Connected!
Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist
Dieses Buch kann Ihr Leben verändern -- wenn es jemand liest, den Sie nicht kennen.Ihre politische Einstellung, Ihre Partnerschaft, Ihr Leibesumfang - Sie glauben, das alles bestimmen Sie selbst? Weit gefehlt! Es sind Menschen, die Sie oft nicht mal...
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Produktinformationen zu „Connected! “
Dieses Buch kann Ihr Leben verändern -- wenn es jemand liest, den Sie nicht kennen.
Ihre politische Einstellung, Ihre Partnerschaft, Ihr Leibesumfang - Sie glauben, das alles bestimmen Sie selbst? Weit gefehlt! Es sind Menschen, die Sie oft nicht mal persönlich kennen - die Freunde eines Freundes eines Freundes -, die Ihr Leben bis ins kleinste Detail maßgeblich beeinflussen.
Die international renommierten Wissenschaftler Nicholas A. Christakis und James H. Fowler haben soziale Netzwerke erforscht und zeigen, wie diese unmerklich auf unser Verhalten abfärben. Für ihre Forschungen erschlossen sie die bislang größte Menge an persönlichen Daten, u.a. aus Facebook-Profilen und der Erfassung und Langzeitstudie einer gesamten Kleinstadt. Die Auswertung zeigt: Verhaltensmuster und Gefühle der Menschen sind wie ein Fischschwarm. Nicht ein einzelner Fisch entscheidet, wohin es geht, sondern der Schwarm trifft die Entscheidung.
Auf verblüffende, provokante und unterhaltsame Weise zeigen Christakis und Fowler wie groß die Macht sozialer Ansteckung ist.
Klappentext zu „Connected! “
Dieses Buch kann Ihr Leben verändern - wenn es jemand liest, den Sie nicht kennen.Ihre politische Einstellung, Ihre Partnerschaft, Ihr Leibesumfang - Sie glauben, das alles bestimmen Sie selbst? Weit gefehlt! Es sind Menschen, die Sie oft nicht mal persönlich kennen - die Freunde eines Freundes eines Freundes -, die Ihr Leben bis ins kleinste Detail maßgeblich beeinflussen.
Die international renommierten Wissenschaftler Nicholas A. Christakis und James H. Fowler haben soziale Netzwerke erforscht und zeigen, wie diese unmerklich auf unser Verhalten abfärben. Für ihre Forschungen erschlossen sie die bislang größte Menge an persönlichen Daten, u.a. aus Facebook-Profilen und der Erfassung und Langzeitstudie einer gesamten Kleinstadt. Die Auswertung zeigt: Verhaltensmuster und Gefühle der Menschen sind wie ein Fischschwarm. Nicht ein einzelner Fisch entscheidet, wohin es geht, sondern der Schwarm trifft die Entscheidung.
Auf verblüffende, provokante und unterhaltsame Weise zeigen Christakis und Fowler wie groß die Macht sozialer Ansteckung ist.
Lese-Probe zu „Connected! “
Connected! von Nicholas A. Christakis und James H. FowlerEinleitung
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Soziale Netzwerke sind Phänomene von komplexer Schönheit. Sie sind derart kunstvoll und verästelt, und vor allem sind sie derart allgegenwärtig, dass man sich fragen muss, welchem Zweck sie dienen. Warum sind wir Teil von sozialen Netzwerken? Wie entstehen sie? Wie funktionieren sie? Und welche Auswirkungen haben sie auf uns?
Ich (Nicholas) beschäftige mich schon seit einem guten Jahrzehnt mit diesen Fragen. Ausgangspunkt meines Interesses war das denkbar einfachste soziale Netzwerk: die Zweierbeziehung. Anfangs arbeitete ich vor allem mit Ehepaaren. Als Arzt begleitete ich Sterbepatienten und ihre Familien und beobachtete dabei immer wieder, welchen Verlust der Tod eines geliebten Menschen für dessen Partner bedeutet. Vor allem interessierte ich mich für die Frage, inwieweit eine Krankheit des einen auch eine Erkrankung des anderen nach sich ziehen kann. Wenn eine Beziehung zwischen zwei Menschen besteht, dann muss auch eine Beziehung zwischen der Gesundheit der beiden bestehen, so meine Annahme. Wenn eine Frau krank wird und stirbt, dann nimmt auch das Sterberisiko für den Ehemann zu. Allmählich begann ich, mich auch mit anderen Zweierbeziehungen zu befassen, zum Beispiel mit Geschwisterpaaren, Freunden oder Nachbarn, die durch einen Gartenzaun miteinander verbunden (nicht getrennt!) sind.
Doch diese einfachen Beziehungen rührten noch nicht an den eigentlichen Nerv der Sache. Meine entscheidende Erkenntnis war, dass diese einzelnen Zweierbeziehungen immer weitere Verbindungen eingehen, bis schließlich riesige Netzwerke von gewaltiger Reichweite entstehen. Die Ehefrau eines Mannes hat eine beste Freundin, diese hat einen Arbeitskollegen, der wiederum hat einen Bruder, der eine Freundin hat, und so weiter. Diese Ketten verästeln sich wie Blitze und durchziehen die gesamte Gesellschaft in komplizierten Mustern. Die Situation war offenbar sehr viel komplexer, als ich zunächst angenommen hatte. Mit jedem Schritt, den wir uns von einem Menschen innerhalb eines sozialen Netzwerks entfernen, nimmt die Zahl der Beziehungen zu anderen Menschen und die Komplexität der Verästelungen rasant zu. Bei der Beschäftigung mit diesen Fragen nahm ich natürlich auch die Arbeiten anderer Sozialwissenschaftler zur Kenntnis, angefangen von einsamen deutschen Gelehrten des beginnenden 20. Jahrhunderts bis zu visionären Soziologen der siebziger Jahre, die soziale Netzwerke in einer Größenordnung von drei bis dreißig Personen untersucht hatten. Doch mich interessierten Netze von dreitausend, dreißigtausend oder drei Millionen Menschen.
Mir wurde rasch klar, dass ich zur Erforschung derart gewaltiger Zusammenhänge die Unterstützung eines Kollegen benötigen würde. Wie sich herausstellen sollte, beschäftigte sich mein Harvard-Kollege James Fowler ebenfalls mit sozialen Netzwerken, wenngleich aus einer vollkommen anderen Perspektive. Wir kannten uns nicht, obwohl wir jahrelang auf demselben Campus in Nachbargebäuden gearbeitet hatten. Im Jahr 2002 stellte uns ein gemeinsamer Kollege, der Politikwissenschaftler Gary King, einander vor. Mit anderen Worten, wir begannen unsere Reise als Freunde eines gemeinsamen Freundes. Gary vermutete, dass wir ähnliche Forschungsinteressen haben könnten, und mit dieser Vermutung hatte er recht. Die Tatsache, dass wir uns dank eines gemeinsamen Freundes kennenlernten, ist ein perfektes Beispiel für das Funktionieren und den Nutzen von sozialen Netzwerken, die wir in diesem Buch darstellen wollen.
James befasste sich schon seit einigen Jahren mit der Frage, wie wir zu unseren politischen Überzeugungen kommen, welche Auswirkungen das gesellschaftliche oder politische Engagement eines Menschen auf andere hat und wie sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam Ziele zu erreichen, die sie allein nicht verwirklichen können. Daneben untersuchte er eine Reihe weiterer Phänomene, die in unserem Zusammenhang ebenfalls eine Rolle spielten, etwa die Selbstlosigkeit und die Motivation für ethisches Handeln - beides Voraussetzungen für die Entstehung und den Erhalt von sozialen Netzwerken.
Als wir gemeinsam der Frage nachgingen, was es bedeutet, dass wir Menschen in gewaltigen sozialen Beziehungsgeflechten miteinander vernetzt sind, stellten wir fest, dass wir nicht nur von Menschen beeinflusst werden, die wir persönlich kennen. Wenn unser Verhalten auf das unserer Freunde abfärbt und diese wiederum ihre Freunde beeinflussen, dann können wir mit unseren Handlungen Menschen erreichen, denen wir noch nie begegnet sind. Als wir beispielsweise die Auswirkungen der sozialen Netzwerke auf unsere Gesundheit untersuchten, machten wir einige erstaunliche Entdeckungen: Wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes zunimmt, dann nehmen Sie zu. Wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes mit dem Rauchen aufhört, dann hören Sie mit dem Rauchen auf. Und wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes glücklich ist, dann sind Sie glücklich.
Schließlich entdeckten wir einige der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten, nach denen soziale Netzwerke entstehen und funktionieren. Und wir kamen zu dem Schluss, dass wir bei deren Erforschung nicht darum herumkommen, uns mit deren Entstehung zu beschäftigen. Niemand kann beispielsweise mit allen Menschen befreundet sein. Räumliche, sozioökonomische und technologische Gegebenheiten sowie unsere Gene stellen Einschränkungen für die Art und Zahl unserer sozialen Beziehungen dar. Um die Menschen verstehen zu können, müssen wir ihre Beziehungen untereinander verstehen, und genau auf diese richtete sich nun unser Forschungsinteresse.
Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts haben sich zahlreiche Forscher mit ähnlichen Fragen beschäftigt und die mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen der Netzwerkforschung gelegt. Im Laufe unserer Arbeit begegneten wir einer ganzen Reihe von verwandten Projekten: Ingenieure untersuchen die Vernetzung von Kraftwerken, Genforscher die Vernetzung von Genen und Physiker die Vernetzung von allem mit allem. Diese Netzwerke erschienen uns zwar ebenfalls sehr spannend, doch unsere waren weitaus faszinierender, komplexer und vor allem von größerer Tragweite. Schließlich handelt es sich bei den Knoten der sozialen Netzwerke um denkende Menschen! Sie können ihre eigenen Entscheidungen treffen und damit auf das Netzwerk einwirken, dem sie angehören, während dieses umgekehrt sie beeinflusst. Ein menschliches Netzwerk führt ein Eigenleben, das vollkommen einmalig ist.
Doch nicht nur Wissenschaftler interessieren sich für die Schönheit und Erklärungsmacht von Netzwerken. Auch die Menschen auf der Straße beschäftigen sich immer häufiger mit ihnen. Das liegt natürlich vor allem daran, dass das Internet in immer mehr Haushalten Einzug hält und uns eindrucksvoll vor Augen führt, dass räumlich weit entfernte Dinge und Menschen miteinander verknüpft sein können, und zwar nicht nur im Computer, sondern im wirklichen Leben. Begriffe wie »das Internet« oder »das Netz« finden Eingang in den täglichen Sprachgebrauch, Filme wie Matrix werden zum Kassenschlager. Das Internet hat einen zunehmend sozialen Charakter, und fast jeder kennt heute Online- Communities wie Facebook oder MySpace.
Je tiefer wir in die Erforschung der sozialen Netzwerke vordrangen, umso mehr gelangten wir zu der Überzeugung, dass es sich um eine Art menschlichen Überorganismus handelt. Netzwerke wachsen und entwickeln sich. Sie transportieren alles nur Erdenkliche. Dieser Überorganismus hat eine Struktur und eine Funktion, und beidem wollten wir auf den Grund gehen.
Wenn wir uns als Teil eines Überorganismus begreifen, erscheinen unsere Handlungen, Entscheidungen und Erfahrungen mit einem Mal in einem völlig neuen Licht. Wenn wir erkennen, dass wir durch unsere Einbettung in soziale Netzwerke geprägt werden und dass direkt oder indirekt mit uns in Verbindung stehende Menschen unser Denken und Handeln beeinflussen, dann stellen wir mit einem Mal fest, dass unsere Entscheidungen nicht nur unserem eigenen freien Willen unterliegen. Diese Erkenntnis kann durchaus ein Schock sein, zum Beispiel wenn wir plötzlich feststellen müssen, dass unsere moralischen Entscheidungen und unser gesellschaftliches Handeln von unseren Nachbarn oder sogar von wildfremden Menschen beeinflusst werden. Auf der anderen Seite geben uns Netzwerke die Möglichkeit, über uns selbst hinauszureichen und unsere Einschränkungen zu überwinden. In diesem Buch werden wir zeigen, dass unsere Vernetztheit nicht nur ein natürlicher und notwendiger Bestandteil unseres Lebens, sondern auch eine positive Sache ist. Genau wie unser Gehirn Dinge leistet, zu denen eine einzelne Nervenzelle nicht imstande ist, können Netzwerke Ziele verwirklichen, die die Fähigkeiten des Einzelnen übersteigen.
Jahrzehnte- und jahrhundertelang wurden die zentralen Menschheitsthemen - Leben und Tod, Reichtum und Armut, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit - auf eine Diskussion um individuelle versus kollektive Verantwortung reduziert. Naturwissenschaftler, Philosophen und andere Denker gehörten in der Regel einem von zwei Lagern an: Entweder meinen sie, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, oder sie sehen die Verantwortung für sämtliche Missstände bei gesellschaftlichen Kräften (etwa einem mangelhaften staatlichen Schulsystem oder einer korrupten Regierung).
Wir sind jedoch der Auffassung, dass in dieser Diskussion bislang ein dritter Faktor übersehen wurde. Aufgrund unserer Forschungen und unserer persönlichen Erfahrungen kamen wir zu dem Schluss, dass unsere Beziehungen zu anderen Menschen eine ganz entscheidende Rolle spielen und dass die Netzwerkforschung einen wichtigen Beitrag zur Erklärung des menschlichen Verhaltens liefern kann, weil sie die Beobachtung des individuellen Verhaltens mit der Beobachtung von Gruppen verknüpft. In diesem Buch geht es um unsere Beziehungen zu anderen Menschen und darum, wie diese unsere Gefühle, Sexualität, Gesundheit, Finanzen, Entwicklung und Technologie beeinflussen. Doch vor allem geht es um etwas, das uns Menschen überhaupt erst zu Menschen macht. Um uns selbst zu verstehen, müssen wir verstehen, wie wir miteinander vernetzt sind.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010
Soziale Netzwerke sind Phänomene von komplexer Schönheit. Sie sind derart kunstvoll und verästelt, und vor allem sind sie derart allgegenwärtig, dass man sich fragen muss, welchem Zweck sie dienen. Warum sind wir Teil von sozialen Netzwerken? Wie entstehen sie? Wie funktionieren sie? Und welche Auswirkungen haben sie auf uns?
Ich (Nicholas) beschäftige mich schon seit einem guten Jahrzehnt mit diesen Fragen. Ausgangspunkt meines Interesses war das denkbar einfachste soziale Netzwerk: die Zweierbeziehung. Anfangs arbeitete ich vor allem mit Ehepaaren. Als Arzt begleitete ich Sterbepatienten und ihre Familien und beobachtete dabei immer wieder, welchen Verlust der Tod eines geliebten Menschen für dessen Partner bedeutet. Vor allem interessierte ich mich für die Frage, inwieweit eine Krankheit des einen auch eine Erkrankung des anderen nach sich ziehen kann. Wenn eine Beziehung zwischen zwei Menschen besteht, dann muss auch eine Beziehung zwischen der Gesundheit der beiden bestehen, so meine Annahme. Wenn eine Frau krank wird und stirbt, dann nimmt auch das Sterberisiko für den Ehemann zu. Allmählich begann ich, mich auch mit anderen Zweierbeziehungen zu befassen, zum Beispiel mit Geschwisterpaaren, Freunden oder Nachbarn, die durch einen Gartenzaun miteinander verbunden (nicht getrennt!) sind.
Doch diese einfachen Beziehungen rührten noch nicht an den eigentlichen Nerv der Sache. Meine entscheidende Erkenntnis war, dass diese einzelnen Zweierbeziehungen immer weitere Verbindungen eingehen, bis schließlich riesige Netzwerke von gewaltiger Reichweite entstehen. Die Ehefrau eines Mannes hat eine beste Freundin, diese hat einen Arbeitskollegen, der wiederum hat einen Bruder, der eine Freundin hat, und so weiter. Diese Ketten verästeln sich wie Blitze und durchziehen die gesamte Gesellschaft in komplizierten Mustern. Die Situation war offenbar sehr viel komplexer, als ich zunächst angenommen hatte. Mit jedem Schritt, den wir uns von einem Menschen innerhalb eines sozialen Netzwerks entfernen, nimmt die Zahl der Beziehungen zu anderen Menschen und die Komplexität der Verästelungen rasant zu. Bei der Beschäftigung mit diesen Fragen nahm ich natürlich auch die Arbeiten anderer Sozialwissenschaftler zur Kenntnis, angefangen von einsamen deutschen Gelehrten des beginnenden 20. Jahrhunderts bis zu visionären Soziologen der siebziger Jahre, die soziale Netzwerke in einer Größenordnung von drei bis dreißig Personen untersucht hatten. Doch mich interessierten Netze von dreitausend, dreißigtausend oder drei Millionen Menschen.
Mir wurde rasch klar, dass ich zur Erforschung derart gewaltiger Zusammenhänge die Unterstützung eines Kollegen benötigen würde. Wie sich herausstellen sollte, beschäftigte sich mein Harvard-Kollege James Fowler ebenfalls mit sozialen Netzwerken, wenngleich aus einer vollkommen anderen Perspektive. Wir kannten uns nicht, obwohl wir jahrelang auf demselben Campus in Nachbargebäuden gearbeitet hatten. Im Jahr 2002 stellte uns ein gemeinsamer Kollege, der Politikwissenschaftler Gary King, einander vor. Mit anderen Worten, wir begannen unsere Reise als Freunde eines gemeinsamen Freundes. Gary vermutete, dass wir ähnliche Forschungsinteressen haben könnten, und mit dieser Vermutung hatte er recht. Die Tatsache, dass wir uns dank eines gemeinsamen Freundes kennenlernten, ist ein perfektes Beispiel für das Funktionieren und den Nutzen von sozialen Netzwerken, die wir in diesem Buch darstellen wollen.
James befasste sich schon seit einigen Jahren mit der Frage, wie wir zu unseren politischen Überzeugungen kommen, welche Auswirkungen das gesellschaftliche oder politische Engagement eines Menschen auf andere hat und wie sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam Ziele zu erreichen, die sie allein nicht verwirklichen können. Daneben untersuchte er eine Reihe weiterer Phänomene, die in unserem Zusammenhang ebenfalls eine Rolle spielten, etwa die Selbstlosigkeit und die Motivation für ethisches Handeln - beides Voraussetzungen für die Entstehung und den Erhalt von sozialen Netzwerken.
Als wir gemeinsam der Frage nachgingen, was es bedeutet, dass wir Menschen in gewaltigen sozialen Beziehungsgeflechten miteinander vernetzt sind, stellten wir fest, dass wir nicht nur von Menschen beeinflusst werden, die wir persönlich kennen. Wenn unser Verhalten auf das unserer Freunde abfärbt und diese wiederum ihre Freunde beeinflussen, dann können wir mit unseren Handlungen Menschen erreichen, denen wir noch nie begegnet sind. Als wir beispielsweise die Auswirkungen der sozialen Netzwerke auf unsere Gesundheit untersuchten, machten wir einige erstaunliche Entdeckungen: Wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes zunimmt, dann nehmen Sie zu. Wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes mit dem Rauchen aufhört, dann hören Sie mit dem Rauchen auf. Und wenn ein Freund eines Freundes Ihres Freundes glücklich ist, dann sind Sie glücklich.
Schließlich entdeckten wir einige der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten, nach denen soziale Netzwerke entstehen und funktionieren. Und wir kamen zu dem Schluss, dass wir bei deren Erforschung nicht darum herumkommen, uns mit deren Entstehung zu beschäftigen. Niemand kann beispielsweise mit allen Menschen befreundet sein. Räumliche, sozioökonomische und technologische Gegebenheiten sowie unsere Gene stellen Einschränkungen für die Art und Zahl unserer sozialen Beziehungen dar. Um die Menschen verstehen zu können, müssen wir ihre Beziehungen untereinander verstehen, und genau auf diese richtete sich nun unser Forschungsinteresse.
Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts haben sich zahlreiche Forscher mit ähnlichen Fragen beschäftigt und die mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen der Netzwerkforschung gelegt. Im Laufe unserer Arbeit begegneten wir einer ganzen Reihe von verwandten Projekten: Ingenieure untersuchen die Vernetzung von Kraftwerken, Genforscher die Vernetzung von Genen und Physiker die Vernetzung von allem mit allem. Diese Netzwerke erschienen uns zwar ebenfalls sehr spannend, doch unsere waren weitaus faszinierender, komplexer und vor allem von größerer Tragweite. Schließlich handelt es sich bei den Knoten der sozialen Netzwerke um denkende Menschen! Sie können ihre eigenen Entscheidungen treffen und damit auf das Netzwerk einwirken, dem sie angehören, während dieses umgekehrt sie beeinflusst. Ein menschliches Netzwerk führt ein Eigenleben, das vollkommen einmalig ist.
Doch nicht nur Wissenschaftler interessieren sich für die Schönheit und Erklärungsmacht von Netzwerken. Auch die Menschen auf der Straße beschäftigen sich immer häufiger mit ihnen. Das liegt natürlich vor allem daran, dass das Internet in immer mehr Haushalten Einzug hält und uns eindrucksvoll vor Augen führt, dass räumlich weit entfernte Dinge und Menschen miteinander verknüpft sein können, und zwar nicht nur im Computer, sondern im wirklichen Leben. Begriffe wie »das Internet« oder »das Netz« finden Eingang in den täglichen Sprachgebrauch, Filme wie Matrix werden zum Kassenschlager. Das Internet hat einen zunehmend sozialen Charakter, und fast jeder kennt heute Online- Communities wie Facebook oder MySpace.
Je tiefer wir in die Erforschung der sozialen Netzwerke vordrangen, umso mehr gelangten wir zu der Überzeugung, dass es sich um eine Art menschlichen Überorganismus handelt. Netzwerke wachsen und entwickeln sich. Sie transportieren alles nur Erdenkliche. Dieser Überorganismus hat eine Struktur und eine Funktion, und beidem wollten wir auf den Grund gehen.
Wenn wir uns als Teil eines Überorganismus begreifen, erscheinen unsere Handlungen, Entscheidungen und Erfahrungen mit einem Mal in einem völlig neuen Licht. Wenn wir erkennen, dass wir durch unsere Einbettung in soziale Netzwerke geprägt werden und dass direkt oder indirekt mit uns in Verbindung stehende Menschen unser Denken und Handeln beeinflussen, dann stellen wir mit einem Mal fest, dass unsere Entscheidungen nicht nur unserem eigenen freien Willen unterliegen. Diese Erkenntnis kann durchaus ein Schock sein, zum Beispiel wenn wir plötzlich feststellen müssen, dass unsere moralischen Entscheidungen und unser gesellschaftliches Handeln von unseren Nachbarn oder sogar von wildfremden Menschen beeinflusst werden. Auf der anderen Seite geben uns Netzwerke die Möglichkeit, über uns selbst hinauszureichen und unsere Einschränkungen zu überwinden. In diesem Buch werden wir zeigen, dass unsere Vernetztheit nicht nur ein natürlicher und notwendiger Bestandteil unseres Lebens, sondern auch eine positive Sache ist. Genau wie unser Gehirn Dinge leistet, zu denen eine einzelne Nervenzelle nicht imstande ist, können Netzwerke Ziele verwirklichen, die die Fähigkeiten des Einzelnen übersteigen.
Jahrzehnte- und jahrhundertelang wurden die zentralen Menschheitsthemen - Leben und Tod, Reichtum und Armut, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit - auf eine Diskussion um individuelle versus kollektive Verantwortung reduziert. Naturwissenschaftler, Philosophen und andere Denker gehörten in der Regel einem von zwei Lagern an: Entweder meinen sie, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, oder sie sehen die Verantwortung für sämtliche Missstände bei gesellschaftlichen Kräften (etwa einem mangelhaften staatlichen Schulsystem oder einer korrupten Regierung).
Wir sind jedoch der Auffassung, dass in dieser Diskussion bislang ein dritter Faktor übersehen wurde. Aufgrund unserer Forschungen und unserer persönlichen Erfahrungen kamen wir zu dem Schluss, dass unsere Beziehungen zu anderen Menschen eine ganz entscheidende Rolle spielen und dass die Netzwerkforschung einen wichtigen Beitrag zur Erklärung des menschlichen Verhaltens liefern kann, weil sie die Beobachtung des individuellen Verhaltens mit der Beobachtung von Gruppen verknüpft. In diesem Buch geht es um unsere Beziehungen zu anderen Menschen und darum, wie diese unsere Gefühle, Sexualität, Gesundheit, Finanzen, Entwicklung und Technologie beeinflussen. Doch vor allem geht es um etwas, das uns Menschen überhaupt erst zu Menschen macht. Um uns selbst zu verstehen, müssen wir verstehen, wie wir miteinander vernetzt sind.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010
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Autoren-Porträt von Nicholas A. Christakis, James H. Fowler
Nicholas A. Christakis ist Mediziner und Soziologe. Er forscht und lehrt an der Harvard Universtity und praktiziert dort als Internist am Mt. Auburn Hospital. Er erforscht die Einflüsse sozialer Faktoren auf die Gesundheit und Langlebigkeit. Über seine Studien zu sozialen Netzwerken ist mehrfach in der internationalen Presse, u.a. im Spiegel, berichtet worden.James H. Fowler ist Politikwissenschaftler und lehrt an der University of California. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich u.a. mit der Evolution von Kooperation, Verhaltensökonomie und den genetischen Grundlagen politischen Verhaltens.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Nicholas A. Christakis , James H. Fowler
- 2010, 431 Seiten, Maße: 14 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Jürgen Neubauer
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- ISBN-10: 3100113500
- ISBN-13: 9783100113504
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