Bienengeheimnisse

Pollen". Der aus der Bibel stammende Ausdruck "Land, wo Milch und Honig fließen" ist wohl jedem bekannt. Eins der Märchen der Brüder Grimm heißt "Die Bienenkönigin". Und so weiter.

Egal, ob aus biologischer, erdgeschichtlicher, ökologischer, mythologischer, natur- und volksheilkundlicher, ernährungswissenschaftlich-kulinarischer oder noch anderer Sicht betrachtet, Bienen und Honig stellen eine wunderbare, geheimnisvolle Welt dar. Die Thematik ist heute aktueller denn je, weil die Bienen bedroht sind. Im Jahr 2007 verschwanden in den Vereinigten Staaten von Amerika um die 600 000 Bienenvölker, beinah ein Viertel der gesamten Population. Vermutlich war ein Virus schuld, das die Tiere geschwächt hat. Weil kranke Bienen ihren Stock verlassen, um ihre gesunden Artgenossinnen nicht anzustecken - Stichwort Sozialverhalten -, fanden die Imker nur Königinnen und Brut in den Waben.

Zur Ursache des Bienensterbens gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Theorien, zum Beispiel die, dass wir Menschen sie mit immer weniger Sensibilität behandeln und daher ihre Widerstandskräfte generell geschwächt sind.

Dieses Buch kann nicht die gesamte, gigantisch vielschichtige und breitgefächerte Wunderwelt der Bienen und ihrer "Produkte" behandeln. Aber es wird auf die gegenwärtige ökologische Situation eingehen, einen generellen Überblick über das Thema Bienen geben (mit "Bienen" sind hier immer Honigbienen gemeint), es wird über Mythologie und Symbolik der Bienen erzählen und sich mit ganz Handfestem und Pragmatischem beschäftigen: Wie können Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, mithilfe vor allem von Honig, aber auch von Bienenwachs, Pollen, Propolis und Gelée royale gesundheitlich und im Hinblick auf Ihr Wohlbefinden Gutes tun? Es gibt dazu Rezepte und Tipps von Expertinnen und Experten, die über langjährige Erfahrung verfügen.

So weit wie möglich sind die Themenbereiche in sich abgeschlossen, sie dürfen also separat voneinander gelesen werden.

Sinn und Zweck dieses Buches ist, den erwähnten Respekt und die Bewunderung für das älteste Haustier des Menschen zu wecken oder zu vertiefen, vielleicht sogar die Liebe dafür. Für ein Tier, ohne das es weder die Flora in ihrer Vielfalt noch uns Menschen gäbe und auf das wir künftig nicht verzichten können und wollen.

Mich hat das Aufspüren und Lüften wirklich staunenswerter Bienengeheimnisse sehr bereichert. Sie gehören schon jetzt zum Repertoire meines alltäglichen und nicht alltäglichen Universums.

Ihnen wünsche ich ganz herzlich, dass auch Sie gut damit zurechtkommen und dass Ihr Leben ein bisschen süßer wird.

München, im Frühjahr 2009 Irene Dalichow TEIL I:
Bienengeheimnisse 12 Bienengeheimnisse Bienen verstehen Ein Besuch im Bienenstock Jeder weiß, wie Bienen aussehen und sich anhören, wie Honig duftet, schmeckt und auf der Zunge zergeht. Aber auf welche Weise das alles funktioniert mit Bienenkönigin, Drohnen, Arbeitsbienen und Brutpflege, woraus Wachs und Honig genau bestehen und wie sie zustande kommen, was Imker tun, damit es ihren Haustieren gutgeht und sie an deren kostbare und köstliche Erzeugnisse gelangen, ohne dass es zum Krieg kommt - das gehört nicht zum Allgemeinwissen. Allerdings kann man sich darüber problemlos informieren, zum Beispiel indem man fundierte Bücher liest. Indem man einen Imker findet, männlich oder weiblich, der oder die einen in sein Wissen einweiht. Oder indem man ein Museum, zum Beispiel das Deutsche Bienenmuseum in Weimar besucht. Genau die drei Wege habe ich für den folgenden Teil meines Textes beschritten, um die offenen Geheimnisse über Bienen zu lüften. Denn diese Informationen sind allgemein zugänglich. Dass sie sich zunächst einmal mysteriös anfühlen, hat nur damit zu tun, dass alles einigermaßen kompliziert und vielschichtig ist. Und dass man sich als "Normalverbraucher" nicht unbedingt die Mühe macht, da einzusteigen.

Der folgende Text wendet sich also erst einmal an Leute wie dich und mich, an genau solche "Normalverbraucher". Er ist eine Einführung. Wer tiefer einsteigen möchte, findet im Literaturverzeichnis am Ende des Buches, im Internet, in der Buchhandlung oder Bibliothek eine Fülle weiterer Informationen.

Die erste Adresse für einen tiefgehenden Überblick ist Karl Ritter von Frisch (1886-1982). Der österreichische Zoologe lehrte als Universitätsprofessor in verschiedenen Städten, auch in München. Auf sein Konto geht unter anderem die Erforschung der "Tänze", mit denen die Bienen kommunizieren. 1973 erhielt er dafür den Nobelpreis, nachdem er zuvor für seine ungewöhnliche Arbeit eine Menge Häme hatte einstecken müssen. Sein Buch Aus dem Leben der Bienen erschien 1927 zum ersten Mal. Es wurde immer wieder aktualisiert und neu bearbeitet. Dieser Klassiker enthält in knapper Form sehr viel Wissenswertes.