Das erstaunliche Ende
Nach einem außerordentlich schlechten Anfang steuern die Baudelaire Kinder in ihrem letzten Abenteuer einem fürchterlichen Finale entgegen. Zusammen mit Graf Olaf treiben Violet, Klaus und Sunny nach dem Brand im Hotel Denouement in einem kleinen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das erstaunliche Ende “
Nach einem außerordentlich schlechten Anfang steuern die Baudelaire Kinder in ihrem letzten Abenteuer einem fürchterlichen Finale entgegen. Zusammen mit Graf Olaf treiben Violet, Klaus und Sunny nach dem Brand im Hotel Denouement in einem kleinen Boot auf hoher See. Ihre Lage scheint aussichtslos, als ein Sturm das Boot zerstört und alle vier auf einer Insel angespült werden. Dort lebt eine eigenartige Kolonie von Schiffbrüchigen, die die Kinder jedoch freundlich empfangen und schnell Graf Olafs böses Wesen durchschauen. Aber vor allem können sie den Baudelaire Waisen helfen, die fürchterlichen Rätsel ihrer Familie zu lösen, was Graf Olaf natürlich mit aller Macht zu verhindern versucht.
Klappentext zu „Das erstaunliche Ende “
Nach einem außerordentlich schlechten Anfang steuern die Baudelaire Kinder in ihrem letzten Abenteuer einem fürchterlichen Finale entgegen. Zusammen mit Graf Olaf treiben Violet, Klaus und Sunny nach dem Brand im Hotel Denouement in einem kleinen Boot auf hoher See. Ihre Lage scheint aussichtslos, als ein Sturm das Boot zerstört und alle vier auf einer Insel angespült werden. Dort lebt eine eigenartige Kolonie von Schiffbrüchigen, die die Kinder jedoch freundlich empfangen und schnell Graf Olafs böses Wesen durchschauen. Aber vor allem können sie den Baudelaire Waisen helfen, die fürchterlichen Rätsel ihrer Familie zu lösen, was Graf Olaf natürlich mit aller Macht zu verhindern versucht.
Das Grauen nimmt ein erstaunliches Ende! Der dreizehnte Band von Snickets "Betr blichen Ereignissen" - Nach einem au erordentlich schlechten Anfang steuern die Baudelaire Kinder in ihrem letzten Abenteuer einem f rchterlichen Finale entgegen. Zusammen mit Graf Olaf treiben Violet, Klaus und Sunny nach dem Brand im Hotel Denouement in einem kleinen Boot auf hoher See. Ihre Lage scheint aussichtslos, als ein Sturm das Boot zerst rt und alle vier auf einer Insel angesp lt werden. Dort lebt eine eigenartige Kolonie von Schiffbr chigen, die die Kinder jedoch freundlich empfangen und schnell Graf Olafs b ses Wesen durchschauen. Aber vor allem k nnen sie den Baudelaire Waisen helfen, die f rchterlichen R tsel ihrer Familie zu l sen, was Graf Olaf nat rlich mit aller Macht zu verhindern versucht ...
"Snickets B cher aus der Serie 'Eine Reihe betr blicher Ereignisse" sind cool, weil sie absolut politisch unkorrekt sind und Nonsens mit Anspruch bieten." - Rufus Beck
"Die Snicket Romane sind spannende Krimis. Vor allem aber sind sie eine anspruchsvolle Lekt re, verfasst von einem Autor, der Ironie und tiefere Bedeutung liebt. Obacht, alle Erziehungsberechtigten: Diese B cher werden den Sprachwitz aller Kinder dramatisch erweitern, allerdings auch das Repertoire an raffinierten Spitzfindigkeiten und altklugen Bonmots!" - Stuttgarter Zeitung
"Suchtgef hrdend!" - S ddeutsche Zeitung.
"Snickets B cher aus der Serie 'Eine Reihe betr blicher Ereignisse" sind cool, weil sie absolut politisch unkorrekt sind und Nonsens mit Anspruch bieten." - Rufus Beck
"Die Snicket Romane sind spannende Krimis. Vor allem aber sind sie eine anspruchsvolle Lekt re, verfasst von einem Autor, der Ironie und tiefere Bedeutung liebt. Obacht, alle Erziehungsberechtigten: Diese B cher werden den Sprachwitz aller Kinder dramatisch erweitern, allerdings auch das Repertoire an raffinierten Spitzfindigkeiten und altklugen Bonmots!" - Stuttgarter Zeitung
"Suchtgef hrdend!" - S ddeutsche Zeitung.
Lese-Probe zu „Das erstaunliche Ende “
Das erstaunliche Ende von Lemony SnicketEins
Wenn du schon einmal eine Zwiebel geschält hast, dann weißt du, dass unter dem ersten papierdünnen Häutchen ein zweites papierdünnes Häutchen zum Vorschein kommt und unter dem zweiten ein drittes und unter dem dritten ein viertes, und ehe du dich’s versiehst, hast du Hunderte von Häuten auf dem Küchentisch und Tausende von Tränen in den Augen und bereust es, jemals mit dem Schälen begonnen zu haben, und wünschst dir stattdessen, du hättest die Zwiebel auf dem Regal in der Speisekammer verfaulen lassen und weitergemacht wie bisher, selbst um den Preis, den vielschichtigen, tränentreibenden Geschmack dieser seltsamen, bitteren Knolle nie wieder zu kosten.
Ein bisschen gleicht auch die Geschichte der Baudelaire- Waisen einer Zwiebel, und wenn du darauf bestehst, jede einzelne papierdünne Schicht dieser Reihe betrüblicher Ereignisse aufzudecken, sind dein einziger Lohn einhundertsiebzig Kapitel fortlaufenden Elends in deiner Bibliothek und zahllose Tränen in deinen Augen. Selbst wenn du die ersten zwölf Bände der Geschichte schon kennst – noch ist es nicht zu spät, mit dem Lesen aufzuhören und diesen Band zurück ins Regal zu stellen, wo er verfaulen kann, während du etwas liest, was weniger vielschichtig und tränentreibend ist. Das Ende dieser traurigen Chronik ist genauso schrecklich wie ihr Anfang, denn jedes Unglück fördert nur ein nächstes und ein übernächstes und überübernächstes zutage, und die, denen solch seltsame und bittere Kost auf den Magen schlägt, sollten sich besser nicht noch mehr von der Baudelaire- Zwiebel einverleiben. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber so und nicht anders sieht es aus. Die Baudelaire-Waisen wären hocherfreut über eine Zwiebel gewesen, wenn denn eine
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angeschaukelt gekommen wäre auf dem unermesslichen, leeren Meer, über das sie in einem Boot dahintrieben, das so groß war wie ein größeres Bett, aber nicht annähernd so gemütlich. Wäre eine solche Knolle aufgetaucht, dann hätte Violet, die älteste der Geschwister, sich die Haare mit einem Band aus dem Gesicht gebunden und in Sekundenschnelle eine Vorrichtung erfunden, um die Zwiebel damit aus dem Wasser zu fischen. Klaus, der Zweitälteste und einzige Junge, hätte sich auf nützliche Fakten aus einem der Tausenden von Büchern besonnen, die er gelesen hatte, um bestimmen zu können, um was für eine Sorte Zwiebel es sich handelte und ob sie essbar war oder nicht. Und Sunny, die erst kürzlich dem Krabbelalter entwachsen war, hätte die Zwiebel mit ihren ungewöhnlich scharfen Zähnen in mundgerechte Stücke zerbissen und ihre neu entwickelten Kochkünste zur Anwendung gebracht, um aus einer ordinären Zwiebel ein höchst schmackhaftes Gericht zu zaubern. Ihre großen Geschwister meinten direkt, sie »Soubise!« verkünden zu hören, was ihre Art war zu sagen: »Das Essen ist fertig.«
Aber die drei Kinder hatten keine Zwiebel gesehen. Streng genommen hatten sie so ziemlich gar nichts gesehen auf ihrer Meerfahrt, seit sie mit dem großen Holzboot vom Dach des Hotels Denouement abgestoßen waren, um sich einerseits vor dem Feuer in Sicherheit zu bringen, das im Hotel wütete, und andererseits vor dem Zugriff der Behörden, die sie als Mörder und Brandstifter verfolgten. Wind und Strömung hatten das Boot rasch von dem brennenden Hotel fortgetrieben, und bei Sonnenuntergang waren sowohl das Hotel als auch all die anderen Gebäude der Stadt nur noch als Schemen am Horizont zu erkennen gewesen. Nun, am Morgen danach, war weit und breit nichts zu sehen außer der ruhigen, glatten Meeresoberfläche und dem düstergrauen Himmel. Genau solch ein Wetter hatte damals an der Kahlen Küste geherrscht, an dem Tag, als ein verheerender Brand ihnen auf einen Schlag ihre Eltern und ihr Zuhause geraubt hatte, und so schwiegen die Kinder die meiste Zeit und dachten an diesen grauenvollen Tag und all die anderen grauenvollen Tage, die ihm gefolgt waren. Es hätte beinahe friedlich sein können, in einem Boot auf dem Meer zu treiben und über ihr Schicksal nachzusinnen, wäre nicht ihr unangenehmer Reisegefährte gewesen. Der Name ihres Gefährten war Graf Olaf, und die Baudelaire-Waisen hatten das Unglück gehabt, an diesen grässlichen Menschen gekettet zu sein, seit sie zu Waisen geworden waren und er zu ihrem Vormund. Einen heimtückischen Plan nach dem anderen hatte Olaf ausgeheckt, um sich das gewaltige Vermögen der Baudelaire-Eltern unter den Nagel zu reißen, und obwohl die Pläne allesamt gescheitert waren, schien es doch, als hätte etwas von der Schlechtigkeit des Schurken auf die Kinder abgefärbt, und so saßen Olaf und sie nun im selben Boot. Sowohl die Kinder als auch der Graf hatten etliche schlimme Verbrechen zu verantworten, aber während die Baudelaire- Waisen wenigstens den Anstand besaßen, sich deshalb elend zu fühlen, brüstete Graf Olaf sich schon seit Tagen damit.
»Der Sieg ist mein!«, resümierte er, ein Wort, das hier so viel heißt wie »krähte zum x-ten Mal«. Stolzgeschwellt stand er im Bug des Bootes und tätschelte die Galionsfigur – die geschnitzte Statue eines Oktopus, der einen Mann im Taucheranzug attackiert. »Ihr Waisen dachtet, ihr könntet mir entkommen, aber jetzt habe ich euch endgültig in meinen Klauen!«
»Ja, Olaf«, bestätigte Violet müde. Sie sparte sich den Hinweis, dass sie allein mitten auf dem Meer trieben, weshalb sich mit demselben Recht behaupten ließ, die Geschwister hätten Olaf in ihren Klauen. Mit einem Seufzer blickte sie an dem hohen Mast des Bootes empor, wo ein zerfleddertes Segel schlaff in der windstillen Luft hing. Seit geraumer Zeit versuchte Violet nun schon, sich eine Methode auszudenken, wie das Boot auch bei Flaute vorwärtszubewegen wäre, aber das Einzige an Bord, was als Material in Frage kam, war ein Paar riesiger Bratenwender aus dem Sonnenstudio auf dem Dach des Hotels Denouement. Die Kinder hatten diese Bratenwender als Ruder benutzt, aber ein Boot zu rudern ist Schwerst arbeit, erst recht, wenn die Mitreisenden zu große Töne spucken, um mit anzupacken, und so brütete Violet über einer Erfindung, die das Boot schneller voranbringen könnte. »Ich habe das Hotel Denouement niedergebrannt«, rief Olaf mit großer Geste, »und F. F. ein für alle Mal zerschlagen!«
»Wir haben’s gehört«, murmelte Klaus, ohne von seinem Almanach aufzusehen. Sein Almanach war ein dunkelblaues Notizbuch, in dem er nun schon des Längeren wichtige Einzelheiten ihrer Situation festhielt – darunter auch die Tatsache, dass das Hotel Denouement von den Baudelaire-Waisen niedergebrannt worden war und nicht von Olaf. F. F. war eine Geheimorganisation, deren Bekanntschaft die Geschwister im Lauf ihrer Irrfahrten gemacht hatten, und soviel Klaus wusste, war sie nicht zerschlagen – nicht vollständig jedenfalls –, auch wenn sich eine ganze Reihe von F.-F.-Agenten zur Zeit des Brandes im Hotel befunden hatten. Im Moment durchforstete Klaus seine Aufzeichnungen zu F. F. und dem Schisma, einem erbitterten Kampf, in den sämtliche Mitglieder der Organisation verwickelt waren und bei dem sich alles um eine Zuckerdose drehte. Was diese Zuckerdose enthielt, wusste Klaus nicht, genauso wenig, wie er den genauen Aufenthaltsort von Kit Snicket kannte, einer der tapfersten Agentinnen von F. F. Die Kinder waren ihr nur einmal begegnet, bevor Kit ihrerseits in See gestochen war, um die Quagmeir-Drillinge zu suchen. Die Quagmeir-Drillinge waren drei Freunde der Baudelaire-Geschwister, die sie schon lange nicht mehr gesehen hatten und die in einem autarken Heißluft-Caravan durch die Lüfte flogen, und indem er konzentriert seine Notizen studierte, hoffte Klaus herausbekommen zu können, wo genau sie steckten.
»Und das Baudelaire-Vermögen gehört endlich mir!«, prahlte Olaf. »Endlich bin ich schwerreich, was bedeutet, dass alle nach meiner Pfeife tanzen müssen!«
»Bohne«, sagte Sunny. Die jüngste der Baudelaire-Geschwister war zwar kein Kleinkind mehr, drückte sich aber zuweilen noch etwas eigenwillig aus, und »Bohne« war ihre Abkürzung für »nicht die Bohne«, denn schließlich befand sich das Baudelaire-Vermögen nicht in dem großen Holzboot und damit auch nicht im Besitz irgendeines der Passagiere. In diesem speziellen Fall hieß »nicht die Bohne« aber gleichzeitig sehr wohl die Bohne. Einer der wenigen Gegenstände, den die Kinder an Bord entdeckt hatten, war ein großer Tontopf mit Gummidichtung, der sich unter einer der Holzbänke verklemmt hatte. Der Topf war verstaubt und sah uralt aus, aber die Dichtung war noch nicht porös, ein Wort, das hier so viel bedeutet wie »luftdurchlässig, so dass der Inhalt verdorben wäre«. Sunny war dankbar für den Topf, da sie ansonsten keinerlei Proviant hatten, aber ein bisschen wünsch te sie sich doch, er enthielte nicht ausgerechnet weiße Bohnen à la nature. Für weiße Bohnen gibt es etliche köstliche Rezepte – die Eltern der Baudelaire-Kinder zum Beispiel hatten gern einen Salat aus weißen Bohnen, Kirschtomaten und frischem Basilikum mit einem Dressing aus Limettensaft, Olivenöl und Cayennepfeffer zubereitet, der an heißen Tagen ganz wunderbar schmeckte –, aber ohne irgendwelche Zutaten konnte Sunny ihren Bootsgenossen nur ein paar Handvoll faden breiigen Zeugs servieren, genug, sie vor dem Hungertod zu bewahren, aber gewisslich nichts, worauf eine junge Gourmetköchin sich etwas einbilden konnte. Während Graf Olaf vor sich hin renommierte, starrte die jüngste der drei Geschwister in den Topf und grübelte über Mittel und Wege nach, weiße Bohnen mit nichts dazu auf irgendeine Weise aufzupeppen.
»Ich glaube, als Allererstes kaufe ich mir ein blitzblankes neues Auto!«, verkündete Graf Olaf. »Eins mit extrastarkem Motor, damit ich die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreiten kann, und mit einer extradicken Stoßstange, damit ich andere Leute rammen kann, ohne völlig zerkratzt zu werden! Ich werde das Auto Graf Olaf nennen, nach mir, und wenn die Leute Bremsen kreischen hören, werden sie sagen: ›Da kommt Graf Olaf!‹ Waisen, steuert das nächste Luxusautohaus an!«
Die Geschwister sahen einander an. Wie wohl jeder weiß, sind Autohäuser mitten auf dem Ozean dünn gesät, obwohl ich von einem Rikscha-Händler gehört habe, der seine Geschäfte in einer Grotte tief im Kaspischen Meer betreibt. Es ist äußerst ermüdend, mit jemandem unterwegs zu sein, der unablässig Forderungen stellt, besonders wenn die Forderungen unerfüllbar sind, und die Kinder hatten den Punkt erreicht, wo sie nicht anders konnten, als Olaf ihre Meinung aufs Butterbrot zu schmieren, ein Ausdruck, der hier so viel bedeutet wie »ihm zu verstehen zu geben, was sie von seinem Schwachsinn hielten«. »Wir können kein Autohaus ansteuern«, sagte Violet. »Wir können überhaupt nirgends hinsteuern. Der Wind hat sich gelegt, und Klaus und ich sind erschöpft vom Rudern.«
»Faulheit ist keine Entschuldigung«, knurrte Olaf. »Ich bin auch erschöpft vom vielen Intrigieren, und beklage ich mich etwa?«
»Davon abgesehen«, sagte Klaus, »haben wir keine Ahnung, wo wir sind, deshalb wissen wir auch nicht, welche Richtung wir einschlagen müssen.«
»Aber ich weiß, wo wir sind«, trumpfte Olaf auf. »Wir sind mitten auf dem Ozean.«
»Bohne«, sagte Sunny.
»Mir reicht’s von deinem faden Pampf!«, fauchte Olaf. »Das Zeug schmeckt fast noch katastrophaler als dieser Salat, den eure Eltern immer fabriziert haben! Ich muss schon sagen, ihr Waisen seid die schlechtesten Handlanger, die ich je hatte!«
»Wir sind nicht deine Handlanger!«, protestierte Violet. »Wir reisen nur zufällig zusammen.«
»Mir scheint, du vergisst, wer hier der Käpten ist!« Und Graf Olaf klopfte mit seinem schmutzigen Fingerknöchel auf die Galionsfigur, während er in der anderen Hand seine Harpunenkanone kreisen ließ, eine todbringende Waffe, in der eine letzte scharfe Harpune auf ihren mörderischen Einsatz wartete. »Wenn ihr nicht tut, was ich sage, breche ich diesen Helm hier auf, und dann ist es aus mit euch.«
Die Baudelaire-Kinder linsten unbehaglich zu dem Helm hinüber. In ihm eingeschlossen waren mehrere Sporen des Medusen-Myzels, eines furchtbaren Pilzes, der jeden, der auch nur eine Spore einatmete, vergiftete. Erst vor kurzem war Sunny nur dadurch seiner tödlichen Macht entronnen, dass es den Kindern in letzter Minute gelungen war, etwas Wasabi aufzutreiben, eine japanische Kochzutat, die die Wirkung des Giftes abschwächte. »Du traust dich nicht, das Medusen-Myzel freizusetzen «, sagte Klaus und hoffte, dass er überzeugter klang, als er sich fühlte. »Du würdest genauso schnell vergiftet wie wir.«
»Flotillenäquivalenz«, sagte Sunny streng zu dem Bösewicht.
»Unsere Schwester hat recht«, sagte Violet. »Wir sitzen im selben Boot, Olaf. Es herrscht Flaute, wir wissen nicht, wohin wir fahren müssen, und die Nahrung geht uns aus. Und ohne ein Fahrtziel, eine Möglichkeit, vorwärtszukommen, und einen Vorrat an Trinkwasser sind wir in ein paar Tagen tot. Du könntest versuchen, mitzuhelfen, anstatt uns ständig nur herumzuscheuchen.«
Graf Olaf funkelte Violet an und stolzierte dann ans andere Ende des Bootes. »Ihr drei seht zu, dass ihr uns hier rausholt«, sagte er, »und ich schaue solange, dass ich das Namensschild gewechselt kriege. Ich will nicht mehr, dass meine Yacht Carmelita heißt.«
Die Baudelaire-Kinder lehnten sich über den Bootsrand und bemerkten erst jetzt das Namenschild, das mit dicken Klebestreifen am Heck befestigt war. Darauf stand in schlampiger Krakelschrift »Carmelita«, vermutlich nach Carmelita Späts, einer garstigen ehemaligen Mitschülerin der Kinder in dem grauenhaften Internat, in das die drei Geschwister gesteckt worden waren; später war sie dann eine Art Adoptivtochter von Graf Olaf und Esmé Elend geworden, der Freundin des Schurken, die dieser im Hotel ihrem Schicksal überlassen hatte. Jetzt legte Olaf die Harpunenkanone weg, um mit seinen dreckverkrusteten Fingernägeln besser an dem Klebeband herumpulen zu können, und nach und nach kam unter dem Namensschild ein anderer Name zum Vor- schein. Was die Baudelaire-Waisen anging, so konnte das Boot, das sie nun ihr Zuhause nannten, heißen, wie es wollte, aber sie waren heilfroh, dass der Schurke endlich eine Beschäftigung gefunden hatte und sie sich ein paar Minuten in Ruhe beraten konnten.
»Was sollen wir tun?«, fragte Violet ihre Geschwister flüsternd. »Meinst du, du kannst uns ein paar Fische fangen, Sunny?«
Ihre kleine Schwester schüttelte den Kopf. »Kein Köder «, sagte sie, »und kein Netz. Tiefseetauchen?«
»Besser nicht«, sagte Klaus. »Ohne richtige Ausrüstung kannst du da nicht runter. Wer weiß, auf was für unheimliche Sachen du stößt!«
Die Kindern schauderten; alle drei dachten sie an das Etwas, das sie aus dem Innern eines U-Boots mit Namen Queequeg gesehen hatten. Zwar hatten sie nicht mehr ausmachen können als einen wie ein Fragezeichen gebogenen Umriss auf einem Radarschirm, aber der Kapitän der Queequeg hatte ihnen erklärt, dass dieses Ding etwas noch Schlimmeres war als selbst Olaf. »Klaus hat recht«, sagte Violet. »Wir können da nicht hinuntertauchen. Klaus, steht in deinen Aufzeichnungen irgendetwas, das uns zu den anderen führen könnte?«
Klaus klappte sein Notizbuch zu und schüttelte den Kopf. »Leider nein«, sagte er. »Kit hat uns gesagt, sie will sich mit Kapitän Widdershins bei einem bestimmten Klumpen Seetang treffen, aber selbst wenn wir ganz genau wüssten, welchen Klumpen sie gemeint hat, würden wir ohne richtige Navigationsinstrumente doch niemals hinfinden.«
»Ich könnte wahrscheinlich einen Kompass basteln«, sagte Violet. »Mehr als ein kleines Stück magnetisiertes Metall und einen einfachen Drehzapfen brauche ich dazu nicht. Aber vielleicht sollten wir um die anderen Freiwilligen sowieso einen Bogen machen. Immerhin hatten sie unseretwegen jede Menge Ungelegenheiten.«
»Das stimmt«, gab Klaus zu. »Sie würden sich wahrscheinlich kein bisschen freuen, uns zu sehen, erst recht, wenn wir Graf Olaf dabeihaben.«
Sunny schielte zu dem Schurken hinüber, der emsig an dem Namensschild herumkratzte. »Außer«, sagte sie. Violet und Klaus wechselten einen beunruhigten Blick.
»Außer was?«, fragte Violet.
Sunny schwieg einen Moment und sah an ihrer Concierge- Uniform hinunter, die sie noch von ihrer Zeit im Hotel her trug. »Ihn rausschubsen«, wisperte sie dann. Ihren Geschwistern stockte der Atem, nicht nur weil Sunnys Vorschlag so niederträchtig war, sondern auch, weil sie es sich so gut vorstellen konnten. Wenn Olaf über Bord ging, dann konnten die Baudelaire-Waisen einfach irgendwo hinsegeln, ohne dass der Bösewicht ihnen dreinredete oder ihnen damit drohte, das Medusen-Myzel freizusetzen. Dann gab es eine Person weniger, mit der sie die restlichen Bohnen teilen mussten, und wenn sie irgendwann Kit Snicket und die Quagmeir-Drillinge fanden, hatten sie nicht Olaf im Schlepptau. In beklommenem Schweigen sahen sie zum Heck des Bootes, wo Olaf über die Bordwand gebeugt stand und pulte. Alle drei Kinder spürten es regelrecht in den Fingern, wie leicht es wäre, dem Schurken einen Stoß zu versetzen, gerade so fest, dass er das Gleichgewicht verlor und ins Wasser stürzte.
© Manhattan Verlag
Übersetzung: Sabine Roth
Aber die drei Kinder hatten keine Zwiebel gesehen. Streng genommen hatten sie so ziemlich gar nichts gesehen auf ihrer Meerfahrt, seit sie mit dem großen Holzboot vom Dach des Hotels Denouement abgestoßen waren, um sich einerseits vor dem Feuer in Sicherheit zu bringen, das im Hotel wütete, und andererseits vor dem Zugriff der Behörden, die sie als Mörder und Brandstifter verfolgten. Wind und Strömung hatten das Boot rasch von dem brennenden Hotel fortgetrieben, und bei Sonnenuntergang waren sowohl das Hotel als auch all die anderen Gebäude der Stadt nur noch als Schemen am Horizont zu erkennen gewesen. Nun, am Morgen danach, war weit und breit nichts zu sehen außer der ruhigen, glatten Meeresoberfläche und dem düstergrauen Himmel. Genau solch ein Wetter hatte damals an der Kahlen Küste geherrscht, an dem Tag, als ein verheerender Brand ihnen auf einen Schlag ihre Eltern und ihr Zuhause geraubt hatte, und so schwiegen die Kinder die meiste Zeit und dachten an diesen grauenvollen Tag und all die anderen grauenvollen Tage, die ihm gefolgt waren. Es hätte beinahe friedlich sein können, in einem Boot auf dem Meer zu treiben und über ihr Schicksal nachzusinnen, wäre nicht ihr unangenehmer Reisegefährte gewesen. Der Name ihres Gefährten war Graf Olaf, und die Baudelaire-Waisen hatten das Unglück gehabt, an diesen grässlichen Menschen gekettet zu sein, seit sie zu Waisen geworden waren und er zu ihrem Vormund. Einen heimtückischen Plan nach dem anderen hatte Olaf ausgeheckt, um sich das gewaltige Vermögen der Baudelaire-Eltern unter den Nagel zu reißen, und obwohl die Pläne allesamt gescheitert waren, schien es doch, als hätte etwas von der Schlechtigkeit des Schurken auf die Kinder abgefärbt, und so saßen Olaf und sie nun im selben Boot. Sowohl die Kinder als auch der Graf hatten etliche schlimme Verbrechen zu verantworten, aber während die Baudelaire- Waisen wenigstens den Anstand besaßen, sich deshalb elend zu fühlen, brüstete Graf Olaf sich schon seit Tagen damit.
»Der Sieg ist mein!«, resümierte er, ein Wort, das hier so viel heißt wie »krähte zum x-ten Mal«. Stolzgeschwellt stand er im Bug des Bootes und tätschelte die Galionsfigur – die geschnitzte Statue eines Oktopus, der einen Mann im Taucheranzug attackiert. »Ihr Waisen dachtet, ihr könntet mir entkommen, aber jetzt habe ich euch endgültig in meinen Klauen!«
»Ja, Olaf«, bestätigte Violet müde. Sie sparte sich den Hinweis, dass sie allein mitten auf dem Meer trieben, weshalb sich mit demselben Recht behaupten ließ, die Geschwister hätten Olaf in ihren Klauen. Mit einem Seufzer blickte sie an dem hohen Mast des Bootes empor, wo ein zerfleddertes Segel schlaff in der windstillen Luft hing. Seit geraumer Zeit versuchte Violet nun schon, sich eine Methode auszudenken, wie das Boot auch bei Flaute vorwärtszubewegen wäre, aber das Einzige an Bord, was als Material in Frage kam, war ein Paar riesiger Bratenwender aus dem Sonnenstudio auf dem Dach des Hotels Denouement. Die Kinder hatten diese Bratenwender als Ruder benutzt, aber ein Boot zu rudern ist Schwerst arbeit, erst recht, wenn die Mitreisenden zu große Töne spucken, um mit anzupacken, und so brütete Violet über einer Erfindung, die das Boot schneller voranbringen könnte. »Ich habe das Hotel Denouement niedergebrannt«, rief Olaf mit großer Geste, »und F. F. ein für alle Mal zerschlagen!«
»Wir haben’s gehört«, murmelte Klaus, ohne von seinem Almanach aufzusehen. Sein Almanach war ein dunkelblaues Notizbuch, in dem er nun schon des Längeren wichtige Einzelheiten ihrer Situation festhielt – darunter auch die Tatsache, dass das Hotel Denouement von den Baudelaire-Waisen niedergebrannt worden war und nicht von Olaf. F. F. war eine Geheimorganisation, deren Bekanntschaft die Geschwister im Lauf ihrer Irrfahrten gemacht hatten, und soviel Klaus wusste, war sie nicht zerschlagen – nicht vollständig jedenfalls –, auch wenn sich eine ganze Reihe von F.-F.-Agenten zur Zeit des Brandes im Hotel befunden hatten. Im Moment durchforstete Klaus seine Aufzeichnungen zu F. F. und dem Schisma, einem erbitterten Kampf, in den sämtliche Mitglieder der Organisation verwickelt waren und bei dem sich alles um eine Zuckerdose drehte. Was diese Zuckerdose enthielt, wusste Klaus nicht, genauso wenig, wie er den genauen Aufenthaltsort von Kit Snicket kannte, einer der tapfersten Agentinnen von F. F. Die Kinder waren ihr nur einmal begegnet, bevor Kit ihrerseits in See gestochen war, um die Quagmeir-Drillinge zu suchen. Die Quagmeir-Drillinge waren drei Freunde der Baudelaire-Geschwister, die sie schon lange nicht mehr gesehen hatten und die in einem autarken Heißluft-Caravan durch die Lüfte flogen, und indem er konzentriert seine Notizen studierte, hoffte Klaus herausbekommen zu können, wo genau sie steckten.
»Und das Baudelaire-Vermögen gehört endlich mir!«, prahlte Olaf. »Endlich bin ich schwerreich, was bedeutet, dass alle nach meiner Pfeife tanzen müssen!«
»Bohne«, sagte Sunny. Die jüngste der Baudelaire-Geschwister war zwar kein Kleinkind mehr, drückte sich aber zuweilen noch etwas eigenwillig aus, und »Bohne« war ihre Abkürzung für »nicht die Bohne«, denn schließlich befand sich das Baudelaire-Vermögen nicht in dem großen Holzboot und damit auch nicht im Besitz irgendeines der Passagiere. In diesem speziellen Fall hieß »nicht die Bohne« aber gleichzeitig sehr wohl die Bohne. Einer der wenigen Gegenstände, den die Kinder an Bord entdeckt hatten, war ein großer Tontopf mit Gummidichtung, der sich unter einer der Holzbänke verklemmt hatte. Der Topf war verstaubt und sah uralt aus, aber die Dichtung war noch nicht porös, ein Wort, das hier so viel bedeutet wie »luftdurchlässig, so dass der Inhalt verdorben wäre«. Sunny war dankbar für den Topf, da sie ansonsten keinerlei Proviant hatten, aber ein bisschen wünsch te sie sich doch, er enthielte nicht ausgerechnet weiße Bohnen à la nature. Für weiße Bohnen gibt es etliche köstliche Rezepte – die Eltern der Baudelaire-Kinder zum Beispiel hatten gern einen Salat aus weißen Bohnen, Kirschtomaten und frischem Basilikum mit einem Dressing aus Limettensaft, Olivenöl und Cayennepfeffer zubereitet, der an heißen Tagen ganz wunderbar schmeckte –, aber ohne irgendwelche Zutaten konnte Sunny ihren Bootsgenossen nur ein paar Handvoll faden breiigen Zeugs servieren, genug, sie vor dem Hungertod zu bewahren, aber gewisslich nichts, worauf eine junge Gourmetköchin sich etwas einbilden konnte. Während Graf Olaf vor sich hin renommierte, starrte die jüngste der drei Geschwister in den Topf und grübelte über Mittel und Wege nach, weiße Bohnen mit nichts dazu auf irgendeine Weise aufzupeppen.
»Ich glaube, als Allererstes kaufe ich mir ein blitzblankes neues Auto!«, verkündete Graf Olaf. »Eins mit extrastarkem Motor, damit ich die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreiten kann, und mit einer extradicken Stoßstange, damit ich andere Leute rammen kann, ohne völlig zerkratzt zu werden! Ich werde das Auto Graf Olaf nennen, nach mir, und wenn die Leute Bremsen kreischen hören, werden sie sagen: ›Da kommt Graf Olaf!‹ Waisen, steuert das nächste Luxusautohaus an!«
Die Geschwister sahen einander an. Wie wohl jeder weiß, sind Autohäuser mitten auf dem Ozean dünn gesät, obwohl ich von einem Rikscha-Händler gehört habe, der seine Geschäfte in einer Grotte tief im Kaspischen Meer betreibt. Es ist äußerst ermüdend, mit jemandem unterwegs zu sein, der unablässig Forderungen stellt, besonders wenn die Forderungen unerfüllbar sind, und die Kinder hatten den Punkt erreicht, wo sie nicht anders konnten, als Olaf ihre Meinung aufs Butterbrot zu schmieren, ein Ausdruck, der hier so viel bedeutet wie »ihm zu verstehen zu geben, was sie von seinem Schwachsinn hielten«. »Wir können kein Autohaus ansteuern«, sagte Violet. »Wir können überhaupt nirgends hinsteuern. Der Wind hat sich gelegt, und Klaus und ich sind erschöpft vom Rudern.«
»Faulheit ist keine Entschuldigung«, knurrte Olaf. »Ich bin auch erschöpft vom vielen Intrigieren, und beklage ich mich etwa?«
»Davon abgesehen«, sagte Klaus, »haben wir keine Ahnung, wo wir sind, deshalb wissen wir auch nicht, welche Richtung wir einschlagen müssen.«
»Aber ich weiß, wo wir sind«, trumpfte Olaf auf. »Wir sind mitten auf dem Ozean.«
»Bohne«, sagte Sunny.
»Mir reicht’s von deinem faden Pampf!«, fauchte Olaf. »Das Zeug schmeckt fast noch katastrophaler als dieser Salat, den eure Eltern immer fabriziert haben! Ich muss schon sagen, ihr Waisen seid die schlechtesten Handlanger, die ich je hatte!«
»Wir sind nicht deine Handlanger!«, protestierte Violet. »Wir reisen nur zufällig zusammen.«
»Mir scheint, du vergisst, wer hier der Käpten ist!« Und Graf Olaf klopfte mit seinem schmutzigen Fingerknöchel auf die Galionsfigur, während er in der anderen Hand seine Harpunenkanone kreisen ließ, eine todbringende Waffe, in der eine letzte scharfe Harpune auf ihren mörderischen Einsatz wartete. »Wenn ihr nicht tut, was ich sage, breche ich diesen Helm hier auf, und dann ist es aus mit euch.«
Die Baudelaire-Kinder linsten unbehaglich zu dem Helm hinüber. In ihm eingeschlossen waren mehrere Sporen des Medusen-Myzels, eines furchtbaren Pilzes, der jeden, der auch nur eine Spore einatmete, vergiftete. Erst vor kurzem war Sunny nur dadurch seiner tödlichen Macht entronnen, dass es den Kindern in letzter Minute gelungen war, etwas Wasabi aufzutreiben, eine japanische Kochzutat, die die Wirkung des Giftes abschwächte. »Du traust dich nicht, das Medusen-Myzel freizusetzen «, sagte Klaus und hoffte, dass er überzeugter klang, als er sich fühlte. »Du würdest genauso schnell vergiftet wie wir.«
»Flotillenäquivalenz«, sagte Sunny streng zu dem Bösewicht.
»Unsere Schwester hat recht«, sagte Violet. »Wir sitzen im selben Boot, Olaf. Es herrscht Flaute, wir wissen nicht, wohin wir fahren müssen, und die Nahrung geht uns aus. Und ohne ein Fahrtziel, eine Möglichkeit, vorwärtszukommen, und einen Vorrat an Trinkwasser sind wir in ein paar Tagen tot. Du könntest versuchen, mitzuhelfen, anstatt uns ständig nur herumzuscheuchen.«
Graf Olaf funkelte Violet an und stolzierte dann ans andere Ende des Bootes. »Ihr drei seht zu, dass ihr uns hier rausholt«, sagte er, »und ich schaue solange, dass ich das Namensschild gewechselt kriege. Ich will nicht mehr, dass meine Yacht Carmelita heißt.«
Die Baudelaire-Kinder lehnten sich über den Bootsrand und bemerkten erst jetzt das Namenschild, das mit dicken Klebestreifen am Heck befestigt war. Darauf stand in schlampiger Krakelschrift »Carmelita«, vermutlich nach Carmelita Späts, einer garstigen ehemaligen Mitschülerin der Kinder in dem grauenhaften Internat, in das die drei Geschwister gesteckt worden waren; später war sie dann eine Art Adoptivtochter von Graf Olaf und Esmé Elend geworden, der Freundin des Schurken, die dieser im Hotel ihrem Schicksal überlassen hatte. Jetzt legte Olaf die Harpunenkanone weg, um mit seinen dreckverkrusteten Fingernägeln besser an dem Klebeband herumpulen zu können, und nach und nach kam unter dem Namensschild ein anderer Name zum Vor- schein. Was die Baudelaire-Waisen anging, so konnte das Boot, das sie nun ihr Zuhause nannten, heißen, wie es wollte, aber sie waren heilfroh, dass der Schurke endlich eine Beschäftigung gefunden hatte und sie sich ein paar Minuten in Ruhe beraten konnten.
»Was sollen wir tun?«, fragte Violet ihre Geschwister flüsternd. »Meinst du, du kannst uns ein paar Fische fangen, Sunny?«
Ihre kleine Schwester schüttelte den Kopf. »Kein Köder «, sagte sie, »und kein Netz. Tiefseetauchen?«
»Besser nicht«, sagte Klaus. »Ohne richtige Ausrüstung kannst du da nicht runter. Wer weiß, auf was für unheimliche Sachen du stößt!«
Die Kindern schauderten; alle drei dachten sie an das Etwas, das sie aus dem Innern eines U-Boots mit Namen Queequeg gesehen hatten. Zwar hatten sie nicht mehr ausmachen können als einen wie ein Fragezeichen gebogenen Umriss auf einem Radarschirm, aber der Kapitän der Queequeg hatte ihnen erklärt, dass dieses Ding etwas noch Schlimmeres war als selbst Olaf. »Klaus hat recht«, sagte Violet. »Wir können da nicht hinuntertauchen. Klaus, steht in deinen Aufzeichnungen irgendetwas, das uns zu den anderen führen könnte?«
Klaus klappte sein Notizbuch zu und schüttelte den Kopf. »Leider nein«, sagte er. »Kit hat uns gesagt, sie will sich mit Kapitän Widdershins bei einem bestimmten Klumpen Seetang treffen, aber selbst wenn wir ganz genau wüssten, welchen Klumpen sie gemeint hat, würden wir ohne richtige Navigationsinstrumente doch niemals hinfinden.«
»Ich könnte wahrscheinlich einen Kompass basteln«, sagte Violet. »Mehr als ein kleines Stück magnetisiertes Metall und einen einfachen Drehzapfen brauche ich dazu nicht. Aber vielleicht sollten wir um die anderen Freiwilligen sowieso einen Bogen machen. Immerhin hatten sie unseretwegen jede Menge Ungelegenheiten.«
»Das stimmt«, gab Klaus zu. »Sie würden sich wahrscheinlich kein bisschen freuen, uns zu sehen, erst recht, wenn wir Graf Olaf dabeihaben.«
Sunny schielte zu dem Schurken hinüber, der emsig an dem Namensschild herumkratzte. »Außer«, sagte sie. Violet und Klaus wechselten einen beunruhigten Blick.
»Außer was?«, fragte Violet.
Sunny schwieg einen Moment und sah an ihrer Concierge- Uniform hinunter, die sie noch von ihrer Zeit im Hotel her trug. »Ihn rausschubsen«, wisperte sie dann. Ihren Geschwistern stockte der Atem, nicht nur weil Sunnys Vorschlag so niederträchtig war, sondern auch, weil sie es sich so gut vorstellen konnten. Wenn Olaf über Bord ging, dann konnten die Baudelaire-Waisen einfach irgendwo hinsegeln, ohne dass der Bösewicht ihnen dreinredete oder ihnen damit drohte, das Medusen-Myzel freizusetzen. Dann gab es eine Person weniger, mit der sie die restlichen Bohnen teilen mussten, und wenn sie irgendwann Kit Snicket und die Quagmeir-Drillinge fanden, hatten sie nicht Olaf im Schlepptau. In beklommenem Schweigen sahen sie zum Heck des Bootes, wo Olaf über die Bordwand gebeugt stand und pulte. Alle drei Kinder spürten es regelrecht in den Fingern, wie leicht es wäre, dem Schurken einen Stoß zu versetzen, gerade so fest, dass er das Gleichgewicht verlor und ins Wasser stürzte.
© Manhattan Verlag
Übersetzung: Sabine Roth
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Bibliographische Angaben
- Autor: Lemony Snicket
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2007, 310 Seiten, Maße: 13 x 19 cm, Deutsch
- Übersetzung: Roth, Sabine; Illustration: Helquist, Brett
- Übersetzer: Sabine Roth
- Verlag: MANHATTAN
- ISBN-10: 3442545951
- ISBN-13: 9783442545957
Rezension zu „Das erstaunliche Ende “
"Harry Potter hat einen Doppelgänger bekommen."
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