden
war. Sie lag völlig verkrampft auf dem gynäkologischen Stuhl.
Die Mundwinkel heruntergezogen, die Nasenflügel gebläht,
atmen konnte sie kaum, ihre Hände umklammerten das
Stuhlgestänge. Ich habe mich nie offen über ihre Frauen- und
Senkungsprobleme unterhalten können, es war ein aus
Scham und Anstand totgeschwiegenes Thema.
Frauen aus jüngeren Generationen sind sicherlich freier
im Umgang mit solchen Fragen, in ihrer Wahrnehmung als
Frau und im Verstehen ihrer weiblichen Körperfunktionen.
Sie informieren sich hauptsächlich über Bücher, einige in
Frauengruppen und Seminaren. Sie versuchen auf diese Weise,
zu einer individuellen weiblichen Selbstsicherheit zu gelangen.
Ihr Selbstwertgefühl braucht die Selbstachtung auf
diesem ganzen Gebiet. Und das ist gut so.
Im Jahre 1970 habe ich meine Hebammenausbildung beendet
und bin - mit einer Unterbrechung von zwei Jahren -
seither immer in diesem Beruf tätig gewesen. Seit 1980 arbeite
ich freiberuflich und begleite Haus- und Klinikgeburten.
Aber ich verbringe nur einen geringeren Teil meiner Arbeitszeit
bei Entbindungen. Die meiste Zeit investiere ich in Kurse
für Geburtsvorbereitung, in die Beratung und Betreuung von
Schwangeren und Wöchnerinnen, in Kurse über natürliche
Familienplanung und für eine aufbauende Beckenbodengymnastik.
Alle diese Bereiche gehören mit zum Arbeitsfeld
einer Hebamme, auch wenn es leider nur wenigen möglich
ist, ihren Beruf in dieser umfassenden Sicht auszuüben.
Nachtwache im Kreißsaal
Es war 1979, als mir zum ersten Mal bewusst wurde, wie notwendig
ein Buch über den weiblichen Schoß im Allgemeinen
und den Beckenboden im Speziellen wäre. Damals rief mich
während einer Nachtwache im Kreißsaal eine junge Frau an,
die ich sechs Monate zuvor entbunden hatte. Wir hatten uns
schon vor der Geburt gekannt und ein enges Vertrauensverhältnis
entwickelt, da sie mit ihrem Partner meinen »Vorbereitungskurs
für werdende Eltern« besucht und ich sie mehrfach
gemeinsam beraten hatte. Die Stimme der jungen Frau,
Bärbel, klang so verzweifelt, dass ich ihr vorschlug, mich sofort,
noch in der Nacht, zu besuchen. Ihr Frauenarzt hatte ihr
während einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung mitgeteilt,
ihr Beckenboden sei derartig geschwächt, dass wohl eine
Operation unumgänglich sei, um das Gewebe zu heben und
zu straffen. Dabei hatte sie die ihr von der Krankengymnastin
gezeigten Übungen auch noch im Anschluss an die Wochenbettzeit
geturnt und acht Wochen nach der Geburt an einer
Rückbildungsgymnastik teilgenommen.
Als Bärbel zu mir kam, untersuchte ich sie erst einmal vaginal.
Der Scheideneingang war leicht geöffnet, so dass ich
die sich weich zur Mitte hin treffenden Scheidenwände sehen
konnte. Als ich vorsichtig tastete, fühlte ich den zu tief stehenden
Muttermund und die locker nach hinten gekippte Gebärmutter.
Bärbel wusste, dass die Gebärmutter vor der
Schwangerschaft normal nach vorne gekippt gewesen war.
Ich musste ihr also bestätigen, dass eine Beckenbodenschwäche
vorlag und die Gebärmutter sich leicht gesenkt hatte. Die
Beckenbodenmuskeln hatten aber einen recht guten Tonus.
Obwohl sie bei der Untersuchung ganz weich und wie nicht
vorhanden waren, konnte Bärbel sie nach meiner Aufforderung
gut einsetzen. Wie konnte es trotz ihrer genau ausgeführten
Gymnastikübungen zu dieser Senkung gekommen
sein?
Die Unterlagen der Gymnastik hatte sie mitgebracht, denn
ich wollte ihr einige für sie besonders wichtige heraussuchen.
Doch als ich sah, was sie da geturnt hatte, war meine Bestürzung
groß: Es war keine einzige geeignete Übung dabei,
schlimmer noch, die meisten waren ausgesprochen belastend
für den Beckenboden. Ich hatte meine Ausbildung zur
Hebamme in England erhalten und dort fundierten Unterricht
in Wochenbett- und Rückbildungsgymnastik bekommen.
In England gibt es im Pro-Kopf-Vergleich fünfmal so
viele Hebammen wie in Deutschland, so dass auch die Neugeborenen-
und Wochenbettstationen fast ausschließlich von
Hebammen geleitet werden. Dazu gehört natürlich auch die
Anleitung zu korrekter Wochenbettgymnastik.
Es war ein Glück, dass in dieser Nachtwache der Kreißsaal
leer blieb und wir in Ruhe miteinander sprechen und turnen
konnten. Hätte sie nicht so viel Vertrauen gehabt, hätte ich
ihr kaum genügend Trost und Mut vermitteln können, dass
sie mit einiger Zuversicht und einem gezielten Beckenboden-
Stärkungsprogramm das Krankenhaus frühmorgens wieder
verließ. Drei Monate später rief mich Bärbel an und war überglücklich
- der Frauenarzt hatte bei seiner Untersuchung
einen normalen gynäkologischen Befund vorgefunden, von
Operation war keine Rede mehr. Bärbel bekam vier Jahre später
ihren zweiten Sohn und ist bis heute absolut beschwerdefrei.
Beckenbodenarbeit mit Frauen jeder Altersstufe
Seitdem arbeite ich mit schwangeren Frauen vorbeugend und
mit Müttern und älteren Frauen auch nachbereitend an einer
Stärkung und Kräftigung des Beckenbodens. Das ist keine
leichte Aufgabe, denn als Hebamme bewege ich mich dabei
beruflich halbwegs auf einem Gebiet, das hierzulande weitgehend
den Krankengymnastinnen vorbehalten ist. Zum Glück
habe ich viele von ihnen auf die Geburt vorbereitet und auch
später gymnastisch betreut. So weiß ich, dass der gynäkologische
Bereich in der Ausbildung zur Krankengymnastin einen
äußerst geringen Stellenwert hat, was sich in den vergangenen
Jahren an einigen Ausbildungsorten erfreulicherweise
zu ändern scheint. Eine Fortbildung in England bei Margaret
Williams, einer exzellenten Krankengymnastin, die für den
»National Childbirth Trust« arbeitete, bestärkte mich in meinem
Vorhaben, mich vor allem um die Beckenboden-Problematik
zu kümmern. So konnte ich mit den Jahren immer sicherer
Übungen empfehlen und selbst erarbeiten.
Eine gewisse Trauer empfinde ich darüber, dass die Mehrzahl
der Gynäkologen den Aufbau eines positiven Beckenbodenbewusstseins
immer noch bestenfalls als nette Nebensache
ansieht und entsprechend nachlässig und uninteressiert
auch auf Fragen von Patientinnen reagiert. Dieses Buch liegt
mir deshalb umso mehr am Herzen, und es zu schreiben ist
mir mit der Zeit immer mehr zur Verpflichtung geworden.
Ich wollte endlich meinen Kursteilnehmerinnen und auch
den Hebammen und Krankengymnastinnen, für die ich seit
Jahren Fortbildungsveranstaltungen leite, etwas in die Hand
geben können, was ihnen auch nach der Kurszeit eine Hilfe
ist. Außerdem möchte ich Frauen, die über ihren Beckenboden
wenig oder gar nichts wissen, eine Möglichkeit zum Einstieg
in diese Thematik geben, so dass sie selbst oder gemeinsam
mit anderen Frauen mit ihrem Beckenboden arbeiten
können. Ich freue mich, dass dies nun möglich geworden ist!
Annette Bopp
Beckenbodenprobleme? Ich? Nie! Alles Anstellerei, was man
da so hört, vom Tröpfeln beim Springen oder Husten oder
Rennen. Ich erinnere mich noch gut an die unsäglichen
»Tropfenfänger« aus Baumwolle, die meine Mutter immer in
ihre Schlüpfer knüpfte, aber sie war ja auch nicht gerade
sportlich. Mir würde das nicht passieren, schließlich machte
ich klassisches Ballett und Yoga und hatte auch ansonsten eine
ganz gute Kondition.
Die Geburt meiner Tochter stürzte mich jäh von diesem
hohen Ross. Drei Stunden Presswehen hatten dafür gesorgt,
dass mein Beckenboden nachhaltig geschädigt war. »Da müssen
Sie was tun«, hatte mein Gynäkologe bei der Nachuntersuchung
noch in eindringlichem Ton gesagt. Der hatte leicht
reden! Schließlich hatte ich es nicht zuletzt dem späten Ein
Wie wir uns dem Thema Beckenboden genähert haben
greifen der betreuenden Ärztin im Kreißsaal zu verdanken,
dass der Beckenboden beim Pressen so überbeansprucht
worden war. Hätte sie früher gehandelt, wäre ich vielleicht
glimpflicher davongekommen. So schlug ich mich noch Wochen
nach der Geburt damit herum, innerhalb von wenigen
Minuten eine Toilette zu finden, wenn ich musste - egal, ob
»groß« oder »klein«. Mein ehemals aufrechter Gang war in
ein zusammengesunkenes Schlurfen mutiert, dem jegliche
Spannkraft fehlte. Ich konnte mich selbst manchmal kaum
ertragen, so rund war ich geworden - in jeglicher Hinsicht.
Aber was sollte ich tun? Beckenbodengymnastik - was ist
das? Wo gibt's Kurse? An wen kann ich mich wenden? Hätte
ich nicht über private Verbindungen von Susanne Kitchenham
erfahren, ich wäre arg aufgeschmissen gewesen. Aber
Susanne war in Hamburg, und ich lebte damals noch in
Frankfurt, fast 450 Kilometer entfernt.
Als meine Tochter aus dem Gröbsten raus war und ich
schon lange nicht mehr stillte, entschloss ich mich, die Mühsal
auf mich zu nehmen und einmal wöchentlich nach Hamburg
zu fahren. Der ICE machte es möglich. Nachmittags
stieg ich in die Bahn, und knapp dreieinhalb Stunden später
war ich in Hamburg. Im Kurs staunten die Frauen nicht
schlecht, als sie hörten, woher ich kam.
Anfangs war ich sehr verleitet, wieder überheblich zu werden
- das Anspannen des Beckenbodens war mir von meinem
Ballett-Unterricht nur zu vertraut. Wie oft hatte mich
meine Lehrerin doch angehalten, die Gesäßmuskeln kräftig
anzuspannen und »zwischen den Beinen hindurch nach vor-
ne zu holen«. So ähnlich war das jetzt auch wieder. Und doch
ganz anders. Aber Susannes Übungstempo und meine Nachlässigkeit
beim Üben zu Hause lehrten mich schnell, bescheiden
zu bleiben. Ich hatte oft regelrecht zu kämpfen, um die
Gymnastik in der geforderten Weise zu schaffen. Oft konnte
ich den Beckenboden gar nicht richtig fühlen, dann wieder
hatte ich regelrechte Erfolgserlebnisse.
Zeit für mich selbst
Aber es ist so verdammt schwer, den »inneren Schweinehund«
zu überwinden und tatsächlich täglich zu üben. Wie
oft habe ich das Training aufgeschoben - »heute Abend, wenn
die Kinder im Bett sind, dann nehme ich mir die Zeit, ganz
bestimmt«. Wie oft hatte ich einfach keine Lust - »nicht
schon wieder«. Ich war es einfach leid, ständig irgendwelchen
Anforderungen zu genügen, wo doch den ganzen Tag
über welche an mich gestellt werden. Natürlich weiß ich genau,
dass ich die Beckenbodengymnastik nur für mich turne,
und wenn ich nichts mache, bekomme ich mit Sicherheit in
Kürze die Quittung. Ich kann es regelrecht spüren, wie der
Beckenboden an Spannung verliert, wie er wieder faul und
lasch wird. Aber es fällt mir immer noch schwer, mich auf
den Hocker zu zwingen und zu üben.
Dabei sind es genau genommen nicht viel mehr als zehn
bis zwanzig Minuten, die ich mir Zeit nehmen müsste - Zeit,
die ich nur mit mir und für mich verbringe. Und ich weiß: Es
ist auch im größten Stress möglich, sich diese Zeit zu nehmen,
irgendwann am Tag. Mittags nach dem Essen bin ich
meistens am ehesten bereit dazu. Ich bin satt, das Kind hält
Mittagsschlaf - ich bin mit mir allein. Keiner stört mich. Ich
lege den Walkman neben mich, setze die Kopfhörer auf und
höre Susannes Anfeuerungsrufe: »Und jetzt hoch, hoch,
noch ein Stückchen, noch ein Stückchen - mehr, mehr,
mehr - und entspannen!« Ich habe mir eine Kursstunde mit
Hockergymnastik auf Band aufgenommen - so bin ich nicht
ganz allein und habe das für mich so wichtige Korrektiv beim
Üben. Denn nach einigen Monaten hatte ich doch einiges
vergessen - und so ist es gut, die Anleitung immer wieder im
Ohr zu haben. Mit einem Video ist das Üben noch leichter -
denn wenn ich auch im Bild sehen kann, was ich tun soll, mache
ich noch weniger Fehler.
Ich übe zwar immer noch nicht täglich, wie ich eigentlich
müsste, aber doch ein- bis zweimal in der Woche. Und ich berücksichtige
wieder viel mehr als sonst die Beckenboden
schonenden Stellungen im Alltag. Wenn ich meinen Sohn
abends zum Schlafliedchen auf den Arm nehme, dann immer
nur in Schrittstellung! In der Hocke stütze ich die Zehenspitzen
auf und merke sofort, dass der Beckenboden
dann deutlich weniger »aus mir herausfällt«.
Ich werde wahrscheinlich nie wieder die hohe Spannkraft
von früher erreichen, und vielleicht ist das auch gar nicht so
wichtig. Meine Kinder haben mich sowieso weicher gemacht,
in jeglicher Hinsicht. Aber mein Training hilft mir, meine
»innere Senkrechte« wieder zu finden, im Lot zu sein und
nicht wie ein Wackelpudding hin- und herzuschwanken.
Wir wünschen uns beide, dass wir mit diesem Buch vielen
Frauen, die bereits eine Beckenbodenschwäche haben und
darunter leiden, Mut machen, mit diesen »verschwiegenen«
Muskeln zu arbeiten, sie kennen zu lernen, zu trainieren und
bewusst einzusetzen. Und wir wünschen uns auch, dass
durch dieses Buch Frauenärztinnen und -ärzte nicht gleich
die angeblich einzige Alternative Operation anraten, sondern
häufiger als bisher ihren Patientinnen nahelegen, ein solches
Training geduldig und konsequent auszuprobieren.
Hamburg, im Juli 2001
Susanne Kitchenham/Annette Bopp
Das Becken im Lebenskreis der Frau
Im Schoßbereich liegen Zentren unserer tiefsten seelischen
Eigenempfindungen, die vom ersten Lebenstag an mit geprägt
werden und unsere spätere Entwicklung mit beeinflussen.
So schmälert beispielsweise eine zu frühe und pedantische
Reinlichkeitserziehung das Vertrauen von Kleinkindern
in ihre eigene Kraft, verunsichert sie und begleitet sie im Unterbewusstsein
ihr Leben lang. Ein Neugeborenes hat ein absolut
offenes Becken, egal, welchen Geschlechtes es ist. Die
Blase entleert sich reflexgesteuert, wenn sich eine bestimmte
Menge an Urin angesammelt hat oder ein Kältereiz sie dazu
anregt. Der Darm entleert sich ebenso reflektorisch, wenn
der Enddarm Stuhlgang enthält, oder durch massageähnliches
Streichen des Afters. Mit rund 18 Monaten erfahren Babys,
dass sie diese Körperfunktionen mehr und mehr beeinflussen
können, bis sie im Alter von etwa drei Jahren »win-
delfrei« und damit »sauber« geworden sind. Eltern fühlen
sich meist fälschlicherweise berufen, diesen Entwicklungsprozess
zu beschleunigen. So erleben diese kleinen Kinder
zumeist, dass das, was sie selbst als angenehme Eigenaktivität
des Herausschiebens empfinden, von den Eltern verabscheut
und abgelehnt wird.
© Weltbild
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Autoren-Porträt von Susanne Kitchenham-Pec, Annette Bopp
Annette Bopp, geboren 1952, ist Diplom-Biologin, Medizin-Journalistin und erfolgreiche Sachbuchautorin zu Gesundheits- und Familienthemen. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der "Goldenen Feder" der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in Hamburg.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Susanne Kitchenham-Pec , Annette Bopp
- 2010, 303 Seiten, Maße: 12,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442171601
- ISBN-13: 9783442171606
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