Befreit
Mende Nazers unfassbares Schicksal hat Millionen Leser erschüttert. Im Jahr 2000 gelang der jungen Frau aus dem Sudan schließlich die Flucht - in die Freiheit? Eine neue dramatische Geschichte beginnt. In der Gefangenschaft hielten Träume sie am Leben:...
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Mende Nazers unfassbares Schicksal hat Millionen Leser erschüttert. Im Jahr 2000 gelang der jungen Frau aus dem Sudan schließlich die Flucht - in die Freiheit? Eine neue dramatische Geschichte beginnt. In der Gefangenschaft hielten Träume sie am Leben: von den heimatlichen Nubabergen, von ihrer Familie, ihrer wundervollen Kindheit. Doch nach der Flucht aus dem Haus des sudanesischen Botschafters fühlte Mende sich lange einsam und bedroht, bangte um ihre Familie, die einem grausamen Bürgerkrieg ausgeliefert war. Irgendwann wusste sie: Es gab nur einen Weg, um auch ihre Seele zu befreien. Sie musste heimkehren. Mende nimmt ein weiteres Mal all ihren Mut zusammen. Eine Reise voller Gefahren führt sie in die Nubaberge - ungewiss ist lange, ob auch ihre Familie es zum Treffpunkt schaffen wird. Als sie dann endlich in den Armen ihrer Eltern liegt, ist sie wieder das glückliche Kind von damals. Doch das Land um sie her ist ein anderes geworden. Was Mende nun erst erfährt: Sie ist die berühmteste Tochter der Nubaberge, und ihre Heimat braucht eine Stimme.
In der Gefangenschaft hielten Tr ume sie am Leben: von den heimatlichen Nubabergen, von ihrer Familie, ihrer wundervollen Kindheit. Doch nach der Flucht aus dem Haus des sudanesischen Botschafters f hlte Mende sich lange einsam und bedroht, bangte um ihre Familie, die einem grausamen B rgerkrieg ausgeliefert war. Irgendwann wusste sie: Es gab nur einen Weg, um auch ihre Seele zu befreien. Sie musste heimkehren.Mende nimmt ein weiteres Mal all ihren Mut zusammen. Eine Reise voller Gefahren f hrt sie in die Nubaberge - ungewiss ist lange, ob auch ihre Familie es zum Treffpunkt schaffen wird. Als sie dann endlich in den Armen ihrer Eltern liegt, ist sie wieder das gl ckliche Kind von damals. Doch das Land um sie her ist ein anderes geworden. Was Mende nun erst erf hrt: Sie ist die ber hmteste Tochter der Nubaberge, und ihre Heimat braucht eine Stimme.
Befreit von Mende Nazer
LESEPROBE
Ich war müde. Seit zwei Stunden saßich nun schon bei der amerikanischen Einwanderungsbehörde fest, ohne den Grunddafür zu kennen. Schließlich war ich inzwischen Besitzerin eines britischenPasses. Wozu also brauchte ich ein Visum, um in die Vereinigten Staateneinzureisen? Außerdem hatte ich eine schriftliche Einladung der Brandeis University in Boston bei mir, die michaufforderte, bei einem Kongress zum Thema »Moderne Sklaverei« einen Vortrag zu halten.
Dennoch hatte mich ein Mann inUniform aus der Schlange geholt und mich in einen kleinen, von grellemNeonlicht erhellten Raum geführt. Bald erschien noch ein zweiter und ließ sichmit strenger Miene an einem Computer nieder. Früher, als ich noch mit einemFlüchtlingsausweis in die USA eingereist war, hatte ich dieses Vorgehen ja nochverstehen können. Aber jetzt? Warum wurde ich nicht wie die britischeStaatsbürgerin behandelt, die ich war?
»Weshalb bin ich hier?«, fragte ich erschöpft. »Wozu diese Sonderbehandlung? Siehaben doch sonst niemanden mit britischem Pass aus der Schlange geholt. Könntees möglicherweise an meiner Hautfarbe liegen?«
»Es sind nur Sicherheitsgründe, Ma am.« Der Mann starrte weiterauf seinen Bildschirm und richtete dann eine Kamera auf mein Gesicht, um michzu fotografieren. »Bei Ihrer letzten Ausreise aus den USA haben Sie sich nichtbei der Einwanderungsbehörde abgemeldet. Und wer sich nicht abmeldet, darf auchnicht mehr rein. Wenn Sie jetzt so gut wären, in die Kamera zu schauen «
»Aber ich muss mich doch gar nichtabmelden. Ich habe einen britischen Pass! Gilt diese Vorschrift denn für allebritischen Staatsbürger?«
»Was ist der Grund Ihrer Einreise indie USA, Ma am?«, unterbrachder Mann, der hinter ihm stand, in scharfem Ton. »Ich soll bei einem Kongresseinen Vortrag über die Geschichte der Sklaverei halten.«
Der Mann sah mich verdattert an.»Sklaverei? Was genau meinen Sie damit?«
»Ich dachte immer, was Sklavereiist, sei inzwischen allgemein bekannt.«
Er warf mir einen eiskalten Blickzu. »Jetzt werden Sie bloß nicht frech, junge Frau. Also, wo werden Sie Ihren äh Vortrag halten? Und wo wohnen Sie?«
Ich wühlte in meiner Handtasche undreichte ihm mein Einladungsschreiben von der BrandeisUniversity. Dann fügte ich hinzu, er könne ja gern Bernadette anrufen, dieDame, die den Brief geschrieben habe. Sie würde ihm dann alles erklären. Der Mannwarf einen kurzen Blick auf den Brief und ging dann hinaus, um zu telefonieren.Währenddessen griff der andere nach meiner Handtasche und kippte den Inhalt aufseinen Schreibtisch. Er durchsuchte meine Brieftasche sowie meine Notizbücher,in denen der Entwurf meines Vortrags stand. Anschließend überprüfte er dieTelefonnummern in meinem Adressbuch, und zu guter Letzt blätterte er meinenPass durch. Der syrische Einreisestempel ließ ihn aufmerken.
Er musterte mich. »Warum waren Siein Syrien?«
»Ich wollte dort Freunde besuchen.«
Eigentlich war Syrien nur eineEtappe im Laufe der langwierigen Vorbereitungen gewesen, die meinen größtenTraum endlich, endlich wahr werden lassen sollten: Ich war dabei, meine Reisein die Nubaberge - in eines der abgelegenstenund unerschlossensten Gebiete des vom Krieggebeutelten Sudan - zu organisieren. In den letzten Monaten war es in meinem Lebendrunter und drüber gegangen. In Syrien zum Beispiel hatte ich jemandengetroffen, der mir erstmals Nachrichten aus erster Hand von meiner Familieüberbringen konnte - zu einer Zeit, als für mich nicht daran zu denken war,selbst in den Sudan zu gelangen. Doch wenn alles gut ging, würde ich nun, baldnach meiner Rückkehr aus den USA, in meine geliebte Heimat fliegen.
Bei dieser Reise würde eswahrscheinlich ernsthaftere Probleme geben als hier bei meinem Direktflug nachBoston. Drei beschwerliche Tage in verschiedenen Flugzeugen standen mir bevor;die letzte Etappe würde ich in einer winzigen Chartermaschine, gesteuert voneinem Buschpiloten, zurücklegen und mitten in ein Kriegsgebiet hineinfliegen. Trotz jahrelanger Planung bestand jederzeitdie Möglichkeit, dass noch im letzten Moment etwas dazwischen kam. Ich betetejeden Tag für unsere sichere Ankunft. Doch es war mir klar, dass ich mich undmeine Freunde in Lebensgefahr brachte.
Allerdings war meine Rolle indiesem Abenteuerdrama noch lange nicht die schwierigste: In einem abgelegenenDorf in den Nubabergen war meine Familie - meineMutter, mein Vater, mein Bruder und meine Schwester - nämlich gerade imBegriff, zu einer noch viel riskanteren und beschwerlicheren Reiseaufzubrechen. Um mich zu sehen, würden sie die unwirtliche Wildnis der Nubaberge durchqueren und dabei Kriegsgebiete undFrontlinien passieren müssen, wo rivalisierende bewaffnete Banden einanderbekämpften. Ganz gleich, was mich unterwegs erwartete, ihnen standen gewissnoch weitaus größere Strapazen und Herausforderungen bevor. Seit einigen Tagenfragte ich mich deshalb plötzlich, ob es überhaupt richtig war, sie solchenGefahren auszusetzen - nur damit ein
kleines Nubamädchennach vielen langen Jahren wieder mit seiner Familie vereint sein würde
Allerdings lag mir nichts ferner,als das diesen eiskalten Männern von der amerikanischen Einwanderungsbehördeunter die Nase zu reiben. Der Mann scannte die Seite mit dem syrischen Stempelin seinen Computer ein.
»Warum wollten Sie Ihre äh Freunde in Syrien treffen?« »Weshalb interessieren Siesich so für Syrien?«, gab ich zurück. »Sie haben dochalle Informationen in der Hand - meinen Pass, mein Adressbuch, meineBrieftasche und so weiter! Außerdem haben Sie mich fotografiert, mir dieFingerabdrücke abgenommen und meine Visa kopiert. Was wollen Sie denn sonstnoch von mir?«
Über den Rand seines Monitors hinwegwarf der Mann mir einen finsteren Blick zu. »Junge Frau, wenn Sie die Fragen nichtbeantworten, wird nichts aus ihrer Einreise in die USA.«
Da kam sein Kollege zurück. »Ichhabe am Telefon mit dieser Bernadette gesprochen«, verkündete er. »Offenbarsagt die Frau hier die Wahrheit. Sie wird tatsächlich an der Universität einenVortrag halten und wohnt im Best Western in Cambridge.«
Die beiden Männer wechselten Blicke.
»Wie lange bleiben Sie?«, erkundigte sich der Sitzende.
Inzwischen hatte ich genug von demTheater. »Sie wissen, dass ich an der Universität sprechen werde. Außerdemkennen Sie den Namen meines Hotels. Ichbin jetzt schon fast drei Stunden hier. Warum halten Sie mich fest?«
Endlich ließen die Grenzbeamten michgehen, und ich durfte in die USA einreisen. Die Erklärung dafür, weshalb siemich drei Stunden lang vernommen hatten, blieben sie mir leider schuldig. Dochim Grunde meines Herzens kannte ich die Antwort: Es wollte ihnen einfach nichtin den Kopf, wie ich, ein schwarzes Mädchen, das noch bis vor kurzem einsudanesischer Flüchtling gewesen war, sich zur Staatsbürgerin eines westlichenLandes gemausert haben konnte. Es war eine kleine, aber typische Szene meinesLebens. Man wollte mir unrecht tun, doch ich hatte rechtbekommen. Das machte mich stark.
© Verlag DroemerKnaur
Übersetzung: Karin Dufner
- Autor: Mende Nazer
- 2007, 1, 347 Seiten, 32 farbige Abbildungen, Maße: 15 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Mit Damien Lewis; Übers. v. Karin Dufner
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426273543
- ISBN-13: 9783426273548
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