Das große Spiel
Roman. Vorw. v. Andreas Brandhorst
Einer der großen Klassiker der Science-Fiction, endlich in überarbeiteter Neuausgabe! Die atemberaubende Geschichte eines hochbegabten Jungen, der an einem Intelligenzspiel teilnimmt, nicht ahnend, dass er damit den Ausgang eines galaktischen...
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Produktinformationen zu „Das große Spiel “
Einer der großen Klassiker der Science-Fiction, endlich in überarbeiteter Neuausgabe! Die atemberaubende Geschichte eines hochbegabten Jungen, der an einem Intelligenzspiel teilnimmt, nicht ahnend, dass er damit den Ausgang eines galaktischen Krieges beeinflusst. Ein mehrfach preisgekrönter Kultroman, der demnächst von Wolfgang Petersen verfilmt werden soll.
Der neue Band der Erfolgsreihe Meisterwerke der Science Fiction
Klappentext zu „Das große Spiel “
Einer der großen Klassiker der Science Fiction, endlich in überarbeiteter Neuausgabe! Die atemberaubende Geschichte eines hochbegabten Jungen, der an einem Intelligenzspiel teilnimmt, nicht ahnend, dass er damit den Ausgang eines galaktischen Krieges beeinflusst. Ein mehrfach preisgekrönter Kultroman, der demnächst von Wolfgang Petersen verfilmt werden soll.Lese-Probe zu „Das große Spiel “
1"Ich habe durch seine Augen gesehen, ich habe durch seine Ohren gehört, und ich sage Ihnen, er ist derjenige. Oder wenigstens so dicht dran, dass wir keinen Besseren finden werden."
"Das haben Sie über den Bruder auch gesagt."
"Der Bruder erwies sich als ungeeignet. Aus anderen Gründen. Hatte nichts mit seinen Fähigkeiten zu tun."
"Das Gleiche wie bei der Schwester. Und auch bei ihm bestehen Zweifel. Er ist zu formbar. Zu leicht bereit, sich dem Willen eines anderen zu unterwerfen."
"Nicht, wenn der andere sein Feind ist."
"Was sollen wir denn tun? Ihn die ganze Zeit über mit Feinden umgeben?"
"Wenn wir müssen."
"Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie mögen dieses Kind."
"Wenn die Krabbler ihn erwischen, werde ich im Vergleich mit ihnen wie sein Lieblingsonkel wirken."
"Na gut. Schließlich müssen wir die Welt retten. Nehmen Sie ihn."
Die Monitordame lächelte sehr nett, zauste sein Haar und sagte: "Andrew, ich nehme an, inzwischen hast du es restlos satt, diesen schrecklichen Monitor zu tragen. Nun, ich habe eine gute Nachricht für dich. Der Monitor kommt heute raus. Wir werden ihn einfach herausnehmen, und es wird kein bisschen wehtun."
Ender nickte. Dass es kein bisschen wehtun würde, war natürlich eine Lüge. Aber weil Erwachsene das immer sagten, wenn es doch wehtat, konnte er sich auf diese Erklärung als exakte Voraussage der Zukunft verlassen. Manchmal waren Lügen verlässlicher als die Wahrheit.
"Komm also bitte hier herüber, Andrew, und setz dich auf den Untersuchungstisch. Der Doktor wird gleich da sein, um nach dir zu sehen."
Der Monitor entfernt. Ender versuchte sich vorzustellen, wie es wohl war, wenn die kleine Apparatur in seinem Nacken fehlte. Ich werde mich im Bett auf den Rücken rollen, und er wird dort nicht mehr drücken. Ich werde nicht spüren, wie er prickelt und brennt und die Hitze aufnimmt, wenn ich dusche.
Und Peter wird mich nicht mehr länger hassen. Ich werde nach Hause kommen und ihm zeigen, dass der
... mehr
Monitor fort ist, und er wird sehen, dass ich es auch nicht geschafft habe. Dass ich nun auch ein gewöhnliches Kind sein werde, genau wie er. Das wäre sicher gar nicht so schlecht. Er wird mir vergeben, dass ich meinen Monitor ein ganzes Jahr länger getragen habe als er seinen. Wir werden ...
Nein, Freunde würden sie wohl nicht sein. Peter war zu gefährlich. Peter wurde immer so wütend. Aber Brüder. Nicht Feinde, nicht Freunde, doch Brüder - fähig, im selben Haus zu leben. Er wird mich nicht hassen, er wird mich bloß einfach in Frieden lassen. Und wenn er Krabbler und Astronauten spielen will, werde ich vielleicht nicht mitspielen müssen, kann vielleicht weiter ein Buch lesen.
Aber Ender wusste schon, als er das dachte, dass Peter ihn nicht in Frieden lassen würde. Da war etwas in Peters Augen, wenn er in seiner verrückten Stimmung war, und immer wenn Ender diesen Blick sah, dieses Glitzern, wusste er, dass das eine, was Peter nicht tun würde, war, ihn in Frieden zu lassen. Ich übe Klavier, Ender. Los, komm und schlag die Seiten für mich um. Ach, ist der Monitorjunge zu beschäftigt, um seinem Bruder zu helfen? Ist er zu gescheit? Musst wohl los und ein paar Krabbler töten, Astronaut? Nein, nein, ich will deine Hilfe nicht. Ich kann's auch alleine, du kleiner Bastard, du kleiner Dritt.
"Es wird nicht lange dauern, Andrew", sagte der Doktor.
Ender nickte.
"Er ist dafür konstruiert, wieder entfernt zu werden. Ohne Infektion, ohne Verletzung. Aber es wird ein bisschen brennen, und manche Leute sagen, sie hätten das Gefühl, als fehle etwas. Eine Zeit lang wirst du nach etwas suchen, etwas, wonach du dich immer umgeschaut hast, aber du kannst es nicht finden, und du kannst dich auch nicht daran erinnern, was es war. Darum werde ich es dir sagen. Es ist der Monitor, nach dem du dich umschaust, und er ist nicht da. In ein paar Tagen verschwindet dieses Gefühl."
Der Doktor verdrehte etwas an der Rückseite von Enders Kopf. Plötzlich durchbohrte ihn ein Schmerz wie eine Nadel vom Genick bis zur Leistengegend. Ender spürte, wie sich sein Rücken verkrampfte, und sein Körper krümmte sich heftig nach hinten; sein Kopf schlug auf das Bett. Er konnte spüren, wie seine Beine ausschlugen, und seine Hände umkrampften einander so fest, dass es schmerzte.
"Deedee", rief der Doktor. "Ich brauche Sie!" Die Schwester kam hereingestürzt, schnappte nach Luft. "Er muss die Muskeln entspannen. Geben Sie schon her! Worauf warten Sie noch?"
Etwas wurde weitergereicht; Ender konnte nichts sehen. Er drehte sich auf die Seite und fiel vom Untersuchungstisch. "Fangen Sie ihn auf!", schrie die Schwester.
"Halten Sie ihn nur ruhig ..."
"Sie müssen ihn halten, Herr Doktor, er ist zu stark für mich ..."
"Nicht die ganze Dosis! Sonst bleibt sein Herz stehen ..."
Ender spürte, wie knapp oberhalb seines Hemdkragens eine Nadel in seinen Rücken eindrang. Es brannte, aber wo immer sich das Feuer in ihm ausbreitete, entspannten sich seine Muskeln allmählich. Jetzt konnte er vor Angst und Schmerz weinen.
"Geht's jetzt wieder, Andrew?", fragte die Schwester.
Andrew konnte sich nicht erinnern, wie man sprach. Sie hoben ihn auf den Tisch. Sie kontrollierten seinen Puls, taten andere Dinge - er begriff nicht alles davon.
Der Doktor zitterte; seine Stimme bebte, als er sprach. "Sie lassen diese Dinger drei Jahre lang in den Kindern. Was erwarten sie da? Wir hätten ihn abschalten können, begreifen Sie das? Wir hätten sein Gehirn für alle Zeiten ausstöpseln können."
"Wann lässt die Wirkung des Medikaments nach?", fragte die Schwester.
"Behalten Sie ihn noch wenigstens eine Stunde hier. Beobachten Sie ihn. Wenn er nicht in fünfzehn Minuten zu sprechen anfängt, rufen Sie mich. Hätten ihn für immer ausgestöpselt haben können. Ich habe nicht den Verstand eines Krabblers."
Erst eine Viertelstunde vor dem Läuten der Schlussglocke kam er in Miss Pumphreys Klasse zurück. Er war immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen.
"Alles in Ordnung, Andrew?", fragte Miss Pumphrey.
Er nickte.
"Warst du krank?"
Er schüttelte den Kopf.
"Du siehst aus, als ginge es dir nicht gut."
"Ich bin okay."
"Setz dich besser hin, Andrew."
Er begann auf seinen Platz zuzugehen, hielt dann aber inne. Wonach habe ich bloß gesucht? Ich kann mich nicht erinnern, wonach ich gesucht habe.
"Dein Platz ist dort drüben", sagte Miss Pumphrey.
Er setzte sich, aber es war etwas anderes, das er brauchte, etwas, das er verloren hatte. Ich werde es später finden.
"Dein Monitor", flüsterte das Mädchen hinter ihm.
Andrew zuckte die Achseln.
"Sein Monitor", flüsterte sie den anderen zu.
Andrew langte hinauf und betastete seinen Nacken. Nichts, nur ein Verband. Er war fort. Jetzt war er genau wie alle anderen.
"Total hinüber, Andy?", fragte ein Junge, der hinter ihm auf der anderen Seite des Mittelgangs saß. Sein Name wollte ihm nicht einfallen. Peter. Nein, das war jemand anderes.
"Ruhe, Mr. Stilson", sagte Miss Pumphrey. Stilson grinste affektiert.
Miss Pumphrey sprach über das Multiplizieren. Ender kritzelte gedankenlos auf seinem Pult, malte Umrisskarten von gebirgigen Inseln und befahl seinem Pult dann, sie dreidimensional aus jeder Perspektive zu zeigen. Die Lehrerin würde natürlich wissen, dass er nicht aufpasste, aber sie würde ihn nicht behelligen. Er wusste immer die Antwort, auch wenn sie dachte, dass er nicht aufpasste.
In der Ecke seines Pultes erschien ein Wort und begann, den Rand des Pultes entlangzuwandern. Zuerst stand es seitenverkehrt auf dem Kopf, aber Ender wusste, lange bevor es den unteren Rand des Pultes erreichte und sich mit der richtigen Seite nach oben drehte, wie es lautete.
Ender lächelte. Er war es, der ausgeknobelt hatte, wie man Botschaften schickte und sie wandern ließ - selbst jetzt, da sein geheimer Feind ihn mit Schimpfnamen belegte, bewies die Methode der Übermittlung noch seine Fähigkeiten. Es war nicht sein Fehler, dass er ein Dritt war. Es war die Idee der Regierung, sie waren es, die es genehmigt hatten - wie sonst hätte ein Dritt wie Ender die Schule besuchen können? Und jetzt war der Monitor fort. Das Experiment "Andrew Wiggin" hatte schließlich doch nicht geklappt. Wenn sie könnten, da war er sich sicher, würden sie jetzt bestimmt gerne die Verzichtserklärungen rückgängig machen, die es ihm gestattet hatten, überhaupt geboren zu werden. Hat nicht geklappt, also löscht das Experiment.
Die Glocke läutete. Alle sperrten ihre Pulte oder tippten rasch Gedächtnishilfen für sich ein. Ein paar begannen, Hausaufgaben oder Daten an ihre Computer zu Hause zu schicken. Einige wenige scharten sich um die Drucker, während etwas ausgedruckt wurde, das sie vorzeigen wollten. Ender spreizte seine Hände über der für Kinder ausgelegten Tastatur nahe des Pultrandes und fragte sich, wie es wohl sein würde, Hände so groß wie die eines Erwachsenen zu haben. Sie mussten sich so riesig und sperrig anfühlen, dicke kurze Finger und fleischige Handflächen. Natürlich hatten sie größere Tastaturen - aber wie konnten ihre dicken Finger eine so feine Linie ziehen, wie Ender es konnte, eine dünne Linie, die so präzise war, dass er sie siebenundneunzigmal in Spiralen von der Mitte zum Rand des Pultes laufen lassen konnte, ohne dass die Linien sich jemals berührten oder überlagerten. So hatte er etwas zu tun, während die Lehrerin weiter über Arithmetik sprach. Rechnen! Valentine hatte ihm Rechnen beigebracht, als er drei war.
"Alles in Ordnung mit dir, Andrew?"
"Ja, Ma'am."
"Du wirst den Bus verpassen."
Ender nickte und stand auf. Die anderen Kinder waren fort. Aber sie würden warten, die schlimmen jedenfalls. Sein Monitor saß nicht mehr auf seinem Nacken und hörte, was er hörte, sah, was er sah. Sie konnten sagen, wonach ihnen der Sinn stand. Vielleicht würden sie ihn jetzt sogar schlagen - niemand konnte sie jetzt noch sehen, und darum würde auch niemand Ender zu Hilfe kommen. Der Monitor hatte schon seine Vorteile, und er würde sie vermissen.
Natürlich war es Stilson. Er war nicht größer als die meisten anderen Kinder, aber er war größer als Ender. Und er hatte ein paar andere bei sich. Wie immer.
"He, Dritt."
Nicht antworten. Es gibt nichts zu sagen.
"He, Dritt, wir reden mit dir, Dritt! He, Krabblerliebchen, wir reden mit dir."
Mir fällt nichts ein, was ich antworten könnte. Alles, was ich sage, macht es nur schlimmer. Werd also lieber nichts sagen.
"He, Dritt, he, Schitt, du bist durchgerasselt, was? Hast gedacht, du wärst besser als wir, aber du hast dein kleines Vögelchen verloren, Dritti, hast einen Verband im Nacken."
"Lasst ihr mich durch?", fragte Ender.
"Ob wir ihn durchlassen werden? Sollen wir ihn durchlassen?" Sie lachten alle. "Natürlich werden wir ihn durchlassen. Zuerst lassen wir deinen Arm durch, dann deinen Arsch, dann vielleicht ein Stück von deinem Knie."
Die anderen fielen jetzt ein. "Hast dein Vögelchen verloren, Dritti. Hast dein Vögelchen verloren, Dritti."
Stilson begann, ihn mit einer Hand zu stoßen, und jemand hinter ihm schubste ihn dann auf Stilson zu.
"Wippe, olle Hippe", sagte einer.
"Tennis!"
"Pingpong!"
Das hier würde kein glückliches Ende nehmen. Also entschied Ender, dass er am Ende nicht der Unglückliche sein wollte. Als Stilsons Arm das nächste Mal vorschnellte, um ihn zu schubsen, griff Ender danach. Er fasste daneben.
"Ach, willst gegen mich kämpfen, wie? Willst gegen mich kämpfen, Dritti?"
Die Burschen hinter Ender griffen nach ihm, um ihn festzuhalten.
Ender war nicht nach Lachen zumute, aber er lachte. "Du meinst, so viele von euch sind nötig, um gegen einen Dritt zu kämpfen?"
"Wir sind Menschen, keine Dritts, Kackgesicht. Du bist ungefähr so stark wie ein Furz!"
Aber sie ließen ihn los. Und sobald sie das taten, trat Ender aus, hoch und hart, traf Stilson mitten aufs Brustbein. Er fiel um.
Das überraschte Ender - er hatte nicht geglaubt, Stilson mit einem Tritt zu Boden zu bringen. Es kam ihm nicht in den Sinn, dass Stilson einen Kampf wie diesen hier nicht ernst nahm, dass er nicht auf einen wirklich verzweifelten Schlag vorbereitet war.
Einen Augenblick lang wichen die anderen zurück, und Stilson lag reglos da. Sie fragten sich alle, ob er wohl tot war. Ender hingegen versuchte, einen Weg zu finden, wie er ihrer Rache zuvorkommen könnte. Sie davon abzuhalten, dass sie morgen im Rudel über ihn herfielen. Ich muss das hier jetzt gewinnen, und zwar ein für alle Mal, oder ich werde es jeden Tag auszukämpfen haben, und es wird schlimmer und schlimmer werden.
Ender kannte die ungeschriebenen Gesetze von Kämpfen zwischen Männern, auch wenn er erst sechs war. Es war verboten, einen Gegner anzugreifen, der hilflos am Boden lag; nur ein Tier täte das.
Also ging Ender zu Stilsons reglosem Körper und trat ihm noch einmal brutal in die Rippen. Stilson stöhnte und rollte sich von ihm weg. Ender ging um ihn herum und trat ihn noch einmal, in den Schritt. Stilson konnte keinen Ton hervorbringen, er klappte nur wie ein Taschenmesser zusammen, und Tränen strömten ihm aus den Augen.
Darauf sah Ender die anderen kalt an. "Vielleicht habt ihr jetzt die Absicht, euch gegen mich zusammenzutun. Ihr könntet mich wahrscheinlich ziemlich bös verprügeln. Aber denkt immer daran, was ich mit Leuten mache, die versuchen, mir wehzutun. Von da an werdet ihr euch fragen, wann ich euch erwische und wie schlimm das werden wird." Er trat Stilson ins Gesicht. Blut aus seiner Nase spritzte auf den Boden. "Es würde nicht etwa so schlimm wie das hier", sagte Ender. "Es würde schlimmer."
Er machte kehrt und schritt davon. Niemand folgte ihm.
Er bog um die Ecke in den Korridor, der zur Bushaltestelle führte. Er konnte hören, wie die Jungen hinter ihm sagten: "Jesses! Schaut ihn euch an. Der ist hinüber." Ender lehnte den Kopf gegen die Korridorwand und weinte, bis der Bus kam. Ich bin genau wie Peter. Nehmt mir den Monitor weg, und ich bin genau wie Peter.
2
Peter
"Nun denn, der Monitor ist ab. Wie macht er sich?"
"Wenn man ein paar Jahre im Körper von jemandem lebt, gewöhnt man sich daran. Jetzt sehe ich ihm ins Gesicht, und ich kann nicht sagen, was los ist. Ich bin es nicht gewohnt, seinen Gesichtsausdruck zu sehen. Ich bin es gewohnt, ihn zu fühlen."
"Kommen Sie schon, wir reden hier nicht über Psychoanalyse. Wir sind Soldaten, keine Hexendoktoren. Sie haben gerade gesehen, wie er einem Bandenführer den Mumm aus den Knochen geprügelt hat."
"Er war gründlich. Er hat ihn nicht einfach nur geschlagen, er hat ihn vernichtend geschlagen. Wie Mazer Rackham bei der ..."
"Ersparen Sie's mir. Also besteht er vor dem Urteil des Komitees."
"Im Großen und Ganzen ja. Schauen wir, was er mit seinem Bruder macht, jetzt, da der Monitor ab ist."
"Seinem Bruder. Haben Sie keine Angst vor dem, was sein Bruder mit ihm machen wird?"
"Sie waren derjenige, der mir erzählt hat, dies sei kein risikoloses Unternehmen."
"Ich bin einige Bänder noch einmal durchgegangen. Ich kann mir nicht helfen, ich mag den Jungen. Ich fürchte, wir sind im Begriff, ihn zu verderben."
"Natürlich sind wir das. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind die böse Hexe. Wir versprechen Pfefferkuchen, aber wir fressen die kleinen Bastarde bei lebendigem Leibe."
"Es tut mir Leid, Ender", flüsterte Valentine. Sie blickte auf den Verband in seinem Nacken.
Ender berührte die Wand, und die Tür schloss sich hinter ihm. "Mir macht es nichts aus. Ich bin froh, dass er fort ist."
"Wer ist fort?" Peter spazierte ins Wohnzimmer, Brot und Erdnussbutter kauend.
Ender sah Peter nicht als den schönen zehnjährigen Jungen, den Erwachsene sahen, mit dunklem, dickem, zerzaustem Haar und einem Gesicht, das Alexander dem Großen hätte gehören können. Ender schaute Peter nur an, um Wut oder Langeweile aufzuspüren, die gefährlichen Stimmungen, die fast immer zu Schmerz führten.
Jetzt, da Peters Augen den Verband in seinem Nacken entdeckten, erschien das verräterische Aufflackern von Zorn.
Valentine sah es ebenfalls. "Jetzt ist er wie wir", sagte sie in einem Versuch, ihn zu besänftigen, bevor er Zeit hatte zuzuschlagen.
Aber Peter ließ sich nicht besänftigen. "Wie wir? Er behält das kleine Scheißding, bis er sechs Jahre alt ist. Wann hast du deinen verloren? Du warst drei. Ich habe meinen verloren, bevor ich fünf war. Er hätte es fast geschafft, der kleine Bastard, der kleine Krabbler."
So ist's gut, dachte Ender. Rede du nur immer, Peter. Reden ist okay.
"Tja, jetzt wachen deine Schutzengel nicht mehr länger über dich", sagte Peter. "Jetzt sehen sie nicht nach, ob du Schmerzen spürst, hören nicht auf das, was ich sage, sehen nicht, was ich mit dir mache. Wie findest du das? Wie findest du es?"
Ender zuckte mit den Achseln.
Plötzlich lächelte Peter und klatschte die Hände in einer spöttischen Parodie guter Laune zusammen. "Komm, wir spielen Krabbler und Astronaut", sagte er.
"Wo ist Mom?", fragte Valentine.
"Fort", sagte Peter. "Heute führe ich den Befehl."
"Ich glaube, ich rufe Daddy."
"Ruf nur. Du weißt, dass er nie da ist."
"Ich spiele mit", sagte Ender.
"Du bist der Krabbler", sagte Peter.
"Lass ihn wenigstens einmal der Astronaut sein", sagte Valentine.
"Halt dein fettes Gesicht da raus, Furzmaul", sagte Peter. "Los, komm mit nach oben und wähle deine Waffen."
Es würde kein gutes Spiel sein, das wusste Ender. Es war keine Frage des Gewinnens. Wenn Kinder in den Korridoren spielten, in größeren Gruppen, gewannen die Krabbler nie, und manchmal wurde das Spiel bösartig. Aber hier in ihrer Wohnung würde das Spiel gleich bösartig anfangen, und der Krabbler konnte nicht einfach aufhören und das Feld räumen, wie es die Krabbler in den richtigen Kriegen machten. Der Krabbler musste dabeibleiben, bis der Astronaut entschied, dass es vorüber war.
Peter öffnete die unterste Schublade und nahm die Krabblermaske heraus. Mutter war böse auf ihn gewesen, als er sie gekauft hatte, aber Dad hatte eingewandt, dass der Krieg nicht aufhören würde, bloß weil man Krabblermasken versteckte und seinen Kindern nicht erlaubte, mit Spielzeug-Lasergewehren zu spielen. Da sei es schon besser, die Kriegsspiele zu spielen und eine bessere Überlebenschance zu haben, wenn die Krabbler wieder kamen.
Falls ich die Spiele überlebe, dachte Ender.
Nein, Freunde würden sie wohl nicht sein. Peter war zu gefährlich. Peter wurde immer so wütend. Aber Brüder. Nicht Feinde, nicht Freunde, doch Brüder - fähig, im selben Haus zu leben. Er wird mich nicht hassen, er wird mich bloß einfach in Frieden lassen. Und wenn er Krabbler und Astronauten spielen will, werde ich vielleicht nicht mitspielen müssen, kann vielleicht weiter ein Buch lesen.
Aber Ender wusste schon, als er das dachte, dass Peter ihn nicht in Frieden lassen würde. Da war etwas in Peters Augen, wenn er in seiner verrückten Stimmung war, und immer wenn Ender diesen Blick sah, dieses Glitzern, wusste er, dass das eine, was Peter nicht tun würde, war, ihn in Frieden zu lassen. Ich übe Klavier, Ender. Los, komm und schlag die Seiten für mich um. Ach, ist der Monitorjunge zu beschäftigt, um seinem Bruder zu helfen? Ist er zu gescheit? Musst wohl los und ein paar Krabbler töten, Astronaut? Nein, nein, ich will deine Hilfe nicht. Ich kann's auch alleine, du kleiner Bastard, du kleiner Dritt.
"Es wird nicht lange dauern, Andrew", sagte der Doktor.
Ender nickte.
"Er ist dafür konstruiert, wieder entfernt zu werden. Ohne Infektion, ohne Verletzung. Aber es wird ein bisschen brennen, und manche Leute sagen, sie hätten das Gefühl, als fehle etwas. Eine Zeit lang wirst du nach etwas suchen, etwas, wonach du dich immer umgeschaut hast, aber du kannst es nicht finden, und du kannst dich auch nicht daran erinnern, was es war. Darum werde ich es dir sagen. Es ist der Monitor, nach dem du dich umschaust, und er ist nicht da. In ein paar Tagen verschwindet dieses Gefühl."
Der Doktor verdrehte etwas an der Rückseite von Enders Kopf. Plötzlich durchbohrte ihn ein Schmerz wie eine Nadel vom Genick bis zur Leistengegend. Ender spürte, wie sich sein Rücken verkrampfte, und sein Körper krümmte sich heftig nach hinten; sein Kopf schlug auf das Bett. Er konnte spüren, wie seine Beine ausschlugen, und seine Hände umkrampften einander so fest, dass es schmerzte.
"Deedee", rief der Doktor. "Ich brauche Sie!" Die Schwester kam hereingestürzt, schnappte nach Luft. "Er muss die Muskeln entspannen. Geben Sie schon her! Worauf warten Sie noch?"
Etwas wurde weitergereicht; Ender konnte nichts sehen. Er drehte sich auf die Seite und fiel vom Untersuchungstisch. "Fangen Sie ihn auf!", schrie die Schwester.
"Halten Sie ihn nur ruhig ..."
"Sie müssen ihn halten, Herr Doktor, er ist zu stark für mich ..."
"Nicht die ganze Dosis! Sonst bleibt sein Herz stehen ..."
Ender spürte, wie knapp oberhalb seines Hemdkragens eine Nadel in seinen Rücken eindrang. Es brannte, aber wo immer sich das Feuer in ihm ausbreitete, entspannten sich seine Muskeln allmählich. Jetzt konnte er vor Angst und Schmerz weinen.
"Geht's jetzt wieder, Andrew?", fragte die Schwester.
Andrew konnte sich nicht erinnern, wie man sprach. Sie hoben ihn auf den Tisch. Sie kontrollierten seinen Puls, taten andere Dinge - er begriff nicht alles davon.
Der Doktor zitterte; seine Stimme bebte, als er sprach. "Sie lassen diese Dinger drei Jahre lang in den Kindern. Was erwarten sie da? Wir hätten ihn abschalten können, begreifen Sie das? Wir hätten sein Gehirn für alle Zeiten ausstöpseln können."
"Wann lässt die Wirkung des Medikaments nach?", fragte die Schwester.
"Behalten Sie ihn noch wenigstens eine Stunde hier. Beobachten Sie ihn. Wenn er nicht in fünfzehn Minuten zu sprechen anfängt, rufen Sie mich. Hätten ihn für immer ausgestöpselt haben können. Ich habe nicht den Verstand eines Krabblers."
Erst eine Viertelstunde vor dem Läuten der Schlussglocke kam er in Miss Pumphreys Klasse zurück. Er war immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen.
"Alles in Ordnung, Andrew?", fragte Miss Pumphrey.
Er nickte.
"Warst du krank?"
Er schüttelte den Kopf.
"Du siehst aus, als ginge es dir nicht gut."
"Ich bin okay."
"Setz dich besser hin, Andrew."
Er begann auf seinen Platz zuzugehen, hielt dann aber inne. Wonach habe ich bloß gesucht? Ich kann mich nicht erinnern, wonach ich gesucht habe.
"Dein Platz ist dort drüben", sagte Miss Pumphrey.
Er setzte sich, aber es war etwas anderes, das er brauchte, etwas, das er verloren hatte. Ich werde es später finden.
"Dein Monitor", flüsterte das Mädchen hinter ihm.
Andrew zuckte die Achseln.
"Sein Monitor", flüsterte sie den anderen zu.
Andrew langte hinauf und betastete seinen Nacken. Nichts, nur ein Verband. Er war fort. Jetzt war er genau wie alle anderen.
"Total hinüber, Andy?", fragte ein Junge, der hinter ihm auf der anderen Seite des Mittelgangs saß. Sein Name wollte ihm nicht einfallen. Peter. Nein, das war jemand anderes.
"Ruhe, Mr. Stilson", sagte Miss Pumphrey. Stilson grinste affektiert.
Miss Pumphrey sprach über das Multiplizieren. Ender kritzelte gedankenlos auf seinem Pult, malte Umrisskarten von gebirgigen Inseln und befahl seinem Pult dann, sie dreidimensional aus jeder Perspektive zu zeigen. Die Lehrerin würde natürlich wissen, dass er nicht aufpasste, aber sie würde ihn nicht behelligen. Er wusste immer die Antwort, auch wenn sie dachte, dass er nicht aufpasste.
In der Ecke seines Pultes erschien ein Wort und begann, den Rand des Pultes entlangzuwandern. Zuerst stand es seitenverkehrt auf dem Kopf, aber Ender wusste, lange bevor es den unteren Rand des Pultes erreichte und sich mit der richtigen Seite nach oben drehte, wie es lautete.
Ender lächelte. Er war es, der ausgeknobelt hatte, wie man Botschaften schickte und sie wandern ließ - selbst jetzt, da sein geheimer Feind ihn mit Schimpfnamen belegte, bewies die Methode der Übermittlung noch seine Fähigkeiten. Es war nicht sein Fehler, dass er ein Dritt war. Es war die Idee der Regierung, sie waren es, die es genehmigt hatten - wie sonst hätte ein Dritt wie Ender die Schule besuchen können? Und jetzt war der Monitor fort. Das Experiment "Andrew Wiggin" hatte schließlich doch nicht geklappt. Wenn sie könnten, da war er sich sicher, würden sie jetzt bestimmt gerne die Verzichtserklärungen rückgängig machen, die es ihm gestattet hatten, überhaupt geboren zu werden. Hat nicht geklappt, also löscht das Experiment.
Die Glocke läutete. Alle sperrten ihre Pulte oder tippten rasch Gedächtnishilfen für sich ein. Ein paar begannen, Hausaufgaben oder Daten an ihre Computer zu Hause zu schicken. Einige wenige scharten sich um die Drucker, während etwas ausgedruckt wurde, das sie vorzeigen wollten. Ender spreizte seine Hände über der für Kinder ausgelegten Tastatur nahe des Pultrandes und fragte sich, wie es wohl sein würde, Hände so groß wie die eines Erwachsenen zu haben. Sie mussten sich so riesig und sperrig anfühlen, dicke kurze Finger und fleischige Handflächen. Natürlich hatten sie größere Tastaturen - aber wie konnten ihre dicken Finger eine so feine Linie ziehen, wie Ender es konnte, eine dünne Linie, die so präzise war, dass er sie siebenundneunzigmal in Spiralen von der Mitte zum Rand des Pultes laufen lassen konnte, ohne dass die Linien sich jemals berührten oder überlagerten. So hatte er etwas zu tun, während die Lehrerin weiter über Arithmetik sprach. Rechnen! Valentine hatte ihm Rechnen beigebracht, als er drei war.
"Alles in Ordnung mit dir, Andrew?"
"Ja, Ma'am."
"Du wirst den Bus verpassen."
Ender nickte und stand auf. Die anderen Kinder waren fort. Aber sie würden warten, die schlimmen jedenfalls. Sein Monitor saß nicht mehr auf seinem Nacken und hörte, was er hörte, sah, was er sah. Sie konnten sagen, wonach ihnen der Sinn stand. Vielleicht würden sie ihn jetzt sogar schlagen - niemand konnte sie jetzt noch sehen, und darum würde auch niemand Ender zu Hilfe kommen. Der Monitor hatte schon seine Vorteile, und er würde sie vermissen.
Natürlich war es Stilson. Er war nicht größer als die meisten anderen Kinder, aber er war größer als Ender. Und er hatte ein paar andere bei sich. Wie immer.
"He, Dritt."
Nicht antworten. Es gibt nichts zu sagen.
"He, Dritt, wir reden mit dir, Dritt! He, Krabblerliebchen, wir reden mit dir."
Mir fällt nichts ein, was ich antworten könnte. Alles, was ich sage, macht es nur schlimmer. Werd also lieber nichts sagen.
"He, Dritt, he, Schitt, du bist durchgerasselt, was? Hast gedacht, du wärst besser als wir, aber du hast dein kleines Vögelchen verloren, Dritti, hast einen Verband im Nacken."
"Lasst ihr mich durch?", fragte Ender.
"Ob wir ihn durchlassen werden? Sollen wir ihn durchlassen?" Sie lachten alle. "Natürlich werden wir ihn durchlassen. Zuerst lassen wir deinen Arm durch, dann deinen Arsch, dann vielleicht ein Stück von deinem Knie."
Die anderen fielen jetzt ein. "Hast dein Vögelchen verloren, Dritti. Hast dein Vögelchen verloren, Dritti."
Stilson begann, ihn mit einer Hand zu stoßen, und jemand hinter ihm schubste ihn dann auf Stilson zu.
"Wippe, olle Hippe", sagte einer.
"Tennis!"
"Pingpong!"
Das hier würde kein glückliches Ende nehmen. Also entschied Ender, dass er am Ende nicht der Unglückliche sein wollte. Als Stilsons Arm das nächste Mal vorschnellte, um ihn zu schubsen, griff Ender danach. Er fasste daneben.
"Ach, willst gegen mich kämpfen, wie? Willst gegen mich kämpfen, Dritti?"
Die Burschen hinter Ender griffen nach ihm, um ihn festzuhalten.
Ender war nicht nach Lachen zumute, aber er lachte. "Du meinst, so viele von euch sind nötig, um gegen einen Dritt zu kämpfen?"
"Wir sind Menschen, keine Dritts, Kackgesicht. Du bist ungefähr so stark wie ein Furz!"
Aber sie ließen ihn los. Und sobald sie das taten, trat Ender aus, hoch und hart, traf Stilson mitten aufs Brustbein. Er fiel um.
Das überraschte Ender - er hatte nicht geglaubt, Stilson mit einem Tritt zu Boden zu bringen. Es kam ihm nicht in den Sinn, dass Stilson einen Kampf wie diesen hier nicht ernst nahm, dass er nicht auf einen wirklich verzweifelten Schlag vorbereitet war.
Einen Augenblick lang wichen die anderen zurück, und Stilson lag reglos da. Sie fragten sich alle, ob er wohl tot war. Ender hingegen versuchte, einen Weg zu finden, wie er ihrer Rache zuvorkommen könnte. Sie davon abzuhalten, dass sie morgen im Rudel über ihn herfielen. Ich muss das hier jetzt gewinnen, und zwar ein für alle Mal, oder ich werde es jeden Tag auszukämpfen haben, und es wird schlimmer und schlimmer werden.
Ender kannte die ungeschriebenen Gesetze von Kämpfen zwischen Männern, auch wenn er erst sechs war. Es war verboten, einen Gegner anzugreifen, der hilflos am Boden lag; nur ein Tier täte das.
Also ging Ender zu Stilsons reglosem Körper und trat ihm noch einmal brutal in die Rippen. Stilson stöhnte und rollte sich von ihm weg. Ender ging um ihn herum und trat ihn noch einmal, in den Schritt. Stilson konnte keinen Ton hervorbringen, er klappte nur wie ein Taschenmesser zusammen, und Tränen strömten ihm aus den Augen.
Darauf sah Ender die anderen kalt an. "Vielleicht habt ihr jetzt die Absicht, euch gegen mich zusammenzutun. Ihr könntet mich wahrscheinlich ziemlich bös verprügeln. Aber denkt immer daran, was ich mit Leuten mache, die versuchen, mir wehzutun. Von da an werdet ihr euch fragen, wann ich euch erwische und wie schlimm das werden wird." Er trat Stilson ins Gesicht. Blut aus seiner Nase spritzte auf den Boden. "Es würde nicht etwa so schlimm wie das hier", sagte Ender. "Es würde schlimmer."
Er machte kehrt und schritt davon. Niemand folgte ihm.
Er bog um die Ecke in den Korridor, der zur Bushaltestelle führte. Er konnte hören, wie die Jungen hinter ihm sagten: "Jesses! Schaut ihn euch an. Der ist hinüber." Ender lehnte den Kopf gegen die Korridorwand und weinte, bis der Bus kam. Ich bin genau wie Peter. Nehmt mir den Monitor weg, und ich bin genau wie Peter.
2
Peter
"Nun denn, der Monitor ist ab. Wie macht er sich?"
"Wenn man ein paar Jahre im Körper von jemandem lebt, gewöhnt man sich daran. Jetzt sehe ich ihm ins Gesicht, und ich kann nicht sagen, was los ist. Ich bin es nicht gewohnt, seinen Gesichtsausdruck zu sehen. Ich bin es gewohnt, ihn zu fühlen."
"Kommen Sie schon, wir reden hier nicht über Psychoanalyse. Wir sind Soldaten, keine Hexendoktoren. Sie haben gerade gesehen, wie er einem Bandenführer den Mumm aus den Knochen geprügelt hat."
"Er war gründlich. Er hat ihn nicht einfach nur geschlagen, er hat ihn vernichtend geschlagen. Wie Mazer Rackham bei der ..."
"Ersparen Sie's mir. Also besteht er vor dem Urteil des Komitees."
"Im Großen und Ganzen ja. Schauen wir, was er mit seinem Bruder macht, jetzt, da der Monitor ab ist."
"Seinem Bruder. Haben Sie keine Angst vor dem, was sein Bruder mit ihm machen wird?"
"Sie waren derjenige, der mir erzählt hat, dies sei kein risikoloses Unternehmen."
"Ich bin einige Bänder noch einmal durchgegangen. Ich kann mir nicht helfen, ich mag den Jungen. Ich fürchte, wir sind im Begriff, ihn zu verderben."
"Natürlich sind wir das. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind die böse Hexe. Wir versprechen Pfefferkuchen, aber wir fressen die kleinen Bastarde bei lebendigem Leibe."
"Es tut mir Leid, Ender", flüsterte Valentine. Sie blickte auf den Verband in seinem Nacken.
Ender berührte die Wand, und die Tür schloss sich hinter ihm. "Mir macht es nichts aus. Ich bin froh, dass er fort ist."
"Wer ist fort?" Peter spazierte ins Wohnzimmer, Brot und Erdnussbutter kauend.
Ender sah Peter nicht als den schönen zehnjährigen Jungen, den Erwachsene sahen, mit dunklem, dickem, zerzaustem Haar und einem Gesicht, das Alexander dem Großen hätte gehören können. Ender schaute Peter nur an, um Wut oder Langeweile aufzuspüren, die gefährlichen Stimmungen, die fast immer zu Schmerz führten.
Jetzt, da Peters Augen den Verband in seinem Nacken entdeckten, erschien das verräterische Aufflackern von Zorn.
Valentine sah es ebenfalls. "Jetzt ist er wie wir", sagte sie in einem Versuch, ihn zu besänftigen, bevor er Zeit hatte zuzuschlagen.
Aber Peter ließ sich nicht besänftigen. "Wie wir? Er behält das kleine Scheißding, bis er sechs Jahre alt ist. Wann hast du deinen verloren? Du warst drei. Ich habe meinen verloren, bevor ich fünf war. Er hätte es fast geschafft, der kleine Bastard, der kleine Krabbler."
So ist's gut, dachte Ender. Rede du nur immer, Peter. Reden ist okay.
"Tja, jetzt wachen deine Schutzengel nicht mehr länger über dich", sagte Peter. "Jetzt sehen sie nicht nach, ob du Schmerzen spürst, hören nicht auf das, was ich sage, sehen nicht, was ich mit dir mache. Wie findest du das? Wie findest du es?"
Ender zuckte mit den Achseln.
Plötzlich lächelte Peter und klatschte die Hände in einer spöttischen Parodie guter Laune zusammen. "Komm, wir spielen Krabbler und Astronaut", sagte er.
"Wo ist Mom?", fragte Valentine.
"Fort", sagte Peter. "Heute führe ich den Befehl."
"Ich glaube, ich rufe Daddy."
"Ruf nur. Du weißt, dass er nie da ist."
"Ich spiele mit", sagte Ender.
"Du bist der Krabbler", sagte Peter.
"Lass ihn wenigstens einmal der Astronaut sein", sagte Valentine.
"Halt dein fettes Gesicht da raus, Furzmaul", sagte Peter. "Los, komm mit nach oben und wähle deine Waffen."
Es würde kein gutes Spiel sein, das wusste Ender. Es war keine Frage des Gewinnens. Wenn Kinder in den Korridoren spielten, in größeren Gruppen, gewannen die Krabbler nie, und manchmal wurde das Spiel bösartig. Aber hier in ihrer Wohnung würde das Spiel gleich bösartig anfangen, und der Krabbler konnte nicht einfach aufhören und das Feld räumen, wie es die Krabbler in den richtigen Kriegen machten. Der Krabbler musste dabeibleiben, bis der Astronaut entschied, dass es vorüber war.
Peter öffnete die unterste Schublade und nahm die Krabblermaske heraus. Mutter war böse auf ihn gewesen, als er sie gekauft hatte, aber Dad hatte eingewandt, dass der Krieg nicht aufhören würde, bloß weil man Krabblermasken versteckte und seinen Kindern nicht erlaubte, mit Spielzeug-Lasergewehren zu spielen. Da sei es schon besser, die Kriegsspiele zu spielen und eine bessere Überlebenschance zu haben, wenn die Krabbler wieder kamen.
Falls ich die Spiele überlebe, dachte Ender.
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Autoren-Porträt von Orson Scott Card
Orson Scott Card wurde in Washington geboren und wuchs in Arizona, Kalifornien und Utah auf. Neben dem Schreiben seiner viel beachteten Fantasy- und SF-Romane arbeitet Orson Scott Card als Dozent an der Southern Virginia University. Zurzeit lebt er mit seiner Frau und seiner Tochter in North Carolina.
Bibliographische Angaben
- Autor: Orson Scott Card
- 2005, 411 Seiten, Maße: 11,6 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Dtsch. v. Karl-Ulrich Burgdorf
- Übersetzer: Karl-Ulrich Burgdorf
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453520963
- ISBN-13: 9783453520967
Rezension zu „Das große Spiel “
"Ein einzigartiger Roman! Orson Scott Card hat sich damit in das Pantheon der SF-Autoren geschrieben." Entertainment Weekly
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